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Ein zerstörter Körper heißt nicht gleich zerstörte Person

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    Im Leben geht es um Gelegenheiten,
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    sie zu erzeugen und zu suchen,
    und für mich
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    war das der olympische Traum.
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    Das hat mich definiert.
    Das war mein Glück.
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    Als Skilangläuferin und Mitglied
    des australischen Ski-Teams,
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    mit Blick auf die Olympiade,
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    war ich auf einer Fahrradtour
    mit meinen Teamkollegen unterwegs.
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    Als wir uns den Weg bahnten
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    zu den spektakulären Blauen Bergen
    im Westen von Sydney,
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    war es ein perfekter Herbsttag:
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    Sonnenschein, der Geruch
    von Eukalyptus und ein Traum.
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    Das Leben war gut.
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    Nach etwa fünfeinhalb Stunden
    auf den Rädern
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    kamen wir an meine Lieblingsstrecke,
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    nämlich die Hügel. Ich liebe die Hügel!
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    Und ich erhob mich von meinem Sattel und fing an,
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    mit meinen Beinen zu pumpen,
    und als ich die kalte Bergluft einatmete,
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    fühlte ich es in meinen Lungen brennen
    und ich sah hinauf,
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    um die Sonne in meinem Gesicht zu spüren.
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    Und dann wurde alles schwarz.
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    Wo war ich? Was war passiert?
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    Mein Körper war von Schmerz durchdrungen.
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    Ein rasender LKW hatte mich umgefahren,
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    nur 10 Minuten vor Ende der Fahrradtour.
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    Ich wurde von dort
    per Helikopter nach Sydney
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    in eine große Wirbelsäulen-Klinik geflogen.
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    Ich hatte enorme lebensbedrohliche Verletzungen.
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    Ich hatte mir meinen Hals und Rücken
    an sechs Stellen gebrochen.
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    Ich brach mir sechs Rippen
    auf der linken Seite.
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    Ich brach mir meinen rechten Arm
    und mein Schlüsselbein.
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    Ich brach mir einige Knochen in meinen Füßen.
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    Meine ganze rechte Seite war aufgerissen
    und mit Schotter gefüllt.
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    Mein Kopf wurde vorne aufgerissen
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    und der Schädel darunter zeigte sich.
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    Ich hatte Kopfverletzungen.
    Ich hatte innere Verletzungen.
  • 1:41 - 1:43
    Ich hatte massiven Blutverlust.
    Tatsächlich verlor ich etwa fünf Liter Blut
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    was alles ist, das jemand
    meiner Größe an Blut in sich hat.
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    Zu der Zeit, als der Helikopter
    am Prinz-Henry-Krankenhaus
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    in Sydney ankam, war mein Blutdruck 40 über nichts.
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    Ich hatte einen echt schlechten Tag.
    (Gelächter)
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    Mehr als zehn Tage driftete ich
    zwischen zwei Dimensionen,
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    ich hatte die Empfindung, sowohl in meinen Körper,
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    als auch außerhalb, irgendwo anders, zu sein.
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    Ich sah von oben zu, als ob das
    jemand anderem passiere.
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    Warum sollte ich in einen
    so zerstörten Körper zurückkehren wollen?
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    Aber diese Stimme sagte immer:
    "Komm schon, bleib bei mir."
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    "Nein, es ist zu schwer."
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    "Komm schon.
    Dies ist unsere Gelegenheit."
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    "Nein. Dieser Körper ist zerstört.
    Er kann mir nicht mehr dienen."
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    "Komm schon. Bleib bei mir. Wir schaffen es.
    Wir schaffen es zusammen."
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    Ich war an einem Scheideweg.
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    Ich wusste, wenn ich nicht zurückkehre,
    müsste ich diese Welt für immer verlassen.
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    Das war der Kampf meines Lebens.
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    Nach 10 Tagen entschloss ich mich,
    in meinen Körper zurückzukehren,
  • 2:55 - 2:59
    und die innere Blutung stoppte.
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    Die nächste Sorge war,
    ob ich wieder laufen könnte,
  • 3:02 - 3:05
    da ich von der Hüfte abwärts gelähmt war.
  • 3:05 - 3:07
    Sie sagten meinen Eltern,
    das Genick war glatt durchgebrochen,
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    aber der Rücken war komplett zerschmettert.
