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Wie unsere Mikroben uns zu dem machen, wer wir sind

  • 0:01 - 0:05
    Die Gesundheit unseres Körpers
    war uns schon immer wichtig,
  • 0:05 - 0:08
    aber wir wussten nicht immer,
    worauf es ankommt.
  • 0:08 - 0:11
    Nehmen wir etwa die alten Ägypter,
  • 0:11 - 0:15
    die bestimmte Körperteile
    für das Jenseits konservierten,
  • 0:15 - 0:19
    während sie andere Teile entfernten,
    wie zum Beispiel dieses.
  • 0:19 - 0:24
    Während sie Magen, Lungen,
    Leber etc. sorgfältig konservierten,
  • 0:24 - 0:29
    zerstückelten sie das Gehirn, entfernten
    es durch die Nase und warfen es weg.
  • 0:29 - 0:33
    Ergibt ja auch Sinn,
    wer braucht schon ein Gehirn?
  • 0:33 - 0:36
    Was wäre, wenn wir eine Art
    vernachlässigtes Organ hätten,
  • 0:36 - 0:38
    von gleichem Gewicht wie das Gehirn
  • 0:38 - 0:41
    und in mancher Hinsicht ebenso
    individuell charakteristisch,
  • 0:41 - 0:45
    das wir jedoch kaum verstehen
    und folglich unterschätzt wird?
  • 0:45 - 0:48
    Würden neue Erkenntnisse andeuten,
  • 0:48 - 0:52
    dass dieses Organ
    entscheidend für uns ist,
  • 0:52 - 0:55
    würden Sie nicht mehr
    darüber erfahren wollen?
  • 0:55 - 1:00
    Tatsächlich haben wir
    so etwas: unseren Darm --
  • 1:00 - 1:03
    genauer gesagt, dessen Mikroben.
  • 1:03 - 1:06
    Nicht nur die Darmmikroben sind wichtig,
  • 1:06 - 1:08
    sondern Mikroben im ganzen Körper
  • 1:08 - 1:13
    beeinflussen viele unserer
    charakteristischen Merkmale.
  • 1:13 - 1:15
    Zum Beispiel werden einige von uns
  • 1:15 - 1:19
    wesentlich häufiger als andere
    von Mücken gestochen.
  • 1:19 - 1:23
    Tatsächlich ist
    diese Campinglegende wahr.
  • 1:23 - 1:27
    Mich stechen Mücken z. B. selten,
  • 1:27 - 1:29
    doch meine Partnerin Amanda
    zieht ganze Schwärme an.
  • 1:29 - 1:32
    Grund sind unterschiedliche Hautmikroben
  • 1:32 - 1:36
    und deren ausgeschiedene Substanzen,
    die von Mücken wahrgenommen werden.
  • 1:36 - 1:40
    Weiterhin sind Mikroben aus
    medizinischer Sicht sehr wichtig.
  • 1:40 - 1:42
    So entscheiden unsere Darmmikroben,
  • 1:42 - 1:45
    ob bestimmte Schmerzmittel
    giftig für die Leber sind
  • 1:45 - 1:50
    oder ob ein Medikament
    Herzerkrankungen heilt.
  • 1:50 - 1:54
    Bei Fruchtfliegen entscheiden Mikroben,
  • 1:54 - 1:56
    mit wem sie Sex haben wollen.
  • 1:56 - 1:59
    Bei Menschen haben wir das
    noch nicht nachgewiesen,
  • 1:59 - 2:02
    aber das ist vielleicht nur
    eine Frage der Zeit. (Lachen)
  • 2:02 - 2:05
    Mikroben führen unzählige Funktionen aus.
  • 2:05 - 2:07
    Sie unterstützen unsere Verdauung,
  • 2:07 - 2:09
    stimulieren unser Immunsystem,
  • 2:09 - 2:11
    helfen uns Krankheiten abzuwehren,
  • 2:11 - 2:14
    und vielleicht beeinflussen sie
    sogar unser Verhalten.
