Ruby Wax: Was ist so lustig an psychischen Erkrankungen?
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0:00 - 0:04Jede vierte Person leidet unter
irgendeiner psychischen Erkrankung, -
0:04 - 0:08also wären das – eins, zwei, drei, vier –
Sie, mein Herr. -
0:08 - 0:10Sie. Ja.
(Gelächter) -
0:10 - 0:13Mit den komischen Zähnen.
Und Sie daneben. (Gelächter) -
0:13 - 0:14Sie wissen, wer Sie sind.
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0:14 - 0:17Eigentlich ist die gesamte Reihe hier
nicht ganz normal. (Gelächter) -
0:17 - 0:22Das ist nicht gut. Hi. Ja. Wirklich schlecht.
Schauen Sie mich bloß nicht an. (Gelächter) -
0:22 - 0:27Ich bin eine der "einer von vieren". Danke.
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0:27 - 0:30Ich denke, ich habe es
von meiner Mutter, -
0:30 - 0:33die manchmal auf allen Vieren
durchs Haus krabbelte. -
0:33 - 0:36Sie hatte zwei Schwämme
in der Hand, und zwei -
0:36 - 0:40an den Knien. Meine Mutter war
äußerst saugfähig. (Gelächter) -
0:40 - 0:43Und sie krabbelte hinter
mir her und sagte: -
0:43 - 0:46"Wer bringt die Fußabdrücke
hier ins Haus?" -
0:46 - 0:49Also das war irgendwie ein Hinweis darauf,
dass etwas nicht stimmte. -
0:49 - 0:54Bevor ich anfange,
möchte ich den Herstellern -
0:54 - 0:58von Lamotrigin, Sertralin und Reboxetin danken,
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0:58 - 1:03denn ohne diese paar einfachen Medikamente stünde ich heute nicht aufrecht.
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1:03 - 1:08Wie fing also alles an?
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1:08 - 1:12Meine psychische Erkrankung –
nun, darüber werde ich nicht mal reden. -
1:12 - 1:15Worüber werde ich reden? Okay.
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1:15 - 1:19Ich träumte immer, dass ich
meinen endgültigen Zusammenbruch -
1:19 - 1:22aufgrund einer tiefgründigen kafkaesken
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1:22 - 1:24existentialistischen Offenbarung
haben würde, -
1:24 - 1:28oder dass Cate Blanchett mich vielleicht spielen und dafür einen Oscar bekommen würde. (Gelächter)
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1:28 - 1:31Aber das passierte nicht.
Ich hatte meinen Zusammenbruch -
1:31 - 1:33während eines Sporttages meiner Tochter.
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1:33 - 1:37Alle Eltern saßen auf dem Parkplatz
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1:37 - 1:41und aßen ihr mitgebrachtes Essen
aus dem Auto – nur die Engländer -
1:41 - 1:47aßen Würstchen. Sie liebten
ihre Würstchen. (Gelächter) -
1:47 - 1:52Lord und Lady Rigor Mortis
knabberten am Asphalt -
1:52 - 1:55und dann kam der Schuss aus der Pistole
und die Mädels rannten los, -
1:55 - 2:00und alle Mütter riefen:
"Lauf! Lauf, Chlamydia! Lauf!"
(Gelächter) -
2:00 - 2:04"Lauf wie der Wind, Veruca! Lauf!"
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2:04 - 2:06Und alle Mädels rannten,
rannten, rannten, -
2:06 - 2:09alle außer meiner Tochter, die nur
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2:09 - 2:12auf der Startlinie stand und winkte,
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2:12 - 2:14weil sie nicht wusste,
dass sie rennen sollte. -
2:14 - 2:18Also zog ich mich einen Monat lang
ins Bett zurück und als ich aufwachte, -
2:18 - 2:23stellte ich fest, dass ich eingewiesen worden war.
