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Natur ist überall – wir müssen nur lernen, sie zu sehen

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    Wir stehlen unseren Kindern die Natur.
  • 0:05 - 0:08
    Dabei meine ich nicht,
    dass wir Natur zerstören,
  • 0:08 - 0:10
    die wir für sie hätten erhalten sollen,
  • 0:10 - 0:13
    obwohl das leider auch der Fall ist.
  • 0:13 - 0:15
    Ich meine, dass wir Natur
  • 0:15 - 0:20
    auf eine sehr puristische
    und strenge Weise definieren
  • 0:20 - 0:23
    und dass bei dieser Definition
  • 0:23 - 0:25
    für unsere Kinder
    keine Natur mehr da sein wird,
  • 0:25 - 0:27
    wenn sie erwachsen sind.
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    Aber das kann man ändern.
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    Lassen Sie es mich erklären.
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    Im Moment nutzen Menschen
    die halbe Welt dazu,
  • 0:35 - 0:38
    zu leben, Getreide und Holz anzubauen
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    oder ihr Vieh zu weiden.
  • 0:40 - 0:42
    Wenn man alle Menschen
    zusammenzählen würde,
  • 0:42 - 0:47
    würden wir zehnmal mehr wiegen als
    alle wild lebenden Säugetiere zusammen.
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    Wir bauen Straßen durch den Wald.
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    Wir haben kleine Plastikteile
    auf den Sandstränden verteilt.
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    Wir haben die Bodenchemie
    mit unseren Kunstdüngern verändert.
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    Und natürlich haben wir
    die Luftchemie verändert.
  • 1:02 - 1:05
    Wenn Sie das nächste Mal einatmen,
  • 1:05 - 1:10
    werden sie 42 % mehr Kohlendioxid
    einatmen als im Jahr 1750.
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    All diese Veränderungen und viele weitere
  • 1:14 - 1:18
    wurden unter dem Begriff
    "Anthropozän" zusammengefasst.
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    Einige Geologen haben vorgeschlagen,
  • 1:21 - 1:23
    unsere jetzige Epoche so zu nennen,
  • 1:23 - 1:26
    da der menschliche Einfluss
    allgegenwärtig ist.
  • 1:26 - 1:30
    Es ist nur ein Vorschlag,
    aber ich denke, er hilft,
  • 1:30 - 1:35
    über die Größe des menschlichen
    Einflusses auf die Erde nachzudenken.
  • 1:35 - 1:37
    Wo bleibt die Natur dabei?
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    Was zählt als Natur in einer Welt, in der
    alles vom Menschen beeinflusst wird?
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    Vor 25 Jahren sagte der Umweltautor
    Bill McKibben, es gäbe keine Natur mehr,
  • 1:46 - 1:50
    da Natur dem Menschen entfremdet sei
  • 1:50 - 1:53
    und weil Klimawandel bedeute,
  • 1:53 - 1:58
    dass jeder Zentimeter der Erde
    vom Menschen verändert wurde.
  • 1:58 - 2:01
    Er nannte sein Buch "Das Ende der Natur".
  • 2:02 - 2:04
    Ich bin ganz anderer Meinung.
  • 2:04 - 2:09
    Ich stimme dieser Definition von Natur
    nicht zu, weil wir im Grunde Tiere sind.
  • 2:09 - 2:10
    Stimmt's?
  • 2:10 - 2:12
    Wir entwickelten uns auf diesem Planeten
  • 2:12 - 2:16
    zusammen mit allen anderen Tieren,
    mit denen wir uns diesen Planeten teilen,
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    all den anderen Pflanzen
    und allen anderen Mikroben.
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    Natur ist nicht das,
  • 2:21 - 2:25
    was von der Menschheit,
    Mann oder Frau, unberührt ist.
