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Warum Shakespeare den fünfhebigen Jambus liebte - David T. Freeman und Gregory Taylor

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    Wer zum ersten Mal
    die Werke von Willam Shakespeare liest,
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    könnte die Sprache seltsam finden.
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    Aber man kann lernen, sie wertzuschätzen.
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    Bekannt war Shakespeare für seine Stücke,
    aber er war vor allem eins: Dichter.
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    Das wichtigste Element
    von Shakespeares Sprache
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    ist der Einsatz von Druck.
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    Nicht diese Art von Druck,
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    sondern der auf einzelne Silben.
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    Wir selbst machen das auch,
    ohne es sofort zu bemerken.
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    Doch spricht man Wörter langsam aus,
    hört man die Silben leichter heraus.
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    Dich-ter, Com-pu-ter, Te-le-fon.
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    Dichter achten sehr auf diese Betonungen,
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    da sie lange mit der Anzahl
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    und Abfolge von betonten und
    unbetonten Silben experimentiert
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    und diese verschieden kombiniert haben,
    um ihren Gedichten Rhythmus zu geben.
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    Wie Komponisten
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    drücken auch Dichter Ideen oft durch
    erkennbare Wiederholung dieser Rhythmen
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    oder ein Versmaß aus.
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    Und wie in der Musik
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    gibt es in der Dichtung
    Begriffe, um dies zu beschreiben.
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    In einer Verszeile
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    ist ein Versmaß eine bestimmte Zahl
    von betonten und unbetonten Silben,
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    die eine eigene Einheit bilden
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    Genauso wie ein Takt, der aus
    mehreren Schlägen besteht.
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    Eine Verszeile besteht generell
    aus mehreren Versfüßen.
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    Ein Daktylus ist zum Beispiel
    ein Versfuß aus drei Silben,
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    wobei die erste betont wird,
    die zweite und dritte nicht.
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    Daktylen bilden schwungvolle Zeilen,
    die an Dynamik zunehmen,
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    wie in Robert Brownings Gedicht
    “The Lost Leader.”
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    "Fort ging er für eine Hand voller Silber.
    Nur für ein Schmuckband an seinem Revers."
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    Ein anderer Versfuß
    ist der zweisilbige Trochäus,
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    eine betonte Silbe
    gefolgt von einer unbetonten.
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    Der Trochäus in den Zeilen
    von Shakespeares “Macbeth”
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    verleiht dem Gesang der Hexen
    einen bedrohlich-gespenstischen Ton.
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    “Doppelt plagt euch, mengt und mischt;
    Kessel brodelt, Feuer zischt.“
  • 2:11 - 2:14
    Aber bei Shakespeare
    dreht sich alles um den Jambus.
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    Dieser zweisilbige Versfuß
    ist ein umgekehrter Trochäus.
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    Die erste Silbe ist unbetont,
    die zweite betont, wie in:
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    “Sein oder Nichtsein.”
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    Shakespeares liebstes Versmaß
    war der fünfhebige Jambus,
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    bei dem jede Verszeile aus fünf
    zweisilbigen Jamben besteht,
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    also aus insgesamt 10 Silben.
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    Er kommt in vielen von
    Shakespeares berühmtesten Zeilen vor:
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    “Soll ich denn einen
    Sommertag dich nennen?“
  • 2:43 - 2:47
    “Geh auf, schöne Sonne,
    Und lösche diese neidische Luna aus.”
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    Beachte, wie der Jambus sowohl
    Satzzeichen als auch Wörter trennt.
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    Beim Versmaß geht es um den Klang,
    nicht um die Rechtschreibung.
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    Der fünfhebige Jambus
    klingt vielleicht technisch,
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    aber es ist einfach
    sich seine Bedeutung zu merken.
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    Das Wort iambs [Jambus]
    wird wie „I am“ ausgesprochen.
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    Jetzt erweitern wir das zu einem Satz,
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    der zufällig ein fünfhebiger Jambus ist.
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    „Ich bin ein Seeräuber
    mit einem hölzernem Bein.“
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    Der Seeräuber kann nur in Jamben laufen
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    und erinnert ständig an
    Shakespeares bevorzugtes Versmaß.
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    Ein fünfhebiger Jambus
    entspricht zehn Schritten.
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    Unser Seeräuber kann uns
    sogar helfen, richtig zu betonen,
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    wenn wir uns vorstellen,
    wie er am Strand entlang läuft:
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    Eine Kurve steht für die unbetonte,
    ein Fußabdruck für die betonte Silbe.
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    „Wenn Musik der Nahrung
    Liebe ist, spielt fort.“
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    Natürlich sind Shakespeares Stücke
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    meist in gängiger Prosa geschrieben.
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    Doch wenn du aufmerksam liest,
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    wirst du bemerken,
    dass seine Figuren Lyrik nutzen,
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    vor allem den fünfhebigen Jambus,
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    und zwar aus denselben Gründen,
    aus denen wir uns der Lyrik zuwenden:
  • 3:58 - 4:03
    Um Leidenschaft, Nachdenklichkeit
    oder Bedeutsamkeit auszudrücken.
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    Ob es Hamlet ist,
    der über seine Existenz grübelt,
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    oder Romeo seine Liebe gesteht,
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    seine Charaktere wechseln zum
    fünfhebigen Jambus, wenn sie über Gefühle
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    und ihrem Platz in der Welt sprechen.
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    Somit bleibt nur eine letzte Frage offen:
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    Warum wählte Shakespeare
    für solche Momente den fünfhebigen Jambus,
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    anstatt etwa den sechshebigen Trochäus
    oder für den vierhebigen Daktylus?
  • 4:27 - 4:30
    Der fünfhebige Jambus soll
    für seine Schauspieler leicht zu merken
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    und für das Publikum
    leicht verständlich gewesen sein,
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    weil er von Natur aus
    zur englischen Sprache passt.
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    Der Grund könnte jedoch ein anderer sein.
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    Wenn du wieder mal starke Gefühle spürst,
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    wie jene, die Shakespeares Charaktere
    zum Reimen bringen,
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    dann leg dir deine Hand auf’s Herz.
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    Was fühlst du?
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    Du fühlst dein Herz in Jamben schlagen.
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    Da dam, da dam, da dam, da dam, da dam.
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    Seine poetischsten Zeilen handeln
    nicht nur von Herzensangelegenheiten.
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    Sie folgen auch seinem Rhythmus.
Title:
Warum Shakespeare den fünfhebigen Jambus liebte - David T. Freeman und Gregory Taylor
Description:

Vollständige Lektion: http://ed.ted.com/lessons/why-shakespeare-loved-iambic-pentameter-david-t-freeman-and-gregory-taylor

Wegen seiner komplexen Handlungen und antiquierter Sprache ist Shakespeare in Schulen nicht immer beliebt. Doch ein kurzer Blick auf seinen Sprachrhythmus zeigt, dass der Poet sich eng an die Sprache anlehnte, derer sich die Menschen zu seiner Zeit bedienten – und dies auch heute noch tun. Warum überdauern Shakespeares Worte die Zeiten? David T. Freeman und Gregory Taylor erläutern die Kraft des fünfhebigen Jambus.

Lektion von David T. Freeman und Gregory Taylor, Animation von Brad Purnell.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TED-Ed
Duration:
05:22

German subtitles

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