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Was Ärzte nicht preisgeben wollen

  • 0:01 - 0:06
    Man warf mir vor, meinen
    Berufsstand verraten zu haben,
  • 0:06 - 0:08
    sagte, dass man mich feuern
  • 0:08 - 0:10
    und mir meine ärztliche
    Zulassung entziehen müsse,
  • 0:10 - 0:14
    dass ich zurück in mein
    eigenes Land gehen solle.
  • 0:14 - 0:16
    Meine E-Mails wurden gehackt.
  • 0:16 - 0:19
    In einem Diskussionsforum für Ärzte
  • 0:19 - 0:24
    rühmte sich jemand damit, meinen Account
    mit Tweets zu bombardieren.
  • 0:24 - 0:26
    Erst wusste ich nicht,
    ob das gut oder schlecht war,
  • 0:26 - 0:28
    aber dann kam die Antwort:
  • 0:28 - 0:31
    "Zu schade, dass es keine
    echte Bombe war."
  • 0:31 - 0:35
    Ich hätte nie gedacht,
    dass ich einmal etwas tun würde,
  • 0:35 - 0:38
    das andere Ärzte dermaßen verärgert.
  • 0:38 - 0:40
    Ärztin zu werden war mein Traum.
  • 0:40 - 0:42
    Ich bin in China aufgewachsen,
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    und meine frühesten Erinnerungen handeln
    von der Krankenhaus-Notaufnahme.
  • 0:46 - 0:49
    Ich hatte so schlimmes Asthma,
    dass ich fast jede Woche dort war.
  • 0:49 - 0:52
    Ich hatte eine Ärztin namens Dr. Sam,
    die sich stets um mich kümmerte.
  • 0:52 - 0:55
    Sie war etwa gleich alt wie meine Mutter.
  • 0:55 - 0:57
    Sie hatte wildes, lockiges Haar
  • 0:57 - 1:00
    und trug stets hellgelbe,
    geblümte Kleider.
  • 1:00 - 1:02
    Sie war eine der Ärztinnen,
  • 1:02 - 1:04
    die Leute mit einem gebrochen Arm
    nach einem Sturz fragte,
  • 1:04 - 1:07
    warum man denn nicht lache,
  • 1:07 - 1:10
    weil es doch schließlich der Humerus ist.
    Sie wissen, was ich meine?
  • 1:10 - 1:13
    Auch wenn man vor Schmerz stöhnte,
  • 1:13 - 1:16
    fühlte man sich doch immer besser,
    nachdem man bei ihr war.
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    Wir alle haben einen Kindheitshelden,
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    den wir später einmal
    nachahmen wollen, oder?
  • 1:20 - 1:23
    Ich wollte genau so sein wie Dr. Sam.
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    Als ich acht war, zogen meine
    Eltern und ich in die USA
  • 1:28 - 1:31
    und unsere Geschichte verlief
    wie die typischer Einwanderer.
  • 1:31 - 1:34
    Meine Eltern putzten Hotelzimmer,
    spülten Teller und tankten Autos,
  • 1:34 - 1:37
    damit ich meinem Traum nachgehen konnte.
  • 1:38 - 1:39
    Irgendwann war mein Englisch gut genug
  • 1:39 - 1:41
    und meine Eltern waren überglücklich,
  • 1:41 - 1:46
    als ich Medizinstudentin wurde
    und den Hippokratischen Eid leistete.
  • 1:46 - 1:49
    Aber eines Tages änderte sich alles.
  • 1:49 - 1:52
    Meine Mutter rief an und sagte,
    dass es ihr nicht gut ging.
  • 1:52 - 1:56
    Ein nicht abklingen wollener Husten
    machte sie kurzatmig und müde.
  • 1:56 - 1:59
    Meine Mutter beklagte sich
    sonst nie über etwas.
  • 1:59 - 2:02
    Als sie mir erzählte,
    dass etwas nicht in Ordnung war,
  • 2:02 - 2:04
    wusste ich, dass es
    etwas Ernstes sein musste.
