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Sherry Turkle: Verbunden und doch allein?

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    Gerade eben
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    wünschte meine Tochter Rebecca mir in einer SMS viel Glück.
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    Die SMS lautete:
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    "Du wirst sie umhauen, Mama."
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    Ich mag das.
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    Diese SMS zu bekommen
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    war wie eine Umarmung.
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    Und da haben Sie es.
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    Ich verkörpere
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    das zentrale Paradoxon.
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    Ich bin eine Frau,
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    die es mag, SMS zu bekommen,
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    die Ihnen aber erzählen wird,
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    dass zu viele ein Problem sein können.
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    Diese Nachricht meiner Tochter
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    bringt mich eigentlich an den Anfang meiner Geschichte.
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    Als ich 1996 meinen ersten TEDTalk gab,
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    war Rebecca fünf Jahre alt
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    und saß genau hier
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    in der ersten Reihe.
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    Ich hatte gerade ein Buch geschrieben,
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    das unser Leben im Internet feierte,
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    und ich war im Begriff, auf der Titelseite
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    des Wired Magazins zu sein.
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    In diesen aufregenden Tagen
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    experimentierten wir
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    mit Chaträumen und virtuellen Onlinegemeinschaften.
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    Wir erforschten unterschiedliche Seiten von uns selbst.
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    Und dann zogen wir den Stecker heraus.
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    Ich war so aufgeregt.
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    Und als Psychologin begeisterte mich
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    die Vorstellung am meisten,
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    dass wir das, was wir in der virtuellen Welt über uns gelernt hatten,
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    und über unsere Identität, nutzen konnten,
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    um ein besseres Leben in der realen Welt zu leben.
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    Nun zurück ins Jahr 2012.
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    Ich bin wieder hier auf der TED-Bühne.
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    Meine Tochter ist 20. Sie ist Universitätsstudentin.
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    Sie schläft mit ihrem Mobiltelefon,
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    so wie ich auch.
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    Und ich habe gerade ein neues Buch geschrieben,
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    aber dieses Mal ist es keins,
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    das mich auf die Titelseite
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    des Wired Magazins bringen wird.
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    Was ist passiert ?
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    Ich bin immer noch begeistert von Technologie,
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    aber ich glaube,
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    und ich bin hier um dafür zu plädieren,
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    dass wir uns von ihr an Orte führen lassen,
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    wo wir nicht hinwollen.
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    In den letzten 15 Jahren
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    habe ich die Technik der mobilen Kommunikation studiert
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    und habe hunderte und aberhunderte von Leuten befragt,
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    jung und alt,
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    über ihr Leben im Netz.
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    Und ich fand heraus,
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    dass unsere kleinen Helfer,
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    diese kleinen Dinger in unseren Taschen,
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    so psychologisch mächtig sind,
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    dass sie nicht nur verändern, was wir tun,
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    sondern sie verändern auch, wer wir sind.
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    Einiges davon, was wir heute mit unseren Geräten tun,
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    sind Sachen, die wir noch vor ein paar Jahren
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    seltsam gefunden hätten
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    oder gar störend.
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    Aber sie wurden sehr schnell als normal angesehen,
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    so machen wir das eben.
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    Nur um eben ein paar Beispiele zu zeigen:
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    Leute senden SMS oder E-Mails
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    während Vorstandssitzungen.
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    Sie schreiben SMS und besuchen Facebook
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    während der Schulstunde, während Vorträgen,
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    tatsächlich während aller Besprechungen.
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    Leute reden mit mir über die neue wichtige Fertigkeit,
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    Augenkontakt herzustellen,
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    während sie SMS schreiben.
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    (Lachen)
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    Sie erklären mir,
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    dass es schwierig ist, aber machbar.
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    Eltern schreiben SMS und E-Mails
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    beim Frühstück und Abendbrot,
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    während ihre Kinder sich beschweren,
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    dass sie nicht die volle Aufmerksamkeit ihrer Eltern bekommen.
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    Aber dieselben Kinder
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    verwehren sich selbst ihre volle Aufmerksamkeit.
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    Das ist ein aktuelles Foto
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    von meiner Tochter und ihren Freundinnen
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    beim Zusammensein,
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    während sie nicht zusammen sind.