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    Der Lendenwirbel 1 sah aus, als ob man
    eine Erdnuss fallen gelassen hätte,
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    dann draufgetreten wäre und sie in
    tausend kleine Stücke zerdrückt hätte.
  • 3:16 - 3:19
    Sie mussten operieren.
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    Sie legten los. Sie legten mich auf ein Gelkissen.
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    Sie schnitten mich wörtlich entzwei,
    ich habe eine Narbe,
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    die sich um meinen ganzen Körper windet.
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    Sie entnahmen so viele
    Knochensplitter wie möglich,
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    die sich in meinem Rückenmark verklemmt hatten.
  • 3:31 - 3:35
    Sie entfernten zwei meiner gebrochenen
    Rippen und richteten meinen Rücken neu
  • 3:35 - 3:38
    Lendenwirbel 1 erneuerten sie,
    sie entnahmen noch eine gebrochene Rippe,
  • 3:38 - 3:41
    verbanden den Brustwirbel 12 und
    Lendenwirbel 1 und 2 miteinander.
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    Dann nähten sie mich zu.
    Das dauerte eine ganze Stunde.
  • 3:44 - 3:47
    Ich erwachte auf der Intensivstation
    und die Ärzte waren aufgeregt,
  • 3:47 - 3:50
    dass die OP ein Erfolg geworden war,
    da ich zu der Zeit
  • 3:50 - 3:53
    schon ein klein wenig
    meinen großen Zeh bewegen konnte
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    und ich dachte:
    "Toll, ich gehe nämlich zur Olympiade!"
  • 3:57 - 3:59
    (Gelächter)
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    Ich hatte keine Ahnung. Das ist so etwas,
  • 4:01 - 4:04
    was anderen passiert, sicherlich nicht mir.
  • 4:04 - 4:06
    Aber dann kam die Ärztin zu mir und sagte:
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    "Janine, die OP war ein Erfolg und wir haben
  • 4:10 - 4:13
    so viele Knochen wie möglich
    aus deinem Rückenmark geholt,
  • 4:13 - 4:14
    aber der Schaden ist dauerhaft.
  • 4:14 - 4:17
    Das zentrale Nervensystem ist beschädigt,
    dafür gibt es keine Heilung.
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    Du bist was wir 'teilweise querschnittsgelähmt' nennen
  • 4:20 - 4:23
    und du wirst alle Verletzungen haben,
    die damit einhergehen.
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    Du hast kein Gefühl unterhalb deiner Hüfte
  • 4:27 - 4:30
    und du wirst maximal 10-20% zurück erlangen.
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    Du wirst für den Rest deines Lebens
    innere Verletzungen haben.
  • 4:33 - 4:35
    Du wirst für den Rest deines Lebens
    einen Katheter benötigen.
  • 4:35 - 4:41
    Und wenn du jemals wieder laufen wirst,
    dann nur mit einem Laufgestell."
  • 4:41 - 4:42
    Und dann sagte sie: "Janine,
  • 4:42 - 4:44
    du musst dir dein gesamtes Leben neu überlegen,
  • 4:44 - 4:49
    da du niemals wieder die Dinge machen können wirst,
    die du bisher getan hast."
  • 4:49 - 4:52
    Ich versuchte zu verstehen, was sie sagte.
  • 4:52 - 4:54
    Ich war eine Athletin. Das war alles,
    was ich konnte. Alles was ich tat.
  • 4:54 - 4:58
    Wenn ich das nicht machen könnte, was dann?
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    Und ich stellte mir die Frage,
    wenn ich das nicht machen könnte,
  • 5:01 - 5:03
    wer bin ich dann?
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    Sie verlegten mich von der Intensivstation
    auf die Wirbelsäulenstation.
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    Ich lag auf einem dünnen, harten Spezialbett.
  • 5:13 - 5:16
    Ich konnte meine Füße nicht bewegen.
    Ich trug enge Strümpfe,
  • 5:16 - 5:18
    die Blutgerinnsel verhindern sollten.
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    Ein Arm war eingegipst,
    der andere lag am Tropf.
  • 5:21 - 5:24
    Ich hatte eine Nackenstütze und
    Sandsäcke auf beiden Seiten meines Kopfes
  • 5:24 - 5:26
    und ich betrachtete meine Welt über einen Spiegel,
  • 5:26 - 5:29
    der über meinem Kopf befestigt war.