Und als ich die anderen Insassen sah, -
2:23 - 2:27erkannte ich, dass ich meine Leute,
meine Sippe gefunden hatte. (Gelächter) -
2:27 - 2:31Denn sie wurden meine einzigen Freunde,
sie wurden meine Freunde, -
2:31 - 2:34weil nur sehr wenige Leute, die ich kannte –
naja, ich bekam -
2:34 - 2:37nicht viele Karten oder Blumen.
Wenn ich mir das Bein gebrochen -
2:37 - 2:39oder ein Kind bekommen hätte,
dann wäre ich überhäuft worden, -
2:39 - 2:43aber ich bekam nur ein paar Anrufe
und mir wurde gesagt, ich solle mich aufraffen. -
2:43 - 2:45Mich aufraffen.
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2:45 - 2:50Denn daran hatte ich selbst
noch gar nicht gedacht. (Gelächter) -
2:50 - 2:53(Gelächter)
(Applaus) -
2:53 - 2:57Wissen Sie, das, was Sie
mit dieser Krankheit bekommen – -
2:57 - 3:01sie kommt im Paket –
ist ein richtiges Schamgefühl, -
3:01 - 3:03denn Ihre Freunde sagen:
"Komm schon, zeig mir die Beule, -
3:03 - 3:06zeig mir die Röntgenbilder", und Sie
haben natürlich nichts vorzuzeigen. -
3:06 - 3:09Also ekeln Sie sich richtig vor
sich selbst, weil Sie denken, -
3:09 - 3:12"Ich werde nicht zerbombt.
Ich lebe nicht im Ghetto." -
3:12 - 3:15Also hören Sie diese schimpfenden Stimmen,
aber Sie hören nicht eine einzige, -
3:15 - 3:18sondern Sie hören etwa tausend –
100 000 schimpfende Stimmen, -
3:18 - 3:22als ob der Teufel Tourette hätte,
das würde genau so klingen. -
3:22 - 3:25Aber wir hier wissen alle, Sie wissen,
dass es keinen Teufel gibt, -
3:25 - 3:27es gibt auch keine Stimmen im Kopf.
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3:27 - 3:28Sie wissen sicher, wenn Sie diese Stimmen hören,
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3:28 - 3:31dann versammeln sich all die kleinen
Neuronen und in diesem kleinen Loch -
3:31 - 3:35bekommen Sie eine richtig giftige
"Ich will mich umbringen"-Chemikalie, -
3:35 - 3:38und wenn Sie das immer und immer
wieder in Dauerschleife hören, -
3:38 - 3:39dann haben Sie sich wohl
eine Depression eingefangen. -
3:39 - 3:42Oh, und das ist nicht mal
die Spitze des Eisbergs. -
3:42 - 3:46Wenn Sie ein kleines Baby bekommen
und es wüst beschimpfen, -
3:46 - 3:49dann sendet sein kleines Gehirn Chemikalien
aus, die so zerstörerisch sind, -
3:49 - 3:53dass der kleine Teil seines Gehirns, der Gut und Böse unterscheiden kann, einfach nicht wächst.
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3:53 - 3:57So können Sie sich Ihren eigenen
Psychotiker heranziehen. -
3:57 - 4:00Wenn ein Soldat sieht, wie sein Freund
in die Luft fliegt, schlägt sein Hirn -
4:00 - 4:04so sehr Alarm, dass er die Erfahrung
nicht in Worte fassen kann, -
4:04 - 4:06also fühlt er nur immer wieder den Horror.
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4:06 - 4:09Hier ist also meine Frage. Meine Frage ist,
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4:09 - 4:13wieso sollte ein psychischer Schaden immer an aktiver Einbildungskraft liegen?
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4:13 - 4:16Warum kann jedes andere Organ
in unserem Körper krank werden, -
4:16 - 4:19und wir bekommen Mitgefühl, bis auf das Gehirn?