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    Und selbst auf Beerdigungen schreiben wir SMS.
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    Ich untersuche das.
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    Wir entfernen uns selbst
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    von unserer Trauer oder unseren Tagträumen
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    und tauchen ab in unsere Mobiltelefone.
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    Warum ist das wichtig?
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    Es ist mir wichtig,
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    weil ich denke, dass wir uns selbst eine Falle stellen –
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    bezogen auf die Art,
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    wie wir Beziehungen zueinander herstellen,
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    aber auch auf die Art,
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    wie wir mit uns selbst umgehen
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    und auf unsere Fähigkeit zur Selbstreflexion.
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    Wir gewöhnen uns an eine neue Art,
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    gemeinsam allein zu sein.
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    Menschen wollen zusammen sein,
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    aber ebenso woanders –
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    verbunden mit all den Orten, an denen sie sein möchten.
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    Menschen möchten ihr Leben individuell einrichten.
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    Sie wollen an all ihren Orten ein- und ausgehen,
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    denn was ihnen am wichtigsten ist,
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    ist Kontrolle darüber, wohin sie ihre Aufmerksamkeit richten.
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    Sie möchten an der Vorstandssitzung teilnehmen,
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    aber nur bei den Teilen aufmerksam sein,
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    die sie interessieren.
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    Einige denken, das ist eine gute Sache.
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    Aber sie kann darin enden,
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    dass wir uns voreinander verstecken,
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    sogar dann, wenn wir alle permanent miteinander verbunden sind.
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    Ein 50-jähriger Geschäftsmann
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    beklagte sich bei mir,
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    dass er das Gefühl habe, keine Kollegen mehr auf der Arbeit zu haben.
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    Wenn er zur Arbeit geht, schaut er bei niemanden kurz vorbei, um zu reden,
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    und er ruft nicht an.
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    Er sagt, er möchte seine Kollegen nicht unterbrechen,
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    denn, so sagt er: "Sie sind zu beschäftigt mit ihren E-Mails."
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    Aber dann hält er inne
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    und sagt: "Wissen Sie, ich erzählen Ihnen nicht die Wahrheit.
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    Ich bin derjenige, der nicht unterbrochen werden möchte.
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    Ich denke, ich möchte,
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    aber genau genommen mache ich Dinge lieber an meinem Blackberry."
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    Über alle Generationen hinweg
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    sehe ich Menschen, die nicht genug voneinander bekommen,
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    falls und nur falls
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    sie einander auf Distanz nahe sein können,
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    in einem kontrollierbaren Maß.
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    Ich nenne es den Goldlöckcheneffekt:
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    nicht zu nah, nicht zu weit weg,
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    gerade richtig.
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    Aber was sich gerade richtig anfühlt
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    für die Führungskraft im mittleren Alter,
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    kann ein Problem für einen Jugendlichen sein,
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    der Beziehungen von Angesicht zu Angesicht entwickeln muss.
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    Ein 18-jähriger Junge,
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    der das Medium SMS für fast alles benutzt,
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    sagt zu mir sehnsüchtig:
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    "Eines Tages, eines Tages,
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    aber sicherlich nicht jetzt,
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    möchte ich lernen, eine Unterhaltung zu führen."
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    Wenn ich Leute frage:
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    "Was ist verkehrt daran, eine Unterhaltung zu führen?"
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    sagen sie, "Ich sage dir, was verkehrt daran ist.
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    Es findet in Echtzeit statt
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    und du kannst nicht kontrollieren, was du sagen wirst."
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    Das ist die Quintessenz.
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    SMS schreiben, E-Mails und Interneteinträge,
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    all diese Dinge
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    lassen uns das Ich präsentieren, welches wir sein wollen.
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    Wir können es bearbeiten,
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    und das heißt, wir können löschen,
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    und das heißt, wir können retuschieren,
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    das Gesicht, die Stimme,
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    den Körper retuschieren –
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    nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel,
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    gerade richtig.
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    Menschliche Beziehungen
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    sind üppig, chaotisch
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    und fordernd.
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    Wir bereinigen sie mit Technik.
