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Thomas Insel: Für ein neues Verständnis der Geisteskrankheiten

  • 0:01 - 0:03
    Wir wollen mit der guten Nachricht anfangen,
  • 0:03 - 0:06
    und die gute Nachricht
    handelt davon, was wir
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    aus der biomedizinischen Forschung wissen,
  • 0:08 - 0:12
    was tatsächlich die Folgen
  • 0:12 - 0:15
    vieler schwerer Leiden verändert hat.
  • 0:15 - 0:17
    Fangen wir mit Leukämie an,
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    akuter lymphatischer Leukämie, ALL,
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    dem verbreitetsten Krebs bei Kindern.
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    Als ich Student war,
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    lag die Sterblichkeitsrate bei 95 Prozent.
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    Heutzutage, 25, 30 Jahre später,
    reden wir über
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    eine Sterblichkeitsrate, die
    um 85 Prozent verringert ist.
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    Jedes Jahr werden sechstausend Kinder,
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    die früher an dieser Erkrankung
    gestorben wären, geheilt.
  • 0:41 - 0:43
    Wenn Sie ein paar wirklich
    große Zahlen brauchen
  • 0:43 - 0:46
    schauen Sie sich diese Zahlen
    für Herzleiden an.
  • 0:46 - 0:48
    Herzerkrankungen waren
    der schlimmste Killer,
  • 0:48 - 0:49
    speziell bei Männern zwischen 40 und 50.
  • 0:49 - 0:53
    Heutzutage haben wir einen Rückgang
    der Sterberate um 63 Prozent
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    bei Herzleiden –
  • 0:55 - 1:00
    beachtlich: 1,1 Millionen
    weniger Tote jedes Jahr.
  • 1:00 - 1:02
    Unglaublich: AIDS wird seit neuestem,
  • 1:02 - 1:05
    seit letztem Monat, als
    chronische Krankheit bezeichnet,
  • 1:05 - 1:08
    was heißt, dass ein 20-jähriger,
    der sich mit HIV infiziert,
  • 1:08 - 1:12
    nicht mehr nur eine Lebenserwartung
    von Wochen, Monaten oder ein paar Jahren,
  • 1:12 - 1:14
    wie wir vor zehn Jahren noch sagten,
  • 1:14 - 1:16
    sondern von Jahrzehnten hat,
  • 1:16 - 1:21
    bis er mit 60 oder 70
    an etwas völlig Anderem stirbt.
  • 1:21 - 1:24
    Das sind ganz beachtliche,
    beachtliche Veränderungen
  • 1:24 - 1:26
    in den Prognosen der schlimmsten Killer.
  • 1:26 - 1:28
    Und eine ganz besonders,
  • 1:28 - 1:30
    wie Sie wahrscheinlich gar nicht wussten,
    der Schlaganfall,
  • 1:30 - 1:32
    der zusammen mit Herzleiden
  • 1:32 - 1:34
    einer der bösesten Killer
    in diesem Land war,
  • 1:34 - 1:36
    ist eine Krankheit,
    für die wir jetzt wissen,
  • 1:36 - 1:39
    dass, wenn man die Leute
    innerhalb von drei Stunden
  • 1:39 - 1:41
    nach dem Anfall in die Notaufnahme bekommt,
  • 1:41 - 1:44
    etwa 30 Prozent von ihnen
    das Krankenhaus ohne
  • 1:44 - 1:47
    irgendeine Beeinträchtigung
    wieder verlassen können.
  • 1:47 - 1:49
    Bemerkenswerte Geschichten,
  • 1:49 - 1:51
    gute Nachrichten,
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    die alle darauf hinauslaufen,
    dass wir so viel Wissen
  • 1:54 - 1:58
    über diese Krankheiten
    gewonnen haben, dass wir
  • 1:58 - 2:01
    sie früh erkennen und
    früh behandeln können.
  • 2:01 - 2:03
    Früherkennung und schnelles Gegensteuern
  • 2:03 - 2:06
    sind die Erklärungen für diese Erfolge.
  • 2:06 - 2:09
    Leider ist nicht alles an der Nachricht gut.
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    Sprechen wir über eine andere Geschichte,
  • 2:11 - 2:13
    die mit Selbstmord zu tun hat.
  • 2:13 - 2:16
    Das ist natürlich an sich keine Krankheit.
  • 2:16 - 2:19
    Es ist ein Zustand oder ein Umstand,
  • 2:19 - 2:20
    der zu Sterblichkeit führt.