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    Ich teilte mir das Zimmer mit fünf anderen Personen
  • 5:33 - 5:35
    und erstaunlicherweise, da wir alle gelähmt waren,
  • 5:35 - 5:40
    wusste keiner, wie der andere aussieht.
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    Wie unglaublich ist das? Wie oft im Leben
  • 5:43 - 5:48
    kann man Freundschaften knüpfen, vorurteilsfrei,
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    allein auf den Geist gegründet?
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    Und es gab keine oberflächlichen Konversationen.
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    Wir teilten unsere innersten Gedanken, unsere Ängste
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    und unsere Hoffnungen für das Leben
    nach dem Krankenhaus.
  • 6:01 - 6:04
    Ich errinnere mich an eine Nacht,
    ein Krankenpfleger kam herein,
  • 6:04 - 6:08
    Jonathan, mit vielen Plastikstrohhalmen.
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    Er legte auf jeden von uns ein Häufchen und sagte,
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    "Fangt an, sie ineinander zu stecken."
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    Naja, es gab nicht viel zu tun
    in dem Zimmer, also taten wir es.
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    Und als wir fertig waren, ging er leise herum
  • 6:20 - 6:23
    und steckte alle Strohhalme ineinander,
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    bis sie einmal um das ganze Zimmer gingen.
    Dann sagte er:
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    "OK alle Mann, haltet eure Strohhalme fest."
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    Und das taten wir. Und er sagte:
    "Genau. Jetzt sind wir alle verbunden."
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    Und als wir sie anfassten
    und gemeinsam einatmeten,
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    wussten wir, dass wir auf
    dieser Reise nicht allein sind.
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    Und selbst querschnittsgelähmt im Zimmer liegend
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    gab es Momente von unglaublicher Tiefe
    und unglaublichen Reichtum,
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    von Authentizität und Verbindung,
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    die ich noch nie zuvor erlebt hatte.
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    Und jeder von uns wusste,
    wenn wir das Krankenhaus verlassen,
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    werden wir nicht mehr die selben Personen sein.
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    Nach sechs Monaten ging es dann nach Hause.
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    Ich erinnere mich daran, dass mein Vater
    mich im Rollstuhl nach draußen geschoben hat
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    und ich war von oben bis unten eingegipst
  • 7:22 - 7:25
    und fühlte zum ersten Mal
    die Sonne auf meinem Gesicht.
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    Ich saugte sie auf und dachte:
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    "Wie konnte ich das jemals als
    selbstverständlich betrachten?"
  • 7:31 - 7:35
    Ich fühlte so unglaublich viel
    Dankbarkeit für mein Leben.
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    Aber bevor ich das Krankenhaus verließ,
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    sagte die Oberschwester zu mir:
    "Janine, ich möchte, dass du bereit bist,
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    denn wenn du nach Hause kommst,
    wird etwas passieren."
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    Und ich sagte: "Was?" Und sie sagte:
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    "Du wirst depressiv werden."
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    Und ich sagte: "Ich doch nicht,
    nicht Janine die Kampfmaschine,"
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    das war mein Spitzname.
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    Und sie sagte:
    "Wirst du aber, weil es jedem passiert.
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    Im Krankenhaus, da ist alles normal.
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    Du bist im Rollstuhl. Das ist normal.
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    Aber du wirst nach Hause gehen und bemerken,
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    wie sehr sich das Leben verändert hat."
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    Und ich kam nach Hause und etwas passierte.
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    Mir wurde klar, dass Schwester Sam recht hatte.
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    Ich wurde depressiv.
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    Ich war in meinem Rollstuhl.
    Ich hatte kein Gefühl unterhalb der Hüfte
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    und hatte einen Harnkatheter.
    Ich konnte nicht laufen.
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    Ich hatte im Krankenhaus
    so viel Gewicht abgenommen,
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    dass ich jetzt nur noch 40 kg wog.
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    Und ich wollte aufgeben.
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    Ich wollte nur noch meine Laufschuhe
    anziehen und loslaufen.
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    Ich wollte mein altes Leben zurück.
    Ich wollte meinen Körper zurück.
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    Und ich erinnere mich an meine Mutter,
    wie sie am Ende des Bettes saß
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    und sagte: "Ich frage mich,
    ob das Leben jemals wieder gut wird."
