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Michael Anti: Hinter Chinas großer Firewall

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    In den letzten Tagen habe ich Leute
    über China sprechen hören.
  • 0:05 - 0:09
    Ich habe auch mit meinen Freunden über China
    und das chinesische Internet gesprochen.
  • 0:09 - 0:12
    Dabei fällt mir eins schwer.
  • 0:12 - 0:15
    Ich möchte, dass meine Freunde verstehen:
  • 0:15 - 0:18
    China is kompliziert.
  • 0:18 - 0:21
    Deshalb will ich immer sagen:
  • 0:21 - 0:24
    Einerseits ist es so ...,
    andererseits so ...
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    Man kann sich nicht auf eine Seite beschränken.
  • 0:27 - 0:30
    Ich gebe Ihnen ein Beispiel.
    China ist ein BRIC-Land.
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    BRIC steht für Brasilien, Russland, Indien und China.
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    Seine erstarkende Wirtschaftskraft hilft,
    die Weltwirtschaft wiederzubeleben.
  • 0:41 - 0:44
    Jedoch, auf der anderen Seite,
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    China ist ein SICK-Land.
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    Ein Begriff aus Facebooks Börsengang.
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    SICK steht für Syrien, Iran, China und Nordkorea.
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    Diese vier Länder haben keinen Facebook-Zugang.
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    China ist also ein SICK-BRIC-Land.
    [klingt wie "kranker Ziegel"]
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    (Gelächter)
  • 1:09 - 1:11
    Es gibt weitere Unternehmungen,
  • 1:11 - 1:14
    China und sein Internet zu überwachen.
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    Also möchte ich Ihnen heute meine persönliche Sicht
  • 1:17 - 1:23
    auf diese Zensur in den letzten Jahren geben.
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    Wenn Sie Fan von "Game of Thrones" sind,
  • 1:26 - 1:31
    wissen Sie sicher, wie wichtig eine große
    Mauer für ein altes Königreich ist.
  • 1:31 - 1:36
    Sie hält komische Dinge aus dem Norden ab.
  • 1:36 - 1:39
    Dasselbe galt für China.
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    Im Norden gab es die Chinesische Mauer,
  • 1:43 - 1:48
    die China 2000 Jahre lang vor Invasion schützte.
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    Aber China hat auch eine große Firewall.
  • 1:52 - 1:57
    Die größte digitale Mauer der Welt.
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    Nicht nur, um das chinesische Regime
    vor dem Westen zu schützen,
  • 2:01 - 2:05
    vor universellen Werten, sondern auch,
  • 2:05 - 2:08
    um den Chinesen selbst den Weg
    ins weltweite freie Internet zu versperren
  • 2:08 - 2:14
    und sie in separate Blöcke zu teilen, nicht vereint.
  • 2:14 - 2:18
    Das Internet besteht also praktisch aus zwei Internets.
  • 2:18 - 2:22
    Das eine ist DAS Internet, das andere das Chinanet.
  • 2:22 - 2:26
    Aber wenn Sie glauben, Chinanet sei
  • 2:26 - 2:32
    ein Ödland, leblos, da widerspreche ich.
  • 2:32 - 2:38
    Aber wir benutzen eine einfache Metapher,
    das Katz-und-Maus-Spiel,
  • 2:38 - 2:41
    um die letzten 15 Jahre zu beschreiben,
  • 2:41 - 2:44
    den ständigen Kampf zwischen der Zensur
  • 2:44 - 2:48
    durch die Regierung – der Katze –
  • 2:48 - 2:54
    und den chinesichen Internetusern.
    Das sind wir, die Maus.
  • 2:54 - 2:58
    Doch manchmal ist diese Art Metapher zu simpel.
  • 2:58 - 3:03
    Deshalb will ich sie heute auf Version 2.0 upgraden.
  • 3:03 - 3:07
    In China haben wir 500 Millionen Internetuser.
  • 3:07 - 3:12
    Die größte Netzbevölkerung der ganzen Welt.
  • 3:12 - 3:17
    Also obwohl Chinas Internet total zensiert ist,
  • 3:17 - 3:21
    boomt trotzdem die chinesische Netzkultur.
