Thomas Insel: Für ein neues Verständnis der Geisteskrankheiten
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0:01 - 0:03Wir wollen mit der guten Nachricht anfangen,
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0:03 - 0:06und die gute Nachricht
handelt davon, was wir -
0:06 - 0:08aus der biomedizinischen Forschung wissen,
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0:08 - 0:12was tatsächlich die Folgen
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0:12 - 0:15vieler schwerer Leiden verändert hat.
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0:15 - 0:17Fangen wir mit Leukämie an,
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0:17 - 0:19akuter lymphatischer Leukämie, ALL,
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0:19 - 0:22dem verbreitetsten Krebs bei Kindern.
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0:22 - 0:24Als ich Student war,
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0:24 - 0:28lag die Sterblichkeitsrate bei 95 Prozent.
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0:28 - 0:31Heutzutage, 25, 30 Jahre später,
reden wir über -
0:31 - 0:34eine Sterblichkeitsrate, die
um 85 Prozent verringert ist. -
0:34 - 0:37Jedes Jahr werden sechstausend Kinder,
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0:37 - 0:41die früher an dieser Erkrankung
gestorben wären, geheilt. -
0:41 - 0:43Wenn Sie ein paar wirklich
große Zahlen brauchen -
0:43 - 0:46schauen Sie sich diese Zahlen
für Herzleiden an. -
0:46 - 0:48Herzerkrankungen waren
der schlimmste Killer, -
0:48 - 0:49speziell bei Männern zwischen 40 und 50.
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0:49 - 0:53Heutzutage haben wir einen Rückgang
der Sterberate um 63 Prozent -
0:53 - 0:55bei Herzleiden –
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0:55 - 1:00beachtlich: 1,1 Millionen
weniger Tote jedes Jahr. -
1:00 - 1:02Unglaublich: AIDS wird seit neuestem,
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1:02 - 1:05seit letztem Monat, als
chronische Krankheit bezeichnet, -
1:05 - 1:08was heißt, dass ein 20-jähriger,
der sich mit HIV infiziert, -
1:08 - 1:12nicht mehr nur eine Lebenserwartung
von Wochen, Monaten oder ein paar Jahren, -
1:12 - 1:14wie wir vor zehn Jahren noch sagten,
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1:14 - 1:16sondern von Jahrzehnten hat,
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1:16 - 1:21bis er mit 60 oder 70
an etwas völlig Anderem stirbt. -
1:21 - 1:24Das sind ganz beachtliche,
beachtliche Veränderungen -
1:24 - 1:26in den Prognosen der schlimmsten Killer.
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1:26 - 1:28Und eine ganz besonders,
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1:28 - 1:30wie Sie wahrscheinlich gar nicht wussten,
der Schlaganfall, -
1:30 - 1:32der zusammen mit Herzleiden
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1:32 - 1:34einer der bösesten Killer
in diesem Land war, -
1:34 - 1:36ist eine Krankheit,
für die wir jetzt wissen, -
1:36 - 1:39dass, wenn man die Leute
innerhalb von drei Stunden -
1:39 - 1:41nach dem Anfall in die Notaufnahme bekommt,
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1:41 - 1:44etwa 30 Prozent von ihnen
das Krankenhaus ohne -
1:44 - 1:47irgendeine Beeinträchtigung
wieder verlassen können. -
1:47 - 1:49Bemerkenswerte Geschichten,
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1:49 - 1:51gute Nachrichten,
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1:51 - 1:54die alle darauf hinauslaufen,
dass wir so viel Wissen -
1:54 - 1:58über diese Krankheiten
gewonnen haben, dass wir -
1:58 - 2:01sie früh erkennen und
früh behandeln können. -
2:01 - 2:03Früherkennung und schnelles Gegensteuern
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2:03 - 2:06sind die Erklärungen für diese Erfolge.
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2:06 - 2:09Leider ist nicht alles an der Nachricht gut.
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2:09 - 2:11Sprechen wir über eine andere Geschichte,
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2:11 - 2:13die mit Selbstmord zu tun hat.
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2:13 - 2:16Das ist natürlich an sich keine Krankheit.
