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Ungesunder Entscheidungswahn

  • 0:01 - 0:03
    Bei der Vorbereitung auf diesen Vortrag
  • 0:03 - 0:05
    habe ich nach ein paar Zitaten gesucht,
  • 0:05 - 0:07
    die ich mit Ihnen teilen könnte.
  • 0:07 - 0:09
    Ein Glück: Ich habe drei gefunden,
  • 0:09 - 0:11
    die mir besonders gefallen haben.
  • 0:11 - 0:14
    Das erste stammt von Samuel Johnson:
  • 0:14 - 0:17
    "Wenn du im Leben Entscheidungen triffst,
  • 0:17 - 0:20
    vergiss dabei nicht zu leben."
  • 0:20 - 0:23
    Das zweite stammt von Aischylos,
    er erinnerte uns:
  • 0:23 - 0:27
    "Glück ist eine Entscheidung,
    die eine Anstrengung erfordert."
  • 0:27 - 0:31
    Das dritte stammt von Groucho Marx:
  • 0:31 - 0:35
    "Ich würde mich nie
    für einen Club entscheiden,
  • 0:35 - 0:39
    der mich als Mitglied haben möchte."
  • 0:39 - 0:43
    Das Pech war, dass ich nicht wusste,
  • 0:43 - 0:45
    welches dieser Zitate ich auswählen
  • 0:45 - 0:46
    und Ihnen vorstellen sollte.
  • 0:46 - 0:49
    Die süße Qual der Wahl.
  • 0:49 - 0:54
    In unserer heutigen Zeit des
    postindustriellen Kapitalismus
  • 0:54 - 0:57
    sind die Themen "Entscheidung",
    "individuelle Freiheit"
  • 0:57 - 1:00
    und das Konzept
    der "Selbsterschaffung"
  • 1:00 - 1:04
    zu einem Ideal erhoben worden.
  • 1:04 - 1:07
    Außerdem glauben wir
  • 1:07 - 1:10
    an ewigen Fortschritt.
  • 1:10 - 1:13
    Die Kehrseite dieser Ideologie ist
  • 1:13 - 1:16
    eine Zunahme von Angst,
  • 1:16 - 1:19
    Schuldgefühlen,
  • 1:19 - 1:22
    dem Gefühl unzureichend zu sein
  • 1:22 - 1:27
    und dem Gefühl
    Fehlentscheidungen zu treffen.
  • 1:27 - 1:31
    Traurigerweise hat uns
    die Ideologie der freien Wahl
  • 1:31 - 1:36
    davon abgehalten, über soziale
    Veränderungen nachzudenken.
  • 1:36 - 1:39
    Es scheint, als hätte uns diese Ideologie
  • 1:39 - 1:42
    tatsächlich auf sehr effiziente Weise
  • 1:42 - 1:45
    als politische und soziale
    Denker ruhiggestellt.
  • 1:45 - 1:47
    Anstatt soziale Kritik zu üben,
  • 1:47 - 1:51
    üben wir uns immer mehr in Selbstkritik,
  • 1:51 - 1:55
    manchmal bis hin zur Selbstzerstörung.
  • 1:55 - 1:58
    Wie kommt es, dass
    diese Ideologie der freien Wahl
  • 1:58 - 1:59
    immer noch so mächtig ist?
  • 1:59 - 2:02
    Selbst bei Menschen,
  • 2:02 - 2:05
    die kaum Optionen haben?
  • 2:05 - 2:08
    Warum halten sogar arme Leute
  • 2:08 - 2:13
    immer noch so sehr an der
    Vorstellung einer freien Wahl fest,
  • 2:13 - 2:15
    am rationalen Konzept einer freien Wahl,
  • 2:15 - 2:17
    das wir bereitwillig annehmen?