  • 2:04 - 2:06
    Und so war es auch:
  • 2:06 - 2:09
    Es stellte sich heraus, dass sie
    Brustkrebs im Endstadium hatte.
  • 2:09 - 2:13
    Der Krebs hatte zu dem Zeitpunkt bereits
    Lungen, Knochen und Gehirn befallen.
  • 2:13 - 2:16
    Meine Mutter war dennoch
    tapfer und hoffnungsvoll.
  • 2:16 - 2:18
    Sie unterzog sich
    Operationen und Bestrahlung
  • 2:18 - 2:21
    und war in ihrer dritten Chemotheraphie,
  • 2:21 - 2:23
    als sie ihr Adressbuch verlor.
  • 2:23 - 2:26
    Sie suchte die Telefonnummer
    ihres Arztes im Internet
  • 2:26 - 2:28
    und fand sie auch, aber
    sie fand noch etwas anderes.
  • 2:28 - 2:30
    Auf mehreren Webseiten
  • 2:30 - 2:33
    war er als hochbezahlter Sprecher
    eines Pharmakonzerns aufgeführt,
  • 2:33 - 2:37
    und tatsächlich empfahl er oft
    genau die Chemotherapie,
  • 2:37 - 2:39
    die er ihr verschrieben hatte.
  • 2:39 - 2:40
    Sie rief mich panisch an
  • 2:40 - 2:42
    und ich wusste nicht,
    was ich glauben sollte.
  • 2:42 - 2:45
    Vielleicht war es die richtige
    Chemotherapie für sie,
  • 2:45 - 2:47
    aber was wenn nicht?
  • 2:47 - 2:50
    Es machte ihr Angst und ließ sie zweifeln.
  • 2:50 - 2:52
    Wenn es um Medizin geht,
  • 2:52 - 2:54
    ist Vertrauen ein absolutes Muss,
  • 2:54 - 2:59
    und wenn dieses Vertrauen weg ist,
    bleibt nur noch Angst.
  • 2:59 - 3:01
    Es gibt noch eine andere
    Facette dieser Angst.
  • 3:01 - 3:05
    Als Medizinstudentin behandelte
    ich einen 19-Jährigen,
  • 3:05 - 3:08
    der mit dem Fahrrad auf dem Weg
    ins Studentenwohnheim
  • 3:08 - 3:10
    von einem Geländewagen erfasst
  • 3:10 - 3:11
    und überfahren worden war.
  • 3:11 - 3:13
    Er hatte sieben gebrochene Rippen,
  • 3:13 - 3:14
    zerschmetterte Hüftknochen
  • 3:14 - 3:17
    und Blutungen in Bauch und Gehirn.
  • 3:17 - 3:19
    Versetzen Sie sich in die Lage der Eltern,
  • 3:19 - 3:21
    die über 3000 km von Seattle
    gekommen waren,
  • 3:21 - 3:24
    um ihren Sohn im Koma vorzufinden.
  • 3:24 - 3:26
    Sie würden wissen wollen,
    was mit ihm los ist, richtig?
  • 3:26 - 3:29
    Sie baten, bei der Visite
    dabei sein zu dürfen,
  • 3:29 - 3:31
    bei der wir Zustand und
    Behandlung besprachen.
  • 3:31 - 3:33
    Ich hielt das für eine
    verständliche Bitte,
  • 3:33 - 3:36
    die uns Gelegenheit
    geben würde zu zeigen,
  • 3:36 - 3:38
    dass wir die Sache ernst nahmen
    und alles versuchten.
  • 3:38 - 3:40
    Der leitende Arzt jedoch sagte Nein.
  • 3:40 - 3:42
    Er nannte alle möglichen Gründe.
  • 3:42 - 3:45
    Sie wären den Krankenschwestern im Weg.
  • 3:45 - 3:48
    Ihre Anwesenheit würde die Studenten
    hemmen, Fragen zu stellen.
  • 3:48 - 3:49
    Er sagte sogar:
  • 3:49 - 3:53
    "Was, wenn sie Fehler sehen
    und uns verklagen?"
  • 3:53 - 3:57
    Hinter jeder Ausrede
    erkannte ich tiefe Angst.