  • 2:14 - 2:18
    Wie sieht eine Landkarte
    all dieser Mikrobenverbände aus?
  • 2:18 - 2:23
    Nicht gerade wie diese, die eigentlich
    dessen Biodiversität veranschaulicht.
  • 2:23 - 2:25
    Verschiedene Regionen unserer Welt
  • 2:25 - 2:29
    zeichnen sich durch charakteristische
    Landschaften und Organismen aus,
  • 2:29 - 2:33
    wie in diesen 3 Beispielen gezeigt.
  • 2:34 - 2:37
    Mikrobiologie ist ähnlich,
    auch wenn ich zugeben muss,
  • 2:37 - 2:40
    dass alle Mikroben unter dem
    Mikroskop gleich aussehen.
  • 2:40 - 2:43
    Statt sie visuell zu bestimmen,
  • 2:43 - 2:46
    betrachten wir ihre DNA-Sequenz.
  • 2:46 - 2:49
    Im "Human Microbiome Project",
  • 2:49 - 2:52
    vom NIH mit 155 Millionen Euro gefördert,
  • 2:52 - 2:54
    kommen Hunderte Forscher zusammen,
  • 2:54 - 2:59
    um die As, Ts, Gs und Cs
    aller menschlichen Mikroben zu kartieren.
  • 2:59 - 3:02
    Alle zusammen gefasst, sieht das so aus.
  • 3:02 - 3:06
    Schwer zu sagen, wer wo lebt, oder?
  • 3:07 - 3:10
    Mein Labor entwickelt
    computergestützte Technologien,
  • 3:10 - 3:16
    um die Terabytes an DNA-Sequenzen
    in eine anschauliche Form zu bringen.
  • 3:16 - 3:23
    Die Daten des menschlichen Mikrobioms von
    250 gesunden Freiwilligen sehen so aus.
  • 3:23 - 3:26
    Jeder Punkt repräsentiert
    alle komplexen Mikroben
  • 3:26 - 3:28
    eines gesamten Mikrobenverbandes.
  • 3:28 - 3:31
    Ich sagte ja, die sehen alle gleich aus.
  • 3:31 - 3:34
    Jeder einzelne Punkt steht
    für den Mikrobenverband
  • 3:34 - 3:37
    einer Körperregion
    eines gesunden Teilnehmers.
  • 3:37 - 3:41
    Sie sehen verschiedene Bereiche
    der Darstellung in verschiedenen Farben,
  • 3:41 - 3:43
    fast wie getrennte Kontinente.
  • 3:43 - 3:49
    Verschiedene Körperregionen
    weisen verschiedene Mikroben auf.
  • 3:49 - 3:52
    Wir haben hier die Mundflora in Grün;
  • 3:52 - 3:55
    die Hautflora gegenüber in Blau;
  • 3:55 - 3:58
    die Vaginalflora in Violett
  • 3:58 - 4:01
    und ganz unten die Darmflora in Braun.
  • 4:01 - 4:04
    Erst in den letzten Jahren
    haben wir herausgefunden,
  • 4:04 - 4:08
    dass die Mikroben der verschiedenen
    Körperregionen sehr unterschiedlich sind.
  • 4:08 - 4:13
    Vergleicht man die Mikroben
    von Mund und Darm einer Person,
  • 4:13 - 4:18
    findet man enorme Unterschiede
    zwischen diesen Mikrobenverbänden.
  • 4:18 - 4:24
    Der Unterschied ist größer als zwischen
    Mikroben dieses Riffs und dieser Prärie.
  • 4:24 - 4:26
    Das ist ziemlich bemerkenswert.
  • 4:26 - 4:30
    Ein halber Meter Abstand
    im menschlichen Körper
  • 4:30 - 4:32
    weist größere mikrobiologische
    Unterschiede auf
  • 4:32 - 4:35
    als Hunderte Kilometer auf der Erde.