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4:19 - 4:21Ich möchte ein bisschen mehr
über das Gehirn sprechen, -
4:21 - 4:23denn ich weiß, dass Sie das
hier bei TED mögen, -
4:23 - 4:27also wenn Sie mir hierfür
noch eine Minute geben, okay. -
4:27 - 4:29Okay, lassen Sie mich nur sagen,
es gibt gute Nachrichten. -
4:29 - 4:32Es gibt ein paar gute Nachrichten.
Erstens, lassen Sie mich sagen: -
4:32 - 4:34Wir haben schon viel, viel erreicht.
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4:34 - 4:38Wir haben als winzigkleine
einzellige Amöbe angefangen, -
4:38 - 4:43winzig, wir hingen an einem Felsen
und nun, voilà, das Gehirn. -
4:43 - 4:45Bitte schön! (Gelächter)
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4:45 - 4:47Dieses kleine Baby hat eine Menge Pferdestärken.
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4:47 - 4:52Es ist vollkommen bei Bewusstsein.
Seine Hirnlappen sind auf dem neuesten Stand. -
4:52 - 4:55Wir haben den Occipitallappen, mit dem wir
die Welt sehen können. -
4:55 - 4:58Wir haben den Temporallappen,
sodass wir die Welt hören können. -
4:58 - 4:59Hier haben wir ein kleines
bisschen Langzeitgedächtnis – -
4:59 - 5:05wissen Sie noch, die Nacht, die Sie gerne vergessen würden, als Sie sich so richtig besoffen haben? Auf Wiedersehen! Weg. (Gelächter)
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5:05 - 5:08Tatsächlich ist es mit 100 Milliarden Neuronen gefüllt,
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5:08 - 5:11die vor sich hin brummen und Informationen elektrisch weitergeben,
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5:11 - 5:14und brummen und brummen. Ich zeige Ihnen das
mal von der Seite. -
5:14 - 5:18Ich weiß nicht, ob Sie so was hier bekommen. (Gelächter)
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5:18 - 5:22Also, brummen, und so – (Gelächter) –
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5:22 - 5:25Und für jedes – ich weiß, ich habe das
selbst gezeichnet. Danke. -
5:25 - 5:29Für jedes einzelne Neuron können Sie tatsächlich
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5:29 - 5:33zwischen 10 000 und 100 000
verschiedene Verbindungen haben, -
5:33 - 5:36oder Dendriten, oder wie auch immer Sie es
nennen wollen, und jedes Mal, -
5:36 - 5:38wenn Sie etwas lernen,
oder eine Erfahrung machen, -
5:38 - 5:41wächst dieses Gestrüpp, wissen Sie,
dieses Gestrüpp aus Informationen. -
5:41 - 5:44Können Sie sich vorstellen, dass jeder Mensch
-
5:44 - 5:49diese Ausrüstung mit sich herumträgt, sogar
Paris Hilton? (Gelächter) -
5:49 - 5:50Wer hätte das gedacht?
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5:50 - 5:54Aber ich habe auch schlechte Nachrichten für Sie. Ich habe ein paar schlechte Nachrichten.
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5:54 - 5:57Das ist nicht für die "einer von vieren".
Das ist für alle vier. -
5:57 - 6:01Wir sind nicht fürs 21. Jahrhundert ausgestattet.
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6:01 - 6:05Die Evolution hat uns darauf nicht vorbereitet.