  • 2:25 - 2:29
    Natur ist überall dort, wo Leben gedeiht,
  • 2:29 - 2:32
    überall dort, wo mehrere Arten
    zusammen leben,
  • 2:32 - 2:35
    überall dort, wo es grün
    und blau ist, wo es blüht,
  • 2:35 - 2:38
    mit Leben erfüllt ist und wächst.
  • 2:38 - 2:42
    Mit dieser Definition
    sehen die Dinge etwas anders aus.
  • 2:42 - 2:46
    Ich verstehe nun,
    dass bestimmte Teile der Natur
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    uns auf eine besondere Weise ansprechen.
  • 2:48 - 2:50
    Orte wie Yellowstone
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    oder die Mongolische Steppe
  • 2:52 - 2:53
    oder das Great Barrier Reef
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    oder die Serengeti.
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    Orte, die wir wie eine Art Abbild
    des Paradieses betrachten,
  • 2:59 - 3:03
    einer Natur, wie sie war,
    bevor wir alles durcheinander brachten.
  • 3:03 - 3:07
    Sie werden weniger durch unsere
    täglichen Aktivitäten beeinflusst.
  • 3:07 - 3:11
    In vielen dieser Gegenden gibt es keine
    oder nur wenige Straßen und dergleichen.
  • 3:11 - 3:17
    Schließlich sind selbst diese Paradiese
    stark von Menschen beeinflusst.
  • 3:17 - 3:19
    Nehmen wir etwa Nordamerika,
  • 3:19 - 3:21
    da wir hier zusammentreffen.
  • 3:21 - 3:24
    Vor ungefähr 15 000 Jahren,
    als die ersten Menschen hierherkamen,
  • 3:24 - 3:27
    begannen sie damit,
    auf die Natur einzuwirken,
  • 3:27 - 3:31
    was zum Aussterben
    vieler großer Tiere führte,
  • 3:31 - 3:33
    angefangen beim Mastodon
    bis zum Riesenfaultier,
  • 3:33 - 3:35
    und den Säbelzahnkatzen.
  • 3:35 - 3:38
    All diese großartigen Tiere,
    die leider nicht mehr da sind.
  • 3:38 - 3:40
    Als diese Tiere ausstarben,
  • 3:40 - 3:43
    standen die Ökosysteme nicht still.
  • 3:43 - 3:46
    Gewaltige Nachwirkungen
    verwandelten Grasflächen in Wälder,
  • 3:46 - 3:50
    und veränderten baumweise
    die Zusammensetzung des Waldes.
  • 3:50 - 3:52
    Selbst in diesen Paradiesen,
  • 3:52 - 3:54
    selbst an diesen perfekt aussehenden Orten
  • 3:54 - 3:57
    die uns an eine Vergangenheit
    vor den Menschen erinnert,
  • 3:57 - 4:01
    schauen wir im Grunde
    auf eine Kulturlandschaft.
  • 4:01 - 4:05
    Nicht nur diese prähistorischen Menschen,
    sondern historische Menschen, Ureinwohner
  • 4:05 - 4:09
    bis zu dem Moment, als die ersten
    Kolonisten erschienen.
  • 4:09 - 4:11
    Das gleiche gilt für
    die anderen Kontinente.
  • 4:11 - 4:14
    Menschen hatten einen sehr langen Zeitraum
  • 4:14 - 4:17
    wesentlichen Einfluss auf die Natur.
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    Erst vor Kurzem sagte mir jemand:
  • 4:20 - 4:22
    "Aber es gibt doch immer noch Wildnis."
  • 4:22 - 4:24
    Ich sagte: "Wo? Wo? Dort möchte ich hin."
  • 4:24 - 4:26
    Er sagte: "Der Amazonas."
  • 4:26 - 4:29
    Ich sagte: "Oh, der Amazonas."
    Ich war gerade dort.