  • 4:35 - 4:38
    Weiterhin sind die Bakterien
    gleicher Körperregionen
  • 4:38 - 4:40
    bei jedem Menschen verschieden.
  • 4:40 - 4:44
    Sie wissen sicher, dass alle Menschen
    eine sehr ähnliche DNA haben.
  • 4:44 - 4:50
    Ihre DNA ist zu 99,99 % identisch
    mit der Ihres Sitznachbars.
  • 4:50 - 4:53
    Das trifft nicht auf Ihre Darmflora zu;
  • 4:53 - 4:58
    die nur zu 10 % mit der Darmflora
    Ihres Nachbars übereinstimmt.
  • 4:58 - 5:04
    Das entspricht dem Unterschied zwischen
    Bakterien dieser Prärie und dieses Waldes.
  • 5:04 - 5:09
    Die verschiedenen Mikroben erfüllen,
    wie erwähnt, verschiedene Funktionen:
  • 5:09 - 5:13
    Nahrungsverdauung, Einfluss
    auf verschiedene Krankheiten,
  • 5:13 - 5:15
    den Abbau von Medikamenten usw.
  • 5:15 - 5:17
    Aber wie machen sie all das?
  • 5:17 - 5:22
    Unsere Darmmikroben
    machen zwar nur 1,5 kg aus,
  • 5:22 - 5:24
    aber sie sind uns zahlenmäßig überlegen.
  • 5:24 - 5:26
    Wie hoch sind sie in der Überzahl?
  • 5:26 - 5:30
    Das hängt davon ab, wie wir
    unseren Körper definieren.
  • 5:30 - 5:31
    Nehmen wir die Zellen.
  • 5:31 - 5:35
    Jeder von uns besteht
    aus ca. 10 Billionen Zellen,
  • 5:35 - 5:38
    während wir bis zu 100 Billionen
    Mikrobenzellen beherbergen.
  • 5:38 - 5:41
    Sie sind uns also 10 : 1 überlegen.
  • 5:41 - 5:44
    Oder wir sagen, dass uns
    die menschliche DNA prägt.
  • 5:44 - 5:50
    Jeder von uns hat ca. 20 000 Gene,
    je nachdem, wie man zählt,
  • 5:50 - 5:54
    und 2 bis 20 Millionen mikrobieller Gene.
  • 5:54 - 5:56
    Egal, wie man es betrachtet,
  • 5:56 - 6:00
    unsere mikrobischen Symbionten
    sind gewaltig in der Überzahl.
  • 6:00 - 6:05
    Wir hinterlassen nicht nur menschliche
    DNA, sondern auch mikrobielle DNA,
  • 6:05 - 6:07
    auf allem, was wir berühren.
  • 6:07 - 6:10
    Vor ein paar Jahren
    zeigten wir in einer Studie,
  • 6:10 - 6:13
    dass die Handfläche einer
    Person mit 95 % Genauigkeit
  • 6:13 - 6:16
    deren regelmäßig genutzter
    Computermaus zugeordnet werden kann.
  • 6:16 - 6:19
    Dies wurde vor ein paar Jahren
    wissenschaftlich veröffentlicht
  • 6:19 - 6:22
    und kam außerdem
    in der Serie "CSI: Miami" vor,
  • 6:22 - 6:23
    dann muss es ja stimmen.
  • 6:23 - 6:25
    (Lachen)
  • 6:25 - 6:28
    Woher kommen unsere Mikroben eigentlich?
  • 6:28 - 6:31
    Wenn Sie, wie ich, Hunde und Kinder haben,
  • 6:31 - 6:33
    hegen Sie sicher schlimme Vermutungen,
  • 6:33 - 6:35
    die übrigens alle wahr sind.