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2:16 - 2:19Es ist ein Zustand oder ein Umstand,
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2:19 - 2:20der zu Sterblichkeit führt.
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2:20 - 2:23Man macht sich nicht so klar,
wie verbreitet das ist. -
2:23 - 2:28Jedes Jahr gibt es 38.000 Selbstmorde
in den Vereinigten Staaten. -
2:28 - 2:30Also etwa einen alle 15 Minuten.
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2:30 - 2:33Die dritthäufigste Todesursache für Menschen
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2:33 - 2:36zwischen 15 und 25.
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2:36 - 2:38Es ist eine ganz besondere Geschichte,
wenn man sich klar macht, -
2:38 - 2:41dass das doppelt so häufig ist wie Mord
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2:41 - 2:43und als Todesursache sogar häufiger
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2:43 - 2:47als Verkehrsunfälle in diesem Land.
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2:47 - 2:49Wenn wir über Selbstmord reden,
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2:49 - 2:53gibt es auch einen medizinischen Anteil,
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2:53 - 2:55weil 90 Prozent aller Selbstmorde
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2:55 - 2:57etwas mit psychischen Störungen
zu tun haben: -
2:57 - 3:00Depression, Bipolare Störung,
Schizophrenie, -
3:00 - 3:03Magersucht, Borderline-Störung.
Es gibt eine lange Liste -
3:03 - 3:05von beteiligten Störungen,
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3:05 - 3:09und das, wie schon erwähnt,
häufig in frühen Jahren. -
3:09 - 3:12Aber es ist nicht nur die
Sterblichkeit von diesen Störungen. -
3:12 - 3:14Es ist auch die Krankhaftigkeit.
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3:14 - 3:16Wenn man sich Behinderungen ansieht,
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3:16 - 3:18wie sie die WHO misst,
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3:18 - 3:22nämlich mit ihren sogenannten
behinderungsbereinigten Lebensjahren, -
3:22 - 3:24– das ist ein Maß, das sich nur
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3:24 - 3:25Wirtschaftswissenschaftler ausdenken können –
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3:25 - 3:29aber es ist eine Methode
zu versuchen, die Verluste -
3:29 - 3:32durch krankheitsbedingte Behinderungen
zu beziffern, -
3:32 - 3:35und man sieht, dass nahezu 30 Prozent
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3:35 - 3:37aller krankheitsbedingter Behinderungen
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3:37 - 3:39auf mental-psychische Störungen
zurückzuführen sind, -
3:39 - 3:42auf neurologisch-psychiatrische Störungen.
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3:42 - 3:44Sie denken wahrscheinlich
das sei nicht sinnvoll. -
3:44 - 3:47Naja – Krebs sieht viel ernster aus.
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3:47 - 3:50Herzleiden sehen viel ernster aus.
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3:50 - 3:53Aber wie man sieht, stehen sie
auf dieser Liste weiter unten, -
3:53 - 3:55und das liegt daran, dass wir
hier über Behinderungen reden. -
3:55 - 3:58Woher kommen die Behinderungen
durch diese Störungen -
3:58 - 4:02wie Schizophrenie und Manie
und Depressionen? -
4:02 - 4:05Warum sind sie hier auf Platz eins?
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4:05 - 4:06Vermutlich gibt es drei Gründe dafür.
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4:06 - 4:08Einer ist, dass sie weit verbreitet sind.
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4:08 - 4:11Etwa einer von fünf Menschen
leidet während seines Lebens -
4:11 - 4:14an diesen Störungen.
