Return to Video

Maria Bezaitis: Der überraschende Bedarf an Fremdheit

  • 0:01 - 0:04
    »Sprich nicht mit Fremden!«
  • 0:04 - 0:06
    Diesen Satz haben Sie Jahrzehnte
  • 0:06 - 0:11
    von Ihren Freunden, Verwandten,
    Schulen und den Medien gehört.
  • 0:11 - 0:13
    Das ist eine Regel – eine soziale Regel.
  • 0:13 - 0:16
    Es ist eine besondere soziale Norm,
  • 0:16 - 0:18
    die besagt, mit wem wir in Beziehung
  • 0:18 - 0:23
    treten können und mit wem
    wir das besser nicht tun.
  • 0:23 - 0:25
    »Sprich nicht mit Fremden!« bedeutet:
  • 0:25 - 0:29
    »Bleib weg von Leuten, die du nicht kennst.
  • 0:29 - 0:32
    Bleib bei den Leuten, die du kennst.
  • 0:32 - 0:35
    Bleib bei den Leuten, die so sind wie du.«
  • 0:35 - 0:37
    Was für ein Appell ist das denn?
  • 0:37 - 0:40
    Wenn wir gut sind
    tun wir genau das nicht, oder?
  • 0:40 - 0:43
    Wenn wir gut sind,
    strecken wir unsere Fühler
  • 0:43 - 0:45
    nach Menschen aus, die
  • 0:45 - 0:48
    anders sind als wir, weil wir dann
  • 0:48 - 0:50
    von ihnen lernen können.
  • 0:50 - 0:54
    Ich nenne dieses ›nicht so wie wir‹
  • 0:54 - 0:56
    ›Fremdheit‹.
  • 0:56 - 1:00
    Fremde sind in der heutigen digital-affinen Welt
  • 1:00 - 1:03
    offen gesagt gar nicht das Problem.
  • 1:03 - 1:05
    Wir sollten uns eher darum kümmern,
  • 1:05 - 1:08
    wie viel Fremdheit wir bekommen.
  • 1:08 - 1:11
    Warum ›Fremdheit‹?
    Weil unsere Sozialkontakte
  • 1:11 - 1:14
    zunehmend von Daten vermittelt werden.
  • 1:14 - 1:19
    Daten machen unsere Sozialbeziehungen
    zu Digitalbeziehungen,
  • 1:19 - 1:21
    und wenn wir denen ein gesundes Maß
  • 1:21 - 1:25
    an Robustheit, an Entdeckergeist,
    an Inspiration und
  • 1:25 - 1:28
    Unvorhersagbarkeit mitgeben wollen,
  • 1:28 - 1:29
    hängen wir jetzt
  • 1:29 - 1:33
    hochgradig von Technologie ab.
  • 1:33 - 1:34
    Warum nicht ›Fremde‹?
  • 1:34 - 1:37
    Weil Fremde Teile einer Welt
  • 1:37 - 1:39
    mit wirklich strengen Grenzen sind.
  • 1:39 - 1:42
    Hier die Welt von Menschen, die ich kenne –
  • 1:42 - 1:44
    dort Menschen, die ich nicht kenne.
  • 1:44 - 1:47
    Auf digitaler Ebene mache ich
  • 1:47 - 1:51
    ja sowieso schon Sachen mit Leuten,
    die ich nicht kenne.
  • 1:51 - 1:54
    Die Frage ist nicht, ob ich
    dich kenne oder nicht.
  • 1:54 - 1:57
    Die Frage ist: »Was kann ich mit dir tun?
  • 1:57 - 1:59
    Was kann ich mit dir lernen?
  • 1:59 - 2:03
    Was können wir zusammen tun,
    von dem wir beide profitieren?«
  • 2:03 - 2:06
    Ich habe lange darüber nachgedacht,
  • 2:06 - 2:09
    wie sich die soziale Landschaft ändert,
  • 2:09 - 2:11
    wie neue Technologien den Menschen sowohl
  • 2:11 - 2:14
    neue Zwänge als auch Möglichkeiten schaffen.
  • 2:14 - 2:17
    Die wichtigsten Änderungen liegen heute
  • 2:17 - 2:19
    für uns in den Daten und darin,
  • 2:19 - 2:21
    welche Art digitaler Beziehungen
  • 2:21 - 2:24
    sie uns zukünftig ermöglichen.
  • 2:24 - 2:26
    Sie bestimmen künftige Wirtschaften.
  • 2:26 - 2:29
    Sie bestimmen unser
    künftiges soziales Leben.
  • 2:29 - 2:32
    Die zu befürchtende Gefahr
    sind nicht Fremde.
  • 2:32 - 2:34
    Die zu befürchtende Gefahr ist, ob
  • 2:34 - 2:37
    wir einen gerechten Anteil
    Fremdheit abbekommen.
  • 2:37 - 2:40
    In den 1900ern dachten Psychologen
  • 2:40 - 2:42
    und Soziologen über Fremde nach,
  • 2:42 - 2:45
    aber nicht über menschliche Beziehungen,
  • 2:45 - 2:46
    sondern mehr darüber,
  • 2:46 - 2:49
    welche Einflüsse Fremde ausüben.