  • 2:17 - 2:21
    Die Ideologie der freien Wahl
    ist sehr erfolgreich darin,
  • 2:21 - 2:25
    uns einen Raum zu eröffnen,
  • 2:25 - 2:29
    in dem wir über eine
    imaginäre Zukunft nachdenken.
  • 2:29 - 2:31
    Lassen Sie mich ein Beispiel nennen:
  • 2:31 - 2:33
    Meine Freundin Manya
  • 2:33 - 2:36
    arbeitete neben ihrem Studium
    an der Universität in Kalifornien
  • 2:36 - 2:38
    bei einem Autohändler
  • 2:38 - 2:41
    um Geld zu verdienen.
  • 2:41 - 2:44
    Mit einem typischen Kunden
  • 2:44 - 2:45
    besprach Manya
  • 2:45 - 2:47
    seinen Lebensstil,
  • 2:47 - 2:50
    seine Preisvorstellung,
  • 2:50 - 2:52
    die Anzahl seiner Kinder
  • 2:52 - 2:54
    und welchen Zweck
    das Auto erfüllen sollte.
  • 2:54 - 2:57
    Normalerweise verständigten
    sie sich bald
  • 2:57 - 2:59
    über das perfekte Auto.
  • 2:59 - 3:03
    Aber bevor Manyas Kunde nach Hause ging,
  • 3:03 - 3:05
    um in Ruhe darüber nachzudenken,
  • 3:05 - 3:07
    sagte sie ihm immer:
  • 3:07 - 3:11
    "Der Kauf dieses Autos ist
    zum jetzigen Zeitpunkt perfekt.
  • 3:11 - 3:13
    Aber in ein paar Jahren,
  • 3:13 - 3:15
    wenn die Kinder aus dem Haus sind
  • 3:15 - 3:18
    und Sie mehr Geld haben,
  • 3:18 - 3:21
    ist das andere Auto ideal.
  • 3:21 - 3:25
    Aber was Sie jetzt kaufen, ist großartig."
  • 3:25 - 3:27
    Der Großteil von Manyas Kunden,
  • 3:27 - 3:29
    die am nächsten Tag zurückkamen,
  • 3:29 - 3:32
    kauften das andere Auto,
  • 3:32 - 3:34
    das Auto, das sie nicht brauchten.
  • 3:34 - 3:37
    Das Auto, das viel zu viel Geld kostete.
  • 3:37 - 3:40
    Manya verkaufte Autos so erfolgreich,
  • 3:40 - 3:43
    dass sie bald darauf dazu überging
    Flugzeuge zu verkaufen.
  • 3:43 - 3:46
    (Gelächter)
  • 3:48 - 3:51
    So viel über die menschliche
    Psyche gelernt zu haben,
  • 3:51 - 3:53
    ist jetzt für sie ein Vorteil.
  • 3:53 - 3:57
    Sie ist nämlich Psychoanalytikerin.
  • 3:57 - 4:01
    Warum verhielten sich
    Manyas Kunden so irrational?
  • 4:01 - 4:04
    Manyas Erfolg bestand darin,
  • 4:04 - 4:07
    im Kopf ihres Gegenübers das Bild
  • 4:07 - 4:10
    einer idealisierten Zukunft
    erzeugen zu können,
  • 4:10 - 4:12
    eines positiven Selbstbildes
  • 4:12 - 4:16
    mit noch mehr Erfolg, noch mehr Freiheit.
  • 4:16 - 4:19
    Durch den Kauf des anderen Autos
  • 4:19 - 4:22
    glaubten sie, diesem Ideal
    näher gekommen zu sein,
  • 4:22 - 4:27
    in dem Manya sie schon gesehen hatte.
  • 4:27 - 4:31
    Wir treffen wenige absolut
    rationale Entscheidungen.
  • 4:31 - 4:35
    Unser Unterbewusstsein
    beeinflusst unsere Entscheidungen,
  • 4:35 - 4:36
    und auch unsere Umgebung.
