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Yanis Varoufakis' special report on Greece: "Welcome to the eye of the storm"

  • 0:03 - 0:05
    Die Griechen warten auf die Entscheidung aus Brüssel
  • 0:05 - 0:08
    über das neueste Hilfspaket
  • 0:08 - 0:10
    und viele denken, dass sie unfair
  • 0:10 - 0:13
    als verantwortungslose Verschwender
    dargestellt wurden.
  • 0:13 - 0:15
    Und sie sagen, dass die Fabel der Ameise
    und des Grashüpfers
  • 0:15 - 0:20
    fälschlich benutzt wird, um Klischees
    über die Krisenländer zu bedienen.
  • 0:20 - 0:23
    Janis Varoufakis ist früherer Berater
  • 0:23 - 0:25
    des griechischen Premierministers,
  • 0:25 - 0:28
    und einer der einflussreichsten
    Ökonomen Europas.
  • 0:28 - 0:30
    Im folgenden Bericht für Channel 4 News
  • 0:30 - 0:34
    zeigt er einen eigenen Plan auf.
  • 0:38 - 0:44
    Willkommen im Auge des
    europäischen Sturms.
  • 0:45 - 0:46
    Dies ist Griechenland.
  • 0:46 - 0:50
    Ursprünglich bekannt für sorglosen
    Spaß und Sonne.
  • 0:50 - 0:53
    Aber in letzter Zeit hat sich der Himmel
    zugezogen.
  • 0:53 - 0:55
    Und man sagt uns jetzt, dass dieses Land
  • 0:55 - 0:59
    droht, ganz Europa mit sich in den Abgrund
    zu stürzen.
  • 0:59 - 1:04
    Ich bin hier, um Ihnen zu erklären, warum die Dinge
    vielleicht nicht so einfach sind, wie sie scheinen.
  • 1:04 - 1:05
    Vor fast 3000 Jahren
  • 1:05 - 1:08
    erzählte ein griechischer Sklave, Aesop,
    die bekannte Fabel
  • 1:08 - 1:11
    von der Ameise, die für den Winter
    vorsorgte
  • 1:11 - 1:13
    und dem Grashüpfer, der es nicht tat.
  • 1:13 - 1:17
    Seine Fabel von der fleißigen,
    sparsamen Ameise
  • 1:17 - 1:19
    und dem faulen,
    leichtsinnigen Grashüpfer
  • 1:19 - 1:21
    trifft den Kern der heutigen Diskussion
  • 1:21 - 1:23
    über die Eurokrise.
  • 1:23 - 1:26
    Die Deutschen werden als Ameisen
    dargestellt.
  • 1:26 - 1:29
    Die Griechen als verschwenderische
    Grashüpfer.
  • 1:29 - 1:31
    Aber meines Erachtens ist dies
    viel zu simpel.
  • 1:31 - 1:36
    Grashüpfer in jedem Eurozonenland und
    auch anderswo haben die Krise verursacht.
  • 1:36 - 1:39
    Aber jetzt bezahlen es die Ameisen
  • 1:39 - 1:42
    in Deutschland und in Griechenland.
  • 1:42 - 1:44
    Leider werden ihre Opfer verschwendet
  • 1:44 - 1:46
    in nicht umsetzbaren Bail-out Plänen
  • 1:46 - 1:49
    wie dem, der heute in Brüssel
    unterzeichnet wurde.
  • 1:49 - 1:51
    Aber wenn wir die Fabel
    richtig interpretieren,
  • 1:51 - 1:54
    denke ich, kann die Eurokrise leicht
    gelöst werden.
  • 1:54 - 1:56
    Athen ist eine Stadt voller Menschen,
  • 1:56 - 1:59
    die den Widrigkeiten trotzen.
  • 1:59 - 2:01
    Ausschreitungen und Politiker
    machen Schlagzeilen,
  • 2:01 - 2:03
    aber die Griechen leben weiter,
  • 2:03 - 2:06
    versuchen, über die Runden zu kommen.
  • 2:06 - 2:08
    Angst und Verzweiflung liegen in der Luft.
  • 2:08 - 2:12
    In den Straßen, in den Graffiti
    an den Wänden.
  • 2:12 - 2:15
    Aber auf typisch griechische Weise
  • 2:15 - 2:17
    ist es auch mit Trotz vermischt.
  • 2:20 - 2:22
    Mehr Geschäfte schließen jeden Tag.