  • 3:57 - 3:59
    Ich lernte, dass man als Arzt
  • 3:59 - 4:01
    einen weißen Kittel anziehen
  • 4:01 - 4:05
    und eine Mauer bauen muss,
    um sich dahinter zu verstecken.
  • 4:05 - 4:08
    Es gibt eine versteckte
    Epidemie in der Medizin.
  • 4:08 - 4:11
    Natürlich haben Menschen Angst,
    wenn sie zum Arzt gehen.
  • 4:11 - 4:14
    Stellen Sie sich vor, Sie wachen
    mit starken Bauchschmerzen auf,
  • 4:14 - 4:15
    gehen ins Krankenhaus,
  • 4:15 - 4:18
    liegen an einem fremden Ort
    auf der Krankenliege,
  • 4:18 - 4:20
    tragen einen hauchdünnen Kittel
  • 4:20 - 4:22
    und fremde Menschen
    drücken an Ihnen herum.
  • 4:22 - 4:23
    Sie wissen nicht, was passieren wird,
  • 4:23 - 4:27
    oder ob Sie die Decke kriegen,
    um die sie vor 30 Minuten gebeten hatten.
  • 4:27 - 4:30
    Aber nicht nur Patienten haben Angst,
  • 4:30 - 4:31
    sondern auch die Ärzte.
  • 4:31 - 4:35
    Wir haben Angst davor,
    dass Patienten herausfinden, wer wir sind
  • 4:35 - 4:37
    und wie es in der Medizin
    tatsächlich abläuft.
  • 4:37 - 4:38
    Also was machen wir?
  • 4:38 - 4:41
    Wir ziehen unsere weißen Kittel an
    und verstecken uns dahinter.
  • 4:41 - 4:43
    Je mehr wir uns jedoch verstecken,
  • 4:43 - 4:46
    desto mehr wollen die Menschen
    wissen, was wir da verstecken.
  • 4:46 - 4:50
    Angst führt zu Misstrauen
    und schlechter Behandlung.
  • 4:50 - 4:52
    Wir haben nicht nur Angst vor Krankheiten,
  • 4:52 - 4:55
    wir sind krank vor Angst.
  • 4:55 - 4:58
    Können wir diese Kluft zwischen dem,
    was Patienten brauchen
  • 4:58 - 5:01
    und dem, was Ärzte tun, schließen?
  • 5:01 - 5:04
    Können wir diese krankmachende
    Angst überwinden?
  • 5:04 - 5:06
    Oder anders gefragt:
  • 5:06 - 5:09
    Wenn Verstecken nicht die Lösung ist,
    was, wenn wir das Gegenteil täten?
  • 5:09 - 5:14
    Was, wenn Ärzte absolut transparent
    gegenüber ihren Patienten wären?
  • 5:14 - 5:17
    Letzten Herbst führte ich eine Studie
    durch, um herauszufinden,
  • 5:17 - 5:20
    was Menschen über ihre medizinische
    Versorgung wissen möchten.
  • 5:20 - 5:23
    Ich wollte nicht nur
    Krankenhauspatienten befragen,
  • 5:23 - 5:24
    sondern auch alltägliche Leute.
  • 5:24 - 5:27
    Meine beiden Medizinstudenten,
    Suhavi Tucker and Laura Johns,
  • 5:27 - 5:30
    gingen für ihre Nachforschungen
    buchstäblich auf die Straße.
  • 5:30 - 5:33
    Sie gingen in Banken,
    Coffeeshops, Seniorenwohnheime,
  • 5:33 - 5:37
    chinesische Restaurants und Bahnhöfe.
  • 5:37 - 5:39
    Was fanden sie heraus?
  • 5:39 - 5:40
    Als wir die Leute fragten:
  • 5:40 - 5:43
    "Was möchten Sie über Ihre
    medizinische Versorgung wissen?",
  • 5:43 - 5:46
    erzählten sie, was sie
    über ihre Ärzte wissen wollten,
  • 5:46 - 5:48
    weil Menschen medizinische Versorgung
  • 5:48 - 5:52
    als individuelle Interaktion zwischen
    ihnen und ihren Ärzten verstehen.
