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Emotionale Erste Hilfe für alle

  • 0:00 - 0:07
    Ich wuchs mit meinem
    eineiigen Zwilling auf,
  • 0:07 - 0:10
    einem unglaublich liebevollen Bruder.
  • 0:10 - 0:17
    Als Zwilling bemerkt man es sofort,
    wenn einer bevorzugt wird.
  • 0:17 - 0:22
    War sein Keks auch nur
    ein wenig größer, stellte ich Fragen.
  • 0:22 - 0:27
    Wie man sieht, litt ich
    aber keinen Hunger.
  • 0:27 - 0:29
    (Lachen)
  • 0:29 - 0:34
    Als Psychologe nahm ich Bevorzugung
    auf andere Weise wahr,
  • 0:34 - 0:40
    und zwar, dass wir unseren Körper
    mehr schätzen als unsere Psyche.
  • 0:40 - 0:46
    Für meine Promotion in Psychologie
    studierte ich 9 Jahre an der Universität
  • 0:46 - 0:50
    und Sie glauben nicht, wie viele Leute
    auf meine Visitenkarte schauen und sagen:
  • 0:50 - 0:55
    "Aha, ein Psychologe,
    also kein richtiger Doktor",
  • 0:55 - 0:58
    als ob das auf meiner Karte stehen sollte.
  • 0:58 - 1:03
    [Nur Psychologe, kein richtiger Doktor.
    Ja, sehr enttäuschend.] (Lachen)
  • 1:03 - 1:10
    Diese Bevorzugung des Körpers
    gegenüber der Psyche begegnet mir überall.
  • 1:10 - 1:11
    Ich besuchte kürzlich einen Freund,
  • 1:11 - 1:14
    sein fünfjähriger Sohn
    machte sich gerade bettfertig.
  • 1:14 - 1:18
    Er putze seine Zähne auf
    einem Hocker vor dem Waschbecken.
  • 1:18 - 1:22
    Er rutschte aus
    und verletzte sich am Hocker.
  • 1:22 - 1:24
    Er weinte eine Minute lang,
    richtete sich wieder auf,
  • 1:24 - 1:32
    stieg zurück auf den Hocker
    und klebte ein Pflaster auf die Wunde.
  • 1:32 - 1:35
    Der Junge konnte kaum die Schuhe binden,
  • 1:35 - 1:40
    aber er wusste, dass man eine Wunde
    abdecken muss, um sich nicht zu infizieren
  • 1:40 - 1:43
    und dass man seine
    Zähne zweimal täglich putzt.
  • 1:43 - 1:46
    Wir alle wissen, wie wir
    unseren Körper gesund halten
  • 1:46 - 1:49
    und unsere Zähne pflegen sollen.
  • 1:49 - 1:53
    Wir wissen das, seit wir 5 Jahre alt sind.
  • 1:53 - 1:58
    Was wissen wir über die
    Gesunderhaltung unserer Psyche?
  • 1:58 - 2:00
    Nichts.
  • 2:00 - 2:05
    Was lehren wir unsere Kinder
    über emotionale Hygiene?
  • 2:05 - 2:07
    Nichts.
  • 2:07 - 2:11
    Wieso kümmern wir uns
    mehr um unsere Zähne
  • 2:11 - 2:14
    als um unsere Psyche?
  • 2:14 - 2:21
    Warum ist unsere körperliche Gesundheit
    so viel wichtiger als unsere psychische?
  • 2:21 - 2:27
    Wir sind öfter psychisch
    verletzt als körperlich.
  • 2:27 - 2:31
    Das sind Verletzungen wie Misserfolg,
    Zurückweisung oder Einsamkeit.
  • 2:31 - 2:34
    Wenn wir das ignorieren,
    können sie sich verschlimmern
  • 2:34 - 2:37
    und unser Leben dramatisch beeinflussen.
  • 2:37 - 2:41
    Auch wenn es wissenschaftlich
    fundierte Methoden gibt,
  • 2:41 - 2:46
    um diese psychischen
    Verletzungen zu behandeln,
  • 2:46 - 2:47
    tun wir es nicht.
