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Nichts Neues | Sash Milne | TEDxPerth

  • 0:13 - 0:16
    Vor fünf Jahren zog ich
    in ein abgelegenes Dorf
  • 0:16 - 0:18
    im Südwesten des indonesischen Java.
  • 0:19 - 0:23
    Stellen Sie sich ein
    ruhiges Fischerdorf vor,
  • 0:23 - 0:28
    umgeben von weitläufigen Reisfeldern
    und schwarzen Sandstränden.
  • 0:28 - 0:33
    Stellen Sie sich einen Ort vor, der
    nach Salz riecht und nach Zucker schmeckt,
  • 0:33 - 0:36
    einen Ort, an dem die Zeit
    langsamer vergeht
  • 0:36 - 0:40
    und die Tage träge ineinander übergehen.
  • 0:41 - 0:43
    Strom stand nicht immer zur Verfügung.
  • 0:43 - 0:46
    Wir hatten keinen Fernseher,
    keine Klimaanlage,
  • 0:46 - 0:49
    kein Warmwasser, keinen Ofen,
    keine Waschmaschine.
  • 0:49 - 0:52
    Auf einem langen, schlammigen Weg
    ging ich immer zum Brunnen,
  • 0:52 - 0:56
    wo ich von einheimischen Frauen
    Wäschewaschen lernte.
  • 0:56 - 0:59
    Von denselben Frauen lernte ich,
    wie man Reis erntet.
  • 1:00 - 1:04
    Wir standen Seite an Seite, unsere Füße
    versunken im dicken, schwarzen Schlamm,
  • 1:04 - 1:06
    in den Händen hielten wir Sicheln.
  • 1:07 - 1:12
    Ich arbeitete neben den Dorfbewohnern,
    schloss wunderbare Freundschaften
  • 1:12 - 1:15
    und wurde von einer
    einheimischen Familie aufgenommen.
  • 1:15 - 1:18
    Ich kam dort lange Zeit mit sehr wenig aus
  • 1:18 - 1:20
    und vermisste trotzdem nichts.
  • 1:21 - 1:27
    Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich
    mich als Teil einer Gemeinschaft.
  • 1:28 - 1:32
    Ich verliebte mich in
    einen Einheimischen und heiratete.
  • 1:32 - 1:33
    Wir bekamen ein Baby
  • 1:34 - 1:37
    und führten eine Zeitlang
    ein einfaches Dorfleben.
  • 1:39 - 1:41
    Aber dann änderte sich alles.
  • 1:42 - 1:45
    Mein letztes Jahr dort
    war sehr schwer für mich.
  • 1:45 - 1:49
    Meine beste Freundin kam
    auf tragische Weise ums Leben,
  • 1:49 - 1:51
    meine Ehe scheiterte.
  • 1:52 - 1:54
    Ich kehrte nach Australien zurück.
  • 1:55 - 1:57
    Das ist nun zwei Jahre her.
  • 1:57 - 1:58
    Nach meiner Rückkehr
  • 1:58 - 2:02
    wollte ich in Perth leben,
    wo ich aufgewachsen war.
  • 2:02 - 2:04
    Doch das konnte ich mir nicht leisten.
  • 2:04 - 2:07
    Also zog ich in eine
    abgelegene Stadt in der Region.
  • 2:08 - 2:14
    In Indonesien war mein Alltag
    von intensiven Beziehungen geprägt,
  • 2:14 - 2:17
    ich war mit wenig ausgekommen,
    aber ich hatte nichts vermisst.
  • 2:17 - 2:21
    Jetzt war ich eine alleinstehende,
    einsame Mutter an einem unbekannten Ort.
  • 2:21 - 2:24
    Mir stand alles offen,
  • 2:25 - 2:27
    doch fehlte mir,
    was ich am meisten brauchte:
  • 2:28 - 2:34
    Anschluss, Zugehörigkeit, Gemeinschaft.
  • 2:34 - 2:37
    Also machte ich mich
    auf die Suche nach Menschen.
  • 2:37 - 2:39
    Ich ging in Parks und Cafés,
  • 2:40 - 2:43
    aber vor allem in Einkaufszentren.
  • 2:43 - 2:47
    Denn dort findet man in Australien
    die meisten Menschen.
  • 2:48 - 2:51
    Ich war nicht zum Einkaufen dort,
  • 2:51 - 2:55
    sondern weil ich nicht allein sein wollte!