  • 3:21 - 3:24
    Wie geht das? – Ganz einfach.
  • 3:24 - 3:26
    Ihr habt Google, wir haben Baidu.
  • 3:26 - 3:30
    Ihr habt Twitter, wir haben Weibo.
  • 3:30 - 3:33
    Ihr habt Facebook, wir haben Renren.
  • 3:33 - 3:38
    Ihr habt YouTube, wir haben Youku und Tudou.
  • 3:38 - 3:42
    Die chinesische Regierung hat jeden einzelnen
  • 3:42 - 3:46
    internationalen Web-2.0-Service geblockt
  • 3:46 - 3:49
    und wir Chinesen haben jeden einzelnen kopiert.
  • 3:49 - 3:50
    (Gelächter)
  • 3:50 - 3:55
    Das nenne ich kluge Zensur!
  • 3:55 - 3:59
    Es geht nicht nur darum, Euch zu zensieren.
  • 3:59 - 4:03
    Manchmal ist die chinesische Internetpolitik sehr einfach:
  • 4:03 - 4:06
    blockieren und kopieren.
  • 4:06 - 4:11
    Sie wollen einerseits den Wunsch der Leute
    nach einem sozialen Netzwerk befriedigen,
  • 4:11 - 4:14
    was sehr wichtig ist.
    Die Leute lieben soziale Netzwerke.
  • 4:14 - 4:17
    Andererseits will die Regierung den Server gerne
  • 4:17 - 4:21
    in Beijing haben, sodass sie
    jederzeit an die Daten kommen.
  • 4:21 - 4:26
    Darum hat sich Google auch
    aus China zurückgezogen,
  • 4:26 - 4:27
    weil sie es nicht hinnehmen können,
  • 4:27 - 4:32
    dass die Regierung den Server kontrollieren will.
  • 4:32 - 4:38
    Manchmal haben die arabischen Diktatoren
    diese zwei Seiten nicht verstanden.
  • 4:38 - 4:41
    Mubarak zum Beispiel hat das Internet ausgeschaltet.
  • 4:41 - 4:44
    Er wollte verhindern, dass die Netzbürger ihn kritisieren.
  • 4:44 - 4:50
    Doch wenn sie nicht ins Netz gehen können,
    gehen sie auf die Straße.
  • 4:50 - 4:53
    Das Ergebnis ist sehr einfach.
  • 4:53 - 4:59
    Wir wissen alle, Mubarak ist praktisch tot.
  • 4:59 - 5:04
    Aber auch Ben Ali, der tunesische Präsident.
  • 5:04 - 5:05
    Er hat die zweite Regel nicht befolgt,
  • 5:05 - 5:09
    die Server in der Hand zu behalten.
  • 5:09 - 5:15
    Er hat Facebook, einem U.S.-basierten Service,
  • 5:15 - 5:19
    erlaubt, in Tunesien zu bleiben.
  • 5:19 - 5:22
    Also kann er nicht verhindern, dass seine Bürger
  • 5:22 - 5:25
    kritische Videos über seine Korruption hochladen.
  • 5:25 - 5:29
    Dasselbe ist passiert. Er war der Erste,
  • 5:29 - 5:32
    der während des Arabischen Frühlings gestürzt wurde.
  • 5:32 - 5:37
    Aber diese zwei sehr klugen Zensurmethoden
  • 5:37 - 5:43
    haben nicht verhindert, dass Social Media
    in China ein öffentlicher Ort wurde,
  • 5:43 - 5:49
    ein Medium für öffentliche Meinung
    und ein Alptraum für chinesiche Politiker.
  • 5:49 - 5:54
    Denn wir haben 300 Millionen Mikroblogger in China.
  • 5:54 - 5:57
    Das entspricht der Gesamtbevölkerung der USA.
  • 5:57 - 6:01
    Wenn also diese 300 Millionen Leute, Mikroblogger,
  • 6:01 - 6:06
    selbst wenn deren Tweet auf unserer
    zensierten Plattform geblockt wird...
