Janine di Giovanni: Was ich im Krieg sah
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0:01 - 0:04Krieg beginnt wie folgt.
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0:04 - 0:07Eines Tages lebst du dein normales Leben,
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0:07 - 0:09du planst auf eine Party zu gehen,
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0:09 - 0:12du bringst dein Kind zur Schule,
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0:12 - 0:14du holst dir einen Zahnarzttermin.
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0:14 - 0:18Im nächsten Moment funktioniert
das Telefon nicht mehr, -
0:18 - 0:22der Fernseher geht aus,
bewaffnete Männer sind auf der Straße -
0:22 - 0:24es gibt Straßensperren.
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0:24 - 0:29Das Leben, das du bisher kanntest,
stirbt einen Scheintod. -
0:29 - 0:31Es hält an.
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0:31 - 0:34Ich werde nun die Geschichte
einer Freundin stehlen, -
0:34 - 0:36einer bosnischen Freundin,
über ihre Erlebnisse, -
0:36 - 0:41denn ich denke, es wird Ihnen
näherbringen, wie es sich anfühlt. -
0:41 - 0:45Eines Tages im April 1992 ging sie auf Arbeit,
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0:45 - 0:48mit Minirock und Stöckelschuhen.
Sie arbeitete in einer Bank. -
0:48 - 0:52Sie war eine junge Mutter.
Jemand der gerne auf Partys ging. -
0:52 - 0:53Eine großartige Person.
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0:53 - 0:57Und auf einmal sah sie einen Panzer,
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0:57 - 1:00der die Hauptstraße von Sarajevo hinunterwalzte
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1:00 - 1:04und alles aus seinem Weg schob.
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1:04 - 1:08Sie dachte, sie träumte, doch sie träumt nicht.
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1:08 - 1:10Und sie rennt, wie wir es alle getan hätten,
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1:10 - 1:14und sucht Schutz und versteckt
sich hinter einer Mülltonne -
1:14 - 1:17mit ihren Stöckelschuhen und dem Minirock.
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1:17 - 1:21Und während sie sich dort versteckt,
fühlt sie sich lächerlich, -
1:21 - 1:24doch sie sieht den Panzer mit Soldaten vorbeifahren
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1:24 - 1:26und überall sind Leute, es herrscht Chaos
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1:26 - 1:31und sie denkt sich:
"Ich fühle mich wie Alice im Wunderland -
1:31 - 1:33die das Kaninchenloch hinunterfällt,
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1:33 - 1:36tiefer, tiefer, tiefer ins Chaos,
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1:36 - 1:42und mein Leben wird nie wieder dasselbe sein."
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1:42 - 1:45Ein paar Wochen später steht
meine Freundin in einer Menschenmenge, -
1:45 - 1:50mit ihrem Baby drückt sie sich nach vorn,
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1:50 - 1:53um das Kind einem Unbekannten in einem Bus zu geben,
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1:53 - 1:56es war einer der letzten Busse, der Sarajevo verließ,
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1:56 - 1:59um die Kinder herauszubringen,
damit sie in Sicherheit sind. -
1:59 - 2:03Und sie erinnert sich, wie sie sich
mit ihrer Mutter nach vorne kämpft, -
2:03 - 2:07viele, viele Leute um sie herum rufen:
"Nimm mein Kind! Nimm mein Kind!" -
2:07 - 2:13und wie sie ihren Sohn durch
ein Fenster jemandem reicht. -
2:13 - 2:16Und ihn jahrelang nicht wiedergesehen hat.
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2:16 - 2:19Die Belagerung dauerte dreieinhalb Jahre,
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2:19 - 2:22es gab kein Wasser,
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2:22 - 2:27keine Energie, keinen Strom,
keine Heizung, kein Essen, -
2:27 - 2:32mitten in Europa, mitten im 20. Jahrhundert.
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2:32 - 2:36Ich hatte die Ehre einer der Reporter zu sein,
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2:36 - 2:38die die Belagerung miterlebten,
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2:38 - 2:41und ich sage, dass ich die Ehre
und das Privileg hatte dort zu sein -
2:41 - 2:44weil es mir alles beigebracht hat,
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2:44 - 2:48nicht nur darüber, ein Reporter zu sein,
sondern darüber, ein Mensch zu sein. -
2:48 - 2:50Ich lernte Mitgefühl kennen.
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2:50 - 2:54Ich lernte, dass ganz normale Menschen
Helden werden können. -
2:54 - 2:58Ich lernte teilen. Ich lernte Kameradschaft kennen.