  • 4:36 - 4:38
    Wir richten uns danach,
  • 4:38 - 4:40
    was andere Leute wohl
  • 4:40 - 4:43
    von unserer Entscheidung halten werden.
  • 4:43 - 4:45
    Wir orientieren uns daran,
  • 4:45 - 4:47
    wofür andere sich gerade entscheiden.
  • 4:47 - 4:52
    Wir versuchen auch zu erraten, welche
    Wahl gesellschaftlich akzeptiert wird.
  • 4:52 - 4:54
    Deshalb kommt es vor,
  • 4:54 - 4:56
    dass wir trotz einer
    bereits getroffenen Wahl
  • 4:56 - 4:58
    -- wie einem schon gekauften Auto --
  • 4:58 - 5:02
    endlos Rezensionen über Autos lesen,
  • 5:02 - 5:04
    als ob wir uns noch selbst
    überzeugen müssten,
  • 5:04 - 5:07
    dass es die richtige Wahl war.
  • 5:07 - 5:10
    Entscheidungen rufen Angst hervor.
  • 5:10 - 5:13
    Sie sind mit Risiken und
    Verlusten verbunden.
  • 5:13 - 5:15
    Sie sind höchst unberechenbar.
  • 5:15 - 5:17
    Aus genau diesen Gründen
  • 5:17 - 5:20
    haben Menschen immer
    mehr Probleme damit
  • 5:20 - 5:23
    und entscheiden sich für gar nichts.
  • 5:23 - 5:27
    Vor kurzem war ich
    auf einem Hochzeitsempfang,
  • 5:27 - 5:30
    dort traf ich eine schöne junge Frau,
  • 5:30 - 5:34
    die mir von ihren
    Entscheidungsängsten erzählte.
  • 5:34 - 5:36
    Sie hätte einen Monat gebraucht,
  • 5:36 - 5:39
    um sich für ihr Kleid zu entscheiden.
  • 5:39 - 5:42
    Dann sagte sie, dass sie
    wochenlang gesucht hätte,
  • 5:42 - 5:45
    in welchem Hotel sie diese
    eine Nacht verbringen wollte.
  • 5:45 - 5:49
    "Und jetzt muss ich
    einen Samenspender finden."
  • 5:49 - 5:52
    (Gelächter)
  • 5:52 - 5:56
    Ich schaute diese Frau schockiert an.
  • 5:56 - 5:59
    "Samenspender, warum die Eile?"
  • 5:59 - 6:03
    Sie sagte: "Ich werde Ende des Jahres 40,
  • 6:03 - 6:08
    und ich bin bei der Auswahl meiner
    Männer im Leben richtig schlecht."
  • 6:08 - 6:12
    Entscheidungen lösen Angst aus,
  • 6:12 - 6:14
    weil sie mit Risiko verbunden sind.
  • 6:14 - 6:17
    Und schon der berühmte
  • 6:17 - 6:21
    dänische Philosoph
    Søren Kierkegaard zeigte auf,
  • 6:21 - 6:26
    dass die Angst mit der Möglichkeit
    der Möglichkeiten zusammenhängt.
  • 6:26 - 6:30
    Heute denken wir, dass wir
    diese Risiken abwehren können.
  • 6:30 - 6:33
    Wir haben endlose Marktanalysen,
  • 6:33 - 6:36
    Projektionen des späteren Verdienstes.
  • 6:36 - 6:40
    Selbst beim Markt,
    der dem Zufallsprinzip unterliegt,
  • 6:40 - 6:43
    glauben wir, dass wir rational
    vorhersehen können,
  • 6:43 - 6:44
    wohin er sich entwickeln wird.
  • 6:44 - 6:49
    Der Zufall ist heutzutage
    ziemlich traumatisch geworden.
  • 6:49 - 6:52
    Letztes Jahr organisierte
    ein Freund von mir, Bernard Harcourt,
  • 6:52 - 6:56
    an der Universität Chicago
    eine Veranstaltung.