Wir haben einfach nicht die Bandbreite, -
6:05 - 6:07und für die Menschen, die sagen, oh,
ihr Tag sei klasse, -
6:07 - 6:11und ihnen gehe es prima, diese Menschen sind
noch wahnsinniger als der Rest von uns. -
6:11 - 6:13Ich zeige Ihnen mal,
wo ein paar Pannen -
6:13 - 6:16in der Evolution sein könnten. Okay,
lassen Sie mich Ihnen das hier mal erklären. -
6:16 - 6:19Als wir noch Urmenschen waren – (Gelächter) –
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6:19 - 6:23vor Millionen von Jahren, und wir uns
plötzlich von einem Feind -
6:23 - 6:27bedroht fühlten, okay? – (Gelächter) –
-
6:27 - 6:30dann – danke. Ich habe das
selbst gemalt. (Gelächter) -
6:30 - 6:34Vielen Dank. Danke. Danke. (Applaus)
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6:34 - 6:38Danke. Also, wir füllten unser
Adrenalin selbst auf -
6:38 - 6:40und unser Cortisol und dann töteten
wir oder wurden getötet, -
6:40 - 6:44wir fraßen oder wurden gefressen. Und dann bauten
sich diese beiden Stoffe plötzlich wieder ab -
6:44 - 6:46und wir waren wieder
im Normalzustand. Okay. -
6:46 - 6:51Das Problem ist, heute, für
den modernen Menschen – (Gelächter) – -
6:51 - 6:55wenn wir uns in Gefahr fühlen, füllen wir
unsere Chemikalien immer noch selbst auf, -
6:55 - 6:59aber weil wir Politessen nicht umbringen können –
(Gelächter) – -
6:59 - 7:04und auch keine Makler fressen können,
bleibt der Treibstoff in unserem Körper – -
7:04 - 7:07immer wieder. Also stehen wir unter Daueralarm,
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7:07 - 7:08als Dauerzustand. Und es passierte
noch etwas anderes. -
7:08 - 7:11Vor etwa 150 000 Jahren, als die Sprache entstand,
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7:11 - 7:14lernten wir, diesen Daueralarmzustand auch auszudrücken.
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7:14 - 7:17Also sagten wir nicht nur:
"Oh Gott, da ist ein Säbelzahntiger", -
7:17 - 7:21was möglich wäre, sondern plötzlich hieß es auch,
"Oh Gott, ich habe die Email nicht abgeschickt.
Oh Gott, meine Schenkel sind zu fett. -
7:21 - 7:25Oh Gott, jeder kann sehen, wie blöd ich bin.
Ich bin nicht zur Weihnachtsfeier eingeladen!" -
7:25 - 7:27Sie hören also dieses Dauernörgeln, das immer wieder
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7:27 - 7:30von vorne anfängt und Sie in den Wahnsinn treibt.
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7:30 - 7:33Sehen Sie das Problem?
Was Sie früher sicher gemacht hat, -
7:33 - 7:34macht Sie nun wahnsinnig.
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7:34 - 7:38Es tut mir leid, dass ich diese schlechte Nachricht überbringen muss, aber irgendwer muss es ja tun.
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7:38 - 7:43Ihre Haustiere sind glücklicher als Sie. (Gelächter)
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7:43 - 7:46(Applaus)
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7:46 - 7:51Also Mietzekatze, miau, glücklich-glücklich-glücklich;
Menschen, angeschissen. (Gelächter) -
7:51 - 7:54Und zwar komplett – also, angeschissen.
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7:54 - 7:56Aber mein Punkt ist, wenn wir nicht darüber reden,
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7:56 - 7:58und wenn wir nicht lernen, wie wir
mit unserem Leben umgehen sollen, -
7:58 - 8:01dann bleibt es nicht bei einem von vieren.
Dann werden es vier von vieren, -
8:01 - 8:04die wirklich wirklich krank im Oberstübchen werden.
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8:04 - 8:07Und wenn wir schon dabei sind, können wir
bitte das Stigma loswerden? -
8:07 - 8:13Danke. (Applaus)
-
8:13 - 8:24(Applaus) Danke.
- Title:
- Ruby Wax: Was ist so lustig an psychischen Erkrankungen?
- Speaker:
- Ruby Wax
- Description:
-
Körperliche Erkrankungen rufen Mitleid hervor, sagt die Komikerin Ruby Wax – ausgenommen Erkrankungen des Gehirns. Warum? Mit umwerfender Energie und Humor fordet Wax, die selbst vor 10 Jahren als klinisch depressiv diagnositiziert wurde, uns auf, das Stigma psychischer Erkrankungen zu beenden.
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 08:44
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