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2:58 - 3:01Vor allem lernte ich Liebe kennen.
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3:01 - 3:07Sogar inmitten schrecklicher Zerstörung, Tod und Chaos,
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3:07 - 3:10lernte ich, wie einfache Menschen ihren Nachbarn halfen,
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3:10 - 3:12Essen teilten, Kinder aufzogen,
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3:12 - 3:16jemanden von der Straße zogen,
der angeschossen wurde, -
3:16 - 3:18obwohl sie sich damit selbst in Gefahr begaben.
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3:18 - 3:22Wie sie Verwundeten in Taxis halfen
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3:22 - 3:24oder versuchten sie in Krankenhäuser zu bringen.
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3:24 - 3:27Ich lernte so viel über mich selbst.
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3:27 - 3:31Martha Gellhorn, die eines
meiner Vorbilder ist, sagte einmal: -
3:31 - 3:36"Man kann nur einen Krieg lieben.
Die anderen sind Verpflichtung." -
3:36 - 3:39Ich habe danach von vielen, vielen,
vielen weiteren Kriegen berichtet, -
3:39 - 3:42es sind so viele, dass ich sie nicht zählen kann,
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3:42 - 3:45aber keiner war wie Sarajevo.
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3:45 - 3:49Im vergangenen April kehrte
ich für eine sehr komische — -
3:49 - 3:53ich nenne es ein gestörtes Jahrgangstreffen.
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3:53 - 3:57Es war das 20. Jubiläum der Belagerung,
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3:57 - 4:00des Beginns der Belagerung von Sarajevo,
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4:00 - 4:04und ich mag das Wort "Jubiläum" nicht,
denn es hört sich nach einer Feier an, -
4:04 - 4:05es war keine Feier.
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4:05 - 4:09Es war ein sehr düsteres Treffen der Reporter
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4:09 - 4:13die im Krieg gearbeitet hatten,
der Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, -
4:13 - 4:17und natürlich der mutigen, tapferen
Menschen von Sarajevo selbst. -
4:17 - 4:20Was mich am meisten berührte,
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4:20 - 4:21was mir mein Herz brach,
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4:21 - 4:24war der Gang entlang der Hauptstraße von Sarajevo,
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4:24 - 4:28wo meine Freundin Aida vor 20
Jahren den Panzer kommen sah, -
4:28 - 4:34auf dieser Straße wurden
12.000 rote Stühle aufgestellt, -
4:34 - 4:36leer,
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4:36 - 4:38und jeder einzelne symbolisierte eine Person,
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4:38 - 4:42die bei der Belagerung ums Leben gekommen war,
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4:42 - 4:46nur in Sarajevo, nicht in ganz Bosnien,
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4:46 - 4:49und die Reihe reichte von einem Ende der Stadt
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4:49 - 4:51weit in diese hinein.
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4:51 - 4:55Doch das Traurigste waren
die winzigen, kleinen Stühle -
4:55 - 4:57für die Kinder.
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4:57 - 5:01Jetzt berichte ich aus Syrien,
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5:01 - 5:04und ich habe damit angefangen, weil ich glaube,
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5:04 - 5:06dass es getan werden muss.
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5:06 - 5:09Ich glaube, dass es dort eine Geschichte gibt,
die erzählt werden muss. -
5:09 - 5:13Ich sehe, wieder, eine Schablone des Krieges in Bosnien.
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5:13 - 5:15Und als ich erstmals in Damaskus ankam,
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5:15 - 5:18sah ich diesen komischen Moment, wenn die Leute
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5:18 - 5:21nicht zu glauben schienen,
dass der Krieg herkommen würde. -
5:21 - 5:23Es war genau dasselbe wie in Bosnien
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5:23 - 5:26so wie in fast allen Ländern,
in denen ich den Krieg kommen sah. -
5:26 - 5:28Die Menschen glauben nicht, dass er kommt,
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5:28 - 5:32also brechen sie nicht auf, sie gehen nicht,
wenn sie es noch können. -
5:32 - 5:34Sie bringen ihr Geld nicht raus.
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5:34 - 5:37Sie bleiben, weil jeder in seinem Haus bleiben möchte.
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5:37 - 5:42Und dann kommt der Krieg und das Chaos.
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5:42 - 5:45Ruanda ist ein Ort, der mich oft heimsucht.
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5:45 - 5:511994 verließ ich Sarajevo kurzzeitig,
um vom Völkermord in Ruanda zu berichten. -
5:51 - 5:56Zwischen April und August 1994
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5:56 - 6:01wurden 1 Million Menschen abgeschlachtet.
