Der Tag, an dem ich alleine aufstand
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0:02 - 0:05Zu Hause nennen sie mich
einen Zwischenrufer, -
0:05 - 0:07einen Störenfried, einen Unruhestifter,
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0:07 - 0:10einen Rebellen, einen Aktivisten,
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0:10 - 0:12die Stimme des Volkes.
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0:12 - 0:14Aber das bin ich nicht immer gewesen.
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0:15 - 0:18Als Teenager wurde ich "Softie" genannt,
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0:20 - 0:22denn ich war nachgiebig und harmlos.
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0:22 - 0:24Genau wie alle anderen
ging ich Ärger aus dem Weg. -
0:24 - 0:27Als Kind wurde mir eingetrichtert,
den Mund zu halten. -
0:27 - 0:29Keine Widerrede! Tu was man dir sagt!
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0:29 - 0:33Auf der Sonntagsschule lernte ich
nicht zu konfrontieren, nicht zu streiten, -
0:33 - 0:35auch wenn du Recht hast,
halte die andere Wange hin. -
0:35 - 0:39Dies wurde durch das politische Klima
jener Zeit verstärkt. -
0:40 - 0:43(Gelächter)
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0:44 - 0:46In Kenia sind Sie schuldig,
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0:46 - 0:48bis Ihr Reichtum bewiesen ist.
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0:48 - 0:51(Gelächter)
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0:51 - 0:54In Kenia werden die Armen fünfmal so oft
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0:54 - 0:57durch die Polizei erschossen,
die sie beschützen sollte, -
0:57 - 0:58wie durch Kriminelle.
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0:58 - 1:01Das damalige politische Klima
verstärkte diese Missstände. -
1:01 - 1:04Unser Präsident, Moi, war ein Diktator.
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1:04 - 1:06Er regierte das Land mit eiserner Faust
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1:06 - 1:09und jeder, der es wagte,
seine Autorität anzuzweifeln -
1:09 - 1:13wurde eingesperrt, gefoltert
oder sogar getötet. -
1:13 - 1:17Das lehrte uns, kluge Feiglinge zu sein,
Ärger zu vermeiden. -
1:17 - 1:19Ein Feigling zu sein war keine Schande.
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1:19 - 1:21Ein Feigling zu sein war ein Kompliment.
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1:21 - 1:25Man sagte uns, dass ein Feigling
nach Hause zu seiner Mutter geht. -
1:25 - 1:28Das hieß: Wenn man Ärger vermeidet,
bleibt man am Leben. -
1:28 - 1:30Ich stellte diesen Ratschlag in Frage.
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1:30 - 1:33Vor acht Jahren wurde in Kenia gewählt
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1:33 - 1:35und das Wahlergebnis
war heftig umstritten. -
1:35 - 1:40Nach den Wahlen folgten
heftige Gewalt, Vergewaltigungen -
1:40 - 1:43und der Mord an mehr als 1000 Menschen.
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1:44 - 1:47Mein Job war es,
die Gewalt zu dokumentieren. -
1:47 - 1:51Als Fotograf machte ich
tausende Aufnahmen. -
1:51 - 1:57Zwei Monate später trafen sich
beide Politiker, tranken Tee, -
1:57 - 2:00unterschrieben ein Friedensabkommen,
und das Land machte einfach weiter. -
2:01 - 2:04Ich war völlig verwirrt,
denn ich hatte die Gewalt selbst erlebt. -
2:04 - 2:07Ich hatte die Morde gesehen,
die Vertreibungen. -
2:07 - 2:09Ich traf vergewaltigte Frauen.
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2:09 - 2:13Das alles verstörte mich zutiefst,
aber im Land sprach niemand darüber. -
2:13 - 2:15Wir täuschten etwas vor.
Wir alle wurden kluge Feiglinge. -
2:15 - 2:19Wir beschlossen keinen Ärger zu machen
und nicht darüber zu sprechen. -
2:19 - 2:2210 Monate später kündigte ich meinen Job.