  • 6:06 - 6:10
    Trotzdem kann das Chinanet selbst
  • 6:10 - 6:14
    eine sehr starke Kraft erzeugen, was es noch nie gab
  • 6:14 - 6:16
    in der Geschichte Chinas.
  • 6:16 - 6:21
    Im Juli 2011, stießen zwei [undeutlich] Züge zusammen
  • 6:21 - 6:23
    in Wenzhou, einer Stadt im Süden.
  • 6:23 - 6:24
    Direkt nach dem Zusammenstoß
  • 6:24 - 6:29
    wollten die Behörden das Wrack wortwörtlich
    verschwinden lassen, zuschütten.
  • 6:29 - 6:32
    Das hat die chinesischen Netzbürger wütend gemacht.
  • 6:32 - 6:35
    In den ersten fünf Tagen nach dem Unglück
  • 6:35 - 6:39
    gab es 10 Millionen kritische Posts
  • 6:39 - 6:43
    auf sozialen Plattformen, was in der chinesichen
    Geschichte noch nie passiert war.
  • 6:43 - 6:46
    Und danach, in diesem Jahr, wurde der Eisenbahnminister
  • 6:46 - 6:51
    entlassen und zu 10 Jahren Haft verurteilt.
  • 6:51 - 6:56
    Außerdem gab es vor kurzem
    eine lustige Debatte zwischen
  • 6:56 - 7:00
    dem Umweltministerium in Beijing
  • 7:00 - 7:03
    und der amerikanischen Botschaft in Beijing,
  • 7:03 - 7:06
    Die Behörde beschuldigte die Botschaft,
  • 7:06 - 7:08
    dass sie sich in die chinesiche Innenpolitik
  • 7:08 - 7:11
    eingemischt habe durch die Veröffentlichung
  • 7:11 - 7:14
    von Daten zur Luftgüte in Beijing.
  • 7:14 - 7:21
    Also, oben sind die Daten der Botschaft
    nach Feinstaubrichtlinie PM2.5.
  • 7:21 - 7:27
    Der Wert ist 148, was anzeigt,
    dass es für Risikogruppen gefährlich ist.
  • 7:27 - 7:30
    Die Empfehlung ist, nicht nach draußen zu gehen.
  • 7:30 - 7:36
    Doch hier sind die Behördendaten. Sie zeigen nur 50.
  • 7:36 - 7:39
    Sie sagen es ist okay. Man kann nach draußen gehen.
  • 7:39 - 7:43
    Aber 99 Prozent der chinesischen Mikroblogger
  • 7:43 - 7:47
    stehen entschieden auf Seiten der Botschaft.
  • 7:47 - 7:51
    Ich wohne in Beijing. Ich richte mich jeden Tag nur
  • 7:51 - 8:00
    nach den Daten der amerikanischen Botschaft,
    ob ich das Fenster aufmachen soll.
  • 8:00 - 8:04
    Warum boomen die sozialen Netzwerke trotz Zensur so?
  • 8:04 - 8:09
    Teil der Antwort ist die chinesiche Sprache.
  • 8:09 - 8:12
    Es ist ja so, Twitter und Twitter-Klone
  • 8:12 - 8:15
    haben ein 140-Zeichen-Limit.
  • 8:15 - 8:19
    Auf Englisch sind das 20 Worte oder
    ein Satz mit einem kurzen Link.
  • 8:19 - 8:22
    In der deutschen Sprache ist es vielleicht nur "Aha!"
  • 8:22 - 8:25
    (Gelächter)
  • 8:25 - 8:31
    Aber im Chinesischen geht es wirklich um 140 Schriftzeichen.
  • 8:31 - 8:33
    Das bedeutet ein Absatz, eine Geschichte.
  • 8:33 - 8:37
    Man kann fast alle journalistischen Elemente unterbringen.
  • 8:37 - 8:41
    Hier, zum Beispiel, ist Hamlet von Shakespeare.
  • 8:41 - 8:45
    Derselbe Inhalt. Sie können genau sehen,
  • 8:45 - 8:51
    wie ein chinesischer Tweet
    dreieinhalb englischen entspricht.
  • 8:51 - 8:55
    Die Chinesen betrügen immer, nicht?