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    Und ich dachte: "Wie könnte es?
    Ich habe ja alles verloren
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    was ich schätzte, alles,
    worauf ich hingearbeitet habe.
  • 8:52 - 8:55
    Alles weg."
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    Und ich stellte eine Frage:
    "Warum ich? Warum ich?"
  • 9:00 - 9:03
    Und dann erinnerte ich mich an meine Freunde,
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    die noch immer im Krankenhaus waren,
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    besonders an Maria.
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    Maria hatte einen Autounfall und sie wachte auf
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    an ihrem 16. Geburtstag, mit der Info,
    dass sie komplett querschnittsgelähmt sei,
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    keine Bewegung unterhalb des Halses hatte,
  • 9:17 - 9:20
    die Stimmbänder verletzt waren
    und sie nicht reden konnte.
  • 9:20 - 9:23
    Sie sagten mir:
    "Wir werden dich neben sie legen,
  • 9:23 - 9:25
    da wir denken, dass das gut für sie wäre."
  • 9:25 - 9:28
    Ich machte mir Sorgen. Ich wusste nicht,
    wie ich darauf reagieren würde,
  • 9:28 - 9:30
    neben ihr zu sein.
  • 9:30 - 9:34
    Ich wusste, dass das eine Herausforderung war,
    aber letztlich war es ein Segen,
  • 9:34 - 9:39
    da Maria immer lächelte.
  • 9:39 - 9:44
    Sie war immer glücklich und selbst,
    als sie wieder anfing zu reden,
  • 9:44 - 9:50
    obwohl schwer verständlich,
    hat sie sich nicht ein einziges Mal beschwert.
  • 9:50 - 9:56
    Und ich fragte mich, wie hat sie
    jemals diese Akzeptanz gefunden?
  • 9:56 - 10:00
    Und ich bemerkte, dass das
    nicht nur mein Leben war.
  • 10:00 - 10:05
    Es war das Leben an sich.
    Es war nicht nur mein Schmerz.
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    Es war jedermanns Schmerz.
    Und dann wusste ich, genau wie vorher,
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    dass ich eine Wahl habe.
    Ich könnte weiter kämpfen,
  • 10:14 - 10:19
    oder ich könnte loslassen
    und nicht nur meinen Körper,
  • 10:19 - 10:23
    sondern auch meine Lebensumstände akzeptieren.
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    Und dann hörte ich auf zu fragen: "Warum ich?"
  • 10:26 - 10:29
    Und fing an zu fragen: "Warum nicht ich?"
  • 10:29 - 10:34
    Und dann dachte ich,
    vielleicht ist ganz unten zu sein,
  • 10:34 - 10:40
    ein perfekter Ort, um neu anzufangen.
  • 10:40 - 10:44
    Ich hatte mich vorher nie
    als kreativen Menschen gesehen.
  • 10:44 - 10:48
    Ich war Athletin. Mein Körper war eine Maschine.
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    Aber nun sollte ich mit meinem
    kreativsten Projekt anfangen,
  • 10:53 - 10:55
    das kreativste von all erdenklichen:
  • 10:55 - 10:57
    nämlich ein Leben neu aufzubauen.
  • 10:57 - 11:00
    Und obwohl ich keine Ahnung hatte,
  • 11:00 - 11:03
    was ich machen würde, kam mit dieser Ungewissheit
  • 11:03 - 11:05
    eine Art Freiheit einher.
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    Ich lief nicht länger auf einem festen Lebensweg.
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    Ich war frei, die unendlichen Möglichkeiten
    des Lebens zu erkunden.
  • 11:14 - 11:20
    Und diese Erkenntnis sollte mein Leben ändern.
  • 11:20 - 11:25
    Zu Hause sitzend, eingegipst,
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    überflog mich ein Flugzeug und ich sah hoch,
  • 11:29 - 11:32
    und dachte mir: "Das ist es!"
  • 11:32 - 11:36
    Wenn ich schon nicht laufen kann,
    werde ich halt fliegen."
  • 11:36 - 11:39
    Ich sagte: "Mama, Ich werde fliegen lernen."
  • 11:39 - 11:43
    Sie sagte: "Das ist toll Liebling." (Gelächter)
  • 11:43 - 11:45
    Ich sagte: "Reich mir die Gelben Seiten."