  • 6:35 - 6:38
    Nicht nur die Mikroben
    ihrer Computerausrüstung
  • 6:38 - 6:42
    stimmen mit Ihnen überein,
    sondern auch die Ihres Hundes.
  • 6:42 - 6:46
    Mikrobenverbände in Erwachsenen
    sind jedoch relativ stabil,
  • 6:46 - 6:48
    selbst wenn Sie mit
    jemandem zusammen wohnen,
  • 6:48 - 6:51
    behalten Sie Ihre mikrobische Identität
  • 6:51 - 6:54
    über Wochen, Monate, sogar Jahre hinweg.
  • 6:54 - 6:59
    Unsere ersten Mikrobenverbände werden
    durch die Art unserer Geburt bestimmt.
  • 6:59 - 7:01
    Babys, die normal geboren werden,
  • 7:01 - 7:04
    haben Mikroben der Vaginalflora,
  • 7:04 - 7:07
    während Babys, die per
    Kaiserschnitt auf die Welt kommen,
  • 7:07 - 7:09
    Hautmikroben haben.
  • 7:09 - 7:13
    Es könnte ein Zusammenhang
    zwischen Gesundheitsproblemen
  • 7:13 - 7:15
    und der Geburt per Kaiserschnitt bestehen.
  • 7:15 - 7:18
    Zum Beispiel werden erhöhte Fälle
    von Asthma, Allergien
  • 7:18 - 7:21
    und gar Fettleibigkeit mit
    Mikroben in Verbindung gebracht.
  • 7:21 - 7:24
    Bis vor Kurzem kamen Säugetiere
  • 7:24 - 7:27
    nur über den Geburtskanal auf die Welt.
  • 7:27 - 7:29
    Das Fehlen dieser schützenden Mikroben,
  • 7:29 - 7:33
    mit denen wir uns im Laufe
    der Evolution entwickelt haben,
  • 7:33 - 7:37
    könnte Grund für diverse Symptome sein,
    die mit dem Mikrobiom zusammenhängen.
  • 7:37 - 7:42
    Als meine Tochter vor ein paar Jahren per
    Notfall-Kaiserschnitt auf die Welt kam,
  • 7:42 - 7:46
    beschlossen wir, ihren Körper
    der Vaginalflora auszusetzen,
  • 7:46 - 7:49
    wie im Fall einer natürlichen Geburt.
  • 7:49 - 7:53
    Es ist schwer zu sagen, ob dies
    ihre Gesundheit beeinflusste.
  • 7:53 - 7:58
    Auch wenn wir sie lieben,
  • 7:58 - 8:01
    ihr Einzelfall erlaubt keine
    allgemeingültige Aussage.
  • 8:01 - 8:04
    Sie ist nun 2 Jahre und hatte
    noch keine Ohrentzündung.
  • 8:04 - 8:06
    Drücken wir weiterhin die Daumen.
  • 8:06 - 8:10
    Nun untersuchen wir weitere
    Kinder in klinischen Studien
  • 8:10 - 8:14
    und prüfen, ob dies generell
    einen schützenden Effekt hat.
  • 8:15 - 8:20
    Die Art der Geburt bestimmt
    unsere ersten Mikroben.
  • 8:20 - 8:22
    Wie geht es danach weiter?
  • 8:22 - 8:26
    Hier sind wieder die Daten
    des Human Microbiome Projects.
  • 8:26 - 8:29
    Jeder Punkt steht für eine Körperregion
  • 8:29 - 8:32
    eines der 250 gesunden
    erwachsenen Teilnehmer.
  • 8:32 - 8:35
    Man weiß, wie sich Kinder
    körperlich und geistig entwickeln.
  • 8:35 - 8:38
    Hier sehen Sie zum ersten Mal,
  • 8:38 - 8:41
    wie sich das Kind meines Kollegen
    mikrobiell entwickelt.