  • 5:52 - 5:55
    Als wir fragten, "Was wollen Sie
    über Ihre Ärzte wissen?",
  • 5:55 - 5:57
    erhielten wir drei
    verschiedene Antworten.
  • 5:57 - 5:59
    Einige wollen wissen,
    ob ihr Arzt kompetent
  • 5:59 - 6:02
    und ein zertifizierter Mediziner ist.
  • 6:02 - 6:04
    Anderen ist es wichtig,
    dass ihr Arzt neutral ist
  • 6:04 - 6:07
    und wissenschaftlich fundierte
    Entscheidungen trifft,
  • 6:07 - 6:10
    anstatt in Abhängigkeit davon,
    wer ihn bezahlt.
  • 6:10 - 6:11
    Überraschenderweise möchten viele
  • 6:11 - 6:15
    noch etwas anderes
    über ihre Ärzte wissen.
  • 6:15 - 6:17
    Jonathan, ein 28-jähriger Jurastudent,
  • 6:17 - 6:22
    wünscht sich jemanden, der ungezwungen
    mit LGBTQ-Patienten umgeht
  • 6:22 - 6:25
    und auf LGBT-Gesundheit
    spezialisiert ist.
  • 6:25 - 6:27
    Für Serena, eine 32-jährige Buchhalterin,
  • 6:27 - 6:30
    ist es wichtig, dass ihr Arzt
    dieselben Werte
  • 6:30 - 6:33
    beim Thema Kinderwunsch
    und Frauenrechte hat.
  • 6:33 - 6:36
    Frank, ein 59-jähriger Eigentümer
    eines Baumarktes,
  • 6:36 - 6:38
    geht überhaupt nicht gerne zum Arzt
  • 6:38 - 6:42
    und möchte jemanden, der
    vor allem an Vorsorge glaubt
  • 6:42 - 6:45
    und alternativen Behandlungsmethoden
    gegenüber offen ist.
  • 6:45 - 6:47
    Einer nach dem anderen
    erzählten uns die Befragten,
  • 6:47 - 6:50
    dass die Beziehung zwischen Arzt und
    Patient sehr intim ist --
  • 6:50 - 6:52
    dass sie, bevor sie sich
    vor Ärzten entkleiden
  • 6:52 - 6:55
    und ihnen ihre tiefsten
    Geheimnisse anvertrauen,
  • 6:55 - 6:57
    zuerst deren Werte verstehen wollen.
  • 6:57 - 7:00
    Nur weil Ärzte jeden Patienten
    annehmen müssen,
  • 7:00 - 7:03
    heißt das nicht, dass Patienten
    jeden Arzt akzeptieren müssen.
  • 7:03 - 7:06
    Menschen wollen zuerst
    über ihre Ärzte Bescheid wissen,
  • 7:06 - 7:09
    um eine informierte Entscheidung
    treffen zu können.
  • 7:09 - 7:11
    Darum startete ich die Aktion
  • 7:11 - 7:12
    "Wer ist mein Arzt?",
  • 7:12 - 7:15
    die zur absoluten Transparenz
    in der Medizin auffordert.
  • 7:15 - 7:17
    Teilnehmende Ärzte offenbaren freiwillig
  • 7:17 - 7:19
    auf einer öffentlichen Webseite
  • 7:19 - 7:22
    Informationen darüber,
    wo sie Medizin studierten,
  • 7:22 - 7:23
    worauf sie spezialisiert sind
  • 7:23 - 7:25
    und ihre Interessenskonflikte.
  • 7:25 - 7:28
    Wir gehen über das
    Transparenzgesetz für Behörden
  • 7:28 - 7:31
    bezüglich Verbindungen
    zu Pharmakonzernen hinaus
  • 7:31 - 7:33
    und legen dar, wie wir bezahlt werden.
  • 7:33 - 7:34
    Anreize sind wichtig.