  • 2:56 - 2:58
    Es geschah an Heiligabend,
  • 2:58 - 3:03
    als ich gerade in einem großen,
    rappelvollen Kaufhaus einkaufte.
  • 3:03 - 3:07
    Ich wurde unaufhörlich mit Werbesongs
    über Glück und Freude beschallt,
  • 3:07 - 3:12
    aber egal, wohin ich schaute,
    irgendwie sahen alle unglücklich aus.
  • 3:12 - 3:16
    Die Leute schoben Einkaufswagen
    randvoll mit Plastikramsch.
  • 3:16 - 3:19
    Zwei von ihnen drängten sich
    aneinander vorbei,
  • 3:19 - 3:22
    um das letzte bunte
    Knallbonbon zu ergattern.
  • 3:23 - 3:25
    Ich war entsetzt.
  • 3:26 - 3:30
    Ich sah mich selbst an, dann mein Baby
    und meinen Einkaufswagen
  • 3:30 - 3:35
    und erkannte, dass ich irgendwie
    ein Teil von all dem geworden war.
  • 3:36 - 3:38
    Ich widerte mich selbst an.
  • 3:39 - 3:41
    Also trat ich aus der Warteschlange,
  • 3:41 - 3:44
    bahnte mir durch das Labyrinth
    an Gängen einen Weg zurück
  • 3:44 - 3:48
    und legte jeden einzelnen Artikel
    zurück an seinen Platz.
  • 3:50 - 3:53
    Das war die Geburtsstunde
    des Projekts "Nichts Neues".
  • 3:53 - 3:57
    Ich beschloss, mein
    Konsumverhalten zu ändern.
  • 3:57 - 4:01
    Ich beschloss, 12 Monate lang
    bis auf das Lebensnotwendige
  • 4:01 - 4:02
    nichts Neues mehr zu kaufen.
  • 4:03 - 4:06
    War das überhaupt möglich?
    Ich war mir nicht sicher.
  • 4:06 - 4:09
    Zunächst machte ich mein Projekt
    im Internet bekannt.
  • 4:09 - 4:12
    Anfangs hatte auch jeder
    eine Meinung dazu.
  • 4:12 - 4:14
    Einige waren ganz begeistert,
  • 4:14 - 4:18
    obwohl sie sich selbst
    nicht dazu in der Lage sahen.
  • 4:18 - 4:22
    Andere waren neugierig,
    viele waren skeptisch.
  • 4:22 - 4:28
    Etliche sahen mein Projekt
    als einen persönlichen Angriff
  • 4:28 - 4:32
    und verteidigten sofort
    ihre eigenen Ausgaben.
  • 4:33 - 4:35
    Jeder hielt es für schwierig,
  • 4:35 - 4:37
    ich auch!
  • 4:38 - 4:39
    Aber das war es nicht.
  • 4:40 - 4:44
    Zunächst musste ich akzeptieren, dass
    meine Kleidung ein paar Löcher bekam
  • 4:44 - 4:47
    und ich die Sohlen
    meiner Sandalen ankleben musste.
  • 4:47 - 4:52
    Aber danach erkannte ich,
    dass mein Wert als Mensch
  • 4:52 - 4:56
    absolut nichts mit dem zu tun hat,
    was ich besitze oder was ich trage.
  • 4:57 - 5:00
    Wenn wir weniger unnütze Dinge
    in unserem Leben haben,
  • 5:00 - 5:04
    schaffen wir mehr Platz für
    die Dinge, die wir brauchen.
  • 5:05 - 5:08
    Aber was brauchen wir überhaupt?
  • 5:08 - 5:11
    Wir wissen alle, dass man
    auch ohne Designerklamotten
  • 5:11 - 5:13
    und ständig neuen Sachen
    glücklich sein kann,
  • 5:13 - 5:15
    dessen sind wir uns bewusst.
  • 5:15 - 5:20
    Worauf wir aber nicht verzichten
    können, ist einander.
  • 5:21 - 5:26
    Zu Beginn des Projekts war ich
    eine einsame, alleinstehende Mutter
  • 5:26 - 5:28
    an einem unbekannten Ort
    mit sehr wenigen Freunden.
  • 5:28 - 5:30
    Und jetzt?
  • 5:30 - 5:32
    Jetzt bin ich Teil einer Gemeinschaft.