  • 4:29 - 4:33
    Er ist großartig. Natinal Geographic
    schickte mich zum Manú-Nationalpark,
  • 4:33 - 4:35
    der im peruanischen Amazonas liegt,
  • 4:35 - 4:38
    aber es ist ein großes Stück Regenwald,
    ungerodet, ohne Straßen,
  • 4:38 - 4:40
    als Nationalpark geschützt,
  • 4:40 - 4:43
    einer der artenreichsten Parks der Welt.
  • 4:43 - 4:48
    Als ich dort mit meinem Kanu eintraf,
    fand ich nur Menschen.
  • 4:48 - 4:51
    Menschen leben dort seit Hunderten
    und Tausenden von Jahren.
  • 4:51 - 4:54
    Menschen leben dort und schweben
    nicht nur über den Dschungel.
  • 4:54 - 4:58
    Sie haben eine bedeutungsvolle
    Beziehung zur Landschaft.
  • 4:58 - 5:00
    Sie jagen, sie bauen Pflanzen an.
  • 5:00 - 5:01
    Sie kultivieren Pflanzen.
  • 5:01 - 5:04
    Sie benutzen natürliche Ressourcen,
    um Häuser zu bauen
  • 5:04 - 5:06
    und sie mit Stroh zu bedecken.
  • 5:06 - 5:10
    Sie halten sogar Wildtiere als Haustiere.
  • 5:10 - 5:11
    Die Menschen leben dort
  • 5:11 - 5:15
    und sind auf sehr bedeutungsvolle Weise
    eng mit der Umwelt verbunden.
  • 5:15 - 5:17
    Das kann man deutlich sehen.
  • 5:17 - 5:20
    Ich war mit einem Anthropologen unterwegs.
  • 5:20 - 5:22
    Als wir flussabwärts trieben,
    sagte er zu mir:
  • 5:22 - 5:27
    "Es gibt im Amazonas
    keine demografischen Lücken."
  • 5:27 - 5:29
    Diese Aussage ist mir
    im Gedächtnis geblieben,
  • 5:29 - 5:32
    denn es bedeutet,
    dass es im gesamten Amazonas so ist.
  • 5:32 - 5:34
    Überall leben Menschen.
  • 5:34 - 5:38
    In vielen anderen tropischen Wäldern ist
    es genau das Gleiche und nicht nur dort.
  • 5:38 - 5:41
    Menschen haben Ökosysteme
    in der Vergangenheit beeinflusst
  • 5:41 - 5:44
    und das tun sie heute noch,
  • 5:44 - 5:47
    selbst dort, wo man es weniger merkt.
  • 5:49 - 5:53
    Wenn die Naturbegriffe,
    die wir verwenden wollen,
  • 5:53 - 5:56
    die Natur als etwas
    vom Menschen Unberührtes verstehen
  • 5:56 - 5:58
    oder Orte bezeichnet,
    an denen kein Mensch lebt,
  • 5:58 - 6:02
    und wenn diese Begriffe dazu führen,
    dass wir keine Natur haben,
  • 6:02 - 6:05
    dann sind es vielleicht
    die falschen Definitionen.
  • 6:05 - 6:09
    Vielleicht sollten wir Natur anhand
    vorhandener Artenvielfalt bestimmen,
  • 6:09 - 6:11
    anhand der Anwesenheit blühenden Lebens.
  • 6:11 - 6:15
    Was kommt dabei heraus, wenn wir das tun?
  • 6:15 - 6:17
    Genau das ist ein Wunder.
  • 6:17 - 6:20
    Plötzlich sind wir von Natur umgeben.
  • 6:20 - 6:23
    Plötzlich sehen wir diese Monarchraupe,
  • 6:23 - 6:25
    die auf ihrer Pflanze frisst
  • 6:25 - 6:27
    und wir werden uns bewusst,
    dass sie hier ist,
  • 6:27 - 6:30
    auf dieser leeren Parzelle in Chattanooga.
  • 6:30 - 6:33
    Schauen Sie sich diese leere Parzelle an.