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6:01 - 6:06Wenn die 12.000 Stühle mich schon so mitnahmen,
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6:06 - 6:08diese unglaubliche Zahl,
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6:08 - 6:11stellen Sie sich mal kurz eine Million Menschen vor.
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6:11 - 6:14Und um Ihnen ein Beispiel zu geben,
ich erinnere mich daran, -
6:14 - 6:19auf einer Straße zu stehen und
so weit ich sehen konnte, -
6:19 - 6:25mindestens eine Meile, waren Körper gestapelt,
doppelt so hoch wie ich -
6:25 - 6:27Körper von Toten.
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6:27 - 6:30Und das war nur ein kleiner Teil der Toten.
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6:30 - 6:32Und Mütter hielten ihre Kinder,
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6:32 - 6:36die den letzten Kampf gegen den Tod verloren hatten.
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6:36 - 6:39Wir lernen viel vom Krieg,
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6:39 - 6:41und ich erwähne Ruanda,
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6:41 - 6:45weil es ein Ort ist, wie Südafrika,
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6:45 - 6:49wo 20 Jahre später ein Heilungsprozess eingesetzt hat.
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6:49 - 6:5356% der Parlamentsabgeordneten sind Frauen,
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6:53 - 6:55was großartig ist,
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6:55 - 6:59und laut der jetzigen Nationalverfassung
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6:59 - 7:02darf man nicht mehr Hutu oder Tutsi sagen.
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7:02 - 7:06Es ist verboten, jemanden
anhand der Ethnizität zu identifizieren, -
7:06 - 7:11was, natürlich, der Ursprung des Konfliktes gewesen ist.
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7:11 - 7:14Und ein befreundeter Entwicklungshelfer
erzählte mir die wundervollste Geschichte, -
7:14 - 7:15zumindest finde ich sie wundervoll,
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7:15 - 7:20Eine Gruppe Kinder, zum Teil Hutus, zum Teil Tutsis,
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7:20 - 7:23und eine Gruppe Frauen, die sie adoptierten,
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7:23 - 7:27stellten sich in Reihe auf und wurden so aufgeteilt.
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7:27 - 7:30Es gab keine Art von Abgleich im Sinne, du bist eine Tutsi,
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7:30 - 7:33du bist eine Hutu, du könntest meine Mutter getötet haben,
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7:33 - 7:35du könntest meinen Vater getötet haben.
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7:35 - 7:40Sie wurden einfach in dieser Art Aussöhnung vereint,
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7:40 - 7:44und ich finde das außergewöhnlich.
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7:44 - 7:47Wenn ich gefragt werde, warum ich weiter Kriegsberichterstattung mache,
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7:47 - 7:49warum ich dabei bleibe,
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7:49 - 7:50das ist der Grund.
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7:50 - 7:54Wenn ich nach Syrien zurückkehre,
und zwar nächste Woche, -
7:54 - 7:58was ich sehen werde, sind heldenhafte Menschen,
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7:58 - 8:00manche von ihnen kämpfen für Demokratie,
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8:00 - 8:04für Dinge, die wir als selbstverständlich erachten.
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8:04 - 8:07Und das ist eigentlich mein Motiv.
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8:07 - 8:122004 gebar ich einen kleinen Jungen,
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8:12 - 8:15und ich nenne ihn mein Wunderkind,
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8:15 - 8:18denn nachdem ich so viel Tod gesehen hatte
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8:18 - 8:22und Zerstörung und Chaos und
Dunkelheit in meinem Leben, -
8:22 - 8:26wurde dieser Schimmer der Hoffnung geboren.
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8:26 - 8:30Und ich nannte ihn Luca,
was "Träger des Lichts" bedeutet, -
8:30 - 8:35denn er bringt Licht in mein Leben.
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8:35 - 8:39Ich erzähle von ihm, denn als er vier Monate alt war,
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8:39 - 8:43zwang mich mein Auslands-Redakteur,
zurück nach Bagdad zu gehen, -
8:43 - 8:47von wo ich während des ganzen
Saddam-Regimes berichtet hatte -
8:47 - 8:49vom Fall von Bagdad und danach,
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8:49 - 8:53und ich erinnere mich, wie ich weinend
ins Flugzeug gestiegen bin, -
8:53 - 8:55weinend darüber, von meinem Sohn getrennt zu sein,
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8:55 - 8:58und als ich dort war,
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8:58 - 9:00sagte ein bekannter irakischer Politiker,
der ein Freund von mir war: -
9:00 - 9:03"Was machst du hier?