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    Und wenn wir das machen,
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    kann es passieren,
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    dass wir eine Unterhaltung
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    für eine bloße Verbindung opfern.
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    Wir hauen uns selbst übers Ohr.
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    Und mit der Zeit
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    scheinen wir das zu vergessen,
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    oder wir hören auf, uns darum zu kümmern.
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    Ich war überrascht,
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    als Stephen Colbert
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    mir eine tiefsinnige Frage stellte,
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    eine fundierte Frage.
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    Er sagte: "Summieren sich nicht all diese kleinen Tweets,
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    all diese kleinen Schlückchen
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    der Onlinekommunikation,
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    zu einem großen Schluck
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    einer wirklichen Unterhaltung?"
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    Meine Antwort war: Nein,
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    sie summieren sich nicht.
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    Das Verbinden von Teilen mag
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    für das unaufdringliche Sammeln von Informationsteilchen funktionieren,
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    es mag funktionieren für Nachrichten wie "Ich denke an dich",
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    oder gar um zu sagen "Ich liebe dich" –
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    Denken Sie daran, wie ich mich fühlte,
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    als ich die SMS meiner Tochter bekam –
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    aber sie funktionieren nicht
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    für das gegenseitige Kennenlernen,
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    um einander zu verstehen und zu erfahren.
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    Wir benutzen die gegenseitige Unterhaltung,
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    um zu lernen, wie wir Gespräche
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    untereinander führen.
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    Eine Flucht vor Gesprächen
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    ist von Bedeutung,
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    weil sie unsere Fähigkeit
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    für Selbstreflexion gefährden kann.
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    Für heranwachsende Kinder
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    ist diese Fertigkeit das Fundament ihrer Entwicklung.
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    Immer und immer wieder höre ich,
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    "Ich würde lieber eine SMS schreiben als zu reden."
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    Und ich sehe,
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    dass Menschen sich so sehr daran gewöhnen,
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    bei wirklichen Gesprächen zu kurz zu kommen,
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    sich daran gewöhnen, mit so wenig auszukommen,
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    dass sie fast bereit sind,
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    ganz auf Menschen zu verzichten.
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    Ein Beispiel:
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    Viele teilen mit mir den Wunsch,
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    dass eines Tages eine fortgeschrittene Version Siris,
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    der digitale Assistent des iPhones,
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    mehr wie ein bester Freund sein wird,
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    jemand, der zuhören wird,
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    wenn andere es nicht tun.
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    Ich glaube, dass dieser Wunsch
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    eine schmerzhafte Wahrheit reflektiert,
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    die ich in den letzten 15 Jahren erfahren habe.
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    Das Gefühl, dass niemand mir zuhört,
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    ist sehr wichtig
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    in unserer Beziehung mit Technik.
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    Das ist der Grund, warum es so reizvoll ist,
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    eine Facebookseite zu haben
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    oder einen Twitter-Feed –
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    so viele automatische Zuhörer.
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    Und das Gefühl, dass niemand mir zuhört,
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    bringt uns dazu, mehr Zeit mit
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    Maschinen zu verbringen, die sich scheinbar um uns kümmern.
  • 9:52 - 9:54
    Wir entwickeln Roboter,
  • 9:54 - 9:56
    sie werden soziale Roboter genannt,
  • 9:56 - 9:59
    die speziell dafür konstruiert sind, Gefährten zu sein –
  • 9:59 - 10:01
    für Senioren,
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    für unsere Kinder,
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    für uns.
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    Haben wir so sehr das Vertrauen darin verloren,
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    dass wir füreinander da sein werden?
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    Während meiner Forschung
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    arbeitete ich in Altersheimen
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    und nahm ein paar dieser sozialen Roboter mit,
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    die dafür entwickelt sind, den Senioren
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    das Gefühl zu geben, sie werden verstanden.
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    Eines Tages kam ich an
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    und eine Frau, die ein Kind verloren hatte,
  • 10:28 - 10:30
    redete mit einem Roboter
  • 10:30 - 10:33
    in Form eines Seelöwenbabys.
  • 10:33 - 10:35
    Es schien in ihre Augen zu schauen.
  • 10:35 - 10:38
    Es schien der Unterhaltung zu folgen.