  • 6:33 - 6:36
    Wahrscheinlich wächst dort
    mindestens ein Dutzend Pflanzenarten,
  • 6:36 - 6:39
    die verschiedene Arten
    von Insekten versorgen.
  • 6:39 - 6:43
    Dies ist ein völlig
    verwahrloster und wilder Ort.
  • 6:43 - 6:46
    Es ist wilde Natur,
    direkt vor unserer Nase,
  • 6:46 - 6:49
    die wir nicht einmal bemerken.
  • 6:49 - 6:52
    Es gibt auch ein kleines
    interessantes Paradox.
  • 6:52 - 6:56
    Diese Natur, dieser wilde,
    vernachlässigte Teil
  • 6:56 - 6:59
    unseres städischen, stadtnahen
    und vorstädtischen agrarischen Lebens,
  • 6:59 - 7:02
    der unbemerkt bleibt,
  • 7:02 - 7:06
    ist sicher wilder als ein Nationalpark,
  • 7:06 - 7:10
    weil Nationalparks im 21. Jh.
    sehr sorgfältig verwaltet werden.
  • 7:10 - 7:13
    Der Kratersee in Süd-Oregon,
    nicht weit von mir,
  • 7:13 - 7:16
    ist ein schönes Beispiel
    für eine Landschaft,
  • 7:16 - 7:19
    die aus der Vergangenheit
    zu stammen scheint.
  • 7:19 - 7:21
    Aber sie wird sorgfältig verwaltet.
  • 7:21 - 7:25
    Eines der Probleme zurzeit ist
    das Absterben der weißstämmingen Kiefer.
  • 7:25 - 7:27
    Die weißstämmige Kiefer
    ist schön und charismatisch --
  • 7:27 - 7:31
    ich würde sagen, sie ist eine
    charismatische Riesenpflanze,
  • 7:31 - 7:32
    die in hohen Lagen wächst --
  • 7:32 - 7:35
    und nun hat sie Probleme
    mit einer Krankheit.
  • 7:35 - 7:37
    Ein Blasenrost wurde eingeschleppt,
  • 7:37 - 7:38
    der Borkenkäfer.
  • 7:38 - 7:42
    Um dagegen anzugehen,
    pflanzte die Parkverwaltung
  • 7:42 - 7:46
    rost-resistente Samen der
    weißstämmigen Kiefer im Park,
  • 7:46 - 7:50
    selbst in Gegenden, die ansonsten
    als Wildnis verwaltet werden.
  • 7:50 - 7:53
    Sie verteilen in Hauptgebieten
    auch Käferbekämpfungsmittel.
  • 7:53 - 7:56
    Das habe ich gesehen, als ich
    letztes Mal dort gewandert bin.
  • 7:56 - 7:59
    Dies ist verbreiteter als Sie denken.
  • 7:59 - 8:01
    Nationalparks werden intensiv verwaltet.
  • 8:01 - 8:04
    Flora und Fauna werden auf einer
    bestimmten Größe und Struktur gehalten.
  • 8:04 - 8:05
    Feuer werden unterdrückt.
  • 8:05 - 8:07
    Feuer werden gezündet.
  • 8:07 - 8:08
    Zugewanderte Arten werden entfernt.
  • 8:08 - 8:11
    Ursprüngliche Arten
    werden wieder eingeführt.
  • 8:11 - 8:13
    Ich habe festgestellt,
    dass der Banff National Park
  • 8:13 - 8:15
    genau die Dinge tut,
    die ich gerade genannt habe:
  • 8:15 - 8:17
    Feuer unterdrücken, Feuer anzünden,
  • 8:17 - 8:20
    Besenderung von Wölfen,
    Wiedereinführung von Bisons.
  • 8:20 - 8:23
    Es kostet viel Arbeit, um Orte wie diese
    unberührt aussehen zu lassen.