  • 8:55 - 8:59
    Darum betrachten Chinesen dieses Mikrobloggen
  • 8:59 - 9:04
    als richtiges Medium, nicht nur als bloße Überschriften.
  • 9:04 - 9:07
    Unsere Kopie – Sina ist die Firma,
  • 9:07 - 9:09
    die Twitter kopiert hat –
  • 9:09 - 9:12
    hat sogar ihren eigenen Namen: Weibo.
  • 9:12 - 9:14
    "Weibo" ist die chinesische Übersetzung für "Mikroblog".
  • 9:14 - 9:16
    Sie hat ihre eigene Innovation.
  • 9:16 - 9:20
    Der Kommentarbereich macht das chinesische Weibo
  • 9:20 - 9:24
    mehr zu einem Facebook
    als zu Twitter, dem Original.
  • 9:24 - 9:28
    Diese Neuerungen und Klone,
    wie Weibo und Mikrobloggen,
  • 9:28 - 9:30
    sind, als sie 2009 nach China kamen,
  • 9:30 - 9:34
    sofort zu einer neue Medienplattform geworden.
  • 9:34 - 9:39
    Einer Medienplattform für 300 Millionen Leser.
  • 9:39 - 9:40
    Es ist zu DEN Medien geworden.
  • 9:40 - 9:43
    Alles, was nicht bei Weibo erwähnt wird,
  • 9:43 - 9:48
    gibt es für die chinesische Öffentlichkeit praktisch nicht.
  • 9:48 - 9:51
    Und zusätzlich verändert Social Media
  • 9:51 - 9:55
    die Einstellungen der Chinesen und ihr Leben.
  • 9:55 - 9:59
    Zum Beispiel geben sie den Menschen ohne Stimme
  • 9:59 - 10:01
    eine Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen.
  • 10:01 - 10:07
    Wir hatten ein Petitionssystem –
    eine Abhilfe außerhalb des Rechtssystems,
  • 10:07 - 10:10
    weil die chinesische Zentralregierung
    einen Mythos erhalten möchte.
  • 10:10 - 10:14
    Der Kaiser ist gut. Die alten regionalen Beamten
    sind Verbrecher.
  • 10:14 - 10:18
    Darum wollen die Bittsteller, die Opfer, die Bauern,
  • 10:18 - 10:21
    den Zug nach Beijing nehmen und
    sich an die Zentralregierung wenden,
  • 10:21 - 10:24
    sie wollen, dass der Kaiser das Problem löst.
  • 10:24 - 10:27
    Aber wenn mehr und mehr Leute nach Beijing gehen,
  • 10:27 - 10:31
    erhöhen sie auch die Gefahr einer Revolution.
  • 10:31 - 10:33
    Deshalb werden sie in den letzten Jahren zurückgeschickt.
  • 10:33 - 10:37
    Manche wurden sogar illegal eingesperrt.
  • 10:37 - 10:41
    Doch jetzt haben wir Weibo,
    also nenne ich das eine Weibo-Petition.
  • 10:41 - 10:43
    Die Leute benutzen einfach ihre Handys zum Tweeten.
  • 10:43 - 10:47
    Und Ihre traurige Geschichte;
    mit etwas Glück wird Ihre Geschichte
  • 10:47 - 10:51
    von Reportern, Professoren oder Berühmtheiten aufgegriffen.
  • 10:51 - 10:53
    Eine von ihnen ist Yao Chen.
  • 10:53 - 10:56
    Sie ist die berühmteste Mikrobloggerin in China
  • 10:56 - 11:00
    und hat etwa 21 Millionen Leser.
  • 11:00 - 11:03
    Sie sind fast wie landesweite Fernsehsender.
  • 11:03 - 11:07
    Also, eine traurige Geschichte wird von ihr aufgegriffen.
  • 11:07 - 11:11
    Damit hat der Weibo-Service den Chinesen trotz Zensur
  • 11:11 - 11:17
    eine echte Möglichkeit gegeben, dass sich jeden Tag
  • 11:17 - 11:20
    300 Millionen Leute austauschen,
    miteinander unterhalten können.