  • 6:56 - 7:00
    Diese war dem Konzept
    des Zufalls gewidmet.
  • 7:00 - 7:02
    Wir waren beide Redner
    des Podiums
  • 7:02 - 7:04
    und kurz vor unserem Vortrag
  • 7:04 - 7:07
    -- wir kannten die Unterlagen
    des anderen nicht --
  • 7:07 - 7:09
    beschlossen wir,
    den Zufall ernst zu nehmen.
  • 7:09 - 7:11
    Also teilten wir unseren Zuhörern mit,
  • 7:11 - 7:13
    dass das, was sie jetzt hören würden,
  • 7:13 - 7:16
    ein Produkt des Zufalls werden würde:
  • 7:16 - 7:18
    Eine Mischung aus
    unseren zwei Manuskripten,
  • 7:18 - 7:22
    wobei keiner von uns
    das des anderen kannte.
  • 7:22 - 7:26
    So führten wir also die Konferenz durch.
  • 7:26 - 7:28
    Bernard las seinen ersten Absatz,
  • 7:28 - 7:30
    ich las meinen ersten Absatz.
  • 7:30 - 7:32
    Bernard las seinen zweiten Absatz,
  • 7:32 - 7:34
    ich las meinen zweiten Absatz.
  • 7:34 - 7:37
    Und so weiter, bis zum
    Ende unseres Vortrags.
  • 7:37 - 7:39
    Sie werden überrascht sein,
  • 7:39 - 7:42
    aber die meisten Zuhörer glaubten nicht,
  • 7:42 - 7:44
    dass das, was sie gerade gehört hatten,
  • 7:44 - 7:47
    ein komplett zufälliges Referat war.
  • 7:47 - 7:49
    Sie konnten nicht glauben,
  • 7:49 - 7:52
    dass zwei angesehene Referenten
  • 7:52 - 7:54
    -- wir sind beide Professoren --
  • 7:54 - 7:57
    den Zufall ernst nehmen würden.
  • 7:57 - 7:59
    Sie dachten, wir hätten den Vortrag
    gemeinsam erarbeitet
  • 7:59 - 8:02
    und nur aus Spaß gesagt, er sei Zufall.
  • 8:02 - 8:07
    Wir leben in einer Zeit
    mit vielen Informationen,
  • 8:07 - 8:08
    riesigen Datenmengen,
  • 8:08 - 8:12
    großem Wissen über
    das Innenleben unseres Körpers.
  • 8:12 - 8:13
    Wir haben unsere Gene entschlüsselt.
  • 8:13 - 8:17
    Wir wissen mehr als je zuvor
    über unser Gehirn.
  • 8:17 - 8:19
    Und doch verschließen wir
  • 8:19 - 8:24
    vor diesem Wissen
    immer mehr unsere Augen.
  • 8:24 - 8:29
    Ignoranz und Leugnung
    sind auf dem Vormarsch.
  • 8:29 - 8:32
    Und gerade jetzt,
    in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise,
  • 8:32 - 8:35
    denken wir, dass wir
    irgendwann aufwachen werden
  • 8:35 - 8:37
    und alles wieder wie früher wird
  • 8:37 - 8:40
    und keine politischen oder sozialen
    Veränderungen nötig sind.
  • 8:40 - 8:42
    In Bezug auf die Umweltkrise
  • 8:42 - 8:45
    denken wir, dass momentan
    nichts getan werden muss.
  • 8:45 - 8:48
    Andere sollen zuerst handeln.
  • 8:48 - 8:52
    Selbst dann, wenn eine Umweltkrise
    gerade geschieht,
  • 8:52 - 8:54
    wie die Katastrophe in Fukushima,
  • 8:54 - 8:57
    gibt es oft Menschen, die am gleichen Ort
  • 8:57 - 8:59
    die gleichen Informationen haben,
  • 8:59 - 9:02
    aber nur die Hälfte wird wegen
    der Strahlung verängstigt sein,
  • 9:02 - 9:06
    die andere Hälfte wird sie ignorieren.