  • 2:47 - 2:50
    Es kommt uns nicht einmal
    in den Sinn, dass wir das sollten.
  • 2:50 - 2:55
    "Oh, du fühlst dich niedergeschlagen?
    Reiß dich zusammen, das ist nur im Kopf."
  • 2:55 - 2:58
    Sagen Sie das zu jemandem
    mit einem gebrochenen Bein:
  • 2:58 - 3:01
    "Oh, geh einfach weiter,
    das ist nur etwas am Bein."
  • 3:01 - 3:03
    (Lachen)
  • 3:03 - 3:09
    Wir müssen die Lücke zwischen körperlicher
    und psychischer Gesundheit schließen.
  • 3:09 - 3:12
    Es wird Zeit, beide
    gleichberechtigt zu behandeln,
  • 3:12 - 3:15
    wie Zwillinge.
  • 3:15 - 3:19
    Wo ich gerade dabei bin,
    mein Bruder ist auch Psychologe.
  • 3:19 - 3:22
    Er ist also auch kein richtiger Doktor.
  • 3:22 - 3:24
    (Lachen)
  • 3:24 - 3:26
    Wir studierten allerdings nicht zusammen.
  • 3:26 - 3:30
    Das Schwerste in meinem Leben
  • 3:30 - 3:33
    war über den Atlantik
    nach New York zu ziehen,
  • 3:33 - 3:36
    um in Psychologie zu promovieren.
  • 3:36 - 3:39
    Wir waren das erste Mal im Leben getrennt,
  • 3:39 - 3:42
    das war für uns beide schwer.
  • 3:42 - 3:45
    Während er bei Familie und Freunden blieb,
  • 3:45 - 3:49
    war ich allein in einem anderen Land.
  • 3:49 - 3:50
    Wir fehlten uns schrecklich,
  • 3:50 - 3:53
    doch internationale Anrufe
    waren damals noch sehr teuer
  • 3:53 - 3:58
    und wir konnten uns nur
    5 Minuten pro Woche leisten.
  • 3:58 - 4:02
    An unserem ersten
    nicht gemeinsamen Geburtstag
  • 4:02 - 4:05
    wollten wir ordentlich auf den Putz hauen
  • 4:05 - 4:07
    und 10 Minuten lang telefonieren.
  • 4:07 - 4:11
    Ich ging den ganzen Vormittag
    in meinem Zimmer auf und ab
  • 4:11 - 4:14
    und wartete auf seinen Anruf,
  • 4:14 - 4:18
    und wartete und wartete.
    Doch das Telefon klingelte nicht.
  • 4:18 - 4:20
    Wegen der Zeitverschiebung nahm ich an:
  • 4:20 - 4:23
    "Er ist mit Freunden unterwegs
    und ruft später an."
  • 4:23 - 4:25
    Damals gab es keine Mobiltelefone.
  • 4:25 - 4:27
    Doch er rief nicht an.
  • 4:27 - 4:32
    Mir wurde klar, dass er mich
    nach über 10 Monaten Abwesenheit
  • 4:32 - 4:36
    nicht mehr so vermisste wie ich ihn.
  • 4:36 - 4:39
    Ich wusste, er würde am Morgen anrufen.
  • 4:39 - 4:45
    Aber das war die längste
    und traurigste Nacht meines Lebens.
  • 4:45 - 4:47
    Ich erwachte am nächsten Morgen.
  • 4:47 - 4:51
    Ich bemerkte, dass ich den Hörer
    von der Gabel gestoßen hatte,
  • 4:51 - 4:55
    als ich am Vortag
    durch mein Zimmer schritt.
  • 4:55 - 4:58
    Ich stieg aus dem Bett und legte
    den Hörer wieder auf die Gabel.
  • 4:58 - 5:00
    Eine Sekunde danach klingelte es.
  • 5:00 - 5:03
    Es war mein Bruder
    und ja, er war sehr verärgert.
  • 5:03 - 5:06
    (Lachen)
  • 5:06 - 5:09
    Auch für ihn war es die längste
    und traurigste Nacht seines Lebens.