  • 7:34 - 7:38
    Wenn Sie wegen Rückenschmerzen zum
    Arzt gehen, ist es vielleicht interessant,
  • 7:38 - 7:40
    ob er 5000 Dollar für eine
    Wirbelsäulen-OP bekommt,
  • 7:40 - 7:44
    im Gegensatz zu 25 Dollar, wenn er Sie an
    einen Physiotherapeuten überweist.
  • 7:44 - 7:48
    Oder ob er das Gleiche bezahlt bekommt,
    unabhängig davon, was er empfiehlt.
  • 7:48 - 7:51
    Wir gehen aber noch
    einen Schritt weiter.
  • 7:51 - 7:54
    Wir legen unsere Werte
    in Bezug auf Themen offen
  • 7:54 - 7:57
    wie Frauen, LGBT-Patienten,
    alternative Medizin,
  • 7:57 - 7:59
    Vorsorgemedizin und Sterbehilfe.
  • 7:59 - 8:03
    Wir sichern unseren Patienten zu,
    ihnen zu dienen,
  • 8:03 - 8:05
    und somit haben Sie das Recht,
    zu wissen, wer wir sind.
  • 8:05 - 8:09
    Wir sind überzeugt,
    dass Transparenz Angst heilen kann.
  • 8:09 - 8:12
    Ich dachte, dass nicht alle Ärzte
    mitmachen würden,
  • 8:12 - 8:16
    aber auf eine solch heftige Gegenreaktion
    war ich nicht gefasst.
  • 8:16 - 8:20
    Innerhalb einer Woche nach dem Start
    von "Wer ist mein Arzt?"
  • 8:20 - 8:21
    hatten Medscape's öffentliches Forum
  • 8:21 - 8:23
    sowie einige andere Onlineforen für Ärzte
  • 8:23 - 8:27
    tausende von Posts zu diesem Thema.
  • 8:27 - 8:28
    Hier sind einige.
  • 8:28 - 8:31
    Von einem Gastroenterologen aus Portland:
  • 8:31 - 8:34
    "Ich habe mich 12 Jahre
    meines Lebens versklavt.
  • 8:34 - 8:36
    Ich habe Darlehen und Hypotheken.
  • 8:36 - 8:39
    Für mein Mittagessen bin ich
    auf Pharmafirmen angewiesen,
  • 8:39 - 8:40
    um Patienten zu dienen."
  • 8:40 - 8:42
    Nun, die Zeiten mögen für jeden hart sein,
  • 8:42 - 8:44
    aber erklären Sie mal einem Patienten,
  • 8:44 - 8:47
    der mit 35 000 Dollar im Jahr seine
    vierköpfige Familie ernähren muss,
  • 8:47 - 8:50
    dass Sie das Gratis-Mittagessen benötigen.
  • 8:50 - 8:52
    Ein orthopädischer Chirurg aus Charlotte:
  • 8:52 - 8:58
    "Es ist ein Eingriff in meine Privatsphäre
    darzulegen, woher mein Gehalt kommt.
  • 8:58 - 9:01
    Meine Patienten erzählen mir auch nicht,
    wo ihr Geld herkommt."
  • 9:01 - 9:06
    Aber die Einkommensquellen Ihrer Patienten
    beeinflussen auch nicht Ihre Gesundheit.
  • 9:06 - 9:08
    Von einem Psychiater in New York City:
  • 9:08 - 9:11
    "Bald müssen wir angeben, ob wir
    Hunde oder Katzen bevorzugen,
  • 9:11 - 9:15
    welches Auto wir fahren und
    welches Toilettenpapier wir benutzen."
  • 9:15 - 9:18
    Ihre Ansichten über Toyota
    oder Cottonelle
  • 9:18 - 9:20
    beeinflussen nicht
    die Gesundheit Ihrer Patienten,
  • 9:20 - 9:22
    aber Ihre Meinung über
    das Recht abzutreiben,
  • 9:22 - 9:27
    über Vorsorgemedizin und
    Sterbebegleitung eben schon.
  • 9:27 - 9:29
    Mein Favorit, von einem
    Kardiologen aus Kansas City:
  • 9:29 - 9:32
    "Noch mehr staatlich angeordneter Kram?
  • 9:32 - 9:36
    Dr. Wen sollte dringend
    zurück in ihr Heimatland."