  • 2:20 - 2:23
    Man macht sich nicht so klar,
    wie verbreitet das ist.
  • 2:23 - 2:28
    Jedes Jahr gibt es 38.000 Selbstmorde
    in den Vereinigten Staaten.
  • 2:28 - 2:30
    Also etwa einen alle 15 Minuten.
  • 2:30 - 2:33
    Die dritthäufigste Todesursache für Menschen
  • 2:33 - 2:36
    zwischen 15 und 25.
  • 2:36 - 2:38
    Es ist eine ganz besondere Geschichte,
    wenn man sich klar macht,
  • 2:38 - 2:41
    dass das doppelt so häufig ist wie Mord
  • 2:41 - 2:43
    und als Todesursache sogar häufiger
  • 2:43 - 2:47
    als Verkehrsunfälle in diesem Land.
  • 2:47 - 2:49
    Wenn wir über Selbstmord reden,
  • 2:49 - 2:53
    gibt es auch einen medizinischen Anteil,
  • 2:53 - 2:55
    weil 90 Prozent aller Selbstmorde
  • 2:55 - 2:57
    etwas mit psychischen Störungen
    zu tun haben:
  • 2:57 - 3:00
    Depression, Bipolare Störung,
    Schizophrenie,
  • 3:00 - 3:03
    Magersucht, Borderline-Störung.
    Es gibt eine lange Liste
  • 3:03 - 3:05
    von beteiligten Störungen,
  • 3:05 - 3:09
    und das, wie schon erwähnt,
    häufig in frühen Jahren.
  • 3:09 - 3:12
    Aber es ist nicht nur die
    Sterblichkeit von diesen Störungen.
  • 3:12 - 3:14
    Es ist auch die Krankhaftigkeit.
  • 3:14 - 3:16
    Wenn man sich Behinderungen ansieht,
  • 3:16 - 3:18
    wie sie die WHO misst,
  • 3:18 - 3:22
    nämlich mit ihren sogenannten
    behinderungsbereinigten Lebensjahren,
  • 3:22 - 3:24
    – das ist ein Maß, das sich nur
  • 3:24 - 3:25
    Wirtschaftswissenschaftler ausdenken können –
  • 3:25 - 3:29
    aber es ist eine Methode
    zu versuchen, die Verluste
  • 3:29 - 3:32
    durch krankheitsbedingte Behinderungen
    zu beziffern,
  • 3:32 - 3:35
    und man sieht, dass nahezu 30 Prozent
  • 3:35 - 3:37
    aller krankheitsbedingter Behinderungen
  • 3:37 - 3:39
    auf mental-psychische Störungen
    zurückzuführen sind,
  • 3:39 - 3:42
    auf neurologisch-psychiatrische Störungen.
  • 3:42 - 3:44
    Sie denken wahrscheinlich
    das sei nicht sinnvoll.
  • 3:44 - 3:47
    Naja – Krebs sieht viel ernster aus.
  • 3:47 - 3:50
    Herzleiden sehen viel ernster aus.
  • 3:50 - 3:53
    Aber wie man sieht, stehen sie
    auf dieser Liste weiter unten,
  • 3:53 - 3:55
    und das liegt daran, dass wir
    hier über Behinderungen reden.
  • 3:55 - 3:58
    Woher kommen die Behinderungen
    durch diese Störungen
  • 3:58 - 4:02
    wie Schizophrenie und Manie
    und Depressionen?
  • 4:02 - 4:05
    Warum sind sie hier auf Platz eins?
  • 4:05 - 4:06
    Vermutlich gibt es drei Gründe dafür.
  • 4:06 - 4:08
    Einer ist, dass sie weit verbreitet sind.
  • 4:08 - 4:11
    Etwa einer von fünf Menschen
    leidet während seines Lebens
  • 4:11 - 4:14
    an diesen Störungen.
  • 4:14 - 4:16
    Ein anderer ist natürlich,
    dass sie für einige Menschen
  • 4:16 - 4:18
    zur echten Behinderung werden,
  • 4:18 - 4:21
    und das betrifft etwa vier
    bis fünf Prozent, etwa jeden 20.
  • 4:21 - 4:25
    Aber was diese Zahlen wirklich hochtreibt,
    diese große Krankhaftigkeit,
  • 4:25 - 4:28
    und zum Teil diese hohe Sterblichkeit,
  • 4:28 - 4:32
    ist die Tatsache, dass sie
    sehr früh im Leben ausbrechen.
