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Sollten wir einstimmigen Ergebnissen trauen? – Derek Abbott

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    Stell dir eine polizeiliche
    Gegenüberstellung vor,
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    bei der zehn Zeugen einen Bankräuber
    identifizieren sollen,
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    den sie für einen kurzen Moment auf
    der Flucht vom Ort des Verbrechens sahen.
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    Wenn sechs von ihnen
    auf die gleiche Person zeigen,
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    ist es wahrscheinlich, dass
    der Schuldige gefunden wurde,
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    und trifft dies auf alle zehn zu,
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    könnte man denken,
    der Fall sei schon gelöst.
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    Ist er aber nicht.
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    Für die meisten von uns
    klingt das ziemlich seltsam.
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    Mehrheit und Einstimmigkeit spielen ja
    in vielen Bereichen eine wichtige Rolle,
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    ob in der Politik,
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    in der Wirtschaft
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    oder in der Unterhaltung.
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    Es ist also nur natürlich zu denken:
    "Je größer der Konsens, desto besser."
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    In der Regel stimmt das
    bis zu einem gewissen Punkt auch.
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    Manchmal ist das Endergebnis
    aber umso unzuverlässiger,
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    je mehr Einigkeit herrscht.
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    Hierbei handelt es sich um
    das "Einstimmigkeits-Paradoxon".
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    Um es zu verstehen, ist es von Bedeutung,
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    den allgemeinen Grad an Unsicherheit
    zu berücksichtigen,
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    den es in einer bestimmten Situation gibt.
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    Sollten die Zeugen hier zum Beispiel
    den Apfel identifizieren,
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    sollte uns ein einstimmiges Ergebnis
    nicht überraschen.
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    Aber in Fällen, wo man zu Recht
    mehr natürliche Varianz erwartet,
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    sollte man auch mit variierenden
    Ergebnissen rechnen.
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    Würde man 100-mal eine Münze werfen,
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    würde man wohl damit rechnen, dass sie
    ungefähr 50-mal auf Kopf landet.
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    Sollte die Münze jedoch nahezu
    100-mal auf Kopf landen,
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    würde man vermuten,
    dass irgendetwas faul sein muss,
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    nicht an den jeweiligen Münzwürfen,
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    sondern an der Münze selbst.
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    Zwar ist es weniger zufallsbedingt,
    einen Täter zu identifizieren,
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    aber so leicht, wie die Unterscheidung
    von Bananen und Äpfeln, ist es auch nicht.
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    Denn bei einer Studie aus dem Jahr 1994
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    zeigten bis zu 48 % der Zeugen
    auf die falsche Person,
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    obwohl sich viele in
    ihrer Entscheidung sicher waren.
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    Erinnerungen, die auf kurzen Blicken
    basieren, können unzuverlässig sein,
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    und wir überschätzen uns oft selbst.
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    Mit diesem Wissen
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    scheint eine einstimmige Identifizierung
    nicht mehr auf Schuldgefühle,
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    sondern auf einen Fehler im System
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    oder Tendenzen in der Auswahl hinzuweisen.
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    Und solche Fehler passieren nicht nur,
    wenn es um unser Urteilsvermögen geht.
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    Von 1993 bis 2008
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    wurde die DNA einer Frau an
    mehreren Tatorten in Europa gefunden
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    und das sog. "Heilbronner Phantom"
    als Mörder etabliert.
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    Die DNA-Proben waren jedoch so eindeutig,
    gerade weil sie falsch waren.
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    Denn alle Wattestäbchen,
    mit denen sie gesammelt wurden,
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    waren von einer Wattefabrikarbeiterin
    versehentlich verunreinigt worden.
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    Andere systematische Fehler
    entstanden aus vorsätzlichem Betrug.
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    Bei der Präsidentschaftswahl
    Saddam Husseins aus dem Jahr 2002
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    soll die Wahlbeteiligung bei 100 % gelegen
    haben und er mit 100% der Stimmen
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    für weitere sieben Jahre ins Amt
    gewählt worden sein.
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    Aus diesem Blickwinkel betrachtet
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    ist das Einstimmigkeits-Paradoxon
    gar nicht so paradox.
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    In der Theorie ist die Einstimmigkeit
    nach wie vor ideal,
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    vor allem in Fällen, in denen es
    wenig Varianz und Unsicherheit gibt.
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    Wenn in der Praxis jedoch
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    einstimmige Ergebnisse in unrealistischen
    Szenarien erzielt werden,
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    wird das System wahrscheinlich
    von einem versteckten Faktor beeinflusst.
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    Obwohl wir nach Harmonie
    und Übereinstimmung streben,
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    sollten wir immer wieder mit Fehlern
    und Meinungsverschiedenheiten rechnen.
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    Und wenn ein Ergebnis mal
    zu schön scheint, um wahr zu sein,
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    ist es das wahrscheinlich auch.
Title:
Sollten wir einstimmigen Ergebnissen trauen? – Derek Abbott
Speaker:
Derek Abbott
Description:

Vollständige Lektion unter: http://ed.ted.com/lessons/should-you-trust-unanimous-decisions-derek-abbott

Stell dir vor, zehn Zeugen würden darum gebeten, einen Bankräuber zu identifizieren, den sie für einen kurzen Moment auf der Flucht von dem Ort des Verbrechens sehen konnten. Wenn sechs von ihnen auf die gleiche Person zeigen, kann es gut sein, dass der Schuldige gefunden wurde. Und ist dies bei allen zehn der Fall, könnte man denken, der Fall sei schon so gut wie gelöst. In manchen Fällen wird das Ergebnis jedoch immer unzuverlässiger, je näher man der Einstimmigkeit kommt. Derek Abbott erklärt, worum es sich beim "Einstimmigkeits-Paradoxon" handelt.

Lektion von Derek Abbott, Animation von Brett Underhill.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TED-Ed
Duration:
04:03

German subtitles

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