  • 9:06 - 9:08
    Heute wissen Psychoanalytiker sehr gut,
  • 9:08 - 9:11
    dass Menschen überraschenderweise
  • 9:11 - 9:13
    keine Leidenschaft für Wissen haben,
  • 9:13 - 9:16
    dafür aber für Ignoranz.
  • 9:16 - 9:17
    Was heißt das?
  • 9:17 - 9:19
    Sagen wir, wir sind mit einer
  • 9:19 - 9:22
    lebensbedrohlichen Krankheit konfrontiert.
  • 9:22 - 9:25
    Die meisten Menschen
    wollen davon nichts wissen.
  • 9:25 - 9:28
    Sie bevorzugen die
    Verleugnung der Krankheit.
  • 9:28 - 9:32
    Deshalb ist es unklug sie zu informieren,
  • 9:32 - 9:33
    wenn sie nicht von sich aus fragen.
  • 9:33 - 9:36
    Studien zeigen überraschenderweise,
  • 9:36 - 9:38
    dass Menschen, die
    ihre Krankheit verleugnen,
  • 9:38 - 9:42
    manchmal länger leben
    als die, die sich rational
  • 9:42 - 9:44
    für die beste Behandlung entscheiden.
  • 9:44 - 9:46
    Diese Unkenntnis ist jedoch
  • 9:46 - 9:51
    auf sozialer Ebene
    nicht wirklich hilfreich.
  • 9:51 - 9:54
    Wenn es uns egal ist,
    worauf wir zusteuern,
  • 9:54 - 9:58
    kann eine Menge
    sozialer Schaden entstehen.
  • 9:58 - 10:00
    Zusätzlich zu dieser Ignoranz
  • 10:00 - 10:03
    bemerken wir nun eine Art
  • 10:03 - 10:06
    von Selbstverständlichkeit.
  • 10:06 - 10:08
    Es war ein französischer Philosoph,
  • 10:08 - 10:10
    Louis Althusser, der darauf hinwies,
  • 10:10 - 10:13
    dass Ideologie einen Schleier
  • 10:13 - 10:17
    der Selbstverständlichkeit herstellt.
  • 10:17 - 10:20
    Bevor wir irgendeine Art
    sozialer Kritik üben,
  • 10:20 - 10:25
    ist es wichtig diesen Schleier zu lüften
  • 10:25 - 10:28
    und die Sache
    erneut zu durchdenken.
  • 10:28 - 10:30
    Wenn wir zur Ideologie
  • 10:30 - 10:33
    der individuellen,
    rationalen Wahl zurückkehren,
  • 10:33 - 10:35
    die wir so oft gutheißen,
  • 10:35 - 10:37
    ist es gerade hier wichtig,
  • 10:37 - 10:39
    diese Selbstverständlichkeit aufzudecken
  • 10:39 - 10:42
    und ein bisschen anders heran zu gehen.
  • 10:42 - 10:46
    Für mich stellt sich oft die Frage,
  • 10:46 - 10:50
    warum wir immer noch die Vorstellung
    vom "Selfmademan" zelebrieren,
  • 10:50 - 10:53
    auf den der Kapitalismus
    von Anfang an aufgebaut ist.
  • 10:53 - 10:55
    Warum denken wir,
  • 10:55 - 10:58
    unser Leben so meisterhaft
    im Griff zu haben,
  • 10:58 - 11:01
    dass wir rational die besten
    Entscheidungen treffen können,
  • 11:01 - 11:04
    sodass wir Verlust und Risiken
    nicht mehr gelten lassen?
  • 11:04 - 11:08
    Manchmal ist es erschreckend
    arme Menschen zu sehen,
  • 11:08 - 11:11
    die z. B. die Idee
    Reiche höher zu besteuern
  • 11:11 - 11:14
    nicht unterstützen.