  • 4:32 - 4:35
    Bei 50 Prozent brechen sie
    bis zum 14. Lebensjahr aus,
  • 4:35 - 4:38
    bei 75 Prozent bis zum 24. Lebensjahr,
  • 4:38 - 4:41
    ein Bild, das sich sehr von dem
    unterscheidet, das sich zeigt,
  • 4:41 - 4:44
    wenn man über Krebs
    oder Herzleiden spricht,
  • 4:44 - 4:47
    über Diabetes, Bluthochdruck – über
    die meisten der großen Krankheiten,
  • 4:47 - 4:51
    die wir als Ursachen für
    Krankheit und Sterblichkeit kennen.
  • 4:51 - 4:57
    Tatsächlich sind sie
    chronische Krankheiten junger Menschen.
  • 4:57 - 5:00
    Ich sagte Ihnen am Anfang,
    dass es gute Nachrichten gibt.
  • 5:00 - 5:02
    Das hier ist offensichtlich keine.
  • 5:02 - 5:05
    Jetzt kommt der vielleicht
    schwierigste Teil,
  • 5:05 - 5:07
    und in gewisser Weise ist das
    für mich eine Art Geständnis.
  • 5:07 - 5:13
    Mein Job ist es eigentlich
    sicher zu stellen, dass wir
  • 5:13 - 5:15
    mit all diesen Krankheiten vorankommen.
  • 5:15 - 5:17
    Ich arbeite für die Bundesregierung.
  • 5:17 - 5:19
    Eigentlich arbeite ich für Sie.
    Sie zahlen mein Gehalt.
  • 5:19 - 5:21
    Und an dieser Stelle, jetzt,
    wo Sie wissen, was ich tue,
  • 5:21 - 5:23
    oder besser: was ich
    bis jetzt nicht getan habe,
  • 5:23 - 5:25
    werden Sie wahrscheinlich denken,
    man solle mich rauswerfen,
  • 5:25 - 5:28
    und ich könnte das sicherlich verstehen.
  • 5:28 - 5:30
    Aber was ich Ihnen vorschlagen will,
    und der Grund für mich, hier zu sprechen,
  • 5:30 - 5:33
    ist, dass ich denke, dass wir
  • 5:33 - 5:38
    eine andere Welt betreten, wenn wir
    über diese Krankheiten nachdenken.
  • 5:38 - 5:41
    Bis jetzt habe ich Ihnen etwas
    über psychische Störungen erzählt,
  • 5:41 - 5:43
    Erkrankungen des Verstandes.
  • 5:43 - 5:46
    Dieser Ausdruck wird heutzutage
    immer unbeliebter,
  • 5:46 - 5:48
    und die Leute finden es
    aus irgendeinem Grunde
  • 5:48 - 5:52
    politisch besser, den Ausdruck
    »Verhaltensstörung« zu benutzen
  • 5:52 - 5:56
    und dann über Störungen
    des Verhaltens zu reden.
  • 5:56 - 5:58
    Na schön. Sie sind Störungen des Verhaltens,
  • 5:58 - 6:00
    und sie sind Störungen des Verstandes.
  • 6:00 - 6:02
    Was ich Ihnen aber darlegen will,
  • 6:02 - 6:04
    ist, dass diese beiden Ausdrücke,
  • 6:04 - 6:07
    die wir schon seit hundert
    oder mehr Jahren benutzen,
  • 6:07 - 6:10
    jetzt die Entwicklung behindern,
  • 6:10 - 6:14
    dass wir, um hier Fortschritte
    zu machen, rein begrifflich
  • 6:14 - 6:19
    diese Krankheiten als Krankheiten
    des Gehirns neu überdenken sollten.
  • 6:19 - 6:21
    Einige von Ihnen werden jetzt sagen:
  • 6:21 - 6:23
    »Du meine Güte! - schon wieder.
  • 6:23 - 6:26
    Jetzt hören wir etwas über
    biochemisches Ungleichgewicht
  • 6:26 - 6:28
    oder wir hören etwas über Drogen
  • 6:28 - 6:33
    oder etwas über eine sehr
    vereinfachte Vorstellung,
  • 6:33 - 6:36
    die unsere subjektiven Erfahrungen
  • 6:36 - 6:42
    in Moleküle verwandelt oder
    vielleicht in eine Art
  • 6:42 - 6:45
    sehr pauschales, eindimensionales
    Verständnis davon,
  • 6:45 - 6:49
    was es heißt, Depressionen
    oder Schizophrenie zu haben.«
  • 6:49 - 6:53
    Wenn wir über das Gehirn reden
    ist das alles andere
  • 6:53 - 6:57
    als eindimensional oder vereinfachend
    oder reduzierend.