  • 11:20 - 11:23
    Wie ein großes TED, nicht?
  • 11:23 - 11:27
    Aber es ist auch das erste Mal,
    dass ein öffentlicher Raum
  • 11:27 - 11:29
    in China entstanden ist.
  • 11:29 - 11:32
    Chinesen lernen langsam, wie man verhandelt
  • 11:32 - 11:35
    und aufeinander zugeht.
  • 11:35 - 11:39
    Doch die Katze, die Zensur, schläft nicht.
  • 11:39 - 11:43
    Es ist so schwer, einige heikle Begriffe
    bei Weibo einzutragen.
  • 11:43 - 11:46
    Man kann zum Beispiel nicht
    den Namen des Präsidenten schreiben,
  • 11:46 - 11:52
    Hu Jintao, und auch nicht den Namen der Stadt Chongqing.
  • 11:52 - 11:57
    Und bis vor kurzem konnte man
    die Nachnamen der höchsten Beamten nicht suchen.
  • 11:57 - 12:01
    Deshalb sind Chinesen sehr gut in Wortspielen,
  • 12:01 - 12:05
    Umschreibungen und sogar Memes.
  • 12:05 - 12:07
    Sie haben den Begriff... sie sprechen von
  • 12:07 - 12:09
    diesem revolutionären Kampf
  • 12:09 - 12:13
    zwischen dem Grasmatschpferd und der Flusskrabbe.
  • 12:13 - 12:15
    Übersetzt heißt Grasmatschpferd Caoníma,
  • 12:15 - 12:18
    was wie Mutterficker klingt.
  • 12:18 - 12:25
    So nennen sich die Netzbürger selbst.
  • 12:25 - 12:27
    Héxiè heißt Flusskrabbe und ist ein Phonogramm
  • 12:27 - 12:30
    für Harmonisierung, Zensur.
  • 12:30 - 12:35
    Daher ist es Caoníma gegen Héxiè – sehr schön.
  • 12:35 - 12:41
    Wenn irgendein aufregendes politisches Ereignis passiert,
  • 12:41 - 12:47
    kann man bei Weibo wieder
    von schrägen Geschichten lesen.
  • 12:47 - 12:52
    Komische Ausdrücke und Worte – selbst als Professor
  • 12:52 - 12:55
    für chinesische Sprache können Sie das nicht verstehen.
  • 12:55 - 12:58
    Weiter kann man jedoch nicht gehen, nein,
  • 12:58 - 13:01
    denn Sinas Weibo wurde gegründet
  • 13:01 - 13:06
    genau einen Monat nach der Blockade von Twitter.com.
  • 13:06 - 13:08
    Von Anfang an hatte Weibo also
  • 13:08 - 13:12
    der chinesischen Regierung garantiert:
  • 13:12 - 13:15
    Wir werden auf keinen Fall zur Bühne
  • 13:15 - 13:18
    für irgendeine Gefährdung des Regimes werden.
  • 13:18 - 13:20
    Zum Beispiel, wenn Sie etwas posten wollen
  • 13:20 - 13:23
    über "versammeln", "treffen" oder "laufen",
  • 13:23 - 13:27
    wird das automatisch gespeichert, verarbeitet,
  • 13:27 - 13:33
    und zur weiteren politischen Auswertung übermittelt.
  • 13:33 - 13:35
    Wenn Sie wirklich eine Versammlung abhalten wollen,
  • 13:35 - 13:39
    ist die Polizei schon da und wartet, wenn Sie kommen.
  • 13:39 - 13:41
    Wieso? Weil sie die Daten haben.
  • 13:41 - 13:43
    Sie haben alles in Händen.
  • 13:43 - 13:49
    Wie bei "1984" können sie alle Daten
    über den Aufrührer auswerten.
  • 13:49 - 13:53
    Und greifen dann sehr hart durch.
  • 13:53 - 13:55
    Aber beachten Sie, dass dieses Katz-und-Maus-Spiel
  • 13:55 - 13:58
    ein sehr lustiges Merkmal hat.
  • 13:58 - 14:03
    Die Katze ist die Zensur, aber die
    chinesische Katze ist nicht alleine.
