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Edith Widder: Wie wir den Riesenkalmar fanden

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    Der Krake, ein Ungetüm so grauenvoll,
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    dass es angeblich Menschen,
    Schiffe und Wale verschlang,
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    und so gigantisch, dass man es
    für eine Insel halten konnte.
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    Betrachtet man den Gehalt dieser Geschichten,
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    sollte man sich die Seemannsweisheit
    ins Gedächtnis rufen,
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    dass der einzige Unterschied zwischen
    einem Märchen und Seemannsgarn der ist,
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    dass ein Märchen mit "Es war einmal" beginnt
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    und Seemannsgarn mit
    "Ich schwör's beim Klabautermann". (Lachen)
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    Jeder entkommene Fisch
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    wächst mit jedem erneuten Erzählen der Geschichte.
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    Dennoch gibt es Giganten im Ozean
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    und wir haben nun den Beweis auf Video,
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    wie alle, die die Doku auf dem Discovery Channel
    gesehen haben, sicherlich wissen.
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    Ich war einer der drei Wissenschaftler
    auf der Expedition,
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    die letzten Sommer vor Japan stattfand.
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    Ich bin die Kurze.
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    Die anderen beiden sind Dr. Tsunemi Kubodera
    und Dr. Steve O-Shea.
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    Meine Teilnahme an diesem nun historischen Ereignis
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    verdanke ich TED.
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    2010 gab es eine TED-Veranstaltung
    namens "Mission Blue"
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    an Bord der Lindblad Explorer auf Galapagos
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    als Teil der Erfüllung von Sylvia Earles TED-Wunsch.
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    Ich sprach über neue Arten der Ozeanerforschung,
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    eine, die Tiere anzieht, anstatt sie zu verscheuchen.
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    Mike deGruy war auch eingeladen
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    und sprach voller Leidenschaft
    über seine Liebe zum Ozean,
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    und sprach auch mit mir
    über die Anwendung meiner Idee
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    auf etwas, woran er seit langem beteiligt war,
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    nämlich die Jagd nach dem Riesenkalmar.
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    Wegen Mike wurde ich auf
    die Kraken-Konferenz eingeladen,
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    ein Treffen von Kraken-Experten
    beim Discovery Channel
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    in diesem Sommer während der Hai-Woche. (Lachen)
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    Ich hielt einen Vortrag über unauffälliges Beobachten
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    und optisches Herbeilocken von Tiefseekalmaren,
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    wobei ich die Wichtigkeit von leisen,
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    unaufdringlichen Forschungsplattformen betonte.
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    Das war das Resultat hunderter von Tauchgängen,
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    bei denen ich im Dunkeln herumgegurkt war
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    und diese Plattformen verwendete.
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    Mein Eindruck war, dass ich mehr Tiere sah,
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    wenn ich vom U-Boot aus arbeitete
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    als mit einem der ferngesteuerten Fahrzeuge.
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    Aber vielleicht lag das auch nur
    am größeren Sichtfeld des U-Boots.
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    Ich hatte aber auch das Gefühl, dass ich
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    mit dem Tiburon mehr Tiere sah als mit Ventana,
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    zwei Fahrzeuge mit dem gleichen Sichtfeld,
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    aber unterschiedlichen Antriebsarten.
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    Also hatte ich den Verdacht, dass es vielleicht
    mit dem verursachten Lärm zu tun hatte.
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    Also baute ich ein Unterwassermikrofon
    auf dem Meeresgrund auf,
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    ließ beide mit gleichem Tempo
    und Abstand vorbeifahren
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    und nahm ihre Geräusche auf.
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    Der Johnson Sea-Link – (surrendes Geräusch) –
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    Sie können ihn hier wahrscheinlich kaum hören,
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    er verwendet elektrische Düsen – sehr, sehr ruhig.
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    Die Düsen des Tiburon werden
    auch elektrisch angetrieben.
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    Er ist auch ziemlich ruhig, aber etwas lauter.
    (Lauteres Surren)
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    Aber die meisten heutigen
    ferngesteuerten Tauchroboter
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    funktionieren hydraulisch und klingen
    wie der Ventana. (Lautes Piepen)
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    Ich vermute, dass das
    eine Menge Tiere verscheucht.
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    Bei der Tiefsee-Jagd auf den Kalmar
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    schlug ich also einen optischen Köder
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    an einer Kameraplattform vor,
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    ohne Düsen, ohne Motoren,
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    nur eine batteriebetriebene Kamera
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    und die einzige Beleuchtung
    kam von rotem Licht,
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    das für die meisten Tiefseelebewesen unsichtbar ist,
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    die primär an das Sehen von Blau
    angepasst sind.
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    Das ist für unser Auge sichtbar,
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    doch in der Tiefsee ist es quasi Infrarot.
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    Diese Kameraplattform, wir nannten sie Medusa,
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    konnte man einfach hinten vom Schiff werfen,
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    sie war mit über 600 m Seil
    an einem Schwimmkörper befestigt,
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    der einfach passiv mit der Strömung trieb.
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    Das einzige für die Tiere sichtbare Licht in der Tiefe
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    war das blaue Licht des optischen Köders,
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    den wir elektronische Qualle, E-Qualle, nannten,
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    da er darauf angelegt war,
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    das biolumineszente Gebaren
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    der gängigen Tiefseequalle Atolla zu imitieren.
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    Dieses von der Atolla produzierte Lichtrad
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    ist als biolumineszenter Einbrecheralarm bekannt