  • 8:23 - 8:25
    (Gelächter)
  • 8:25 - 8:28
    (Applaus)
  • 8:31 - 8:35
    Ironischerweise übertreiben wir es
    manchmal ein wenig
  • 8:35 - 8:38
    mit der Liebe zu den Orten,
    die wir so sehr mögen.
  • 8:38 - 8:40
    Viele von uns gehen gerne dort hin.
  • 8:40 - 8:41
    Weil wir sie so verwalten,
  • 8:41 - 8:45
    dass sie, angesichts eines sich
    verändernden Planten, stabil bleiben,
  • 8:45 - 8:47
    werden sie langsam fragiler.
  • 8:47 - 8:50
    Das bedeutet, dass sie
    völlig ungeeignet sind,
  • 8:50 - 8:52
    sie mit Kindern in den Ferien zu besuchen,
  • 8:52 - 8:54
    weil man dort nichts tun darf.
  • 8:54 - 8:55
    Man darf nicht auf Bäume klettern.
  • 8:55 - 8:56
    Man darf nicht angeln.
  • 8:56 - 8:59
    Man darf nicht einfach
    mittendrin ein Feuer anzünden.
  • 8:59 - 9:01
    Man darf keine Pinienzapfen mitnehmen.
  • 9:01 - 9:03
    Dort herrschen so viele Regeln
    und Beschränkungen,
  • 9:03 - 9:07
    dass es sich aus Kindersicht um
    eine ganz fürchterliche Natur handelt.
  • 9:07 - 9:12
    Kinder wollen keine fünf Stunden
    durch eine schöne Landschaft wandern
  • 9:12 - 9:14
    und eine schöne Aussicht haben.
  • 9:14 - 9:16
    Das wollen wir vielleicht als Erwachsene,
  • 9:16 - 9:19
    aber Kinder wollen sich hinhocken,
  • 9:19 - 9:22
    mit etwas herumspielen,
    sich mit etwas beschäftigen,
  • 9:22 - 9:26
    etwas aufheben, ein Haus bauen,
    eine Festung bauen oder so etwas.
  • 9:26 - 9:29
    Außerdem sind diese ursprünglichen Orte
  • 9:29 - 9:32
    oft weit weg von bewohnten Gegenden.
  • 9:32 - 9:35
    Es ist teuer, dorthin zu kommen.
    Es ist schwierig, sie zu besuchen.
  • 9:35 - 9:38
    Das bedeutet, sie sind nur
    den Eliten zugänglich
  • 9:38 - 9:41
    und das ist ein großes Problem.
  • 9:41 - 9:44
    The Nature Conservancy
    [Naturschutzorganisation]
  • 9:44 - 9:48
    hat junge Leute befragt,
    wieviel Zeit sie im Freien verbringen.
  • 9:48 - 9:52
    Nur zwei von fünf verbringen mindestens
    einmal pro Woche Zeit im Freien.
  • 9:52 - 9:55
    Die anderen drei bleiben drinnen.
  • 9:55 - 9:59
    Als sie gefragt wurden, was sie
    davon abhielte, nach draußen zu gehen,
  • 9:59 - 10:02
    antworteten 61 %:
  • 10:02 - 10:06
    "Es gibt keine Natur in meiner Nähe."
  • 10:06 - 10:10
    Das ist verrückt.
    Es ist ganz offensichtlich falsch.
  • 10:10 - 10:16
    71 % der US-Bürger leben
    10 Minuten von einem Park entfernt.
  • 10:16 - 10:19
    Ich bin sicher, dass die Zahlen
    in anderen Ländern ähnlich sind.
  • 10:19 - 10:21
    Dabei sind noch nicht der eigene Garten,
  • 10:21 - 10:23
    der städtische Bach
    oder die leere Parzelle mitgezählt.
  • 10:23 - 10:25
    Jeder lebt in der Nähe von Natur.
  • 10:25 - 10:27
    Jedes Kind lebt in der Nähe von Natur.