  • 6:57 - 7:00
    Es hängt natürlich davon ab,
    in welchem Maßstab
  • 7:00 - 7:02
    oder in welchem Rahmen man es sieht,
  • 7:02 - 7:08
    aber das ist ein Organ von
    unwirklicher Komplexität,
  • 7:08 - 7:12
    und wir stehen erst am Anfang
    eines Verständnisses
  • 7:12 - 7:14
    wie man es überhaupt
    erforschen kann, egal, ob man
  • 7:14 - 7:16
    an die 100 Milliarden Neuronen der Hirnrinde
  • 7:16 - 7:19
    oder die 100 Billionen Synapsen denkt,
  • 7:19 - 7:21
    die all diese Verbindungen ausmachen.
  • 7:21 - 7:25
    Wir haben gerade erst angefangen
    heraus zu bekommen,
  • 7:25 - 7:28
    wie wir diese extrem komplexe Maschine,
  • 7:28 - 7:31
    die ganz außergewöhnliche
    Informationsverarbeitung beherrscht,
  • 7:31 - 7:34
    und unseren eigenen Verstand benutzen können,
  • 7:34 - 7:37
    dieses hochkomplizierte Gehirn, auf das
    sich unser Verstand gründet, zu verstehen.
  • 7:37 - 7:40
    Eigentlich ist es
    ein grausamer Streich der Evolution,
  • 7:40 - 7:43
    dass wir ganz einfach kein Gehirn haben,
  • 7:43 - 7:46
    das gut genug verdrahtet ist,
    um sich selbst zu verstehen.
  • 7:46 - 7:49
    In gewissem Sinne bekommt
    man das Gefühl, dass
  • 7:49 - 7:51
    das althergebrachte Studieren
    von Verhalten oder Kognition,
  • 7:51 - 7:53
    etwas, was man direkt beobachten kann,
  • 7:53 - 7:56
    dass das in gewisser Weise
    vereinfachender und reduktionistischer ist,
  • 7:56 - 8:01
    als die Beschäftigung mit diesem
    sehr komplizierten, rätselhaften Organ,
  • 8:01 - 8:03
    bei dem wir am Anfang stehen,
    es zu verstehen.
  • 8:03 - 8:07
    Für die Fälle der Gehirnkrankheiten,
  • 8:07 - 8:09
    über die ich schon gesprochen habe,
  • 8:09 - 8:11
    Depression, Zwangsstörung,
  • 8:11 - 8:13
    Posttraumatische Belastungsstörung,
  • 8:13 - 8:16
    sind wir, obwohl wir im Detail
    noch nicht verstehen,
  • 8:16 - 8:20
    was bei ihrer Verarbeitung atypisch abläuft
  • 8:20 - 8:22
    oder was das Gehirn
    bei diesen Krankheiten macht,
  • 8:22 - 8:25
    schon in der Lage,
  • 8:25 - 8:27
    einige der Unterschiede in den Verbindungen,
    oder einige der Stellen,
  • 8:27 - 8:30
    bei denen die Verdrahtung für Menschen,
  • 8:30 - 8:32
    die diese Störungen haben, anders ist,
    zu benennen.
  • 8:32 - 8:34
    Man nennt das das menschliche Konnektom,
  • 8:34 - 8:36
    únd man kann sich das Konnektom
  • 8:36 - 8:38
    als eine Art Schaltplan des Gehirns
    vorstellen.
  • 8:38 - 8:40
    Darüber hören wir gleich noch mehr.
  • 8:40 - 8:43
    Wichtig ist hier, dass, wenn man beginnt,
  • 8:43 - 8:47
    sich die Menschen mit diesen Störungen,
    diesen jeden fünften,
  • 8:47 - 8:49
    der sich damit rumquält, anzusehen,
  • 8:49 - 8:51
    man herausfindet, dass es
    viele Spielarten gibt,
  • 8:51 - 8:54
    wie das Gehirn verdrahtet ist,
  • 8:54 - 8:57
    es aber vorhersagbare Muster gibt,
    und diese Muster
  • 8:57 - 9:01
    sind Risikofaktoren dafür, dass sich
    eine dieser Störungen entwickelt.