  • 8:41 - 8:47
    Wir sehen, wie sich die Stuhlmikroben
    dieses Babys, die Darmflora,
  • 8:47 - 8:51
    über fast 2½ Jahren im wöchentlich
    Abstand verändern.
  • 8:51 - 8:56
    Beginnend am 1. Tag, dem gelben Punkt,
  • 8:56 - 9:00
    sehen wir zunächst Vaginalflora,
  • 9:00 - 9:02
    wie es durch die Geburt zu erwarten war.
  • 9:02 - 9:07
    Im Laufe der 2½ Jahre
    bewegt er sich nach unten
  • 9:07 - 9:11
    und gleicht am Ende der Darmflora
    eines gesunden Erwachsenen.
  • 9:11 - 9:15
    Jetzt geht es los.
    Beobachten Sie, was passiert.
  • 9:15 - 9:18
    Jeder Sprung entspricht einer Woche.
  • 9:18 - 9:27
    Die wöchentliche Veränderung der
    Stuhlmikroben dieses Kindes ist größer,
  • 9:27 - 9:31
    als der Unterschied zwischen
    gesunden Erwachsenen,
  • 9:31 - 9:35
    der Human Microbiome Project-Kohorte,
    unten in Braun dargestellt.
  • 9:35 - 9:38
    Wie Sie sehen, erreicht er nun
    die Darmflora eines Erwachsenen.
  • 9:38 - 9:40
    Jetzt sind es ungefähr 2 Jahre.
  • 9:40 - 9:42
    Nun passiert etwas Bemerkenswertes,
  • 9:42 - 9:45
    wegen einer Ohrenentzündung
    bekommt er Antibiotika
  • 9:45 - 9:48
    und es folgt eine enorme
    Veränderung seiner Darmflora,
  • 9:48 - 9:50
    die sich schnell wieder normalisiert.
  • 9:50 - 9:52
    Ich zeige es Ihnen noch einmal.
  • 9:53 - 9:59
    Innerhalb dieser wenigen Wochen
    sehen wir einen starken Rückschlag,
  • 9:59 - 10:04
    größer als in monatelanger Entwicklung,
    der sich sofort wieder normalisiert.
  • 10:04 - 10:09
    Bis zum Tag 838, dem Ende des Videos,
  • 10:09 - 10:12
    besitzt er die Darmflora
    eines gesunden Erwachsenen,
  • 10:12 - 10:15
    trotz der Wirkung des Antibiotikums.
  • 10:15 - 10:19
    Das ist sehr interessant, denn es
    wirft grundlegende Fragen auf.
  • 10:19 - 10:23
    Welchen Effekt haben Antibiotika auf
    Kinder? Welche Rolle spielt das Alter?
  • 10:23 - 10:25
    Sind Behandlungen
    von Kleinkindern kritisch,
  • 10:25 - 10:28
    da sich das Mirkobiom so stark verändert,
  • 10:28 - 10:30
    oder ist es wie ein Steinwurf
    ins stürmische Meer,
  • 10:30 - 10:33
    wo ziehende Kreise
    von Wellen verwischt werden?
  • 10:33 - 10:39
    Behandelt man Babys in den
    ersten 6 Monaten mit Antibiotika,
  • 10:39 - 10:42
    neigen sie später wahrscheinlicher
    zu Fettleibigkeit,
  • 10:42 - 10:45
    als ohne oder nach späterer Behandlung.
  • 10:45 - 10:51
    Die Wirkung von frühen Behandlungen
    auf die Darmflora und spätere Gesundheit
  • 10:51 - 10:54
    ist vermutlich enorm
    und wird noch kaum verstanden.
  • 10:54 - 10:56
    Das ist beeindruckend.
  • 10:56 - 11:00
    Antibiotika verursachen somit
    nicht nur resistente Bakterien,
  • 11:00 - 11:02
    was ein wichtiges Problem ist,
  • 11:02 - 11:05
    sondern sie zerstören vielleicht
    auch unsere Darmflora.
