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Lemon Andersen und "Bitte, nimm mir die Air Jordans nicht weg"

  • 0:01 - 0:06
    "Meine Air Jordans kosten
    hundert plus Steuer.
  • 0:06 - 0:10
    Auf meiner Wildleder-'Starters'-Jacke
    stehen die 'Raiders'.
  • 0:10 - 0:13
    Ich hab Stil, lache,
    seh' echt hart aus,
  • 0:13 - 0:17
    weil's nicht drum geht, gehört,
    sondern geseh'n zu werden.
  • 0:17 - 0:19
    Meine lederne Adidas-
    Baseballkappe passt
  • 0:19 - 0:23
    zum gefaketen Gucci-
    Rucksack. (Lachen)
  • 0:23 - 0:26
    So gut wie ich sieht
    niemand aus,
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    aber für lau gibt's das
    nicht, das kostet was,
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    und ich hab keinen Job,
    überhaupt kein Geld,
  • 0:30 - 0:32
    aber das kann ich alles aus
    dem Kaufhaus klauen.
  • 0:32 - 0:35
    Die Eltern sagen, tu's nicht,
    aber ich weiß, was sein muss.
  • 0:35 - 0:38
    Ich muss tun was ich kann,
    um gut auszusehen
  • 0:38 - 0:41
    und der Grund, wenn
    ich ehrlich bin, Mann,
  • 0:41 - 0:46
    ich hab keinen Plan. Fühle mich
    wohl wie was Besonderes.
  • 0:46 - 0:49
    Mit einem schicken Outfit
    muss ich mich nicht verstecken,
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    und ich muss mir echt
    was Neues checken,
  • 0:51 - 0:53
    oder mein Ego zerplatzt
    wie ein 10-Cent-Luftballon.
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    Aber die passen saugut auf in den
    Läden. Jeden Tag mehr Bullen.
  • 0:56 - 0:59
    Meine Leute lachen mich aus,
    weil ich altes Zeug trage.
  • 0:59 - 1:02
    Die Schule ist fast um.
    Der Sommer ist nah.
  • 1:02 - 1:04
    Und meine Jordans
    sind zerrissen.
  • 1:04 - 1:10
    Ich brauch was Neues.
    Nur eins bleibt zu tun.
  • 1:10 - 1:13
    Freitag schwänz ich die Schule,
    fahr mit der U-Bahn in die Stadt,
  • 1:13 - 1:16
    und check meine Opfer ab,
    wie sie abhängen.
  • 1:16 - 1:18
    Vielleicht hab ich Glück
    und mach leichte Beute.
  • 1:18 - 1:20
    Ich brauch neues Zeug.
    Kein Weg dran vorbei.
  • 1:20 - 1:22
    Ich bin auf alles vorbereitet.
    Ich pack meine Knarre ein.
  • 1:22 - 1:25
    Das ist 'ne ernste Sache.
    Das ist kein Spaß.
  • 1:25 - 1:27
    Und es geht nicht, dass
    meine Jungs mich auslachen.
  • 1:27 - 1:31
    Ich krieg schon was Cooles,
    ihr werdet schon sehen.
  • 1:31 - 1:34
    Komm aus der Station,
    West 4th gleich beim Park,
  • 1:34 - 1:36
    meine Brüder werfen
    Körbe und jemand sagt,
  • 1:36 - 1:37
    "Hey Bruder, wo hast du
    denn die Nikes her?"
  • 1:37 - 1:42
    Ich so zu mir:
    "Ja, die mag ich, mag ich sehr."
  • 1:42 - 1:45
    Weiß wie Wattestäbchen,
    hell, blenden sie meine Augen.
  • 1:45 - 1:47
    Michaels rotes Emblem
    sieht aus, als könnt es fliegen.
  • 1:47 - 1:50
    Kein einziger Fleck.
    Die Airs waren brandneu.
  • 1:50 - 1:51
    Ich hatte meine Pistole und
    wusste, was zu tun war.
  • 1:51 - 1:55
    Ich wartete auf den richtigen
    Moment, folgte ihm ganz nah.
  • 1:55 - 1:57
    Er biegt links nach Houston ab,
    ich ziehe die Knarre,
  • 1:57 - 2:00
    und sage:
    "Gib mir die Jordans!"