  • 10:38 - 10:41
    Es tröstete sie.
  • 10:41 - 10:45
    Und viele Menschen finden dies verblüffend.
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    Doch diese Frau versuchte, ihrem Leben Sinn zu verleihen,
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    mittels einer Maschine, die keine Erfahrung
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    mit dem Verlauf eines menschlichen Lebens hatte.
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    Der Roboter legte sich jedoch wirklich ins Zeug.
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    Und wir sind verletzlich.
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    Die Leute erleben vorgetäuschtes Einfühlungsvermögen so,
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    als wäre es das Original.
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    In diesem Moment,
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    in dem die Frau
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    dieses vorgetäuschte Einfühlungsvermögen erfuhr,
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    dachte ich: "Der Roboter kann sich nicht in sie hineinfühlen.
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    Er wird dem Tod nicht ins Auge sehen.
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    Er kennt das Leben nicht."
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    Und während die Frau in ihrem
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    robotischen Begleiter Trost fand,
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    fand ich es gar nicht verblüffend,
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    ich empfand es als einen der herzzerreißendsten, schwierigsten
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    Momente in meiner 15-jährigen Arbeit.
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    Aber als ich einen Schritt zurück nahm,
  • 11:38 - 11:40
    verspürte ich mich
  • 11:40 - 11:43
    genau in dem kalten Auge
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    eines riesigen Sturms.
  • 11:45 - 11:48
    Wir erwarten mehr von der Technologie
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    und weniger voneinander.
  • 11:51 - 11:53
    Und ich frage mich:
  • 11:53 - 11:56
    "Wie sind wir hier bloß hingekommen?"
  • 11:56 - 11:58
    Ich vermute, es liegt daran, dass
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    die Technologie uns dort am meisten anspricht,
  • 12:01 - 12:03
    wo wir am verwundbarsten sind.
  • 12:03 - 12:05
    Und wir sind alle verwundbar.
  • 12:05 - 12:07
    Wir sind einsam,
  • 12:07 - 12:09
    aber wir haben Angst vor Intimität.
  • 12:09 - 12:12
    Und so entwickeln wir von sozialen Netzwerken bis hin
  • 12:12 - 12:14
    zu sozialen Robotern Technologien,
  • 12:14 - 12:17
    die uns die Illusion von Begleitung geben,
  • 12:17 - 12:19
    ohne die Forderungen einer Freundschaft.
  • 12:19 - 12:22
    Wir wenden uns der Technologie zu, um uns auf Arten und Weisen
  • 12:22 - 12:25
    verbunden zu fühlen, die wir bequem kontrollieren können.
  • 12:25 - 12:27
    Aber dabei geht es uns nicht so gut.
  • 12:27 - 12:30
    Wir haben gar nicht die Kontrolle.
  • 12:30 - 12:33
    Heutzutage verändern diese Telefone in unseren Taschen
  • 12:33 - 12:35
    unser Bewusstsein und unser Herz,
  • 12:35 - 12:37
    denn sie bieten uns
  • 12:37 - 12:39
    diese befriedigenden Fantasien.
  • 12:39 - 12:41
    Zum einen können wir unsere Aufmerksamkeit
  • 12:41 - 12:43
    genau dort hinlenken, wo wir sie möchten,
  • 12:43 - 12:46
    zum anderen werden wir immer gehört,
  • 12:46 - 12:49
    und drittens müssen wir niemals allein sein.
  • 12:49 - 12:51
    Und diese dritte Idee,
  • 12:51 - 12:54
    dass wir nie allein sein müssen,
  • 12:54 - 12:56
    ist der Schlüssel zur Veränderung unserer Psyche.
  • 12:56 - 12:59
    Denn in dem Moment, in dem Menschen allein sind,
  • 12:59 - 13:01
    selbst für ein paar Sekunden,
  • 13:01 - 13:04
    werden sie hibbelig, angsterfüllt, bekommen Panik,
  • 13:04 - 13:06
    sie greifen nach einem elektronischen Gerät.
  • 13:06 - 13:08
    Schauen Sie sich mal die Leute an, die an der Kasse warten,
  • 13:08 - 13:10
    oder an einer Ampel.