  • 11:05 - 11:08
    Es ist zu befürchten, dass wir Antibiotika
    eines Tages ebenso verachten
  • 11:08 - 11:12
    wie die Metallwerkzeuge der alten Ägypter,
  • 11:12 - 11:15
    mit denen sie das Gehirn der Leichen
    vor der Mumifizierung zerstückelten.
  • 11:15 - 11:18
    Ich erwähnte all die wichtigen
    Funktionen von Mikroben.
  • 11:18 - 11:21
    Seit den letzten Jahren werden sie
  • 11:21 - 11:24
    mit einer weiten Palette
    von Krankheiten verbunden,
  • 11:24 - 11:26
    wie chronisch-entzündliche Darmerkrankung,
  • 11:26 - 11:29
    Herzerkrankung, Darmkrebs
    und sogar Fettleibigkeit.
  • 11:29 - 11:32
    Fettleibigkeit wird vermutlich
    stark davon beeinflusst.
  • 11:32 - 11:35
    Eine Untersuchung der Darmflora
  • 11:35 - 11:36
    kann heute zu 90 % voraussagen,
  • 11:36 - 11:38
    ob eine Person fettleibig ist oder nicht.
  • 11:38 - 11:41
    Das ist zwar beeindruckend,
  • 11:41 - 11:43
    als medizinischer Test
    jedoch vernachlässigbar,
  • 11:43 - 11:47
    denn man erkennt fettleibige Menschen
  • 11:47 - 11:50
    auch ohne Analyse ihrer Darmflora.
  • 11:50 - 11:55
    Doch selbst die Sequenz des
    kompletten Genoms, der menschlichen DNA,
  • 11:55 - 11:59
    würde Fettleibigkeit mit nur 60 %
    Wahrscheinlichkeit voraussagen.
  • 11:59 - 12:00
    Beeindruckend, oder?
  • 12:00 - 12:03
    Die 1,5 kg Mikroben,
    die wir in uns herumtragen,
  • 12:03 - 12:06
    sind wichtiger für manche Krankheiten
  • 12:06 - 12:09
    als jedes Gen unseres Genoms.
  • 12:12 - 12:14
    In Mäusen ist viel mehr möglich.
  • 12:14 - 12:17
    In Mäusen werden diverse Krankheiten
    mit Mikroben verbunden,
  • 12:17 - 12:24
    u. a. Multiple Sklerose, Depression,
    Autismus und Fettleibigkeit.
  • 12:24 - 12:27
    Aber sind die mikrobiellen Unterschiede
  • 12:27 - 12:29
    Ursache oder Konsequenz
    dieser Krankheiten?
  • 12:29 - 12:32
    Um das zu klären, können wir Mäuse
  • 12:32 - 12:35
    in einer sterilen Umwelt ohne
    eigene Mikroben heranziehen.
  • 12:35 - 12:38
    Dann können wir potentiell
    interessante Mikroben hinzufügen
  • 12:38 - 12:40
    und die Entwicklung beobachten.
  • 12:40 - 12:42
    Nehmen wir Mikroben
    von einer fettleibigen Maus
  • 12:42 - 12:45
    und transplantieren sie in
    eine genetisch normale Maus,
  • 12:45 - 12:47
    die in einer Umwelt ohne Mikroben
    herangewachsen ist,
  • 12:47 - 12:51
    wird die Maus dicker als mit
    Mikroben von einer normalen Maus.
  • 12:52 - 12:54
    Der Grund dafür ist faszinierend.
  • 12:54 - 13:00
    Manchmal helfen die Mikroben mit einer
    effizienteren Verdauung der Nahrung,
  • 13:00 - 13:02
    sodass der Energiegewinn größer ist.
  • 13:02 - 13:05
    In anderen Fällen verändern die Mikroben
    das Verhalten der Mäuse,
  • 13:05 - 13:08
    sodass sie mehr als
    eine normale Maus essen
  • 13:08 - 13:12
    und nur bei unbegrenzter
    Nahrungszufuhr dick werden.