  • 9:01 - 9:04
    Es unterscheidet sich ein bisschen davon,
    wie wir Gehirnkrankheiten
  • 9:04 - 9:06
    wie Chorea Huntington oder Parkinson
    oder Alzheimer sehen,
  • 9:06 - 9:09
    bei denen ein Teil der Hirnrinde
    weggeschossen ist.
  • 9:09 - 9:12
    Wir sprechen hier von Verkehrsstaus,
    manchmal auch von Umleitungen,
  • 9:12 - 9:15
    manchmal auch einfach Problemen damit,
    wie die Dinge verbunden sind
  • 9:15 - 9:16
    und wie das Gehirn funktioniert.
  • 9:16 - 9:19
    Wenn man wollte, könnte man das einerseits
  • 9:19 - 9:22
    mit einem Myocardinfarkt,
    einem Herzanfall, vergleichen,
  • 9:22 - 9:24
    bei dem es totes Gewebe im Herzen gibt,
  • 9:24 - 9:28
    andererseits mit einer Arrhythmie, bei
    der das Organ einfach nicht funktioniert,
  • 9:28 - 9:30
    weil es innen drin
    Kommunikationsprobleme gibt.
  • 9:30 - 9:32
    Beides könnte einen umbringen;
    bei nur einem der beiden
  • 9:32 - 9:34
    findet sich eine größere Verletzung.
  • 9:34 - 9:37
    Bei der Gelegenheit ist es
    vielleicht besser, tatsächlich einmal
  • 9:37 - 9:40
    eine spezielle Krankheit näher
    zu beleuchten, nämlich die Schizophrenie,
  • 9:40 - 9:43
    weil ich glaube, sie ist ein gutes Beispiel,
  • 9:43 - 9:46
    das uns einzusehen hilft, warum ihre
    Einordnung als Gehirnkrankheit wichtig ist.
  • 9:46 - 9:50
    Das hier sind Scans von Judy Rapoport
    und ihren Kollegen
  • 9:50 - 9:52
    am Nationalen Institut für Psychohygiene,
  • 9:52 - 9:56
    von Untersuchungen an Kindern mit einem
    sehr frühen Ausbruch der Schizophrenie,
  • 9:56 - 9:57
    und man sieht schon an der Spitze
  • 9:57 - 10:00
    da sind Flächen in rot und orange, gelb,
  • 10:00 - 10:02
    da sind Stellen mit weniger grauer Substanz,
  • 10:02 - 10:04
    und da sie sie fünf Jahre lang
    beobachtet haben,
  • 10:04 - 10:06
    sieht man im Vergleich
    mit Alterskontrollgruppen,
  • 10:06 - 10:08
    dass es besonders in Gegenden wie
  • 10:08 - 10:10
    den Brodmann-Arealen 9 und 45
  • 10:10 - 10:14
    oder den Brodmann-Arealen 41 und 42
    einen schweren Verlust grauer Substanz gibt.
  • 10:14 - 10:16
    Es ist wichtig, wenn man versucht,
    das auszuarbeiten,
  • 10:16 - 10:18
    kann man die normale Entwicklung
  • 10:18 - 10:21
    als Verlust kortikaler Substanz,
    kortikaler grauer Substanz ansehen,
  • 10:21 - 10:25
    und bei Schizophrenie wird
    ein Wert überschritten,
  • 10:25 - 10:26
    und ab einem gewissen Punkt,
    wenn das passiert,
  • 10:26 - 10:29
    wird eine Schwelle überschritten,
    und diese Schwelle
  • 10:29 - 10:33
    legt fest ob wir sagen,
    diese Person habe diese Krankheit,
  • 10:33 - 10:35
    weil sie als Verhaltenssymptome
  • 10:35 - 10:37
    Halluzinationen und Wahnvorstellungen zeigt.
  • 10:37 - 10:39
    Das können wir beobachten.
  • 10:39 - 10:44
    Genaueres Hinsehen zeigt, dass dabei eine
    andere Schwelle überschritten wird.
  • 10:44 - 10:47
    Sie haben viel früher
    eine Schwelle im Gehirn überschritten,
  • 10:47 - 10:50
    die man nicht erst im Alter von 22 oder 20,
  • 10:50 - 10:53
    sondern schon ab 15 oder 16 sehen kann –
  • 10:53 - 10:56
    die Entwicklungskurve ist ganz anders,
  • 10:56 - 10:59
    wenn man statt auf das Verhalten
    auf das Gehirn schaut.