  • 2:00 - 2:02
    Und der Penner
    will wegrennen.
  • 2:02 - 2:05
    Läuft weg, kommt nicht
    weit. Ich feuer: "Peng!"
  • 2:05 - 2:07
    Der Narr fällt zwischen
    zwei geparkte Autos.
  • 2:07 - 2:10
    Er hustet, er weint,
    Blut fließt auf die Straße.
  • 2:10 - 2:14
    Und ich schnapp mir die
    Air Jordans von seinen Füßen.
  • 2:14 - 2:16
    Da liegt er und stirbt,
    und alles, was er sagt:
  • 2:16 - 2:21
    "Bitte, Mann, nimm mir
    die Air Jordans nicht weg."
  • 2:21 - 2:24
    Man glaubt, er würde sich
    ums Überleben sorgen.
  • 2:24 - 2:27
    Ich lauf mit seinen Sneakers weg
    und ihm kommen die Tränen.
  • 2:27 - 2:30
    Am nächsten Tag
    geh ich zur Schule
  • 2:30 - 2:34
    mit meinen brandneuen
    Air Jordans, Mann, bin ich cool.
  • 2:34 - 2:36
    Ich hab für sie getötet,
    aber ist mir doch egal,
  • 2:36 - 2:40
    denn jetzt brauch ich
    eine neue Jacke dazu."
  • 2:40 - 2:49
    Danke. (Applaus)
  • 2:49 - 2:54
    In den letzten 15 Jahren
    meiner Auftritte
  • 2:54 - 2:59
    wollte ich immer nur Poesie
    in die Welt bringen.
  • 2:59 - 3:01
    Es hat mir nicht gereicht
    ein Buch zu schreiben.
  • 3:01 - 3:04
    Es reichte nicht bei einem
    Slam-Contest mitzumachen,
  • 3:04 - 3:06
    und während diese
    Dinge auch wichtig sind,
  • 3:06 - 3:10
    waren das nicht die treibenden
    Kräfte, die den Stift zu Papier führten.
  • 3:10 - 3:14
    Mich hungerte und dürstete,
    und das tut es noch, nach einem:
  • 3:14 - 3:17
    Wie bekomme ich Leute,
    die Poesie hassen, dazu,
  • 3:17 - 3:20
    mich zu lieben?
  • 3:20 - 3:22
    Denn ich bin eine
    Erweiterung meiner Arbeit,
  • 3:22 - 3:24
    und wenn sie mich lieben,
    lieben sie meine Arbeit,
  • 3:24 - 3:27
    und wenn sie meine Arbeit
    lieben, lieben sie Poesie,
  • 3:27 - 3:30
    und wenn sie Poesie lieben,
    habe ich mein Werk verrichtet,
  • 3:30 - 3:33
    dann habe ich sie in die Welt gebracht.
  • 3:33 - 3:38
    Und 1996 fand ich die
    grundsätzliche Antwort
  • 3:38 - 3:43
    bei einem Meister des gesprochenen Wortes,
    namens Reg E. Gaines,
  • 3:43 - 3:48
    der das berühmte Gedicht "Bitte, nimm mir die Air Jordans nicht weg" schrieb.
  • 3:48 - 3:52
    Und ich folgte diesem Typen überallhin,
    bis wir im selben Raum waren
  • 3:52 - 3:54
    und ich ihm eines meiner Stücke vorlas,
  • 3:54 - 3:56
    und wisst ihr, was er mir sagte?
  • 3:56 - 3:58
    "Du spinnst.
  • 3:58 - 4:01
    Weißt du, was dein Problem ist, Kumpel?
  • 4:01 - 4:04
    Du liest nicht die Poesie anderer Leute
  • 4:04 - 4:07
    und du gibst klanglichen
    Erwägungen keinen Vorzug
  • 4:07 - 4:13
    gegenüber dem Metrum."
    (Lachen)
  • 4:13 - 4:16
    Und er brabbelte weiter
  • 4:16 - 4:21
    über Poesie, Stile und Freitagnächte
    von puerto-ricanischen New Yorkern.
  • 4:21 - 4:23
    Ich hätte aufhören können.
    Aufhören sollen.
  • 4:23 - 4:27
    Ich hielt Poesie nur für
    Ausdruck des Selbst,
  • 4:27 - 4:30
    ich war mir nicht bewusst, dass man
    die kreative Kontrolle haben könnte.