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4:14 - 4:16Ein anderer ist natürlich,
dass sie für einige Menschen -
4:16 - 4:18zur echten Behinderung werden,
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4:18 - 4:21und das betrifft etwa vier
bis fünf Prozent, etwa jeden 20. -
4:21 - 4:25Aber was diese Zahlen wirklich hochtreibt,
diese große Krankhaftigkeit, -
4:25 - 4:28und zum Teil diese hohe Sterblichkeit,
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4:28 - 4:32ist die Tatsache, dass sie
sehr früh im Leben ausbrechen. -
4:32 - 4:35Bei 50 Prozent brechen sie
bis zum 14. Lebensjahr aus, -
4:35 - 4:38bei 75 Prozent bis zum 24. Lebensjahr,
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4:38 - 4:41ein Bild, das sich sehr von dem
unterscheidet, das sich zeigt, -
4:41 - 4:44wenn man über Krebs
oder Herzleiden spricht, -
4:44 - 4:47über Diabetes, Bluthochdruck – über
die meisten der großen Krankheiten, -
4:47 - 4:51die wir als Ursachen für
Krankheit und Sterblichkeit kennen. -
4:51 - 4:57Tatsächlich sind sie
chronische Krankheiten junger Menschen. -
4:57 - 5:00Ich sagte Ihnen am Anfang,
dass es gute Nachrichten gibt. -
5:00 - 5:02Das hier ist offensichtlich keine.
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5:02 - 5:05Jetzt kommt der vielleicht
schwierigste Teil, -
5:05 - 5:07und in gewisser Weise ist das
für mich eine Art Geständnis. -
5:07 - 5:13Mein Job ist es eigentlich
sicher zu stellen, dass wir -
5:13 - 5:15mit all diesen Krankheiten vorankommen.
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5:15 - 5:17Ich arbeite für die Bundesregierung.
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5:17 - 5:19Eigentlich arbeite ich für Sie.
Sie zahlen mein Gehalt. -
5:19 - 5:21Und an dieser Stelle, jetzt,
wo Sie wissen, was ich tue, -
5:21 - 5:23oder besser: was ich
bis jetzt nicht getan habe, -
5:23 - 5:25werden Sie wahrscheinlich denken,
man solle mich rauswerfen, -
5:25 - 5:28und ich könnte das sicherlich verstehen.
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5:28 - 5:30Aber was ich Ihnen vorschlagen will,
und der Grund für mich, hier zu sprechen, -
5:30 - 5:33ist, dass ich denke, dass wir
-
5:33 - 5:38eine andere Welt betreten, wenn wir
über diese Krankheiten nachdenken. -
5:38 - 5:41Bis jetzt habe ich Ihnen etwas
über psychische Störungen erzählt, -
5:41 - 5:43Erkrankungen des Verstandes.
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5:43 - 5:46Dieser Ausdruck wird heutzutage
immer unbeliebter, -
5:46 - 5:48und die Leute finden es
aus irgendeinem Grunde -
5:48 - 5:52politisch besser, den Ausdruck
»Verhaltensstörung« zu benutzen -
5:52 - 5:56und dann über Störungen
des Verhaltens zu reden. -
5:56 - 5:58Na schön. Sie sind Störungen des Verhaltens,
-
5:58 - 6:00und sie sind Störungen des Verstandes.
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6:00 - 6:02Was ich Ihnen aber darlegen will,
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6:02 - 6:04ist, dass diese beiden Ausdrücke,
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6:04 - 6:07die wir schon seit hundert
oder mehr Jahren benutzen, -
6:07 - 6:10jetzt die Entwicklung behindern,
-
6:10 - 6:14dass wir, um hier Fortschritte
zu machen, rein begrifflich -
6:14 - 6:19diese Krankheiten als Krankheiten
des Gehirns neu überdenken sollten. -
6:19 - 6:21Einige von Ihnen werden jetzt sagen:
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6:21 - 6:23»Du meine Güte! - schon wieder.
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6:23 - 6:26Jetzt hören wir etwas über
biochemisches Ungleichgewicht -
6:26 - 6:28oder wir hören etwas über Drogen
-
6:28 - 6:33oder etwas über eine sehr
vereinfachte Vorstellung, -
6:33 - 6:36die unsere subjektiven Erfahrungen
-
6:36 - 6:42in Moleküle verwandelt oder
vielleicht in eine Art -
6:42 - 6:45sehr pauschales, eindimensionales
Verständnis davon, -
6:45 - 6:49was es heißt, Depressionen
oder Schizophrenie zu haben.« -
6:49 - 6:53Wenn wir über das Gehirn reden
ist das alles andere -
6:53 - 6:57als eindimensional oder vereinfachend
oder reduzierend. -
6:57 - 7:00Es hängt natürlich davon ab,
in welchem Maßstab -
7:00 - 7:02oder in welchem Rahmen man es sieht,
-
7:02 - 7:08aber das ist ein Organ von
unwirklicher Komplexität, -
7:08 - 7:12und wir stehen erst am Anfang
eines Verständnisses -
7:12 - 7:14wie man es überhaupt
erforschen kann, egal, ob man -
7:14 - 7:16an die 100 Milliarden Neuronen der Hirnrinde
-
7:16 - 7:19oder die 100 Billionen Synapsen denkt,
-
7:19 - 7:21die all diese Verbindungen ausmachen.