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    und ist eine Form der Abwehr.
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    Und die E-Qualle funktionierte als Köder nicht,
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    weil Riesenkalmare Quallen fressen,
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    sondern weil die Qualle dieses Licht erst produziert,
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    wenn ein Fressfeind an ihr knabbert
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    und ihr einziger Hoffnungsstrahl
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    ist das Herbeilocken eines größeren Raubtieres,
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    das den Angreifer attackiert
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    und ihr so eine Fluchtmöglichkeit eröffnet.
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    Es ist ein Hilfeschrei,
    ein Fluchtversuch der letzten Minute
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    und eine übliche Verteidigungsform in der Tiefsee.
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    Der Ansatz funktionierte.
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    Während allen vorigen Expeditionen nicht ein einziger
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    Blick der Kamera auf den Giganten gewährt war,
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    gelangen uns sechs, und der erste
    führte zu einem Freudentaumel.
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    Edith Widder (auf Video): Oh mein Gott. Oh mein Gott!
    Das ist ein Witz!
    Andere Wissenschaftler: Oh ho ho! Er hängt einfach da.
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    EW: Als ob er mit uns
    Schabernack trieb, einen kleinen Tanz –
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    Jetzt seht ihr mich, jetzt nicht –
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    und wir hatten vier solch
    neckender Erscheinungen,
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    und bei der fünften kam er rein
    und haute uns von den Socken.
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    (Music) Erzähler: (Spricht Japanisch)
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    Wissenschaftler: Oooh! Peng! Oh mein Gott! Wow!
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    (Beifall)
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    EW: Das ganze Programm.
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    Was mich daran völlig umwarf,
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    war seine Annäherung an die E-Qualle
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    und der folgende Angriff
    auf das enorme Ding daneben,
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    was es wahrscheinlich
    für den Angreifer der E-Qualle hielt.
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    Aber noch unglaublicher war das Material,
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    was das Triton-U-Boot aufnahm.
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    Es wurde nicht in der Discovery-Doku erwähnt,
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    dass Dr. Kubodera an seinem Köder,
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    einem einen Meter langen Rhombuskalmar,
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    ein Licht befestigt hatte, eine Vorrichtung,
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    wie sie Langleinenfischer benutzen,
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    und es war meines Erachtens das Licht,
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    das den Giganten anlockte.
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    Was Sie hier sehen
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    ist die intensivierte Kameraperspektive im Rotlicht,
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    das war alles, was Dr. Kubodera sehen konnte,
    als der Gigant hier ankommt.
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    Und er war so aufgeregt,
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    dass er seine Taschenlampe anmachte,
    um besser zu sehen,
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    und der Gigant entfloh nicht,
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    also riskierte er das Einschalten
    des weißen Lichts am U-Boot,
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    was eine Kreatur der Sagen
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    aus nebligen Mythen auf HD-Video brachte.
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    Es war absolut atemberaubend
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    und wären die Fresstentakeln dieses Tiers intakt
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    und voll ausgestreckt gewesen,
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    hätte es die Größe eines zweistöckigen Hauses gehabt.
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    Wie konnte etwas so Großes
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    in unseren Meeren leben und
    bis jetzt ungefilmt bleiben?
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    Wir haben nur an die fünf Prozent
    unserer Meere erforscht.
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    Da unten warten große Entdeckungen auf uns,
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    fantastische Wesen, die für
    Millionen Jahre an Evolution stehen,
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    und mögliche bioaktive Verbindungen,
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    die uns auf unvorstellbare Weisen
    nutzen könnten.
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    Und doch haben wir nur einen Bruchteil
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    des Geldes auf Ozeanforschung verwendet,
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    das wir zur Weltraumforschung ausgegeben haben.
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    Wir brauchen eine Organisation
    wie die NASA für Ozeanforschung,
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    denn wir müssen unsere Lebenserhaltungssysteme
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    hier auf der Erde schützen und erforschen.
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    Wir müssen – danke schön. (Beifall)
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    Forschung ist der Motor, der Innovation antreibt.
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    Innovation treibt Wirtschaftswachstum an.
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    Also lasst uns alle erforschen,
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    aber tun wir's so, dass wir
    die Tiere nicht verscheuchen,
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    oder, wie Mike deGruy es einst sagte:
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    "Willst du von allem wegkommen
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    und etwas sehen, das du noch nie gesehen hast,
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    oder eine tolle Chance haben, etwas
    noch von niemandem Gesehenes zu sehen,
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    steig in ein U-Boot."
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    Er hätte bei diesem Abenteuer dabei sein sollen.
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    Er fehlt uns.
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    (Beifall)
Title:
Edith Widder: Wie wir den Riesenkalmar fanden
Speaker:
Edith Widder
Description:

Die Menschheit hat den Riesenkalmar (Architeuthis) gesucht, seitdem wir erste Bilder unter Wasser gemacht haben. Aber der scheue Tiefseeräuber konnte nie auf Film festgehalten werden. Ozeanographin und Erfinderin Edith Widder teilt die wichtige Erkenntnis – und die Teamarbeit – die dabei halfen, den Kalmar zum ersten Mal auf Film festzuhalten.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
08:38
Judith Matz approved German subtitles for How we found the giant squid
Barbara Mauchle accepted German subtitles for How we found the giant squid
Barbara Mauchle edited German subtitles for How we found the giant squid
Barbara Mauchle edited German subtitles for How we found the giant squid
Judith Matz edited German subtitles for How we found the giant squid
Judith Matz added a translation

German subtitles

Revisions