Ich hielt es nicht mehr aus. -
2:22 - 2:25Danach beschloss ich
meine Freunde zu organisieren -
2:25 - 2:28um über die Gewalt im Land
und die Lage der Nation zu sprechen. -
2:29 - 2:32Am 1. Juni 2009
wollten wir ins Stadion gehen -
2:32 - 2:35um die Aufmerksamkeit
des Präsidenten zu gewinnen. -
2:35 - 2:37Dieser Tag ist ein Nationalfeiertag,
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2:37 - 2:38der landesweit übertragen wird.
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2:38 - 2:41Ich erschien im Stadion,
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2:41 - 2:44aber meine Freunde kamen nicht.
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2:44 - 2:47Ich war allein
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2:48 - 2:50und wusste nicht, was ich tun sollte.
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2:50 - 2:52Ich hatte Angst, aber mir war klar,
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2:52 - 2:55dass ich an jenem Tag
eine Entscheidung treffen musste. -
2:55 - 2:57Konnte ich weiter als Feigling leben,
so wie alle anderen, -
2:57 - 2:59oder sollte ich Widerstand leisten?
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2:59 - 3:01Als der Präsident sich
zu seiner Rede erhob, -
3:01 - 3:06sah ich mich selbst aufstehen
und den Präsidenten anschreien, -
3:06 - 3:09dass er sich an die Opfer der Gewalt
nach den Wahlen erinnern -
3:09 - 3:11und die Korruption bekämpfen sollte.
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3:11 - 3:14Plötzlich, wie aus dem Nichts,
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3:14 - 3:17stürzten sich Polizisten auf mich
wie hungrige Löwen. -
3:17 - 3:18Sie hielten mir den Mund zu
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3:18 - 3:20und zerrten mich aus dem Stadion.
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3:20 - 3:24Draußen verprügelten sie mich ausgiebig
und sperrten mich dann ins Gefängnis. -
3:25 - 3:32Ich verbrachte die Nacht auf
dem kalten Zementboden im Gefängnis -
3:32 - 3:34und ich begann zu grübeln.
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3:34 - 3:37Was verursachte diese Gefühle in mir?
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3:37 - 3:40Meine Freunde und Familie hielten mich
wegen meiner Aktion für verrückt -
3:40 - 3:44und die Fotos, die ich gemacht hatte,
brachten mein Leben durcheinander. -
3:44 - 3:47Meine Aufnahmen waren
für viele Kenianer nur eine Zahl. -
3:47 - 3:50Die meisten Kenianer hatten
die Gewalt nicht gesehen, -
3:50 - 3:51sie hatten nur davon gehört.
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3:51 - 3:54Darum beschloss ich,
eine Straßenaustellung zu beginnen, -
3:54 - 3:57um die Bilder der Gewalt
überall im Land zu zeigen -
3:57 - 3:59und Menschen anzuregen,
darüber zu sprechen. -
3:59 - 4:01Wir reisten durchs Land
und zeigten meine Fotos, -
4:01 - 4:05und durch diese Reise
kam ich zum Aktivismus, -
4:05 - 4:08denn ich beschloss,
nicht länger zu schweigen -
4:08 - 4:10und über all diese Dinge zu sprechen.
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4:10 - 4:14Wir reisten, und rund um
unsere Straßenausstellung -
4:14 - 4:18entstand ein Ort für politische Graffitis
über die Situation im Land, -
4:18 - 4:22Gespräche über Korruption,
die schlechte Führung. -
4:22 - 4:26Wir organisierten sogar
symbolische Bestattungen. -
4:26 - 4:29Wir schickten lebende Schweine
ins Kenianische Parlament, -
4:29 - 4:31als Symbol für die Gier der Politiker.
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4:31 - 4:34In Uganda und anderen Ländern
gab es ähnliche Aktionen. -
4:34 - 4:37Die Schlagkraft liegt darin,
dass die Medien darüber -
4:37 - 4:39im ganzen Land, auf dem
ganzen Kontinent, berichteten. -
4:39 - 4:42Dort, wo ich vor sieben Jahren
alleine aufstand, -
4:42 - 4:46bin ich heute Teil einer Gemeinschaft
von Menschen, die mit mir aufstehen. -
4:46 - 4:50Ich bin nicht mehr alleine, wenn ich
aufstehe um diese Dinge anzusprechen. -
4:50 - 4:54Ich gehöre zu einer Gruppe junger Leute,
die ihr Land lieben, -
4:54 - 4:56die Veränderung bringen wollen.