  • 9:36 - 9:38
    Es gibt zwei gute Nachrichten.
  • 9:38 - 9:42
    Erstens ist dies freiwillig
    und nicht angeordnet,
  • 9:42 - 9:45
    und zweitens bin ich Amerikanerin
    und ich bin bereits hier.
  • 9:45 - 9:50
    (Gelächter) (Applaus)
  • 9:53 - 9:56
    Innerhalb eines Monats erhielten
    meine Arbeitgeber Anrufe
  • 9:56 - 9:58
    mit der Forderung, mich zu feuern.
  • 9:58 - 10:02
    Ich bekam Post an meine
    nicht öffentliche Privatadresse
  • 10:02 - 10:05
    mit der Drohung, die Ärztekammer
    zu Sanktionen aufzufordern.
  • 10:05 - 10:09
    Meine Freunde und Familie drängten mich,
    diese Kampagne zu beenden.
  • 10:09 - 10:13
    Nach der Bombendrohung war ich am Ende.
  • 10:13 - 10:15
    Aber dann hörte ich von Patienten,
  • 10:15 - 10:17
    über soziale Netzwerke, einen Tweet-Chat,
  • 10:17 - 10:19
    die ich nun zu gut kannte,
  • 10:19 - 10:23
    der 4,3 Millionen Impressionen
    ausgelöst hatte
  • 10:23 - 10:27
    und Tausende schrieben mir,
    dass ich weitermachen sollte.
  • 10:27 - 10:28
    Sie schrieben mir Dinge wie:
  • 10:28 - 10:32
    "Wenn Ärzte etwas tun,
    wofür sie sich derart schämen,
  • 10:32 - 10:34
    dann sollten sie es nicht tun."
  • 10:34 - 10:37
    "Abgeordnete müssen
    Wahlkampfspenden offenlegen.
  • 10:37 - 10:40
    Anwälte müssen
    Interessenskonflike offenlegen.
  • 10:40 - 10:42
    Warum nicht Ärzte?"
  • 10:42 - 10:45
    Und viele Leute schrieben:
  • 10:45 - 10:47
    "Lassen Sie uns Patienten entscheiden,
  • 10:47 - 10:49
    was wichtig ist, wenn wir
    einen Arzt auswählen."
  • 10:50 - 10:52
    Bei unserem ersten Versuch
  • 10:52 - 10:56
    haben sich mehr als 300 Ärzte
    zur absoluten Transparenz verpflichtet.
  • 10:56 - 10:59
    Was für eine verrückte neue Idee, oder?
  • 10:59 - 11:02
    Tatsächlich ist das überhaupt
    kein neues Konzept.
  • 11:02 - 11:04
    Erinnern Sie sich an Dr. Sam aus China
  • 11:04 - 11:06
    mit den albernen Witzen und
    den wilden Haaren?
  • 11:06 - 11:08
    Sie war meine Ärztin,
  • 11:08 - 11:09
    aber sie war auch meine Nachbarin,
  • 11:09 - 11:12
    die im Haus gegenüber lebte.
  • 11:12 - 11:14
    Ich ging zur gleichen Schule
    wie ihre Tochter.
  • 11:14 - 11:16
    Meine Eltern und ich vertrauten ihr,
  • 11:16 - 11:19
    weil wir wussten, wer sie war
    und wofür sie stand,
  • 11:19 - 11:22
    und sie musste vor uns nichts verbergen.
  • 11:22 - 11:25
    In der vergangenen Generation war das
    ebenfalls die Norm in den USA.
  • 11:25 - 11:29
    Sie wussten, dass Ihr Hausarzt Vater
    zweier jugendlicher Söhne war,
  • 11:29 - 11:31
    dass er mit dem Rauchen aufgehört hatte,
  • 11:31 - 11:33
    dass er sagte, er ginge
    regelmäßig in die Kirche,
  • 11:33 - 11:36
    aber Sie ihn nur zweimal im Jahr sehen:
    zu Ostern und dann,
  • 11:36 - 11:38
    wenn seine Schwiegermutter
    zu Besuch war.