  • 13:10 - 13:14
    Alleinsein fühlt sich an wie ein Problem, das einer Lösung bedarf.
  • 13:14 - 13:17
    Und so versuchen Leute es durch Verbindungen zu lösen.
  • 13:17 - 13:19
    Aber hier ist die Verbindung
  • 13:19 - 13:22
    eher ein Symptom als ein Heilmittel.
  • 13:22 - 13:25
    Sie verleiht einem zugrundeliegenden Problem
  • 13:25 - 13:27
    zwar Ausdruck, aber löst es nicht.
  • 13:27 - 13:29
    Aber mehr noch als das:
  • 13:29 - 13:31
    Die ständige Anbindung verändert
  • 13:31 - 13:33
    die Art, in der Leute von sich selbst denken.
  • 13:33 - 13:36
    Es ist der Grundstein für ein neues Sein.
  • 13:36 - 13:38
    Die beste Art es zu beschreiben wäre:
  • 13:38 - 13:41
    "Ich teile, also bin ich."
  • 13:41 - 13:44
    Wir verwenden Technologie, um uns zu definieren,
  • 13:44 - 13:46
    indem wir unsere Gedanken und Gefühle in dem Moment teilen,
  • 13:46 - 13:48
    in dem wir sie haben.
  • 13:48 - 13:50
    Vorher ging es also:
  • 13:50 - 13:52
    "Ich habe ein Gefühl,
  • 13:52 - 13:54
    ich möchte jemanden anrufen."
  • 13:54 - 13:57
    Jetzt ist es: "Ich möchte ein Gefühl haben,
  • 13:57 - 13:59
    ich muss eine SMS schicken."
  • 13:59 - 14:02
    Das Problem mit dieser neuen Doktrin
  • 14:02 - 14:04
    von "Ich teile, also bin ich" ist,
  • 14:04 - 14:06
    dass wir uns ohne Verbindung
  • 14:06 - 14:08
    nicht wie wir selbst fühlen.
  • 14:08 - 14:10
    Wir fühlen uns fast nicht.
  • 14:10 - 14:13
    Was tun wir also? Wir verbinden uns immer weiter.
  • 14:13 - 14:15
    Aber dabei fallen wir
  • 14:15 - 14:18
    der Isolation direkt vor die Füße.
  • 14:18 - 14:22
    Wie kommen wir aber von Verbindung zu Isolation?
  • 14:22 - 14:24
    Man wird isoliert,
  • 14:24 - 14:26
    wenn man die Möglichkeiten des Alleinseins,
  • 14:26 - 14:29
    die Fähigkeit, für sich selbst zu sein,
  • 14:29 - 14:31
    nicht kultiviert, um sich zu sammeln.
  • 14:31 - 14:34
    Im Alleinsein findet man sich,
  • 14:34 - 14:36
    damit man die Hand zu anderen Leuten ausstrecken
  • 14:36 - 14:39
    und wahre Bindungen formen kann.
  • 14:39 - 14:42
    Wenn wir diese Fähigkeit zum Alleinsein nicht haben,
  • 14:42 - 14:45
    dann wenden wir uns an andere Leute, um weniger angstvoll zu sein,
  • 14:45 - 14:47
    oder um uns lebendig zu fühlen.
  • 14:47 - 14:49
    Wenn das passiert,
  • 14:49 - 14:52
    dann können wir nicht zu schätzen wissen, wer sie sind.
  • 14:52 - 14:54
    Es ist so, als verwendeten wir sie
  • 14:54 - 14:56
    als Ersatzteile,
  • 14:56 - 14:59
    um unser zerbrechliches Selbstgefühl zu erhalten.
  • 14:59 - 15:02
    Wir gewöhnen uns eine Denkweise an, dass die stetige Verbindung
  • 15:02 - 15:06
    uns weniger allein fühlen lässt.
  • 15:06 - 15:08
    Aber wir sind in Gefahr,
  • 15:08 - 15:11
    denn in Wahrheit ist das Gegenteil wahr.
  • 15:11 - 15:13
    Wenn wir nicht allein sein können,
  • 15:13 - 15:15
    dann werden wir noch einsamer sein.