  • 5:09 - 5:12
    Ich versuchte mich zu erklären,
    aber er sagte:
  • 5:12 - 5:15
    "Ich verstehe das nicht.
    Wenn du siehst, dass ich nicht anrufe,
  • 5:15 - 5:19
    warum nimmst du nicht das Telefon
    und rufst mich an?"
  • 5:19 - 5:24
    Er hatte Recht. Warum rief ich nicht an?
  • 5:24 - 5:27
    Ich hatte damals keine Antwort,
    heute weiß ich sie
  • 5:27 - 5:32
    und sie ist ganz einfach: Einsamkeit.
  • 5:32 - 5:36
    Einsamkeit schlägt
    eine tiefe psychische Wunde,
  • 5:36 - 5:40
    sie verzerrt unsere Wahrnehmung
    und verwirrt unser Denken.
  • 5:40 - 5:46
    Sie lässt uns glauben, dass jene um uns
    sich weniger sorgen als sie wirklich tun.
  • 5:46 - 5:48
    Wir fürchten uns, auf andere zuzugehen,
  • 5:48 - 5:52
    weil wir auf Zurückweisung und
    Herzschmerz eingestellt sind
  • 5:52 - 5:56
    und das Herz schon mehr schmerzt,
    als wir ertragen können.
  • 5:56 - 6:00
    Die Einsamkeit hielt mich damals gefangen,
  • 6:00 - 6:04
    doch weil mich ständig Leute umgaben,
    wurde mir das nie richtig bewusst.
  • 6:04 - 6:09
    Einsamkeit ist eine subjektive Empfindung.
  • 6:09 - 6:12
    Es hängt nur davon ab,
  • 6:12 - 6:15
    ob man sich emotional oder sozial
    von den Mitmenschen getrennt fühlt.
  • 6:15 - 6:17
    Das tat ich.
  • 6:17 - 6:23
    Die vielen Untersuchungen über
    Einsamkeit sind alle erschreckend.
  • 6:23 - 6:28
    Einsamkeit fühlt sich nicht nur elend an,
    sie bringt dich sogar um.
  • 6:28 - 6:29
    Kein Scherz.
  • 6:29 - 6:37
    Chronische Einsamkeit erhöht die Chance
    auf einen frühen Tod um 14 Prozent.
  • 6:37 - 6:41
    Einsamkeit verursacht Bluthochdruck
    und erhöht den Cholesterinspiegel.
  • 6:41 - 6:45
    Sie schwächt sogar das Immunsystem
  • 6:45 - 6:49
    und macht uns anfällig
    für verschiedene Erkrankungen.
  • 6:49 - 6:52
    Wissenschaftler ziehen den Schluss,
    dass chronische Einsamkeit
  • 6:52 - 6:56
    für Gesundheit und Lebenserwartung
  • 6:56 - 7:00
    ebenso schädlich ist
    wie Zigarettenkonsum.
  • 7:00 - 7:05
    Auf Zigarettenpackungen stehen Warnungen
    wie: "Das kann Sie umbringen."
  • 7:05 - 7:07
    Einsamkeit hat das nicht.
  • 7:07 - 7:12
    Darum müssen wir besonders auf
    unsere psychische Gesundheit achten
  • 7:12 - 7:15
    und emotionale Hygiene üben.
  • 7:15 - 7:22
    Man kann keine psychische Wunde heilen,
    ohne zu wissen, dass man verletzt ist.
  • 7:22 - 7:25
    Einsamkeit ist nicht
    die einzige psychische Wunde,
  • 7:25 - 7:28
    die unsere Wahrnehmung verzerrt
    und uns in die Irre führt.
  • 7:28 - 7:32
    Misserfolg kann das auch.
  • 7:32 - 7:34
    Ich besuchte eine Tagesstätte,
  • 7:34 - 7:39
    wo Kleinkinder mit
    identischem Plastikspielzeug spielten.
  • 7:39 - 7:44
    Man schiebt einen roten Knopf
    und ein süßes Hündchen kommt heraus.
  • 7:44 - 7:49
    Ein kleines Mädchen zog
    den lila Knopf, drückte ihn dann,
  • 7:49 - 7:53
    schaute die Box an und lehnte
    sich mit zuckender Unterlippe zurück.