  • 11:45 - 11:47
    Sie reichte mir das Telefonbuch
    und ich rief die Flugschule an,
  • 11:47 - 11:50
    ich buchte und sagte, dass ich gerne
    eine Flugstunde buchen wolle.
  • 11:50 - 11:53
    Sie sagten: "Wissen Sie, wann Sie kommen wollen?"
  • 11:53 - 11:55
    Ich sagte: "Also, ich muss mich
    von einem Freund fahren lassen,
  • 11:55 - 11:58
    da ich nicht fahren kann.
    Laufen geht auch nicht so richtig.
  • 11:58 - 11:59
    Ist das ein Problem?"
  • 11:59 - 12:01
    Ich buchte und Wochen später fuhren mich Chris
  • 12:01 - 12:03
    und meine Mutter zum Flughafen,
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    meine gesamten 40 kg eingegipst
  • 12:06 - 12:09
    in einem schlabberigen Overall.
    (Gelächter)
  • 12:09 - 12:12
    Ich sag Ihnen, ich sah nicht
    wie ein idealer Kandidat aus,
  • 12:12 - 12:14
    der eine Fluglizenz bekommen soll.
    (Gelächter)
  • 12:14 - 12:17
    Ich hielt mich am Tresen fest,
    da ich nicht stehen konnte.
  • 12:17 - 12:19
    Ich sagte: "Hi, ich bin wegen der Flugstunde hier."
  • 12:19 - 12:22
    Sie schauten mich an und rannten nach hinten,
    um den Schwarzen Peter zu vergeben.
  • 12:22 - 12:26
    "Du nimmst sie." "Nein, nein, du nimmst sie."
  • 12:26 - 12:27
    Letztlich kam ein Typ heraus. Er meinte:
  • 12:27 - 12:29
    "Hi, ich bin Andrew und
    ich werde dich mit zum Fliegen nehmen."
  • 12:29 - 12:30
    Ich dann: "Toll." Und so fuhren sie mich runter,
  • 12:30 - 12:32
    sie brachten mich auf die Rollbahn
  • 12:32 - 12:34
    und dort stand dieses rot-weiß-blaue Flugzeug.
  • 12:34 - 12:37
    Es war wunderschön.
    Sie hoben mich ins Cockpit.
  • 12:37 - 12:39
    Sie mussten mich über den Flügel
    ins Cockpit schieben.
  • 12:39 - 12:42
    Sie setzten mich hin.
    Überall gab es Knöpfe und Schieber.
  • 12:42 - 12:45
    Und ich sagte: "Wow, wie soll man wissen,
    wofür all diese Knöpfe und Schieber sind?"
  • 12:45 - 12:48
    Andrew, der Lehrer, saß vorne
    und startete das Flugzeug.
  • 12:48 - 12:50
    Er sagte: "Wollen Sie eine Runde herumfahren?"
  • 12:50 - 12:52
    Das ist, wenn man die Füße benutzt,
    um die Ruderpedale zu treten,
  • 12:52 - 12:54
    und damit das Flugzeug am Boden kontrolliert.
  • 12:54 - 12:56
    Ich sagte: "Nein, ich kann meine Füße nicht benutzen."
  • 12:56 - 12:58
    Er sagte nur: "Oh."
  • 12:58 - 13:00
    Ich sagte: "Aber die Hände gehen,"
    und er sagte: "OK."
  • 13:00 - 13:04
    So rollten wir zur Startbahn und er gab Schub.
  • 13:04 - 13:06
    Und als wir von der Startbahn abhoben
  • 13:06 - 13:10
    und sich die Räder vom Asphalt hoben und wir flogen,
  • 13:10 - 13:15
    hatte ich das unglaublichste Gefühl von Freiheit.
  • 13:15 - 13:18
    Und Andrew sagte mir,
  • 13:18 - 13:20
    als wir über das Trainingsgelände flogen:
  • 13:20 - 13:23
    "Sehen Sie die Berge da drüben?"
  • 13:23 - 13:24
    Und ich sagte: "Jap."
  • 13:24 - 13:29
    Und er sagte: "Also, Sie nehmen das Ruder
    und fliegen uns dorthin."
  • 13:29 - 13:32
    Und als ich hinaufsah, wurde mir klar,
  • 13:32 - 13:35
    dass er auf die Blauen Berge zeigte,
  • 13:35 - 13:38
    wo alles begonnen hatte.