  • 11:14 - 11:16
    Oft identifizieren sie sich
    hier noch immer
  • 11:16 - 11:18
    mit einer Art von Lotterie-Mentalität.
  • 11:18 - 11:22
    Okay, vielleicht erwarten sie nicht
    es einmal selbst zu schaffen.
  • 11:22 - 11:23
    Aber vielleicht denken sie,
  • 11:23 - 11:26
    dass ihr Sohn der nächste Bill Gates wird.
  • 11:26 - 11:29
    Und wer würde seinen eigenen Sohn
    gern besteuern wollen?
  • 11:29 - 11:33
    Eine weitere Frage,
    die sich mir stellt ist,
  • 11:33 - 11:36
    warum Menschen, die keine
    Krankenversicherung haben,
  • 11:36 - 11:39
    nicht eine allgemeine
    Krankenversicherung unterstützen?
  • 11:39 - 11:40
    Manchmal sind sie dagegen,
  • 11:40 - 11:43
    weil sie wiederum
    an die freie Wahl glauben,
  • 11:43 - 11:45
    aber sie haben keine Wahlmöglichkeiten.
  • 11:45 - 11:50
    Margaret Thatcher sagte einmal
    den berühmten Satz,
  • 11:50 - 11:53
    dass es keine Gesellschaft gibt.
  • 11:53 - 11:56
    Gesellschaft existiert nicht,
    es gibt nur Individuen
  • 11:56 - 11:59
    und ihre Familien.
  • 11:59 - 12:03
    Leider funktioniert
    diese Ideologie immer noch sehr gut.
  • 12:03 - 12:06
    Deshalb schämen sich
    Menschen vielleicht dafür
  • 12:06 - 12:07
    arm zu sein.
  • 12:07 - 12:10
    Wir haben auch
    unendliche Schuldgefühle,
  • 12:10 - 12:12
    nicht die richtige Wahl
    getroffen zu haben
  • 12:12 - 12:14
    und deshalb keinen Erfolg hatten.
  • 12:14 - 12:18
    Wir haben Angst nicht gut genug zu sein.
  • 12:18 - 12:20
    Darum arbeiten wir sehr hart,
  • 12:20 - 12:21
    viele Stunden am Arbeitsplatz
  • 12:21 - 12:26
    und verbringen ebenso viele Stunden
    damit uns neu zu erfinden.
  • 12:26 - 12:28
    Wenn wir Angst vor einer
    Entscheidungen haben,
  • 12:28 - 12:32
    geben wir unsere Entscheidungskraft
    manchmal einfach ab.
  • 12:32 - 12:34
    Wir identifizieren uns mit dem Guru,
  • 12:34 - 12:35
    der sagt, wo es lang geht,
  • 12:35 - 12:38
    den Selbsthilfe-Therapeuten,
  • 12:38 - 12:41
    oder wir folgen dem totalitären Führer,
  • 12:41 - 12:44
    der bei Entscheidungen keine
    Zweifel zu haben scheint,
  • 12:44 - 12:46
    der es einfach weiß.
  • 12:46 - 12:49
    Oft werde ich gefragt:
  • 12:49 - 12:51
    "Was haben deine Forschungen
    dich gelehrt?"
  • 12:51 - 12:54
    Es gibt eine wichtige Sache,
    die ich dabei gelernt habe.
  • 12:54 - 12:57
    Wenn ich über Entscheidungen nachdenke,
  • 12:57 - 13:02
    habe ich persönlich aufgehört,
    sie zu ernst zu nehmen.
  • 13:02 - 13:04
    Zuerst habe ich bemerkt,
    dass meine Entscheidungen
  • 13:04 - 13:06
    oft nicht rational sind.