  • 10:27 - 10:30
    Wir haben nur vergessen,
    wie wir Natur betrachten.
  • 10:30 - 10:33
    Wir haben zu viele Dokumentationen
    von David Attenborough gesehen,
  • 10:33 - 10:35
    in denen die Natur wirklich sexy ist --
  • 10:35 - 10:36
    (Gelächter)
  • 10:36 - 10:40
    und wir haben vergessen,
    die Natur direkt vor unserer Tür zu sehen,
  • 10:40 - 10:42
    die Natur des Straßenbaums.
  • 10:42 - 10:44
    Ein Beispiel: Philadelphia.
  • 10:44 - 10:47
    Dort gibt es diese tolle Hochbahn,
  • 10:47 - 10:50
    der man von unten ansieht,
    dass sie aufgegeben wurde.
  • 10:50 - 10:53
    Das klingt nach der High Line in Manhattan
    [in Park umgewandelte Zugtrasse].
  • 10:53 - 10:56
    Es ist auch etwas Ähnliches,
    nur existiert der Park noch nicht,
  • 10:56 - 10:58
    obwohl daran gearbeitet wird.
  • 10:58 - 11:01
    Bislang bleibt es bei
    dieser kleinen geheimen Wildnis
  • 11:01 - 11:02
    mitten in Philadelphia.
  • 11:02 - 11:05
    Wenn sie das Loch
    im Maschendrahtzaun kennen,
  • 11:05 - 11:08
    können Sie nach oben klettern
  • 11:08 - 11:10
    und diese völlig wilde Wiese vorfinden,
  • 11:10 - 11:13
    die über der Stadt Philadelphia schwebt.
  • 11:13 - 11:15
    Jede einzelne Pflanze ist
    aus einem Samen gewachsen,
  • 11:15 - 11:17
    der sich dort selbst angepflanzt hat.
  • 11:17 - 11:20
    Das ist eine völlig autonome
    und eigenwillige Natur.
  • 11:20 - 11:22
    Sie befindet sich mitten in der Stadt.
  • 11:22 - 11:25
    Leute wurden für
    Untersuchungen hinaufgeschickt.
  • 11:25 - 11:29
    Über 50 Pflanzensorten gibt es dort oben.
  • 11:29 - 11:30
    Nicht nur Pflanzen.
  • 11:30 - 11:33
    Das ist ein funktionierendes Ökosystem.
  • 11:33 - 11:36
    Es erzeugt Erdboden.
    Es sondert Kohlenstoff ab.
  • 11:36 - 11:38
    Befruchtung findet statt.
  • 11:38 - 11:40
    Das ist wirklich ein Ökosystem.
  • 11:41 - 11:44
    Wissenschaftler bezeichnen dies
    als "neue Ökosysteme",
  • 11:44 - 11:48
    weil dort eingewanderte Arten
    oft dominierend sind
  • 11:48 - 11:50
    und weil sie einfach sehr eigenartig sind.
  • 11:50 - 11:52
    Sie sind völlig anders,
    als das, was wir kennen.
  • 11:52 - 11:56
    Bislang haben wir diese
    neuen Ökosysteme abschätzig behandelt.
  • 11:56 - 11:59
    Es geht um neu gewachsene grüne Felder,
  • 11:59 - 12:02
    Holzplantagen, die nicht täglich
    bewirtschaftet werden,
  • 12:02 - 12:05
    Sekundärwälder an der Ostküste,
    wo der Wald aus dem Boden schoss,
  • 12:05 - 12:09
    nachdem die Landwirtschaft
    nach Westen gezogen war.
  • 12:09 - 12:12
    Und natürlich fast ganz Hawaii,
  • 12:12 - 12:15
    wo neue Ökosysteme die Regel sind
  • 12:15 - 12:17
    und wo exotische Arten dominieren.
  • 12:17 - 12:20
    In diesem Wald wächst australischer Ahorn
  • 12:20 - 12:23
    und Schwertfarn aus Südostasien.