  • 7:53 - 7:57
    Der Junge neben ihr beobachtete das,
    schaute auf seine Box
  • 7:57 - 7:59
    und brach in Tränen aus,
  • 7:59 - 8:01
    ohne sie auch nur anzufassen.
  • 8:01 - 8:05
    Unterdessen probierte ein
    anderes Mädchen alles, was ihr einfiel,
  • 8:05 - 8:06
    bis sie den roten Knopf schob,
  • 8:06 - 8:11
    das süße Hündchen herauskam
    und sie vor Freude kreischte.
  • 8:11 - 8:14
    Drei Kleinkinder mit
    identischen Spielzeugen,
  • 8:14 - 8:18
    aber sehr unterschiedlichen
    Reaktionen auf Misserfolg.
  • 8:18 - 8:22
    Die ersten beiden waren absolut fähig,
    den roten Knopf zu schieben.
  • 8:22 - 8:26
    Das einzige, was sie vom Erfolg abhielt,
  • 8:26 - 8:30
    war ihr Verstand, der sie glauben ließ,
    sie könnten es nicht.
  • 8:30 - 8:34
    Erwachsene glauben das genauso, ständig.
  • 8:34 - 8:40
    Wir alle haben bestimmte Gefühle
    und Glaubenssätze,
  • 8:40 - 8:44
    wenn wir Frustrationen
    und Rückschlägen begegnen.
  • 8:44 - 8:47
    Sind Sie sich bewusst, wie Ihr
    Verstand auf Misserfolg reagiert?
  • 8:47 - 8:48
    Das sollten Sie sein.
  • 8:48 - 8:52
    Wenn Ihr Verstand Sie glauben lässt,
    dass Sie etwas nicht können
  • 8:52 - 8:54
    und Sie es glauben,
  • 8:54 - 8:57
    dann werden Sie sich genauso hilflos
    fühlen wie diese Kleinkinder
  • 8:57 - 9:01
    und zu früh aufgeben
    oder es nicht einmal probieren.
  • 9:01 - 9:04
    Dann sind Sie noch mehr überzeugt,
    dass Sie es nicht können.
  • 9:04 - 9:09
    Darum bewegen sich viele Menschen
    weit unter ihren Möglichkeiten.
  • 9:09 - 9:12
    Irgendwann überzeugte sie
    ein einziger Misserfolg,
  • 9:12 - 9:16
    dass sie es nicht schaffen
    und sie glaubten es.
  • 9:16 - 9:22
    Sind wir einmal überzeugt,
    können wir schwer davon loslassen.
  • 9:22 - 9:26
    Ich lernte das als Teenager
    auf die harte Tour mit meinem Bruder.
  • 9:26 - 9:29
    Wir fuhren mit Freunden nachts
    eine dunkle Straße entlang,
  • 9:29 - 9:31
    als die Polizei uns anhielt.
  • 9:31 - 9:34
    Es gab einen Überfall in der Nähe
    und sie suchten Verdächtige.
  • 9:34 - 9:38
    Der Beamte kam zum Auto
    und leuchtete auf den Fahrer,
  • 9:38 - 9:43
    dann auf meinen Bruder
    im Beifahrersitz und dann zu mir.
  • 9:43 - 9:45
    Er riss die Augen auf und sagte:
  • 9:45 - 9:47
    "Woher kenne ich Ihr Gesicht?"
  • 9:47 - 9:50
    (Lachen)
  • 9:50 - 9:54
    Ich sagte: "Vom Beifahrersitz."
  • 9:54 - 9:56
    (Lachen)
  • 9:56 - 9:59
    Für ihn ergab das überhaupt keinen Sinn.
  • 9:59 - 10:01
    Er dachte, ich hätte Drogen genommen.
  • 10:01 - 10:02
    (Lachen)
  • 10:02 - 10:05
    Er zog mich aus dem Wagen,
    durchsuchte mich
  • 10:05 - 10:07
    und führte mich zum Polizeiauto.
  • 10:07 - 10:10
    Erst nach der Überprüfung per Funk
  • 10:10 - 10:14
    konnte ich meinen Zwilling erwähnen.