  • 13:38 - 13:42
    Und ich nahm das Ruder und flog.
  • 13:42 - 13:45
    Und ich war weit, weit weg vom Krankenhaus
  • 13:45 - 13:50
    und genau dann wusste ich, dass ich Pilotin werde.
  • 13:50 - 13:54
    Ich hatte keine Ahnung, wie ich jemals
    einen physischen Test bestehen sollte.
  • 13:54 - 13:57
    Aber ich würde mich später darum kümmern,
    da ich jetzt gerade einen Traum hatte.
  • 13:57 - 14:01
    Ich ging also nach Hause, nahm mir
    ein Trainingtagebuch und ich hatte einen Plan.
  • 14:01 - 14:04
    Und ich übte laufen, so viel ich konnte,
  • 14:04 - 14:07
    und während mich erst noch zwei Leute halten mussten
  • 14:07 - 14:10
    und dann nur eine Person,
  • 14:10 - 14:12
    konnte ich schließlich um die Möbel laufen,
  • 14:12 - 14:14
    solange sie nicht zu weit auseinander standen.
  • 14:14 - 14:16
    Und dann machte ich große Fortschritte,
  • 14:16 - 14:19
    bis ich im Haus umherlaufen konnte,
    mich an den Wänden festhaltend,
  • 14:19 - 14:22
    wie da, und Mama sagte,
    dass sie mir immer folgen würde,
  • 14:22 - 14:26
    um meine Fingerabdrücke wegzuwischen.
    (Gelächter.)
  • 14:26 - 14:31
    Aber immerhin wusste sie immer, wo ich war.
  • 14:31 - 14:33
    Während die Ärzte weiter operierten
  • 14:33 - 14:35
    und meine Körper zusammenflickten,
  • 14:35 - 14:39
    fuhr ich mit dem Lernen der Theorie weiter, und schließlich
  • 14:39 - 14:42
    schaffte ich erstaunlicherweise
    den physischen Pilotentest,
  • 14:42 - 14:45
    das war mein grünes Licht zum Fliegen.
  • 14:45 - 14:47
    Und ich verbrachte jeden möglichen
    Augenblick auf der Flugschule,
  • 14:47 - 14:49
    weit jenseits meiner Behaglichkeitsgrenze,
  • 14:49 - 14:51
    all diese jungen Typen,
    die Quantas-Piloten werden wollten,
  • 14:51 - 14:55
    und ich wuselte erst in meinem Gips nebenher,
  • 14:55 - 14:57
    dann in meiner Stahlstütze, meinem Overall,
  • 14:57 - 15:01
    meiner Tasche mit Medikamenten und
    Kathetern und meinem Humpeln,
  • 15:01 - 15:02
    und sie sahen mich immer so an und dachten:
  • 15:02 - 15:06
    "Oh, wem macht sie was vor?
    Sie wird es nie schaffen."
  • 15:06 - 15:08
    Und manchmal dachte ich das Gleiche.
  • 15:08 - 15:12
    Aber das störte nicht, denn
    ich hatte in mir eine Flamme,
  • 15:12 - 15:16
    die von meinem Verletzungen
    nicht gelöscht werden konnte.
  • 15:16 - 15:18
    Und kleine Ziele hielten mich auf dem Weg,
  • 15:18 - 15:22
    und schließlich bekam ich meine Privat-Fluglizenz,
  • 15:22 - 15:27
    und dann lernte ich zu navigieren
    und flog meine Freunde durch Australien.
  • 15:27 - 15:30
    Und dann lernte ich ein
    zweimotoriges Flugzeug zu fliegen.
  • 15:30 - 15:33
    Und ich bekam meinen Zwei-Motor-Flugschein.
  • 15:33 - 15:36
    Und dann lernte ich bei gutem sowie
    schlechtem Wetter zu fliegen
  • 15:36 - 15:38
    und bekam meine Instrumentenflugberechtigung.
  • 15:38 - 15:41
    Und dann bekam ich meine
    kommerzielle Fluglizenz.
  • 15:41 - 15:44
    Und dann bekam ich meine Lehrberechtigung.