  • 12:23 - 12:25
    Sie können auch Ihr eigenes
    neues Ökosystem machen.
  • 12:25 - 12:27
    Es ist wirklich leicht.
  • 12:27 - 12:28
    Hören Sie auf, Rasen zu mähen.
  • 12:28 - 12:30
    (Gelächter)
  • 12:30 - 12:33
    Der Ökologe Ilkka Hanski aus Finnland
    hat dieses Experiment gemacht.
  • 12:33 - 12:35
    Er mähte seinen Rasen nicht mehr
  • 12:35 - 12:38
    und nach ein paar Jahren ließ er
    ein paar Studenten kommen,
  • 12:38 - 12:40
    die in seinen Garten einfielen
    und ihn untersuchten.
  • 12:40 - 12:44
    Sie entdecketen 375 Pflanzenarten,
  • 12:44 - 12:47
    inklusive zweier gefährdeter Arten.
  • 12:48 - 12:54
    Wenn man sich oben auf der künftigen
    High Line von Philadelphia befindet,
  • 12:54 - 12:56
    umgeben von Wildnis,
  • 12:56 - 13:00
    umgeben von dieser Vielfalt,
    diesem Reichtum, dieser Vitalität,
  • 13:00 - 13:02
    und zur Seite blickt,
  • 13:02 - 13:04
    entdeckt man einen Schulhof,
  • 13:04 - 13:06
    der so aussieht.
  • 13:06 - 13:08
    Diese Kinder haben ...
  • 13:08 - 13:09
    Laut meiner Definition
  • 13:09 - 13:12
    gibt es Vieles auf der Erde,
    das als Natur gilt,
  • 13:12 - 13:15
    aber dies ist einer der wenigen Plätze,
    der nicht als Natur zählt.
  • 13:15 - 13:19
    Es gibt nichts außer Menschen,
    keine anderen Pflanzen oder Tiere.
  • 13:19 - 13:22
    Am liebsten hätte ich eine Leiter
    hinüber geworfen,
  • 13:22 - 13:26
    um all die Kinder zu mir hinauf
    auf diese tolle Wiese zu holen.
  • 13:26 - 13:30
    In gewisser Weise halte ich dies für
    die Wahl, der wir gegenüberstehen.
  • 13:30 - 13:35
    Wenn wir diese neuen Naturen als
    inakzeptabel, wertlos oder schlecht abtun,
  • 13:35 - 13:38
    können wir sie gleich überbetonnieren.
  • 13:38 - 13:40
    In einer Welt, in der sich alles ändert,
  • 13:40 - 13:44
    müssen wir sehr vorsichtig sein,
    wie wir Natur definieren.
  • 13:44 - 13:46
    Um sie unseren Kindern nicht zu stehlen,
  • 13:46 - 13:48
    müssen wir zwei Dinge tun.
  • 13:48 - 13:52
    Erstens können wir Natur nicht als
    etwas definieren, das unberührt ist.
  • 13:52 - 13:54
    Das war sowieso nie sinnvoll.
  • 13:54 - 13:57
    Die Natur ist seit Tausenden
    von Jahren nicht mehr unberührt.
  • 13:57 - 14:01
    Sie schließt den Großteil der Natur aus,
    den die meisten Menschen besuchen können
  • 14:01 - 14:03
    und zu dem sie eine Beziehung
    aufbauen können.
  • 14:03 - 14:06
    Sie umfasst nur Natur,
    die Kinder nicht berühren dürfen.
  • 14:06 - 14:09
    Das bringt mich zu der zweiten Sache,
    die wir tun müssen.
  • 14:09 - 14:12
    Wir müssen die Kinder
    die Natur berühren lassen,
  • 14:12 - 14:14
    denn was nicht berührt wird,
    wird nicht geliebt.