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9:03 - 9:05Warum bist du nicht zuhause mit Luca?"
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9:05 - 9:09Und ich antwortete:
"Nun, ich musste es sehen." Es war 2004 -
9:09 - 9:13und der Beginn einer unglaublich blutigen Zeit im Irak:
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9:13 - 9:16"Ich musste sehen, was hier passiert.
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9:16 - 9:17Ich muss davon berichten."
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9:17 - 9:21Und er sagte: "Geh nach Hause,
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9:21 - 9:24denn falls du seinen ersten Zahn verpasst,
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9:24 - 9:27falls du seinen ersten Schritt verpasst,
wirst du es dir niemals verzeihen. -
9:27 - 9:31Doch es wird immer einen weiteren Krieg geben."
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9:31 - 9:35Es wird, leider, immer Kriege geben.
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9:35 - 9:39Ich täusche mich selbst,
wenn ich glaube, dass ein Journalist, -
9:39 - 9:41ein Reporter, ein Autor,
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9:41 - 9:46etwas tun kann um sie aufzuhalten.
Das kann ich nicht. -
9:46 - 9:48Ich bin nicht Kofi Annan.
Und nicht einmal er vermag es. -
9:48 - 9:51Er versuchte Syrien zu verhandeln und schaffte es nicht.
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9:51 - 9:55Ich bin kein Konfliktlösungsspezialist der U.N.
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9:55 - 9:57Ich bin nicht einmal ein Arzt in Krisengebieten,
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9:57 - 10:00und ich kann kaum erzählen,
wie oft ich mich hilflos fühlte, -
10:00 - 10:03wenn Menschen vor mir starben
und ich sie nicht retten konnte. -
10:03 - 10:07Ich bin nur ein Augenzeuge.
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10:07 - 10:12Meine Aufgabe ist es, den Menschen
eine Stimme zu geben, die sonst keine haben. -
10:12 - 10:16Ein Kollege von mir beschrieb es
als das Entzünden eines Lichts -
10:16 - 10:18in den dunkelsten Ecken der Welt.
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10:18 - 10:21Und das versuche ich zu tun.
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10:21 - 10:24Ich bin nicht immer erfolgreich,
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10:24 - 10:27und manchmal ist es unglaublich frustrierend,
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10:27 - 10:29weil man glaubt in die Leere zu schreiben
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10:29 - 10:31oder glaubt, dass keiner sich dafür interessiert.
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10:31 - 10:33Wer interessiert sich für Syrien?
Wer interessiert sich für Bosnien? -
10:33 - 10:35Wer interessiert sich für den Kongo,
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10:35 - 10:38die Elfenbeinküste, Liberia, Sierra Leone,
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10:38 - 10:40und diese ganze Liste von Orten,
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10:40 - 10:44an die ich mich für den Rest
meines Lebens erinnern werde? -
10:44 - 10:47Doch es ist mein Beruf dieses Zeugnis abzulegen
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10:47 - 10:50und das ist die Krux, der Kern der Sache,
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10:50 - 10:53für uns Reporter.
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10:53 - 10:56Alles was ich tun kann ist hoffen,
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10:56 - 10:59nicht auf Entscheidungsträger und Politiker,
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10:59 - 11:01denn so gerne ich den Glauben hätte,
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11:01 - 11:04dass sie meine Worte lesen und etwas tun,
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11:04 - 11:07Ich täusche mich nicht selbst.
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11:07 - 11:11Aber ich hoffe, dass, falls Sie sich
an etwas erinnern, was ich sagte -
11:11 - 11:15oder an irgendeine meiner Geschichten,
morgen früh beim Frühstück, -
11:15 - 11:17falls Sie sich an die Geschichte von Sarajevo erinnern,
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11:17 - 11:21oder die Geschichte von Ruanda,
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11:21 - 11:23dann habe ich meine Aufgabe erfüllt.
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11:23 - 11:25Vielen Dank
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11:25 - 11:33(Applaus)
- Title:
- Janine di Giovanni: Was ich im Krieg sah
- Speaker:
- Janine di Giovanni
- Description:
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Die Reporterin Janine di Giovanni war in den schlimmsten Ecken der Welt um die Geschichten von Bosnien, Sierra Leone und —seit Kurzem — Syrien zurückzubringen. Sie erzählt die Geschichten von menschlichen Momenten in großen Konflikten — und erkundet den erschreckenden Übergang von vertrauten Straßen zu zerbombten Schlachtfeldern.
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 11:53
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Angelika Lueckert Leon accepted German subtitles for What I saw in the war | ||
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