  • 10:14 - 10:18
    Als wir wegfuhren,
    sah ich in seinem Blick,
  • 10:18 - 10:23
    dass er glaubte, ich wäre
    mit etwas davongekommen.
  • 10:23 - 10:27
    Unser Verstand ist schwer zu ändern,
    sobald wir einmal überzeugt sind.
  • 10:27 - 10:31
    Es ist normal, sich nach
    einer Niederlage entmutigt zu fühlen.
  • 10:31 - 10:36
    Aber glauben Sie nicht,
    dass Sie es nicht schaffen können.
  • 10:36 - 10:39
    Bekämpfen Sie die Gefühle
    von Hilflosigkeit.
  • 10:39 - 10:42
    Sie müssen die Situation
    in die Hand nehmen
  • 10:42 - 10:46
    und die Negativspirale beenden,
    bevor sie beginnt.
  • 10:46 - 10:48
    [Emotionales Bluten stoppen]
  • 10:48 - 10:51
    Unser Geist und unsere Gefühle
  • 10:51 - 10:54
    sind nicht die glaubwürdigen Freunde,
    für die wir sie halten.
  • 10:54 - 10:56
    Das sind eher launische Freunde,
  • 10:56 - 11:02
    in einer Minute unterstützend,
    in der anderen sehr unangenehm.
  • 11:02 - 11:04
    Ich arbeitete mit einer Frau,
  • 11:04 - 11:08
    die nach 20 Ehejahren
    und einer grässlichen Scheidung
  • 11:08 - 11:10
    endlich für ihr erstes Date bereit war.
  • 11:10 - 11:15
    Sie traf ihn online, er wirkte
    nett und schien erfolgreich
  • 11:15 - 11:19
    und vor allem schien er sie zu mögen.
  • 11:19 - 11:22
    Dementsprechend aufgeregt war sie.
    Sie kaufte ein neues Kleid
  • 11:22 - 11:26
    und sie trafen sich in einer teuren Bar
    in New York auf ein Getränk.
  • 11:26 - 11:33
    Nach 10 Minuten stand er auf, sagte:
    "Ich bin nicht interessiert" und ging.
  • 11:33 - 11:38
    Ablehnung ist extrem schmerzhaft.
  • 11:38 - 11:41
    Die Frau war so verletzt, dass sie
    sich nicht bewegen konnte
  • 11:41 - 11:43
    und rief eine Freundin an.
  • 11:43 - 11:47
    Die Freundin sagte ihr:
    "Was hast du erwartet?
  • 11:47 - 11:50
    Du hast breite Hüften,
    nichts Interessantes zu erzählen,
  • 11:50 - 11:53
    warum sollte so ein attraktiver
    und erfolgreicher Mann
  • 11:53 - 11:57
    mit einer Verliererin wie dir ausgehen?"
  • 11:57 - 12:00
    Schlimm, dass eine Freundin
    so grausam sein kann.
  • 12:00 - 12:03
    Aber es wäre weniger überraschend,
  • 12:03 - 12:06
    wenn nicht die Freundin dies gesagt hätte,
  • 12:06 - 12:09
    sondern die Frau zu sich selbst.
  • 12:09 - 12:13
    Wir alle tun das, besonders
    nach einer Zurückweisung.
  • 12:13 - 12:17
    Wir beginnen an all unsere Fehler
    und Schwächen zu denken,
  • 12:17 - 12:19
    was wir gern wären,
    was wir gern nicht wären,
  • 12:19 - 12:20
    wir beschimpfen uns.
  • 12:20 - 12:24
    Vielleicht nicht so derb,
    aber wir alle tun es.
  • 12:24 - 12:28
    Interessanterweise tun wir das, obwohl
    unser Selbstwert bereits beschädigt wurde.
  • 12:28 - 12:31
    Warum sollten wir ihn noch mehr zerstören?
  • 12:31 - 12:34
    Einen körperlichen Schaden
    würden wir nie vergrößern.
  • 12:34 - 12:37
    Sie würden sich nicht schneiden
    und sagen: "Ja, genau!