  • 14:03 - 14:06
    Sie hat Katzen vor Ort. Zentralkatze und lokale Katzen.
  • 14:06 - 14:08
    (Gelächter)
  • 14:08 - 14:11
    Tja, der Server ist den Händen der Zentralkatze,
  • 14:11 - 14:16
    sodass, wenn die Netzbürger
    die lokale Regierung kritisieren,
  • 14:16 - 14:20
    die Lokalregierung keinen Zugriff
    auf die Daten in Beijing hat.
  • 14:20 - 14:22
    Ohne Bestechung der Zentralkatzen
  • 14:22 - 14:26
    kann sie nichts tun, sich nur entschuldigen.
  • 14:26 - 14:28
    So haben in den letzten drei Jahren
  • 14:28 - 14:31
    Bürgerbewegungen durch Mikrobloggen
  • 14:31 - 14:33
    Lokalregierungen wirklich verändert,
  • 14:33 - 14:36
    sie mehr und mehr transparent gemacht,
  • 14:36 - 14:39
    weil die keinen Zugriff auf die Daten haben.
  • 14:39 - 14:42
    Der Server ist in Beijing.
  • 14:42 - 14:44
    Bei der Geschichte mit dem Zugunglück
  • 14:44 - 14:47
    ist die Frage vielleicht nicht,
    warum es 10 Millionen kritische Stimmen
  • 14:47 - 14:51
    in fünf Tagen gab, sondern warum die Zentralregierung
  • 14:51 - 14:54
    fünf Tage lang freie Meinungsäußerung im Netz erlaubt hat.
  • 14:54 - 14:56
    Das ist noch nie passiert.
  • 14:56 - 15:00
    Aber das ist ganz einfach,
    denn sogar die höchsten Politiker
  • 15:00 - 15:03
    hatten die Nase von diesem Kerl voll,
    von seinem unabhängigen Königreich.
  • 15:03 - 15:05
    Also wollten sie einen Vorwand...
  • 15:05 - 15:08
    Öffentliche Meinung ist ein sehr
    guter Vorwand, ihn zu bestrafen.
  • 15:08 - 15:11
    Kürzlich gab es auch den Fall
    von Bo Xilai, ein Riesenaufsehen,
  • 15:11 - 15:13
    Sohn eines Top-Politikers.
  • 15:13 - 15:17
    Aber von Februar bis April dieses Jahres
  • 15:17 - 15:19
    wurde Weibo zu einem richtigen Marktplatz der Gerüchte.
  • 15:19 - 15:23
    Man konnte fast jeden Witz über
    diesen Politiker-Prinzen machen.
  • 15:23 - 15:26
    Es ging alles! Fast als lebte man in den USA.
  • 15:26 - 15:31
    Aber wenn Sie es wagen, etwas
    über einen vermeintlichen Putsch
  • 15:31 - 15:35
    in Beijing zu schreiben oder zu zitieren,
    werden Sie definitiv verhaftet.
  • 15:35 - 15:41
    Diese Freiheit ist also ein zielgerichtetes
    und genau begrenztes Fenster.
  • 15:41 - 15:45
    Für Chinesen ist Zensur in China normal.
  • 15:45 - 15:47
    Da kommt einem Freiheit komisch vor.
  • 15:47 - 15:49
    Irgendwas wird da im Hintergrund ablaufen.
  • 15:49 - 15:52
    Er war ja ein sehr anerkannter linker Anführer,
  • 15:52 - 15:54
    das heißt, die Zentralregierung wollte ihn loswerden
  • 15:54 - 15:59
    und brauchte einen Vorwand,
    um das chinesische Volk zu überzeugen,
  • 15:59 - 16:00
    wie schlimm er ist.
  • 16:00 - 16:04
    Daher wurde Weibo, ein Forum für 300 Millionen Bürger,
  • 16:04 - 16:09
    ein sehr gutes, günstiges Mittel für einen politischen Kampf.
  • 16:09 - 16:11
    Diese Technologie ist sehr neu,
  • 16:11 - 16:12
    aber die Technik sehr alt.
  • 16:12 - 16:15
    Berühmt gemacht vom Vorsitzenden Mao, Mao Zedong.