  • 13:12 - 13:15
    Sehr beachtlich, nicht wahr?
  • 13:15 - 13:20
    Mikroben beeinflussen also
    das Verhalten von Säugetieren.
  • 13:21 - 13:25
    Funktioniert dieses Experiment auch
    zwischen verschiedenen Arten?
  • 13:25 - 13:29
    Nimmt man die Mikroben
    einer fettleibigen Person
  • 13:29 - 13:32
    und transplantiert sie
    in mikrobenfreie Mäuse,
  • 13:32 - 13:37
    werden die Mäuse auch dicker als bei
    Mikroben von einer schlanken Person.
  • 13:37 - 13:40
    Wir können auch einen
    Mikrobenverband erstellen,
  • 13:40 - 13:43
    der keine Gewichtszunahme verursacht
  • 13:43 - 13:46
    oder der gegen Mangelernährung hilft.
  • 13:46 - 13:48
    Die Gates-Stiftung finanziert ein Projekt,
  • 13:48 - 13:52
    das Kinder in Malawi untersucht,
    die Kwashiorkor haben,
  • 13:52 - 13:54
    eine schwere Form von Mangelernährung.
  • 13:54 - 13:56
    Transplantiert man die
    Kwashiorkor-Mikroben in Mäuse,
  • 13:56 - 14:00
    verlieren diese in 3 Wochen
    30 % ihres Gewichtes.
  • 14:00 - 14:04
    Erhalten sie die gleiche Diät mit
    Erdnussbutter, wie Kinder in der Klinik,
  • 14:04 - 14:06
    erlangen sie ihr normales Gewicht zurück.
  • 14:06 - 14:08
    Erhalten die Mäuse jedoch Mikroben
  • 14:08 - 14:12
    eines gesunden Zwillings der
    Kwashiorkor-Gemeinde, passiert nichts.
  • 14:12 - 14:16
    Das ist toll, denn es ermöglicht
    vielleicht Therapieversuche
  • 14:16 - 14:20
    mit der Darmflora einzelner Personen
    in zahlreichen Mäusen
  • 14:20 - 14:25
    und folglich die Entwicklung
    individueller Therapien.
  • 14:26 - 14:29
    Jeder sollte die Möglichkeit haben,
  • 14:29 - 14:32
    sich an dieser Entwicklung zu beteiligen.
  • 14:32 - 14:35
    Vor ein paar Jahren starteten wir
    das Projekt "American Gut [Darm]",
  • 14:35 - 14:39
    in dem jeder seinen Platz auf
    der mikrobiellen Karte finden kann.
  • 14:39 - 14:43
    Heute ist es mit mehr als
    8 000 gemeldeten Teilnehmern
  • 14:43 - 14:46
    das größte wissenschaftliche
    Crowdfunding-Projekt.
  • 14:46 - 14:50
    Man schickt seine Probe ein,
    wir bestimmen die DNA der Mikroben
  • 14:50 - 14:52
    und senden das Ergebnis zurück.
  • 14:52 - 14:56
    Außerdem veröffentlichen wir die Ergbnisse
    für Wissenschaftler, Erzieher
  • 14:56 - 15:01
    und interessierte Bürger anonymisiert,
    um Zugang zu den Daten zu ermöglichen.
  • 15:01 - 15:07
    Besuchern unseres Labors am
    BioFrontiers-Institut erklären wir,
  • 15:07 - 15:10
    dass wir mit Lasern
    und Robotern Kot untersuchen,
  • 15:10 - 15:12
    doch das interessiert
    nicht unbedingt jeden.
  • 15:12 - 15:14
    (Lachen)
  • 15:14 - 15:16
    Sie interessiert es bestimmt,
  • 15:16 - 15:19
    deshalb habe ich ein paar Päckchen
    zum Teilnehmen mitgebracht,
  • 15:19 - 15:22
    falls Sie es selbst probieren wollen.