  • 15:15 - 15:18
    Und wenn wir unseren Kindern nicht das Alleinsein beibringen,
  • 15:18 - 15:20
    dann wissen sie am Ende nur,
  • 15:20 - 15:22
    wie man einsam ist.
  • 15:22 - 15:25
    Als ich 1996 bei TED einen Vortrag
  • 15:25 - 15:27
    über meine Studien hielt,
  • 15:27 - 15:29
    die sich um die frühen virtuellen Gemeinden drehten,
  • 15:29 - 15:32
    sagte ich: "Die, die das meiste aus ihren
  • 15:32 - 15:34
    Leben auf dem Bildschirm machen,
  • 15:34 - 15:37
    betrachten es im Geiste der Selbst-Reflexion."
  • 15:37 - 15:40
    Und das möchte ich für hier, jetzt, fordern:
  • 15:40 - 15:43
    Reflexion und mehr noch als das, Konversation darüber,
  • 15:43 - 15:46
    wo unser aktueller Gebrauch der Technologie
  • 15:46 - 15:48
    uns hinbringen könnte,
  • 15:48 - 15:50
    und was es uns kosten könnte.
  • 15:50 - 15:53
    Technologie haut uns um.
  • 15:53 - 15:56
    Und wir haben Angst, wie junge Liebende,
  • 15:56 - 15:59
    dass zu viele Gespräche die Romantik zerstören.
  • 15:59 - 16:01
    Aber es ist an der Zeit zu sprechen.
  • 16:01 - 16:04
    Wir sind mit digitaler Technologie aufgewachsen
  • 16:04 - 16:06
    und halten sie somit für erwachsen.
  • 16:06 - 16:09
    Aber sie ist noch in den Kinderschuhen.
  • 16:09 - 16:11
    Es gibt noch viel Zeit für uns,
  • 16:11 - 16:13
    unseren Gebrauch davon zu überdenken,
  • 16:13 - 16:15
    wie wir sie aufbauen.
  • 16:15 - 16:17
    Ich schlage nicht vor,
  • 16:17 - 16:19
    dass wir uns von unseren elektronischen Geräten abwenden,
  • 16:19 - 16:22
    wir sollten einfach eine bewusstere Beziehung zu ihnen
  • 16:22 - 16:24
    entwickeln, miteinander,
  • 16:24 - 16:27
    und mit uns selbst.
  • 16:27 - 16:29
    Ich sehe da einige erste Schritte.
  • 16:29 - 16:31
    Machen Sie sich Alleinsein
  • 16:31 - 16:33
    als eine gute Sache bewusst.
  • 16:33 - 16:35
    Schaffen Sie dafür Raum.
  • 16:35 - 16:38
    Finden Sie Arten, es Ihren Kindern
  • 16:38 - 16:40
    als Wert zu vermitteln.
  • 16:40 - 16:42
    Schaffen Sie geheiligte Orte zu Hause –
  • 16:42 - 16:44
    die Küche, das Esszimmer –
  • 16:44 - 16:47
    und verlangen Sie sie für die Konversation zurück.
  • 16:47 - 16:49
    Tun Sie dasselbe auf der Arbeit.
  • 16:49 - 16:51
    Auf der Arbeit sind wir so beschäftigt mit der Kommunikation,
  • 16:51 - 16:54
    dass uns oft keine Zeit bleibt nachzudenken,
  • 16:54 - 16:57
    wir haben keine Zeit, über die Dinge zu sprechen,
  • 16:57 - 16:59
    die wirklich wichtig sind.
  • 16:59 - 17:01
    Ändern Sie das.
  • 17:01 - 17:05
    Das Wichtigste ist, dass wir uns wirklich zuhören müssen,
  • 17:05 - 17:09
    und zwar auch den langweiligen Stücken.
  • 17:09 - 17:11
    Denn wenn wir ins Stocken kommen
  • 17:11 - 17:14
    oder zögern oder uns die Worte ausgehen,
  • 17:14 - 17:18
    dann enthüllen wir uns einander.