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7:21 - 7:25Wir haben gerade erst angefangen
heraus zu bekommen, -
7:25 - 7:28wie wir diese extrem komplexe Maschine,
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7:28 - 7:31die ganz außergewöhnliche
Informationsverarbeitung beherrscht, -
7:31 - 7:34und unseren eigenen Verstand benutzen können,
-
7:34 - 7:37dieses hochkomplizierte Gehirn, auf das
sich unser Verstand gründet, zu verstehen. -
7:37 - 7:40Eigentlich ist es
ein grausamer Streich der Evolution, -
7:40 - 7:43dass wir ganz einfach kein Gehirn haben,
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7:43 - 7:46das gut genug verdrahtet ist,
um sich selbst zu verstehen. -
7:46 - 7:49In gewissem Sinne bekommt
man das Gefühl, dass -
7:49 - 7:51das althergebrachte Studieren
von Verhalten oder Kognition, -
7:51 - 7:53etwas, was man direkt beobachten kann,
-
7:53 - 7:56dass das in gewisser Weise
vereinfachender und reduktionistischer ist, -
7:56 - 8:01als die Beschäftigung mit diesem
sehr komplizierten, rätselhaften Organ, -
8:01 - 8:03bei dem wir am Anfang stehen,
es zu verstehen. -
8:03 - 8:07Für die Fälle der Gehirnkrankheiten,
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8:07 - 8:09über die ich schon gesprochen habe,
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8:09 - 8:11Depression, Zwangsstörung,
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8:11 - 8:13Posttraumatische Belastungsstörung,
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8:13 - 8:16sind wir, obwohl wir im Detail
noch nicht verstehen, -
8:16 - 8:20was bei ihrer Verarbeitung atypisch abläuft
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8:20 - 8:22oder was das Gehirn
bei diesen Krankheiten macht, -
8:22 - 8:25schon in der Lage,
-
8:25 - 8:27einige der Unterschiede in den Verbindungen,
oder einige der Stellen, -
8:27 - 8:30bei denen die Verdrahtung für Menschen,
-
8:30 - 8:32die diese Störungen haben, anders ist,
zu benennen. -
8:32 - 8:34Man nennt das das menschliche Konnektom,
-
8:34 - 8:36únd man kann sich das Konnektom
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8:36 - 8:38als eine Art Schaltplan des Gehirns
vorstellen. -
8:38 - 8:40Darüber hören wir gleich noch mehr.
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8:40 - 8:43Wichtig ist hier, dass, wenn man beginnt,
-
8:43 - 8:47sich die Menschen mit diesen Störungen,
diesen jeden fünften, -
8:47 - 8:49der sich damit rumquält, anzusehen,
-
8:49 - 8:51man herausfindet, dass es
viele Spielarten gibt, -
8:51 - 8:54wie das Gehirn verdrahtet ist,
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8:54 - 8:57es aber vorhersagbare Muster gibt,
und diese Muster -
8:57 - 9:01sind Risikofaktoren dafür, dass sich
eine dieser Störungen entwickelt. -
9:01 - 9:04Es unterscheidet sich ein bisschen davon,
wie wir Gehirnkrankheiten -
9:04 - 9:06wie Chorea Huntington oder Parkinson
oder Alzheimer sehen, -
9:06 - 9:09bei denen ein Teil der Hirnrinde
weggeschossen ist. -
9:09 - 9:12Wir sprechen hier von Verkehrsstaus,
manchmal auch von Umleitungen, -
9:12 - 9:15manchmal auch einfach Problemen damit,
wie die Dinge verbunden sind -
9:15 - 9:16und wie das Gehirn funktioniert.