  • 13:06 - 13:08
    Ich treffe sie unbewusst,
  • 13:08 - 13:10
    höre auf andere
  • 13:10 - 13:13
    oder wähle die sozial
    angesagteste Entscheidung aus.
  • 13:13 - 13:16
    Ich vertrete auch den Gedanken,
  • 13:16 - 13:17
    dass wir weit über die Vorstellung
  • 13:17 - 13:20
    individueller Wahlfreiheit
    hinausgehen sollten.
  • 13:20 - 13:23
    Es ist sehr wichtig soziale
    Entscheidungen zu überdenken,
  • 13:23 - 13:27
    denn die Ideologie der individuellen
    Wahl hat uns ruhig gestellt.
  • 13:27 - 13:30
    Sie hindert uns daran, über
    soziale Veränderungen nachzudenken.
  • 13:30 - 13:33
    Wir verwenden sehr viel Zeit
    für unsere eigenen Entscheidungen,
  • 13:33 - 13:35
    dass wir kaum noch
  • 13:35 - 13:37
    über mögliche gemeinsame
    Entscheidungen nachdenken.
  • 13:37 - 13:39
    Wir sollten nie vergessen,
  • 13:39 - 13:42
    dass Entscheidungen immer
    mit Wandel verknüpft sind.
  • 13:42 - 13:44
    Wir können sowohl individuellen
  • 13:44 - 13:46
    als auch sozialen Wandel herbeiführen.
  • 13:46 - 13:50
    Wir können beschließen
    mehr Wölfe haben zu wollen.
  • 13:50 - 13:52
    Wir können beschließen
    unsere Umwelt zu verändern,
  • 13:52 - 13:55
    damit wir mehr Bienen haben.
  • 13:55 - 13:59
    Wir können uns für andere
    Ratingagenturen entscheiden.
  • 13:59 - 14:02
    Wir können beschließen
    Konzerne zu kontrollieren,
  • 14:02 - 14:05
    anstatt uns von ihnen
    kontrollieren zu lassen.
  • 14:05 - 14:09
    Wir haben die Möglichkeit
    Dinge zu verändern.
  • 14:09 - 14:12
    Ich habe mit einem Zitat
    von Samuel Johnson angefangen,
  • 14:12 - 14:15
    der sagte, dass wir
    bei Entscheidungen
  • 14:15 - 14:17
    das Leben dabei
    nicht vergessen sollten.
  • 14:17 - 14:20
    Schlussendlich sehen Sie,
  • 14:20 - 14:21
    ich hatte die Wahl,
  • 14:21 - 14:23
    1 Zitat von 3 auszuwählen,
  • 14:23 - 14:26
    um meinen Vortrag zu beginnen.
  • 14:26 - 14:28
    Ich hatte eine Wahl,
  • 14:28 - 14:31
    so wie Nationen, so wie alle Menschen,
  • 14:31 - 14:33
    haben wir die Wahl zu überdenken,
  • 14:33 - 14:36
    in welcher Gesellschaft
    wir in Zukunft leben wollen.
  • 14:36 - 14:38
    Vielen Dank.
  • 14:38 - 14:43
    (Applaus)
Title:
Ungesunder Entscheidungswahn
Speaker:
Renata Salecl
Description:

Wir begegnen einer unendlichen Reihe von Wahlmöglichkeiten, was in uns Angst, Schuldgefühle und schmerzhafte Eindrücke von Unzulänglichkeit auslöst, weil wir möglicherweise die falschen Entscheidungen treffen. Aber die Philosophin Renata Salecl fragt sich: Lenken uns die individuellen Entscheidungen vielleicht von etwas Größerem ab, wie etwa unserer Macht als gesellschaftliche Denker? Eine mutige Aufforderung, unsere persönlichen Entscheidungen nicht zu ernst zu nehmen und unseren Fokus auf kollektive Entscheidungen zu richten.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
15:02
  • choice,chance und embrace: schwierig
    Patricia

  • Eine Krise kann nicht "stattfinden".