  • 2:22 - 2:25
    Und die, die es noch gibt,
    haben keine Kunden.
  • 2:25 - 2:27
    Niemand kann sich irgendetwas leisten.
  • 2:27 - 2:30
    Es ist schwer jetzt, extrem schwer.
  • 2:30 - 2:34
    Obwohl wir länger arbeiten.
  • 2:34 - 2:39
    Die Menschen kaufen nicht mehr so wie früher.
  • 2:39 - 2:42
    Wir können kaum überleben.
  • 2:42 - 2:44
    Trotz der Rezession sind Preise hoch.
  • 2:44 - 2:46
    Und vor der Krise war es nicht besser.
  • 2:46 - 2:48
    Als der Euro kam,
  • 2:48 - 2:51
    sind die Preise für Waren ins
    Unermessliche gestiegen.
  • 2:51 - 2:55
    Währenddessen gab es eine
    massive Senkung der Zinsen.
  • 2:55 - 2:58
    Und Luxusgüter wurden billiger.
  • 2:58 - 3:01
    Für die Reichen war es ein Glücksfall.
  • 3:01 - 3:05
    Aber die Armen hatten es
    schwieriger denn je.
  • 3:05 - 3:08
    Anthoula arbeitet schon seit Jahren in
    meiner Fakultät.
  • 3:08 - 3:10
    Sie reinigt die Büros von Kollegen,
  • 3:10 - 3:11
    die Minister waren, Banken leiteten
  • 3:11 - 3:12
    mächtige Menschen.
  • 3:12 - 3:18
    Ihr Monatsgehalt von ursprünglich 850 EUR
    ist jetzt nur noch 600 EUR und wird weniger.
  • 3:18 - 3:20
    Und die Rechnungen häufen sich.
  • 3:20 - 3:22
    Ihr Vater hat Alzheimer,
  • 3:22 - 3:24
    und sie muss seine Pflege bezahlen.
  • 3:24 - 3:26
    Letztes Jahr ist ihre Mutter gestorben.
  • 3:26 - 3:28
    Da stand ich vor einem tragischen Problem,
  • 3:28 - 3:31
    tragisch sage ich Ihnen.
  • 3:31 - 3:34
    Ich habe mit dem Bestattungsunternehmen
    verhandelt,
  • 3:34 - 3:38
    und durfte schließlich in Raten zahlen.
  • 3:38 - 3:40
    Meiner Würde beraubt habe ich es geschafft.
  • 3:40 - 3:43
    Ich arbeite an der Universität mit Ökonomen
  • 3:43 - 3:46
    mit großen Gehirnen, so wie Sie.
  • 3:46 - 3:49
    Finden Sie eine Lösung, tun Sie was.
  • 3:49 - 3:52
    Dies geht über Ihre Bücher hinaus.
  • 3:52 - 3:55
    Die Lichter gehen buchstäblich aus in
    unseren Städten.
  • 3:55 - 3:58
    Familien müssen ohne Strom leben.
  • 3:58 - 4:01
    Es gibt mehr Obdachlose auf den Straßen
  • 4:01 - 4:05
    und immer mehr Selbstmorde.
  • 4:05 - 4:08
    Christos Kavafas sitzt in einem
    anderen Boot.
  • 4:08 - 4:11
    Er kehrte nach Griechenland zurück,
    nachdem er für Finanziers
  • 4:11 - 4:15
    wie Goldman Sachs auf der Wall Street
    gearbeitet hatte.
  • 4:15 - 4:19
    Er baute dieses herrliche Haus
    auf alte Gemäuer.
  • 4:19 - 4:22
    Er sagt, Rezessionen sind wie
    Naturgewalten.
  • 4:22 - 4:28
    Die Menschen hier scheinen ihr Schicksal
    nicht akzeptieren zu wollen.
  • 4:28 - 4:32
    Dass dies ein Teil des Lebens ist.
  • 4:32 - 4:34
    Christos ist ein Rätsel. Er sagt,
  • 4:34 - 4:36
    die Reichen müssen mehr Steuern zahlen
  • 4:36 - 4:39
    und ihm tun die überlasteten Armen leid.
  • 4:39 - 4:41
    Aber er denkt auch, sie haben die Wahl.
  • 4:41 - 4:46
    Diejenigen, die bereit sind, für 300 EUR
    im Monat zu arbeiten
  • 4:46 - 4:48
    für den Rest ihres Lebens,
  • 4:48 - 4:51
    sie werden wohl immer arm sein.