  • 15:23 - 15:25
    Warum tun wir das?
  • 15:25 - 15:30
    Anhand der Mikroben können wir
    nicht nur unsere Gesundheit bewerten,
  • 15:30 - 15:33
    sondern auch Krankheiten heilen können.
  • 15:33 - 15:36
    Das konnten wir vor Kurzem
    grafisch darstellen,
  • 15:36 - 15:38
    zusammen mit Kollegen
    der Universität Minnesota.
  • 15:38 - 15:41
    Hier ist wieder die Darstellung
    des menschlichen Mikrobioms.
  • 15:41 - 15:46
    Diesmal füge ich die Mikroben
    von Leuten mit C. difficile hinzu,
  • 15:46 - 15:51
    einer starken Durchfallerkrankung,
    bei der man bis zu 20-mal täglich muss.
  • 15:51 - 15:54
    Eine 2 Jahre dauernde
    Antibiotika-Therapie war erfolglos,
  • 15:54 - 15:56
    bevor sie Kandidaten
    für diesen Versuch wurden.
  • 15:56 - 16:00
    Was passiert, wenn wir etwas Stuhl
    eines gesunden Spenders,
  • 16:00 - 16:04
    ganz unten als Stern gezeigt,
    in die Patienten transplantieren?
  • 16:04 - 16:08
    Bekämpfen die guten Mikroben
    die schlechten und fördern die Heilung?
  • 16:08 - 16:10
    Schauen Sie, was passiert.
  • 16:10 - 16:13
    Vier dieser Patienten erhalten
    nun ein Transplantat
  • 16:13 - 16:15
    des gesunden Spenders ganz unten,
  • 16:15 - 16:19
    und man sieht, wie sich die Darmflora
    sofort radikal verändert.
  • 16:19 - 16:24
    Einen Tag nach der Transplantation klingen
    alle Symptome ab, der Durchfall ist weg,
  • 16:24 - 16:29
    die Patienten sind wieder gesund
    und ähneln der Darmflora des Spenders.
  • 16:29 - 16:31
    Und es gibt keinen Rückfall.
  • 16:31 - 16:36
    (Beifall)
  • 16:37 - 16:40
    Wir sind ganz am Anfang dieser Entdeckung.
  • 16:40 - 16:44
    Wir beginnen zu verstehen, dass sich
    Mikroben auf diese Krankheiten auswirken,
  • 16:44 - 16:47
    von chronischen Darmerkrankungen
    bis hin zu Fettleibigkeit,
  • 16:47 - 16:50
    vielleicht sogar Autismus und Depression.
  • 16:50 - 16:53
    Wir müssen eine Art
    mikrobielles GPS entwickeln,
  • 16:53 - 16:56
    dass uns nicht nur zeigt,
    wo wir uns im Moment befinden,
  • 16:56 - 17:01
    sondern auch, was unser Ziel ist
    und wie wir es erreichen können.
  • 17:01 - 17:04
    Und es muss so einfach sein, dass
    selbst ein Kind es verwenden kann.
  • 17:04 - 17:06
    (Lachen)
  • 17:06 - 17:08
    Danke.
  • 17:08 - 17:11
    (Beifall)
Title:
Wie unsere Mikroben uns zu dem machen, wer wir sind
Speaker:
Rob Knight
Description:

Rob Knight ist Pionier in der Erforschung menschlicher Mikroben, dem Verbund kleinster Einzeller, die in unserem Körper leben und eine enorme – und größtenteils unerforschte – Rolle für unsere Gesundheit spielen. Er sagt: "Die 1,5 kg Mikroben, die wir in uns herum tragen, könnten wichtiger sein als jedes einzelne Gen unseres Genoms." Finden Sie heraus warum.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
17:24

German subtitles

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