  • 10:59 - 11:01
    Warum ist das wichtig? Zunächst, weil
  • 11:01 - 11:04
    sich bei Gehirnkrankheiten
    das Verhalten als letztes ändert.
  • 11:04 - 11:07
    Wir wissen das für Alzheimer,
    für Parkinson, für Chorea Huntington.
  • 11:07 - 11:10
    Es gibt schon zehn Jahre oder mehr
    Veränderungen im Gehirn,
  • 11:10 - 11:15
    bevor man die ersten Zeichen
    von Verhaltensänderungen sieht.
  • 11:15 - 11:18
    Die Werkzeuge, die wir heute haben,
    erlauben es uns,
  • 11:18 - 11:22
    diese Veränderungen im Gehirn viel früher
    zu entdecken, lange vor den Symptomen.
  • 11:22 - 11:25
    Aber das Wichtigste, zurück zum Anfang.
  • 11:25 - 11:29
    Die guten Nachrichten in der Medizin
  • 11:29 - 11:32
    sind Früherkennung,
    schnelles Gegensteuern.
  • 11:32 - 11:35
    Wenn wir auf den Herzanfall warteten,
  • 11:35 - 11:39
    würden wir 1,1 Millionen Leben
  • 11:39 - 11:42
    jedes Jahr in diesem Land
    den Herzleiden opfern.
  • 11:42 - 11:44
    Genau das tun wir heute,
  • 11:44 - 11:49
    wenn wir feststellen, dass jeder
    mit einer dieser Gehirnkrankheiten,
  • 11:49 - 11:52
    Gehirn-Verdrahtungs-Krankheiten,
    eine Verhaltensstörung hat.
  • 11:52 - 11:55
    Wir warten, bis sich
    das Verhalten manifestiert.
  • 11:55 - 12:00
    Das ist nicht Früherkennung.
    Das ist nicht schnelles Gegensteuern.
  • 12:00 - 12:01
    Um es klar zu sagen: wir sind
    noch nicht ganz fertig damit.
  • 12:01 - 12:04
    Wir haben nicht alle Fakten.
    Wir wissen noch nicht einmal,
  • 12:04 - 12:07
    welche Werkzeuge das sein werden
  • 12:07 - 12:11
    oder wonach wir im Einzelfall genau
    suchen müssen, um in der Lage zu sein,
  • 12:11 - 12:15
    um dahin zu kommen, bevor sich
    das andersartige Verhalten zeigt.
  • 12:15 - 12:18
    Aber das sagt uns,
    wie wir es anschauen müssen,
  • 12:18 - 12:20
    und wohin wir gehen müssen.
  • 12:20 - 12:21
    Kommen wir da bald hin?
  • 12:21 - 12:24
    Ich denke, dass das
  • 12:24 - 12:27
    in einigen wenigen Jahren passiert,
    aber ich möchte
  • 12:27 - 12:29
    mit einem Zitat schließen, wie man
    voraussagen kann, wie das passieren wird,
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    von jemandem, der viel über Veränderungen
  • 12:32 - 12:34
    in Konzepten und Veränderungen
    von Technologie nachgedacht hat.
  • 12:34 - 12:36
    »Wir überschätzen immer die Veränderungen
  • 12:36 - 12:38
    der nächsten beiden Jahre
    und unterschätzen
  • 12:38 - 12:42
    die Veränderungen der nächsten zehn.«
    – Bill Gates.
  • 12:42 - 12:44
    Vielen Dank.
  • 12:44 - 12:46
    (Beifall)
Title:
Thomas Insel: Für ein neues Verständnis der Geisteskrankheiten
Speaker:
Thomas Insel
Description:

Heute gibt es dank besserer Früherkennung 63% weniger Tote bei Herz-Kreislauferkrankungen als noch vor einigen Jahrzehnten. Thomas Insel, Direktor des Nationalen Institutes für Psychohygiene, fragt sich: Könnten wir das Gleiche auch für Depressionen und Schizophrenie erreichen?
Der erste Schritt auf diesem neuen Weg der Forschung ist seiner Ansicht nach ein entscheidender Wechsel des Bezugrahmens: dass wir aufhören, über »Geistesstörung« nachzudenken, und sie statt dessen als »Gehirnkrankeit« verstehen.
(Aufgenommen bei TEDxCaltech.)

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
13:03

German subtitles

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