  • 4:51 - 4:54
    Ich meine, es ist die menschliche Natur
  • 4:54 - 4:56
    man kann nicht...
  • 4:56 - 4:57
    Den Starken wird es gut gehen,
  • 4:57 - 5:03
    den nicht so starken wird es nicht
    gut gehen.
  • 5:03 - 5:06
    2000 Menschen arbeiteten in der
    Elevsis Werft.
  • 5:06 - 5:09
    Jetzt da 1300 von ihnen entlassen wurden,
  • 5:09 - 5:15
    versucht der Rest, Stolz in ihre
    ausgedünnte Arbeit zu behalten.
  • 5:15 - 5:21
    Diese zwei Arbeiter haben insgesamt
    61 Jahre hier gearbeitet.
  • 5:21 - 5:25
    Ich frage sie, wie schlecht es nun
    um die Arbeit steht.
  • 5:25 - 5:27
    Wirklich schlimm.
  • 5:27 - 5:30
    Wir werden nicht wie sonst bezahlt.
  • 5:30 - 5:32
    Wir kriegen "Schuldscheine".
  • 5:32 - 5:34
    Schon seit sechs Monaten.
  • 5:34 - 5:36
    6 Monate lang nicht bezahlt?
  • 5:36 - 5:39
    Die Firma schuldet uns für die
    letzten 6 Monate.
  • 5:39 - 5:42
    Was halten sie davon, als Europas
    Grashüpfer dargestellt zu werden?
  • 5:42 - 5:45
    Zunächst mal ist das eine Beleidigung.
  • 5:45 - 5:48
    Wir dulden so einen Vorwurf nicht.
  • 5:48 - 5:51
    Sie versuchen, aus uns Grashüpfer zu machen,
  • 5:51 - 5:54
    aber wir sind zäh genug, um zu überleben,
  • 5:54 - 5:58
    und ihnen zu beweisen, dass wir
    die Ameisen sind.
  • 5:58 - 6:01
    Die Griechen sind wütend und
    desillusioniert.
  • 6:01 - 6:03
    Sie vertrauen den Medien nicht,
  • 6:03 - 6:05
    sie vertrauen Ökonomen nicht,
  • 6:05 - 6:08
    und Politikern vertrauen sie
    ganz sicher nicht.
  • 6:08 - 6:10
    Aber hauptsächlich
  • 6:10 - 6:12
    sind sie es wirklich leid,
  • 6:12 - 6:15
    als Europas Schurken dargestellt
    zu werden.
  • 6:15 - 6:17
    Ich kam nach Frankfurt, die Finanzhauptstadt
  • 6:17 - 6:20
    des Zahlmeisters Europas, Deutschland.
  • 6:20 - 6:24
    Wo die Grundstimmung Griechenland
    die Schuld gibt.
  • 6:24 - 6:26
    Bevor der Euro kam,
  • 6:26 - 6:28
    wurde die Wiedervereinigung
  • 6:28 - 6:31
    durch grausame Lohneinbußen bezahlt.
  • 6:31 - 6:34
    Die Löhne fielen, die Profite sammelten
    sich in den Banken.
  • 6:34 - 6:37
    Währenddessen pumpte auf der anderen Seite
  • 6:37 - 6:41
    des Atlantiks die Wall Street ganze Flüsse
    privaten Geldes.
  • 6:41 - 6:44
    Als sich diese mit deutschen
    Profiten vermischten,
  • 6:44 - 6:48
    fluteten sie Länder wie Irland, Spanien
    und natürlich Griechenland,
  • 6:48 - 6:50
    um noch mehr Profite zu finden.
  • 6:50 - 6:53
    So bildeten sich riesige Blasen.
  • 6:53 - 6:55
    Europas Grashüpfer verdienten sich
    ein Vermögen.
  • 6:55 - 6:58
    Als die Blasen 2008 platzten,
  • 6:58 - 7:01
    steckten die Banken in riesigen Problemen.
  • 7:01 - 7:04
    Seit dem bezahlen die Ameisen Europas
    viel zu viel,
  • 7:04 - 7:06
    um die Banken zu stützen.
  • 7:06 - 7:08
    Deutsche durch die Rettungskredite,
  • 7:08 - 7:11
    Griechen durch tausende Einschnitte.
  • 7:11 - 7:13
    Die Deutschen sind auch desillusioniert.