  • 11:38 - 11:40
    Sie wussten, wie er war
  • 11:40 - 11:43
    und er musste nichts verbergen.
  • 11:43 - 11:45
    Aber die Krankheit der Angst hat
    überhand genommen
  • 11:45 - 11:47
    und die Patienten leiden
    unter den Folgen.
  • 11:47 - 11:50
    Ich weiß das aus eigener Erfahrung.
  • 11:50 - 11:53
    Meine Mutter hat acht Jahre lang
    gegen ihren Krebs gekämpft.
  • 11:53 - 11:54
    Sie war vorausdenkend
  • 11:54 - 11:57
    und dachte viel darüber nach,
    wie sie leben
  • 11:57 - 11:58
    und wie sie sterben wollte.
  • 11:58 - 12:01
    Sie unterschrieb nicht nur
    eine Patientenverfügung,
  • 12:01 - 12:05
    sondern auch ein 12-seitiges Dokument
    darüber, wie sie genug gelitten hatte
  • 12:05 - 12:07
    und dass es Zeit für sie war, zu gehen.
  • 12:07 - 12:10
    Eines Tages, als ich noch
    Assistenzärztin war,
  • 12:10 - 12:14
    bekam ich einen Anruf, dass sie
    auf der Intensivstation lag.
  • 12:14 - 12:17
    Als ich dort ankam,
    sollte sie gerade intubiert
  • 12:17 - 12:20
    und an ein Beatmungsgerät
    angeschlossen werden.
  • 12:20 - 12:24
    "Aber das will sie nicht",
    sagte ich. "Wir haben das schriftlich."
  • 12:24 - 12:27
    Der Arzt auf der Intensivstation
    sah mir in die Augen,
  • 12:27 - 12:31
    zeigte auf meine damals
    16-jährige Schwester und sagte,
  • 12:31 - 12:33
    "Wissen Sie noch,
    als Sie in dem Alter waren?
  • 12:33 - 12:37
    Hätten Sie ohne Ihre Mutter
    aufwachsen wollen?"
  • 12:37 - 12:40
    Ihr Onkologe war auch da und sagte,
  • 12:40 - 12:42
    "Das ist Ihre Mutter,
  • 12:42 - 12:46
    können Sie den Rest Ihres Lebens
    noch in den Spiegel sehen,
  • 12:46 - 12:48
    wenn Sie nicht alles versucht haben?"
  • 12:48 - 12:50
    Ich kannte meine Mutter so gut.
  • 12:50 - 12:54
    Ich verstand so gut,
    was ihre Patientenverfügung meinte,
  • 12:54 - 12:57
    aber ich war Ärztin.
  • 12:57 - 13:02
    Das war die schwerste Entscheidung,
    die ich jemals getroffen habe,
  • 13:02 - 13:05
    sie in Frieden sterben zu lassen.
  • 13:05 - 13:08
    Ich trage die Worte dieser Ärzte
  • 13:08 - 13:11
    jeden einzelnen Tag mit mir herum.
  • 13:11 - 13:15
    Wir können die Kluft überwinden
    zwischen dem, was Ärzte tun
  • 13:15 - 13:18
    und dem, was Patienten brauchen.
  • 13:18 - 13:20
    Wir können das schaffen,
    weil das schon einmal so war
  • 13:20 - 13:23
    und wir wissen, dass Transparenz uns
    dieses Vertrauen gibt.
  • 13:23 - 13:26
    Studien zeigen, dass
    Offenheit auch den Ärzten hilft,
  • 13:26 - 13:27
    dass einsehbare Krankenakten
  • 13:27 - 13:30
    und die Bereitschaft
    über Behandlungsfehler zu sprechen,
  • 13:30 - 13:32
    das Vertrauen der Patienten vergrößern,
  • 13:32 - 13:33
    den Genesungserfolg verbessern
  • 13:33 - 13:35
    und Behandlungsfehler reduzieren.
  • 13:35 - 13:37
    Diese Offenheit und dieses Vertrauen
  • 13:37 - 13:38
    werden umso wichtiger,
  • 13:38 - 13:42
    wenn wir vom Ansteckungsmodell zum
    Verhaltensmodell von Krankheiten gehen.