  • 16:15 - 16:18
    Er hat ja Millionen chinesischer Bürger mobilisiert,
  • 16:18 - 16:22
    während der Kulturrevolution
    alle Lokalregierungen auszuradieren.
  • 16:22 - 16:25
    Das ist ganz einfach, denn die chinesische Zentralregierung
  • 16:25 - 16:27
    braucht die öffentliche Meinung nicht einmal zu führen.
  • 16:27 - 16:32
    Sie geben ihnen einfach ein Fenster,
    in dem sie nicht zensiert werden.
  • 16:32 - 16:38
    Nicht zu zensieren ist ein politisches
    Instrument in China geworden.
  • 16:38 - 16:42
    Also, das ist das Update dieses Spiels,
    des Katz-und-Maus-Spiels.
  • 16:42 - 16:44
    Social Media hat die Mentalität der Chinesen verändert.
  • 16:44 - 16:47
    Immer mehr Chinesen sehen freie Meinungsäußerung
  • 16:47 - 16:50
    und Menschenrechte als ihr Geburtsrecht an,
  • 16:50 - 16:53
    statt als ein aus Amerika importiertes Privileg.
  • 16:53 - 16:57
    Außerdem hat sie den Chinesen
    ein nationales Forum gegeben,
  • 16:57 - 17:01
    wo die Leute ihr Selbstverständnis
    als Bürger einüben können,
  • 17:01 - 17:04
    in Vorbereitung auf eine zukünftige Demokratie.
  • 17:04 - 17:06
    Chinas politisches System hat es aber nicht verändert,
  • 17:06 - 17:10
    die Zentralregierung hat die zentralisierte Serverstruktur
  • 17:10 - 17:13
    benutzt, um ihre Macht über die regionalen Regierungen
  • 17:13 - 17:18
    und die verschiedenen Gruppierungen auszubauen.
  • 17:18 - 17:21
    Also, wie sieht die Zukunft aus?
  • 17:21 - 17:23
    Wir sind schließlich die Maus.
  • 17:23 - 17:27
    Was auch die Zukunft bringt,
    wir sollten die [Katze] bekämpfen.
  • 17:27 - 17:31
    Es gibt sie nicht nur in China, sondern auch in den USA
  • 17:31 - 17:36
    gibt es einige kleine, süße aber böse Katze.
  • 17:36 - 17:37
    (Gelächter)
  • 17:37 - 17:44
    SOPA, PIPA, ACTA, TPP und ITU.
  • 17:44 - 17:49
    Genauso wie Facebook und Google
    behaupten sie, Freunde der Maus zu sein.
  • 17:49 - 17:53
    Aber manchmal sehen wir sie mit Katzen ausgehen.
  • 17:53 - 17:57
    Mein Fazit ist ganz einfach.
  • 17:57 - 18:00
    Wir Chinesen kämpfen für unsere Freiheit,
  • 18:00 - 18:03
    passt Ihr nur auf Eure bösen Katzen auf!
  • 18:03 - 18:06
    Lasst sie nicht mit den chinesischen Katzen anbandeln.
  • 18:06 - 18:09
    Nur so können wir eines Tages
  • 18:09 - 18:12
    die Träume der Maus verwirklichen:
  • 18:12 - 18:16
    Jederzeit und überall ohne Furcht zu tweeten.
  • 18:16 - 18:23
    (Applaus)
  • 18:23 - 18:25
    Danke.
  • 18:25 - 18:29
    (Applaus)
Title:
Michael Anti: Hinter Chinas großer Firewall
Speaker:
Michael Anti
Description:

Michael Anti (bürgerlich Jing Zhao) ist seit 12 Jahren Blogger in China. Zwar wird das Internet von der Regierung streng kontrolliert ("alle Server stehen in Beijing"), doch berichtet er davon, wie es 300 Millionen Mikrobloggern gelingt, den ersten nationalen öffentlichen Raum in der Geschichte Chinas zu schaffen, und wie dieses Medium die Machtverhältnisse in China in unvorhergesehener Weise verändert.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
18:51

German subtitles

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