  • 12:37 - 12:41
    Ich nehme ein Messer und versuche
    es noch schlimmer zu machen."
  • 12:41 - 12:44
    Bei psychischen Verletzungen
    tun wir das ständig.
  • 12:44 - 12:48
    Warum? Wegen schlechter
    emotionaler Hygiene.
  • 12:48 - 12:50
    Wir nehmen unsere psychische
    Gesundheit nicht wichtig.
  • 12:50 - 12:54
    Dutzende Studien belegen,
    bei niedrigem Selbstwertgefühl
  • 12:54 - 12:58
    ist man empfänglicher
    für Stress und Angst,
  • 12:58 - 13:03
    Fehler und Ablehnungen sind schmerzhafter
    und schwerer zu verarbeiten.
  • 13:03 - 13:09
    Nach einer Zurückweisung sollte man
    das Selbstwertgefühl wiederbeleben,
  • 13:09 - 13:13
    und nicht in den Ring steigen
    und es zu Brei schlagen.
  • 13:13 - 13:15
    Behandeln Sie sich
    bei emotionalem Schmerz
  • 13:15 - 13:21
    mit dem gleichen Mitgefühl, das Sie
    von einem guten Freund erwarten würden.
  • 13:21 - 13:24
    [Schützen Sie Ihr Selbstwertgefühl]
  • 13:24 - 13:28
    Wir müssen ungesundes psychologisches
    Verhalten erkennen und ändern.
  • 13:28 - 13:32
    Eines der häufigsten und
    ungesündesten heißt Grübeln.
  • 13:32 - 13:35
    Grübeln bedeutet Wiederkäuen.
  • 13:35 - 13:39
    Wenn Sie Ärger mit der Chefin haben,
    Ihr Professor Sie lächerlich macht
  • 13:39 - 13:42
    oder Sie Streit mit einer Freundin haben
  • 13:42 - 13:46
    und Sie nicht aufhören können, die Szene
    tagelang in Ihrem Kopf zu wiederholen,
  • 13:46 - 13:48
    manchmal sogar wochenlang.
  • 13:48 - 13:54
    Grübeln über unerfreuliche Ereignisse
    kann leicht zur Gewohnheit werden,
  • 13:54 - 13:56
    zu einer sehr kostspieligen.
  • 13:56 - 14:00
    Mit häufigen ärgerlichen
    und negativen Gedanken
  • 14:00 - 14:03
    setzt man sich der großen Gefahr aus,
  • 14:03 - 14:07
    eine klinische Depression,
    Alkoholismus, Essstörungen
  • 14:07 - 14:10
    und sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen
    zu entwickeln.
  • 14:10 - 14:16
    Der Drang zum Grübeln kann sich
    sehr stark und bedeutend anfühlen.
  • 14:16 - 14:18
    Es ist schwierig, damit aufzuhören.
  • 14:18 - 14:22
    Ich weiß das so genau,
    weil ich vor über einem Jahr
  • 14:22 - 14:24
    selbst dieses Verhalten entwickelte.
  • 14:24 - 14:31
    Mein Bruder erfuhr, dass er
    ein Lymphom im dritten Stadium hatte.
  • 14:31 - 14:33
    Sein Krebs war sehr bösartig.
  • 14:33 - 14:37
    Er hatte sichtbare Tumoren
    am ganzen Körper
  • 14:37 - 14:42
    und musste eine rigide
    Chemotherapie beginnen.
  • 14:42 - 14:46
    Ich dachte ständig daran,
    was er durchmacht.
  • 14:46 - 14:50
    Ich konnte nicht aufhören
    zu denken, wie sehr er leidet,
  • 14:50 - 14:54
    obwohl er sich nicht einmal beschwert hat.
  • 14:54 - 14:57
    Er hatte eine unglaublich
    positive Einstellung.
  • 14:57 - 15:00
    Seine psychische Gesundheit
    war ausgezeichnet.
  • 15:00 - 15:05
    Ich war körperlich fit, aber
    psychologisch ein Häufchen Elend.
  • 15:05 - 15:07
    Ich wusste, was zu tun ist.