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4:56 - 5:00Sie haben keine Angst mehr,
sie sind keine klugen Feiglinge mehr. -
5:02 - 5:04Dies ist meine Geschichte.
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5:06 - 5:11An jenem Tag im Stadion
stand ich auf als kluger Feigling. -
5:11 - 5:17Durch diese Tat beendete ich die 24 Jahre,
die ich als Feigling gelebt hatte. -
5:17 - 5:20Die zwei mächtigsten Tage
in Ihrem Leben sind -
5:20 - 5:24der Tag Ihrer Geburt und der Tag,
an dem Sie entdecken, warum. -
5:24 - 5:28Am Tag, an dem ich mich im Stadion erhob
und den Präsidenten anschrie, -
5:28 - 5:31erkannte ich, warum ich
wirklich geboren wurde, -
5:31 - 5:35dass ich im Angesicht der Ungerechtigkeit
nicht länger schweigen würde. -
5:36 - 5:39Wissen Sie, mit welcher Bestimmung
Sie geboren wurden? -
5:40 - 5:41Danke.
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5:41 - 5:45(Applaus)
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5:49 - 5:51Tom Rielly:
Das ist eine erstaunliche Geschichte. -
5:51 - 5:54Ich möchte dir nur kurz noch
ein paar Fragen stellen. -
5:54 - 5:56Also, zu PAWA254:
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5:56 - 6:00Du hast ein Studio geschaffen, einen Ort,
an den junge Menschen kommen -
6:00 - 6:02und die Macht der digitalen Medien
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6:02 - 6:05für die Bewegung nutzen können.
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6:05 - 6:07Wie geht es jetzt mit PAWA weiter?
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6:07 - 6:10Boniface Mwangi: Wir sind
eine Gemeinschaft von Filmemachern, -
6:10 - 6:11Graffiti-Künstlern, Musikern.
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6:11 - 6:13Wenn es ein Problem im Land gibt,
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6:13 - 6:16treffen wir uns, sammeln Ideen
und greifen das Thema auf. -
6:16 - 6:18Unser mächtigstes Werkzeug ist die Kunst,
-
6:18 - 6:22denn wir leben in einer hektischen Welt,
in der die Menschen so beschäftigt sind, -
6:22 - 6:24dass sie keine Zeit zum Lesen haben.
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6:24 - 6:28Darum präsentieren wir
unsere Botschaft durch Kunst. -
6:28 - 6:32Das machen wir mit Hilfe
der Musik, den Grafittis, der Kunst. -
6:34 - 6:35Darf ich noch eine Sache sagen?
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6:35 - 6:37TR: Ja, natürlich. (Applaus)
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6:37 - 6:40BM: Obwohl ich festgenommen,
verprügelt und bedroht wurde -- -
6:40 - 6:42seitdem ich meine Stimme fand
-
6:42 - 6:45und aufstand für etwas,
woran ich wirklich glaube, -
6:45 - 6:46habe ich keine Angst mehr.
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6:46 - 6:49Ich wurde Softie genannt,
aber ich bin kein Softie mehr, -
6:49 - 6:52denn ich weiß jetzt, wer ich wirklich bin,
was ich wirklich tun möchte, -
6:52 - 6:55und das ist etwas Wunderbares.
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6:55 - 6:58Nichts gibt mehr Kraft, als zu wissen,
dass man zu etwas bestimmt ist, -
6:58 - 7:01denn man verliert die Angst,
man lebt einfach sein Leben. -
7:01 - 7:02Danke.
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7:02 - 7:06(Applaus)
- Title:
- Der Tag, an dem ich alleine aufstand
- Speaker:
- Boniface Mwangi
- Description:
-
Der Fotograf Boniface Mwangi wollte gegen die Korruption in seinem Heimatland Kenia protestieren. Er hatte einen Plan: Er und ein paar Freunde würden während einer Massenveranstaltung aufstehen und diese durch Zwischenrufe stören. Aber als der Moment da war ... stand er alleine da. Was dann passiert, erzählt er, zeigte ihm, wer er wirklich war. Es sagt: "Die zwei mächtigsten Tage in Ihrem Leben sind: der Tag, an dem Sie geboren wurden, und der Tag, an dem Sie verstehen, warum."
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 07:20
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