  • 4:30 - 4:34
    Also hörte ich nicht auf
    und folgte ihm überall hin.
  • 4:34 - 4:38
    Wenn er an einer Broadway-Show
    schrieb, war ich vor der Tür.
  • 4:38 - 4:41
    Ich weckte ihn 6:30
    in der Frühe auf
  • 4:41 - 4:44
    um ihn nach dem
    besten Poeten zu fragen.
  • 4:44 - 4:48
    Ich weiß noch, wie ich die Augen
    eines Fisches direkt aus dem Meer aß,
  • 4:48 - 4:50
    weil er mir gesagt hatte,
    es sei Nahrung fürs Gehirn.
  • 4:50 - 4:53
    Dann sagte ich ihm eines Tages:
  • 4:53 - 5:01
    "Reg E., was meinst du mit klanglichen
    Erwägungen und dem Metrum?" (Lachen)
  • 5:01 - 5:05
    Und er reichte mir einen Schwarzweiß-
    Ausdruck einer Abhandlung
  • 5:05 - 5:08
    über einen Poeten
    namens Etheridge Knight
  • 5:08 - 5:10
    und die mündliche Natur der Poesie
  • 5:10 - 5:12
    und von diesem Punkt an
  • 5:12 - 5:14
    war Reggie nicht mehr der Beste für mich,
  • 5:14 - 5:17
    denn Etheridge Knight lehrte mich,
  • 5:17 - 5:21
    dass ich meine Worte wie
    Musik klingen lassen könnte,
  • 5:21 - 5:24
    selbst die kleinen,
    die einsilbigen,
  • 5:24 - 5:26
    die Wenns, Unds, Abers, Wies,
  • 5:26 - 5:31
    der Gangster in meinen Worten
    konnte direkt ins Ohr dringen,
  • 5:31 - 5:34
    und von diesem Punkt an jagte
    ich Etheridge Knight hinterher.
  • 5:34 - 5:36
    Ich wollte wissen,
    welche Poeten er las
  • 5:36 - 5:40
    und landete bei einem Gedicht namens
    ["Dark Prophecy: I Sing of Shine"],
  • 5:40 - 5:45
    ein Trinkspruch, der mich
    auf die größte Bühne
  • 5:45 - 5:47
    für einen Poeten brachte:
  • 5:47 - 5:50
    Broadway, Baby.
  • 5:50 - 5:53
    Und von diesem Punkt an lernte
    ich, das Mikro wegzuschieben
  • 5:53 - 5:57
    und die Poesie mit dem
    ganzen Körper zu attackieren.
  • 5:57 - 6:00
    Aber das war nicht die größte
    Lektion, die ich je lernte.
  • 6:00 - 6:04
    Die größte Lektion kam
    Jahre später, als ich nach
  • 6:04 - 6:09
    Beverly Hills kam und auf
    einen Künstleragenten traf,
  • 6:09 - 6:11
    der mich von oben bis unten taxierte
  • 6:11 - 6:14
    und sagte, ich sehe nicht aus,
    als hätte ich irgendwelche
  • 6:14 - 6:17
    Erfahrungen in diesem Geschäft.
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    Und ich sagte zu ihm:
    "Hör mal, du blöder Penner,
  • 6:21 - 6:24
    du bist ein gescheiterter,
    Agent-gewordener Schauspieler,
  • 6:24 - 6:25
    und weißt du, wieso
    du gescheitert bist?
  • 6:25 - 6:29
    Weil Leute wie ich
    deinen Job bekamen.
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    Ich bin den ganzen Weg
    von Cleveland und Essex
  • 6:31 - 6:35
    im New Yorker Osten hergereist, hab die Linie 6
    bis zu den Nutten bei Hunt's Point genommen,
  • 6:35 - 6:39
    die mir im Weg standen, als ich die
    Kunst des Raumes meistern wollte
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    und die von Eins bis Unendlich reichende
    Menge von Männern, Frauen und Kindern,
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    die dort hineinpassen,
    nur damit ich sie
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    mit meiner Erfahrung an
    die Wand schieben kann.
  • 6:46 - 6:48
    Leute haben Tickets zu
    meiner Erfahrung gekauft
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    und sie als Kühlschrankmagneten
    benutzt, damit sie wussten:
  • 6:51 - 6:53
    Die Revolution ist nahe:
    Legt Vorräte an.