  • 7:13 - 7:16
    Ich traf Clemens, der für einen
    Steuerzahlerbund arbeitet,
  • 7:16 - 7:20
    und Jesse, einen arbeitslosen Mechaniker.
  • 7:20 - 7:23
    Warum hat das Land überhaupt
    die Schulden? Und bei wem?
  • 7:23 - 7:25
    Also, wem helfen wir?
  • 7:25 - 7:28
    Helfen wir den Leuten, den Menschen
    da unten?
  • 7:28 - 7:30
    Oder helfen wir den Banken?
  • 7:30 - 7:32
    Was mich persönlich aufregt ist, dass
  • 7:32 - 7:38
    als Griechenland Mitglied wurde
    der Eurozone
  • 7:38 - 7:41
    hat es bei den Finanzen geschummelt.
  • 7:41 - 7:43
    Deutsche Banken stehen mitten in
    der Eurokrise.
  • 7:43 - 7:45
    Deshalb sprach ich mit einem ihrer
    Chefökonomen,
  • 7:45 - 7:47
    der Griechenland raus haben will.
  • 7:47 - 7:49
    Ja, es gibt 2 Euro-Länder,
  • 7:49 - 7:52
    die nicht Mitglieder der Eurozone
    bleiben können,
  • 7:52 - 7:57
    die Griechen und Portugiesen sollten raus
    aus der Eurozone.
  • 7:57 - 7:58
    Was ist mit Ländern wie Spanien?
  • 7:58 - 8:00
    Italien? Sogar Frankreich?
  • 8:00 - 8:05
    Falls diese Länder nicht Reformen liefern,
  • 8:05 - 8:08
    wird es schwierig, die Eurozone am Leben
    zu halten.
  • 8:08 - 8:10
    Es ist klar, zumindest ist es mir klar,
  • 8:10 - 8:12
    dass der katastrophale Zerfall
    der Eurozone
  • 8:12 - 8:14
    im Gang ist.
  • 8:14 - 8:16
    Aber gibt es eine Alternative?
  • 8:16 - 8:18
    Ich denke ja!
  • 8:18 - 8:21
    Wir können diese Krise in 3 Schritten
    beenden.
  • 8:21 - 8:23
    1. Wir müssen Europas Bankensektor einen
  • 8:23 - 8:27
    und die Banken mit Nachdruck
    rekapitalisieren.
  • 8:27 - 8:34
    2. Einen großer Teil der öffentlichen Schulden
    der Eurozone mittels EZB zentralisieren.
  • 8:34 - 8:39
    3. Die europäische Investitionsbank
    benutzen, um müßige Ersparnisse
  • 8:39 - 8:41
    in produktive Investitionen umzuleiten
  • 8:41 - 8:45
    in den Ländern, die es am meisten
    nötig haben.
  • 8:45 - 8:47
    Es ist eine simple Idee.
  • 8:47 - 8:51
    Aber damit sie eine Chance hat, müssen
    wir Karikaturen begraben
  • 8:51 - 8:53
    und auch Vorurteile gegen Nationen.
  • 8:53 - 8:57
    Wir müssen die Idee begraben, dass
    es Nationen fauler Grashüpfer gibt
  • 8:57 - 9:00
    und Nationen fleißiger Ameisen.
  • 9:00 - 9:02
    Vielleicht ist die wichtige Moral
    meiner Geschichte,
  • 9:02 - 9:04
    dass wir, um die Eurokrise zu verstehen,
  • 9:04 - 9:06
    uns erinnern müssen,
  • 9:06 - 9:08
    dass es "die Griechen" oder
  • 9:08 - 9:10
    "die Deutschen" gar nicht gibt.
  • 9:10 - 9:14
    Ich habe nur eine Erzählung, aber es ist
    die, die sich überall wiederfindet.
  • 9:14 - 9:17
    Wir sollten Aesops berühmte Fabel nicht
    falsch interpretieren,
  • 9:17 - 9:22
    indem wir eine stolze europäische Nation
    gegen die andere ausspielen.
  • 9:22 - 9:27
    Mehr von Yanis Varoufakis auf
    unserer Webseite
  • 9:27 - 9:36
    inklusive seines 3-Schritt-Planes zur
    Rettung des Euro.
Title:
Yanis Varoufakis' special report on Greece: "Welcome to the eye of the storm"
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Video Language:
English
Duration:
09:37

German subtitles

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