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9:16 - 9:19Wenn man wollte, könnte man das einerseits
-
9:19 - 9:22mit einem Myocardinfarkt,
einem Herzanfall, vergleichen, -
9:22 - 9:24bei dem es totes Gewebe im Herzen gibt,
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9:24 - 9:28andererseits mit einer Arrhythmie, bei
der das Organ einfach nicht funktioniert, -
9:28 - 9:30weil es innen drin
Kommunikationsprobleme gibt. -
9:30 - 9:32Beides könnte einen umbringen;
bei nur einem der beiden -
9:32 - 9:34findet sich eine größere Verletzung.
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9:34 - 9:37Bei der Gelegenheit ist es
vielleicht besser, tatsächlich einmal -
9:37 - 9:40eine spezielle Krankheit näher
zu beleuchten, nämlich die Schizophrenie, -
9:40 - 9:43weil ich glaube, sie ist ein gutes Beispiel,
-
9:43 - 9:46das uns einzusehen hilft, warum ihre
Einordnung als Gehirnkrankheit wichtig ist. -
9:46 - 9:50Das hier sind Scans von Judy Rapoport
und ihren Kollegen -
9:50 - 9:52am Nationalen Institut für Psychohygiene,
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9:52 - 9:56von Untersuchungen an Kindern mit einem
sehr frühen Ausbruch der Schizophrenie, -
9:56 - 9:57und man sieht schon an der Spitze
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9:57 - 10:00da sind Flächen in rot und orange, gelb,
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10:00 - 10:02da sind Stellen mit weniger grauer Substanz,
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10:02 - 10:04und da sie sie fünf Jahre lang
beobachtet haben, -
10:04 - 10:06sieht man im Vergleich
mit Alterskontrollgruppen, -
10:06 - 10:08dass es besonders in Gegenden wie
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10:08 - 10:10den Brodmann-Arealen 9 und 45
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10:10 - 10:14oder den Brodmann-Arealen 41 und 42
einen schweren Verlust grauer Substanz gibt. -
10:14 - 10:16Es ist wichtig, wenn man versucht,
das auszuarbeiten, -
10:16 - 10:18kann man die normale Entwicklung
-
10:18 - 10:21als Verlust kortikaler Substanz,
kortikaler grauer Substanz ansehen, -
10:21 - 10:25und bei Schizophrenie wird
ein Wert überschritten, -
10:25 - 10:26und ab einem gewissen Punkt,
wenn das passiert, -
10:26 - 10:29wird eine Schwelle überschritten,
und diese Schwelle -
10:29 - 10:33legt fest ob wir sagen,
diese Person habe diese Krankheit, -
10:33 - 10:35weil sie als Verhaltenssymptome
-
10:35 - 10:37Halluzinationen und Wahnvorstellungen zeigt.
-
10:37 - 10:39Das können wir beobachten.
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10:39 - 10:44Genaueres Hinsehen zeigt, dass dabei eine
andere Schwelle überschritten wird. -
10:44 - 10:47Sie haben viel früher
eine Schwelle im Gehirn überschritten, -
10:47 - 10:50die man nicht erst im Alter von 22 oder 20,
-
10:50 - 10:53sondern schon ab 15 oder 16 sehen kann –
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10:53 - 10:56die Entwicklungskurve ist ganz anders,
-
10:56 - 10:59wenn man statt auf das Verhalten
auf das Gehirn schaut. -
10:59 - 11:01Warum ist das wichtig? Zunächst, weil
-
11:01 - 11:04sich bei Gehirnkrankheiten
das Verhalten als letztes ändert. -
11:04 - 11:07Wir wissen das für Alzheimer,
für Parkinson, für Chorea Huntington. -
11:07 - 11:10Es gibt schon zehn Jahre oder mehr
Veränderungen im Gehirn, -
11:10 - 11:15bevor man die ersten Zeichen
von Verhaltensänderungen sieht. -
11:15 - 11:18Die Werkzeuge, die wir heute haben,
erlauben es uns, -
11:18 - 11:22diese Veränderungen im Gehirn viel früher
zu entdecken, lange vor den Symptomen. -
11:22 - 11:25Aber das Wichtigste, zurück zum Anfang.