  • 13:42 - 13:45
    Bakterien kümmern sich wenig
    um Vertrauen und Vetrautheit.
  • 13:45 - 13:49
    Um schwierige Entscheidungen über
    den Lebensstil treffen zu können,
  • 13:49 - 13:52
    zum Beispiel das Rauchen aufzugeben,
  • 13:52 - 13:55
    Blutdruck und Diabetes
    in den Griff zu bekommen,
  • 13:55 - 13:59
    dafür müssen wir Vertrauen aufbauen.
  • 13:59 - 14:02
    Folgendes haben
    andere transparente Ärzte gesagt:
  • 14:02 - 14:05
    Brandon Combs, Internist aus Denver:
  • 14:05 - 14:08
    "Dies hat mich meinen Patienten
    näher gebracht.
  • 14:08 - 14:11
    Die Art der Beziehung,
    die ich entwickelt habe --
  • 14:11 - 14:14
    darum wollte ich Arzt werden."
  • 14:14 - 14:17
    Aaron Stupple, Internist aus Denver:
  • 14:17 - 14:20
    "Ich sage meinen Patienten,
    dass ich absolut offen mit ihnen bin.
  • 14:20 - 14:22
    Ich verstecke nichts vor ihnen.
  • 14:22 - 14:25
    Das bin ich. Nun erzählen
    Sie mir von sich.
  • 14:25 - 14:28
    Wir stehen das gemeinsam durch."
  • 14:28 - 14:30
    Mag Nguyen, Hausarzt aus Houston:
  • 14:30 - 14:34
    "Meine Kollegen sind erstaunt
    über das, was ich tue.
  • 14:34 - 14:37
    Sie fragten mich,
    woher ich den Mut nehme.
  • 14:37 - 14:40
    Ich antwortete, dass ich nicht mutig bin,
  • 14:40 - 14:43
    sondern dass das mein Job sei."
  • 14:43 - 14:46
    Ich gebe Ihnen nun
    einen letzten Gedanken mit.
  • 14:46 - 14:50
    Absolut transparent zu sein
    ist beängstigend.
  • 14:50 - 14:53
    Man fühlt sich nackt,
    entblößt und verletzlich.
  • 14:53 - 14:57
    Aber genau diese Verletzlichkeit
    und diese Demut
  • 14:57 - 15:01
    können von außerordentlichem Nutzen
    für die ärztliche Tätigkeit sein.
  • 15:01 - 15:04
    Wenn wir Ärzte bereit sind,
    von unserem Podest herunterzukommen,
  • 15:04 - 15:07
    unsere weißen Kittel auszuziehen
    und unseren Patienten zu zeigen,
  • 15:07 - 15:09
    wer wir sind und
    was Medizin wirklich heißt,
  • 15:09 - 15:12
    beginnen wir die Krankheit
    der Angst zu überwinden.
  • 15:12 - 15:14
    Dann schaffen wir Vertrauen.
  • 15:14 - 15:16
    Dann ändern wir das Modell der Medizin
  • 15:16 - 15:19
    von einem der Verschwiegenheit
    und des Versteckens
  • 15:19 - 15:20
    zu einem, das absolut offen ist
  • 15:20 - 15:23
    und dem Wohle unserer Patienten dient.
  • 15:23 - 15:25
    Danke.
  • 15:25 - 15:29
    (Applaus)
Title:
Was Ärzte nicht preisgeben wollen
Speaker:
Leana Wen
Description:

Würden Sie nicht wissen wollen, wenn Ihr Arzt von einem Pharmaunternehmen als Sprecher bezahlt wird? Oder wenn seine persönlichen Ansichten nicht mit der Behandlung vereinbar sind, die Sie möchten? Im Moment müssen Ärzte in den USA solche Informationen nicht preisgeben. Als die Ärztin Leana Wen ihre Kollegen dazu aufrief, sich gegenüber ihren Patienten zu öffnen, war die Reaktion, die sie bekam ... beunruhigend.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
15:42

German subtitles

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