  • 14:14 - 14:17
    (Applaus)
  • 14:23 - 14:27
    Wir stehen einigen harten Umweltproblemen
    auf diesem Planeten gegenüber.
  • 14:27 - 14:29
    Klimawandel gehört dazu.
  • 14:29 - 14:31
    Es gibt auch anderes:
    Über den Verlust von Lebensraum
  • 14:31 - 14:34
    könnte ich mitten in der Nacht
    wahnsinnig werden.
  • 14:34 - 14:36
    Um sie zu lösen, benötigen wir Menschen --
  • 14:36 - 14:38
    schlaue und engagierte Leute --,
  • 14:38 - 14:40
    die sich um die Natur kümmern.
  • 14:40 - 14:43
    Der einzige Weg,
    eine Generation zu erziehen,
  • 14:43 - 14:44
    die sich um die Natur kümmert,
  • 14:44 - 14:46
    ist, sie die Natur berühren zu lassen.
  • 14:46 - 14:49
    Ich habe eine Art
    "Festungstheorie" der Ökologie,
  • 14:49 - 14:51
    eine "Festungstheorie" zum Naturschutz
  • 14:51 - 14:56
    Jeder Ökologe, jeder Umweltbiologe,
    jeder Umweltexperte, den ich kenne,
  • 14:56 - 14:58
    hat als Kind Festungen gebaut.
  • 14:58 - 15:01
    Wenn es eine Generation gibt, die nicht
    weiß, wie man eine Festung baut,
  • 15:01 - 15:05
    haben wir eine Generation, die nicht weiß,
    wie man sich um die Natur kümmert.
  • 15:05 - 15:07
    Ich möchte keinem Kind
    erzählen müssen,
  • 15:07 - 15:09
    das an einem Programm teilnimmt,
  • 15:09 - 15:13
    das Kinder aus armen Vierteln
    Philadelphiasin Stadtparks mitnimmt,
  • 15:13 - 15:16
    dass die Blume, die er in der Hand hält,
  • 15:16 - 15:20
    ein eingewandertes Unkraut ist,
    das er wegwerfen sollte.
  • 15:20 - 15:23
    Ich würde lieber von diesem Jungen lernen,
  • 15:23 - 15:26
    dass die Pflanze, egal wo sie herkommt,
  • 15:26 - 15:30
    schön ist und es verdient,
    angefasst und geschätzt zu werden.
  • 15:30 - 15:31
    Vielen Dank.
  • 15:31 - 15:35
    (Applaus)
Title:
Natur ist überall – wir müssen nur lernen, sie zu sehen
Speaker:
Emma Marris
Description:

Wie definiert man "Natur"? Wenn man sie als etwas definiert, das vom Menschen unberührt ist, dann haben wir keine mehr, sagt Umweltautorin Emma Marris. Sie ermahnt uns, neue Naturbegriffe in Erwägung zu ziehen – welche, die nicht nur unberührte Wildnis einschließen, sondern auch die vernachlässigten grünen Flecken, die sich in der Stadt ausbreiten – und sie ermutigt uns, unsere Kinder ins Freie mit zu nehmen, um die Natur zu berühren und mit ihr zu spielen, sodass sie sie eines Tages lieben und schützen können.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
15:52
Nadine Hennig edited German subtitles for Emma Marris speaks at TEDSummit
Angelika Lueckert Leon approved German subtitles for Emma Marris speaks at TEDSummit
Angelika Lueckert Leon edited German subtitles for Emma Marris speaks at TEDSummit
Johannes Duschner accepted German subtitles for Emma Marris speaks at TEDSummit
Johannes Duschner declined German subtitles for Emma Marris speaks at TEDSummit
Johannes Duschner edited German subtitles for Emma Marris speaks at TEDSummit
Johannes Duschner edited German subtitles for Emma Marris speaks at TEDSummit
Beatrice Hermanns edited German subtitles for Emma Marris speaks at TEDSummit
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