  • 17:18 - 17:21
    Die Technologie scheint sehr naheliegend,
  • 17:21 - 17:23
    menschliche Verbindungen neu zu definieren –
  • 17:23 - 17:25
    wie wir füreinander sorgen,
  • 17:25 - 17:27
    wie wir für uns selbst sorgen –
  • 17:27 - 17:29
    aber sie gibt uns auch die Möglichkeit,
  • 17:29 - 17:31
    unsere Werte und unsere
  • 17:31 - 17:33
    Ausrichtung zu bestätigen.
  • 17:33 - 17:35
    Ich bin optimistisch.
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    Wir haben alles, was wir für den Anfang brauchen.
  • 17:38 - 17:40
    Wir haben uns.
  • 17:40 - 17:43
    Und wir haben die größte Erfolgsmöglichkeit,
  • 17:43 - 17:46
    wenn wir unsere Verletzlichkeit anerkennen.
  • 17:46 - 17:48
    Wenn wir zuhören,
  • 17:48 - 17:50
    wenn die Technologie sagt,
  • 17:50 - 17:53
    dass etwas Kompliziertes benötigt wird
  • 17:53 - 17:56
    und etwas Einfacheres verspricht.
  • 17:56 - 17:58
    In meiner Arbeit also
  • 17:58 - 18:01
    höre ich, dass das Leben schwer ist,
  • 18:01 - 18:03
    und Beziehungen voller Risiken sind.
  • 18:03 - 18:05
    Und dann gibt es die Technologie –
  • 18:05 - 18:07
    einfacher, voller Hoffnung,
  • 18:07 - 18:10
    optimistisch, ewig jung.
  • 18:10 - 18:12
    So als würden wir die Kavallerie rufen.
  • 18:12 - 18:14
    Eine Werbekampagne verspricht,
  • 18:14 - 18:16
    dass wir online und mit Avatars
  • 18:16 - 18:20
    "Endlich unsere Freunde, unseren Körper,
  • 18:20 - 18:23
    unser Leben online und mit Avatars
  • 18:23 - 18:26
    leben" können.
  • 18:26 - 18:28
    Virtuelle Romantik zieht uns an,
  • 18:28 - 18:31
    wie auch Computerspiele, die wie Welten scheinen,
  • 18:31 - 18:35
    oder wie der Gedanke, dass Roboter
  • 18:35 - 18:38
    eines Tages unsere wahren Begleiter sein werden.
  • 18:38 - 18:41
    Wir verbringen einen Abend im sozialen Netzwerk
  • 18:41 - 18:44
    anstatt mit Freunden in die Kneipe zu gehen.
  • 18:44 - 18:46
    Aber unsere Ersetzungsfantasien
  • 18:46 - 18:49
    haben ihren Tribut gezollt.
  • 18:49 - 18:52
    Wir müssen uns nun alle auf die vielen, vielen Arten
  • 18:52 - 18:54
    konzentrieren, auf denen die Technologie
  • 18:54 - 18:56
    uns zurück in unsere echten Leben,
  • 18:56 - 18:59
    in unsere eigenen Körper führen kann,
  • 18:59 - 19:01
    in unsere eigenen Gemeinschaften,
  • 19:01 - 19:03
    in unsere eigene Politik,
  • 19:03 - 19:05
    zurück zu unserem Planeten.
  • 19:05 - 19:07
    Sie brauchen uns.
  • 19:07 - 19:09
    Sprechen wir darüber,
  • 19:09 - 19:12
    wie wir digitale Technologie,
  • 19:12 - 19:15
    die Technologie unserer Träume, einsetzen können,
  • 19:15 - 19:17
    um aus diesem Leben
  • 19:17 - 19:19
    das Leben zu machen, das wir lieben.
  • 19:19 - 19:21
    Danke.
  • 19:21 - 19:27
    (Beifall)
Title:
Sherry Turkle: Verbunden und doch allein?
Speaker:
Sherry Turkle
Description:

Erwarten wir immer mehr von Technologie und dabei immer weniger voneinander? Sherry Turkle untersucht, wie unsere elektronischen Geräte und Onlinepersönlichkeiten menschliche Verbindungen und Kommunikation neu definieren – und bittet uns, gut über die neue Art der Verbindung, die wir anstreben, nachzudenken.

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English
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TEDTalks
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