  • 15:07 - 15:11
    Studien zeigen, dass eine
    zweiminütige Ablenkung genügt,
  • 15:11 - 15:14
    um den Grübelzwang sofort zu stoppen.
  • 15:14 - 15:17
    Jedes Mal wenn ich Sorgen, Aufregung
    oder negative Gedanken hatte,
  • 15:17 - 15:22
    dachte ich an etwas anderes,
    bis der Drang sich legte.
  • 15:22 - 15:27
    Binnen einer Woche
    änderte sich meine Perspektive
  • 15:27 - 15:31
    und ich wurde positiver
    und optimistischer.
  • 15:31 - 15:36
    9 Wochen nach der ersten Chemotherapie
    hatte mein Bruder eine Computertomografie.
  • 15:36 - 15:39
    Ich war bei ihm, als die Ergebnisse kamen.
  • 15:39 - 15:42
    Alle Tumoren waren verschwunden.
  • 15:42 - 15:45
    Er hatte noch 3 Behandlungen vor sich,
  • 15:45 - 15:48
    doch wir wussten, er würde sich erholen.
  • 15:48 - 15:54
    Diese Aufnahme stammt von vor zwei Wochen.
  • 15:54 - 15:57
    Durch Handeln, wenn Sie einsam sind,
  • 15:57 - 16:00
    durch eine andere
    Reaktion auf Misserfolg,
  • 16:00 - 16:03
    durch das Schützen
    Ihres Selbstwertgefühls
  • 16:03 - 16:05
    und das Bekämpfen negativen Denkens
  • 16:05 - 16:08
    werden Sie nicht nur Ihre
    psychischen Wunden heilen,
  • 16:08 - 16:13
    sondern auch emotional
    widerstandsfähiger und erfolgreicher.
  • 16:13 - 16:17
    Vor hundert Jahren begannen
    Leute mit persönlicher Hygiene
  • 16:17 - 16:21
    und die Lebenserwartung
    stieg über 50 Prozent
  • 16:21 - 16:24
    in wenigen Jahrzehnten.
  • 16:24 - 16:28
    Ich glaube, unsere Lebensqualität
    würde sich ebenso dramatisch verbessern,
  • 16:28 - 16:32
    wenn wir anfingen,
    emotionale Hygiene zu betreiben.
  • 16:32 - 16:37
    Können Sie sich eine Welt vorstellen,
    in der jeder psychisch gesünder wäre?
  • 16:37 - 16:40
    Wo es weniger Einsamkeit
    und weniger Depression gäbe?
  • 16:40 - 16:43
    Wo Menschen wüssten,
    wie man eine Niederlage überwindet?
  • 16:43 - 16:46
    Wo sie sich in ihrer Haut wohler
    und machtvoller fühlen würden?
  • 16:46 - 16:50
    Wo sie glücklicher und erfüllter wären?
  • 16:50 - 16:54
    Ich kann das, denn dies ist die Welt,
    in der ich leben möchte
  • 16:54 - 16:58
    und in der auch mein Bruder leben möchte.
  • 16:58 - 17:02
    Wenn man sich informiert
    und einige Gewohnheiten ändert,
  • 17:02 - 17:06
    ist das die Welt,
    in der wir alle leben können.
  • 17:06 - 17:08
    Vielen Dank.
  • 17:08 - 17:11
    (Applaus)
Title:
Emotionale Erste Hilfe für alle
Speaker:
Guy Winch
Description:

Wir suchen einen Arzt auf, sobald sich eine Grippe abzeichnet oder ein Schmerz uns quält. Warum suchen wir dann keinen Gesundheitsexperten auf, wenn wir emotionalen Schmerz spüren, wie z.B. Schuld, einen Verlust oder Einsamkeit?
Zu viele von uns behalten bekannte psychologische Gesundheitsprobleme für sich, sagt Guy Winch. Doch das müssen wir nicht. Er liefert ein überzeugendes Argument für das Praktizieren emotionaler Hygiene: ein Ansatz, sich um unsere Gefühle und unser Denken in gleicher Weise zu kümmern, wie wir es für unsere Körper tun.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
17:24

German subtitles

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