    Schachtelsätze wie bei 11:29 bitte umbauen, sodass die Struktur einfacher wird. Dabei ist es hilfreich, die englische Satzstruktur nicht zu übernehmen. Ein englischer Nebensatz muss nicht auch im Deutschen ein Nebensatz werden. Oft genügen ein paar Wörter, z.B. "während sie ... studierte" -> "während ihres Studiums" Andere Schachtelsätze bitte suchen und selbst entfernen.
    12:35 "Therapist" gibt es auf Deutsch nicht
    Versuche, eher unübliche Fremdwörter auf Deutsch zu vermeiden, z. B. "pazifizieren" (13:23)
    Nach dem letzten Wort einer Aufzählung gehört kein Komma (00:57). Bitte auch an anderen Stellen entfernen, wenn es noch welche gibt.
    Johanna

  • Hallo Patricia!

    Mir haben deine letzten Veränderung gut gefallen, sie haben den Text idiomatischer gemacht, und viele Kommafehler wurden von dir behoben. An dieser Stelle also ein eindeutiges Lob für deine Überarbeitungen.
    Was ich noch geändert habe:
    Manchmal waren die eröffnenden Anführungsstriche oben, dann wieder unten. Ich habe sie einheitlich auf oben umgeändert.
    Ich habe die "Wahl" in die "freie Wahl" umgeändert, da es sonst stellenweise wie politische Wahlen klingt.
    Achtung, "idea" ist auf Deutsch oft nicht Idee, sondern Vorstellung oder Konzept.
    An einigen Stellen habe ich bemerkt, dass auf der Zeitleiste größere Lücken ohne Untertitel waren. Hast du die gesehen? Das war der Grund, warum für manche Untertitel die Zeit so knapp war.
    Bei mehreren Zeilen habe ich das Timing angepasst, darum sind sie rot, obwohl der Inhalt gleich geblieben ist.
    06:44 "chance" ist der Zufall, nicht die Wahl
    Anstatt des Gedankenstrichs bitte einen doppelten Bindestrich machen (--). Früher hatten wir das anders, aber wir wurden aus technischen Gründen darum gebeten, es nun so zu machen. Nicht alle Player unterstützen den Gedankenstrich. In der Beschreibung und im Titel passt der Gedankenstrich aber.
    Wie gefällt dir mein Titelvorschlag?
    Zeilenumbrüche: Man sollte nach Möglichkeit nicht 1,5 Sätze in einen Untertitel geben. Da ist es besser, den halben Satz in den nächsten Untertitel zu geben, damit der Satz wieder komplett ist. Anschließend muss man an der Zeitleiste oben ein wenig herumschieben, damit die Einblendezeit für beide Untertitel wieder passt. Genaueres findest in unserer Facebookgruppe ganz oben. Dort steht die Willkommensnachricht von Judith mit ein paar Links darunter, unter anderem zum richtigen Zeilenumbruch. Vielleicht magst du dir den bei Gelegenheit einmal durchlesen.
    Oft ist das mit dem Zeilenumbruch eine Menge Arbeit, weil die englischen Original-Untertitel nicht ideal sind. Darum musst du dich jetzt noch nicht so intensiv kümmern. Versuche einfach, in Zukunft Satzanfänge wie "dass" bei dem Satz hinzuschreiben, zu dem er gehört, und nicht einen Untertitel mit "..., dass wir" zu beenden. Dann hast du schon viel getan.
    So, ich schicke dir das Video noch einmal zurück, damit du die Änderungen anschauen kannst. Wenn etwas unklar ist oder du mit einer Änderung nicht einverstanden bist, sag mir das bitte auf jeden Fall. Auch ich übersehe manchmal Sachen, und eine gute Übersetzung braucht immer mindestens zwei wachsame Leute.
    Liebe Grüße, Johanna

German subtitles

Revisions