-
11:25 - 11:29Die guten Nachrichten in der Medizin
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11:29 - 11:32sind Früherkennung,
schnelles Gegensteuern. -
11:32 - 11:35Wenn wir auf den Herzanfall warteten,
-
11:35 - 11:39würden wir 1,1 Millionen Leben
-
11:39 - 11:42jedes Jahr in diesem Land
den Herzleiden opfern. -
11:42 - 11:44Genau das tun wir heute,
-
11:44 - 11:49wenn wir feststellen, dass jeder
mit einer dieser Gehirnkrankheiten, -
11:49 - 11:52Gehirn-Verdrahtungs-Krankheiten,
eine Verhaltensstörung hat. -
11:52 - 11:55Wir warten, bis sich
das Verhalten manifestiert. -
11:55 - 12:00Das ist nicht Früherkennung.
Das ist nicht schnelles Gegensteuern. -
12:00 - 12:01Um es klar zu sagen: wir sind
noch nicht ganz fertig damit. -
12:01 - 12:04Wir haben nicht alle Fakten.
Wir wissen noch nicht einmal, -
12:04 - 12:07welche Werkzeuge das sein werden
-
12:07 - 12:11oder wonach wir im Einzelfall genau
suchen müssen, um in der Lage zu sein, -
12:11 - 12:15um dahin zu kommen, bevor sich
das andersartige Verhalten zeigt. -
12:15 - 12:18Aber das sagt uns,
wie wir es anschauen müssen, -
12:18 - 12:20und wohin wir gehen müssen.
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12:20 - 12:21Kommen wir da bald hin?
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12:21 - 12:24Ich denke, dass das
-
12:24 - 12:27in einigen wenigen Jahren passiert,
aber ich möchte -
12:27 - 12:29mit einem Zitat schließen, wie man
voraussagen kann, wie das passieren wird, -
12:29 - 12:32von jemandem, der viel über Veränderungen
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12:32 - 12:34in Konzepten und Veränderungen
von Technologie nachgedacht hat. -
12:34 - 12:36»Wir überschätzen immer die Veränderungen
-
12:36 - 12:38der nächsten beiden Jahre
und unterschätzen -
12:38 - 12:42die Veränderungen der nächsten zehn.«
– Bill Gates. -
12:42 - 12:44Vielen Dank.
-
12:44 - 12:46(Beifall)
- Title:
- Thomas Insel: Für ein neues Verständnis der Geisteskrankheiten
- Speaker:
- Thomas Insel
- Description:
-
Heute gibt es dank besserer Früherkennung 63% weniger Tote bei Herz-Kreislauferkrankungen als noch vor einigen Jahrzehnten. Thomas Insel, Direktor des Nationalen Institutes für Psychohygiene, fragt sich: Könnten wir das Gleiche auch für Depressionen und Schizophrenie erreichen?
Der erste Schritt auf diesem neuen Weg der Forschung ist seiner Ansicht nach ein entscheidender Wechsel des Bezugrahmens: dass wir aufhören, über »Geistesstörung« nachzudenken, und sie statt dessen als »Gehirnkrankeit« verstehen.
(Aufgenommen bei TEDxCaltech.) - Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 13:03
Katja Tongucer approved German subtitles for Toward a new understanding of mental illness | ||
Katja Tongucer commented on German subtitles for Toward a new understanding of mental illness | ||
Katja Tongucer edited German subtitles for Toward a new understanding of mental illness | ||
Katja Tongucer edited German subtitles for Toward a new understanding of mental illness | ||
Katja Tongucer edited German subtitles for Toward a new understanding of mental illness | ||
Retired user accepted German subtitles for Toward a new understanding of mental illness | ||
Norbert Langkau edited German subtitles for Toward a new understanding of mental illness | ||
Norbert Langkau edited German subtitles for Toward a new understanding of mental illness |