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    Ich bin so erfahren,
    dass ich, als du auf
  • 6:56 - 6:58
    einer Etepetete-Schule
    Shakespeares Sonnette lerntest,
  • 6:58 - 7:01
    diese Beats in mich hineingetreten
    und -geschubst bekam.
  • 7:01 - 7:04
    Ich kann mit dem Schock aus
    "The Crying Game" mithalten
  • 7:04 - 7:07
    mit der Ehrfurcht eines Kindes, das
    von einem Schulrüpel "AIDS-Opfer"
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    genannt wird, nicht wissend, dass
    sein Vater es meiner Mutter gab,
  • 7:10 - 7:12
    und das ist doppeldeutig.
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    Ich bin so erfahren, als du
    an die Fell School gingst
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    und all die reichen kleinen Goldjungen
    ein Kind sponsern wollten,
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    das war ich, aber sie schmissen
    mich raus, als ich
  • 7:20 - 7:24
    den Goldjungen beibrachte, wie man
    die Flecken von einer Lee-Jeans stiehlt,
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    und sie zu VIM brachte.
    Das soll Tschechov erstmal fertigbringen.
  • 7:27 - 7:30
    Sanford Meisner war mein Onkel Artie,
    der sich still zurief:
  • 7:30 - 7:33
    "Etwas läuft immer falsch,
    wenn nie was richtig läuft."
  • 7:33 - 7:35
    Method Acting ist nur
    ein Mischmasch
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    aus multiplen Persönlichkeiten, man
    hält seine eigenen Lügen für wahr,
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    wie als in der Schule der coole Kenny
    mir sagte, er wird mal Polizist.
  • 7:41 - 7:43
    Mann, du bist in einer
    Gefängnisschule.
  • 7:43 - 7:45
    David Mamet würde meine
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    Angriffe auf Dialog
    psychoanalysieren,
  • 7:47 - 7:51
    Stanislavski täte so,
    als wäre er Bruce Lee,
  • 7:51 - 7:54
    der deine ganzen talentlosen
    Schüler durch Crenshaw trat.
  • 7:54 - 7:57
    Ist mir doch egal, wenn deine Schauspieler
    Guerrilla-Theater an der London Rep studiert haben.
  • 7:57 - 8:00
    Hier ist ein uraltes chinesisches
    Samstagnachmittag-
  • 8:00 - 8:02
    Kung-Fu-Geheimnis.
  • 8:02 - 8:04
    Bretter schlagen nicht zurück.
  • 8:04 - 8:06
    Ihr denkt, schwarze Entertainer
    haben es schon schwer
  • 8:06 - 8:09
    in diesem Geschäft zu arbeiten?
    Ich bin ein verdächtiger Mulatte,
  • 8:09 - 8:12
    ich bin also zu schwarz, um weiß zu sein,
    und zu weiß, um es richtig zu tun.
  • 8:12 - 8:15
    Vergessen wir das amerikanische Ghetto.
    Ich hab Bühnen in Soweto erschüttert,
  • 8:15 - 8:19
    Abtreibungsbabies in Sammelgräbern vergraben
    und hab immer noch ein Lächeln im Gesicht,
  • 8:19 - 8:21
    also wie du mich auch verfluchst
    vor deinem golfballsuchenden,
  • 8:21 - 8:24
    Bring-mir-dies-bring-mir-das-Assistenten,
    wenn ich zur Tür rausgehe,
  • 8:24 - 8:28
    welchen Rufmord du mir
    auch hinterherschleuderst:
  • 8:28 - 8:30
    deine Mutter.
  • 8:30 - 8:34
    Danke. (Beifall)
Title:
Lemon Andersen und "Bitte, nimm mir die Air Jordans nicht weg"
Speaker:
Lemon Andersen
Description:

Würden Sie für ein Paar Air Jordans töten? Lemon Andersen erzählt von jemandem, der es getan hat, in einem Gedicht von Reg E. Gaines. Diese Verse lehrten Lemon, dass Poesie mehr als der Ausdruck des Selbst sein könnte und wie Musik klingen könnte, wenn man sie mit dem Rhythmus und dem Abrieb der New Yorker Straßen versieht.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
08:55

German subtitles

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