  • 15:44 - 15:47
    Danach fand ich mich an derselben Flugschule wieder,
  • 15:47 - 15:49
    wo ich zum ersten Mal geflogen war,
  • 15:49 - 15:53
    und brachte anderen Leuten das Fliegen bei,
  • 15:53 - 15:57
    knapp 18 Monate, nachdem ich aus
    dem Krankenhaus entlassen worden war.
  • 15:57 - 16:08
    (Applaus)
  • 16:08 - 16:10
    Und dann dachte ich:
    "Warum sollte ich hier aufhören?
  • 16:10 - 16:14
    Warum sollte ich nicht lernen, kopfüber zu fliegen?"
  • 16:14 - 16:16
    Und das tat ich, ich lernte, kopfüber zu fliegen
  • 16:16 - 16:20
    und wurde Kunstfluglehrerin.
  • 16:20 - 16:27
    Und Mama und Papa? Waren nie oben.
  • 16:27 - 16:32
    Aber dann wusste ich genau,
    obwohl mein Körper limitiert war,
  • 16:32 - 16:37
    war mein Geist unaufhaltbar.
  • 16:37 - 16:41
    Der Philosoph Laotse sagte einmal,
  • 16:41 - 16:44
    "Wenn du loslässt, was du bist,
  • 16:44 - 16:47
    wirst du zu dem, was du sein könntest."
  • 16:47 - 16:52
    Ich weiß jetzt, dass nur aufgrund des Loslassens
    von der, die zu sein ich glaubte,
  • 16:52 - 16:56
    ich mir ein neues Leben aufbauen konnte,
  • 16:56 - 17:01
    Erst als ich Abschied nahm vom Leben,
    das ich haben sollte,
  • 17:01 - 17:06
    konnte ich das Leben empfangen,
    was auf mich wartete.
  • 17:06 - 17:09
    Ich weiß jetzt, dass meine wahre Kraft
  • 17:09 - 17:12
    nie von meinem Körper ausging,
  • 17:12 - 17:17
    und obwohl meine physischen Fähigkeiten
    sich drastisch geändert haben,
  • 17:17 - 17:21
    bin ich, wer ich bin, unverändert.
  • 17:21 - 17:25
    Die Piloten-Flamme in mir
    war immer noch eine Flamme,
  • 17:25 - 17:30
    genau wie sie in jedem von uns lodert.
  • 17:30 - 17:33
    Ich weiß, dass ich nicht mein Körper bin.
  • 17:33 - 17:37
    Und ich weiß auch,
    dass ihr nicht euer Körper seid.
  • 17:37 - 17:41
    Und es interessiert nicht, wie man aussieht,
  • 17:41 - 17:45
    wo man herkommt oder was man beruflich macht.
  • 17:45 - 17:51
    Das einzige was zählt, ist, dass wir
    die Flamme der Menscheit schüren,
  • 17:51 - 17:55
    indem wir unser Leben als ultimativen
    kreativen Ausdruck leben
  • 17:55 - 17:59
    und sind, wer wir wirklich sind,
  • 17:59 - 18:01
    da wir alle miteinander verbunden sind,
  • 18:01 - 18:05
    durch Abermillionen Strohhalme
  • 18:05 - 18:08
    und es ist Zeit, diese miteinander zu verbinden
  • 18:08 - 18:10
    und sie festzuhalten.
  • 18:10 - 18:15
    Und falls wir unserem Gemeinwohl
    näher kommen sollten,
  • 18:15 - 18:17
    ist es Zeit, den Fokus vom Physischen abzuwenden
  • 18:17 - 18:21
    und im Gegenzug die Tugend des Herzens anzunehmen.
  • 18:21 - 18:25
    So erhebt eure Strohhalme, wenn ihr mir zustimmt.
  • 18:25 - 18:31
    VIelen Dank. (Applaus)
  • 18:31 - 18:36
    Vielen Dank.
Title:
Ein zerstörter Körper heißt nicht gleich zerstörte Person
Speaker:
Janine Shepherd
Description:

Skilangläuferin Janine Shepherd träumte von einer olympischen Medaille – bis sie während einer Trainings-Fahrradtour von einem Truck getroffen wurde. Sie erzählt eine kraftvolle Geschichte über das menschliche Potential der Genesung. Ihre Meinung: Du bist nicht dein Körper und alte Träume loszulassen erlaubt es dir, neue Träume zu finden.

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English
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TEDTalks
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18:57
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