  • 5:32 - 5:35
    Da ich nichts mehr kaufen durfte,
  • 5:35 - 5:38
    musste ich Neues wagen.
  • 5:38 - 5:42
    Ich musste mir Dinge ausleihen und
    begann gleichzeitig selbst zu verleihen.
  • 5:42 - 5:48
    Ich tauschte meine Fähigkeiten und
    meinen Besitz gegen das, was ich brauchte.
  • 5:49 - 5:53
    Ich sammelte zu Hause alles ein,
    was ich nicht mehr brauchte,
  • 5:53 - 5:56
    und gab es jemandem,
    der es brauchen konnte.
  • 5:56 - 6:00
    Ich tauschte mein Können als Fotografin
    gegen frische Bio-Lebensmittel ein.
  • 6:00 - 6:05
    Ein einfacher Garagenflohmarkt,
    bei dem jeder so viel zahlt, wie er will,
  • 6:05 - 6:09
    wurde zu einer fantastischen Gelegenheit,
    Menschen kennenzulernen.
  • 6:09 - 6:13
    Leute, die ich kaum kannte,
    kamen mit Kaffee vorbei.
  • 6:13 - 6:16
    Kinder kamen und spielten.
    Jeder blieb länger als notwendig.
  • 6:16 - 6:20
    Ich sah zu, wie fremde Leute
    in meinem Vorgarten saßen
  • 6:20 - 6:23
    und bei einer Tasse Kaffee
    miteinander redeten.
  • 6:25 - 6:28
    Etwa sechs Monate nach Beginn des Projekts
  • 6:28 - 6:31
    wollte ich mich einer weiteren
    Herausforderung stellen.
  • 6:32 - 6:34
    Meine Tochter und ich zogen
    aus unserer Mietwohnung aus
  • 6:34 - 6:38
    und probierten Übergangslösungen
    als Haushüter oder Farmarbeiter
  • 6:38 - 6:41
    gegen Kost und Logis aus.
  • 6:41 - 6:44
    Wie lebten eine Zeitlang auf einem
    wunderschönen Bio-Bauernhof.
  • 6:44 - 6:46
    Dort halfen wir bei der Mandarinenernte,
  • 6:46 - 6:49
    strichen Wände, backten
    und fütterten die Hühner.
  • 6:49 - 6:52
    Durch diesen sehr einfachen Tauschhandel
  • 6:52 - 6:55
    kamen wir mit einigen
    der wunderbarsten Menschen in Kontakt,
  • 6:55 - 6:58
    die ich jemals kennenlernen durfte.
  • 7:00 - 7:03
    Anfangs betrachtete ich
    das Projekt "Nichts Neues"
  • 7:03 - 7:05
    als eine Art persönlichen Aktivismus,
  • 7:05 - 7:09
    als einen Protest gegen unsere
    Konsum- und Verschwendungskultur,
  • 7:10 - 7:16
    aber es stellte sich heraus,
    dass es um etwas viel Größeres ging,
  • 7:21 - 7:25
    etwas sehr viel Größeres.
  • 7:25 - 7:30
    Ich weiß, dass dieses Projekt,
    dieser Lebensstil
  • 7:30 - 7:32
    nicht für jeden geeignet ist.
  • 7:32 - 7:35
    Aber ich habe dabei etwas gelernt,
    das für uns alle wertvoll ist,
  • 7:35 - 7:38
    unabhängig von unserem Lebensstil.
  • 7:39 - 7:42
    Ich habe menschliche Beziehungen
    wertschätzen gelernt.
  • 7:43 - 7:45
    Ich habe gelernt, dass die Gelegenheit,
  • 7:45 - 7:48
    jeden Tag echte menschliche
    Beziehungen zu knüpfen,
  • 7:48 - 7:52
    sehr viel wertvoller ist als alles,
    das wir kaufen können.
  • 7:54 - 7:59
    In Indonesien war mein Leben
    von Beziehungen geprägt.
  • 7:59 - 8:02
    Gemeinschaft konnte man
    auf dem Markt erfahren,
  • 8:02 - 8:06
    wo jeder Kauf die Gelegenheit
    zu einem Gespräch bot.
  • 8:07 - 8:11
    Hier in Australien sind unsere Marktplätze
    riesige, sterile Einkaufszentren,
  • 8:11 - 8:13
    wo eine Vielzahl an Käufen getätigt wird,
  • 8:14 - 8:16
    aber keine Gemeinschaft besteht.
  • 8:17 - 8:22
    Durch dieses Projekt habe ich gelernt,
    dass wir jeden Tag die Wahl haben:
  • 8:22 - 8:26
    Wir können uns aussuchen,
    in welcher Art von Welt wir leben wollen,
  • 8:26 - 8:30
    ob uns Produkte oder
    Menschen wichtiger sind.
  • 8:30 - 8:33
    Wenn wir weiterhin
    den Produkten den Vorzug geben,
  • 8:33 - 8:37
    werden wir das soziale Geflecht
    unserer Gemeinden sicherlich zerstören.
  • 8:38 - 8:42
    Wir sind uns alle bewusst, dass
    unser jetziger Weg keine Zukunft hat.
  • 8:42 - 8:45
    Wir wissen, dass
    wir eine Alternative brauchen.
  • 8:46 - 8:48
    Mein Vorschlag einer
    Alternative nennt sich
  • 8:48 - 8:51
    "die Wirtschaft menschlicher Beziehungen",
  • 8:51 - 8:54
    in der der Mensch an erster Stelle steht,
  • 8:54 - 8:57
    in der Gemeinschaft vor Gewinn kommt,
  • 8:57 - 9:00
    in der unser menschliches Konsumbedürfnis
  • 9:00 - 9:05
    im Dienst unseres größeren Bedürfnisses
    nach Gemeinschaft und Beziehungen steht.
  • 9:06 - 9:08
    Aber wie können Sie anfangen?
  • 9:09 - 9:11
    Beginnen Sie mit dem Einfachsten:
  • 9:11 - 9:13
    Lernen Sie Ihre Nachbarn kennen,
  • 9:13 - 9:16
    nehmen Sie jemanden
    im Auto mit zur Arbeit,
  • 9:16 - 9:19
    widmen Sie einen Teil Ihrer Zeit
    einem sozialen Projekt,
  • 9:19 - 9:22
    einer örtlichen Schule
    oder einem Altersheim,
  • 9:22 - 9:24
    organisieren Sie eine Straßenfest,
  • 9:25 - 9:26
    kochen Sie für jemanden,
  • 9:27 - 9:29
    vertrauen Sie einander.
  • 9:29 - 9:33
    Wenn Sie ohne Zweifel an das Gute
    in den Menschen glauben,
  • 9:33 - 9:38
    bringen Sie das Gute in ihnen
    zum Vorschein.
  • 9:39 - 9:42
    Kaufen Sie nach Möglichkeit
    immer regionale Produkte,
  • 9:42 - 9:45
    nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit,
    um mit den Leuten zu sprechen,
  • 9:45 - 9:48
    die Ihr Essen anbauen oder
    das herstellen, was Sie kaufen.
  • 9:48 - 9:53
    Nutzen Sie jeden Einkauf als Gelegenheit,
    um Beziehungen zu knüpfen.
  • 9:56 - 9:59
    Wenn wir uns öffnen,
  • 9:59 - 10:02
    wenn wir uns für das Wohl
    des anderen einsetzen,
  • 10:02 - 10:04
    wenn wir teilen, was wir haben,
  • 10:04 - 10:07
    schaffen wir Gemeinschaft.
  • 10:09 - 10:14
    Gemeinsam haben wir die Kraft für große
    und dauerhafte soziale Veränderungen.
  • 10:14 - 10:20
    Gemeinsam sind wir stark genug, um eine
    menschlichere Wirtschaft zu fordern,
  • 10:20 - 10:24
    die von Menschen
    für Menschen betrieben wird,
  • 10:24 - 10:28
    die Wirtschaft menschlicher Beziehungen.
  • 10:29 - 10:30
    Dankeschön.
  • 10:30 - 10:34
    (Applaus)
Title:
Nichts Neues | Sash Milne | TEDxPerth
Description:

Dieser Vortrag wurde bei einem nicht von den TED-Konferenzen ausgerichteten, örtlichen TEDx-Event gehalten.
Sasha Milne kaufte ganze 12 Monate lang nichts Neues.
In ihrem Vortrag erzählt sie, wie sie rund um sich und ihre Tochter eine unglaubliche Tausch- und Beziehungsgemeinschaft aufbaute, indem sie 12 Monate lang nichts Neues kaufte.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDxTalks
Duration:
10:49

German subtitles

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