  • 2:49 - 2:52
    Stanley Milgram, Erfinder der bekannten
  • 2:52 - 2:54
    ›Six degrees of Separation‹,
  • 2:54 - 2:57
    vermutete in den 60-er und 70-ern, dass es
  • 2:57 - 3:00
    zwischen zwei beliebigen Menschen
    eine Verbindung
  • 3:00 - 3:04
    über nur fünf bis sieben Schritte gäbe.
  • 3:04 - 3:07
    Er sagte, dass wir von Fremden umgeben seien.
  • 3:07 - 3:09
    Wir können sie erreichen.
  • 3:09 - 3:11
    Es gibt Wege, sie zu erreichen.
  • 3:11 - 3:15
    Der Stanford-Soziologe
    Mark Granovetter wies 1973
  • 3:15 - 3:18
    in seinem wegweisenden Aufsatz
  • 3:18 - 3:21
    »Die Stärke schwacher Bindungen« nach,
  • 3:21 - 3:23
    dass uns die schwachen Bindungen,
  • 3:23 - 3:26
    die Fremden in unseren Netzwerken,
    effektiver
  • 3:26 - 3:31
    informieren als unsere starken Bindungen,
    der uns nahe stehenden Menschen.
  • 3:31 - 3:34
    Den starken Bindungen
    in unserem Leben macht er
  • 3:34 - 3:37
    den Vorwurf, dass diese Menschen,
  • 3:37 - 3:39
    die uns so nahe stehen,
  • 3:39 - 3:42
    einen regulierenden Effekt auf uns haben.
  • 3:42 - 3:45
    Sie produzieren Gleichmacherei.
  • 3:45 - 3:48
    Wir bei Intel haben uns in letzter Zeit
  • 3:48 - 3:50
    angesehen, wie digitale Plattformen
  • 3:50 - 3:52
    das Leben umgestalten,
  • 3:52 - 3:55
    welche Interaktionen möglich werden.
  • 3:55 - 3:56
    Unser Hauptaugenmerk
  • 3:56 - 3:59
    lag auf digitalen Plattformen, die es
  • 3:59 - 4:02
    uns ermöglichen, Dinge, die bisher nur uns
  • 4:02 - 4:05
    und unseren Freunden daheim
    zugänglich waren,
  • 4:05 - 4:09
    Unbekannten zugänglich zu machen.
  • 4:09 - 4:12
    Egal, ob es unsere Kleidung, unser Auto,
  • 4:12 - 4:14
    unser Fahrrad, ein Buch oder Musik ist,
  • 4:14 - 4:17
    wir können jetzt unsere Besitztümer nehmen
  • 4:17 - 4:21
    und sie völlig fremden Menschen
    zugänglich machen.
  • 4:21 - 4:24
    Wir kamen zu der sehr wichtigen Einsicht,
  • 4:24 - 4:25
    dass eine Veränderung
    in den Beziehungen
  • 4:25 - 4:28
    zu den eigenen Dingen
    auch die Beziehungen
  • 4:28 - 4:31
    zu anderen Menschen verändert.
  • 4:31 - 4:33
    Trotzdem verpasst
  • 4:33 - 4:37
    ein Vorhersagesystem nach
    dem anderen den Anschluss.
  • 4:37 - 4:40
    Sie sagen weiter basierend auf einer
  • 4:40 - 4:43
    überholten Charakterisierung meiner Selbst
  • 4:43 - 4:45
    vorher, was ich brauche.
  • 4:45 - 4:48
    Sicherheitstechnik um Sicherheitstechnik
  • 4:48 - 4:50
    entwirft weiterhin Datensicherheit
  • 4:50 - 4:52
    gegen Bedrohungen und Angriffe,
  • 4:52 - 4:56
    die mich dann auf ganz
    enge Beziehungen beschränkt.
  • 4:56 - 4:58
    Kategorien wie ›Freunde‹ oder ›Familie‹
  • 4:58 - 5:01
    oder ›Kontakte‹ oder ›Kollegen‹
  • 5:01 - 5:05
    drücken nicht aus, wie Beziehungen
    tatsächlich gelebt werden.
  • 5:05 - 5:07
    Es wäre effektiver, meine Beziehungen
  • 5:07 - 5:09
    aus dem Blickwinkel der Nähe und
  • 5:09 - 5:13
    der Distanz zu sehen,
    weil ich dann zu jedem Zeitpunkt,
  • 5:13 - 5:17
    je nachdem, was ich gerade brauche.
  • 5:17 - 5:21
    Nähe und Ferne zu einer bestimmten
    anderen Person bestimmen kann.
  • 5:21 - 5:24
    Menschen sind nicht nah oder fern.
  • 5:24 - 5:27
    Menschen sind immer
    eine Kombination von beidem,
  • 5:27 - 5:31
    und die Balance dazwischen
    verschiebt sich laufend.
  • 5:31 - 5:33
    Was wäre, wenn Technologie
  • 5:33 - 5:37
    mir in das Gleichgewicht
    gewisser Beziehungen reinpfuschte?
  • 5:37 - 5:39
    Was wäre, wenn Technologie
  • 5:39 - 5:43
    mir helfen könnte die Person zu finden,
    die ich gerade brauche?
  • 5:43 - 5:46
    Fremdheit bestimmt den Abgleich
  • 5:46 - 5:48
    von Nähe und Distanz, der mich
  • 5:48 - 5:52
    die Menschen finden lässt,
    die ich gerade jetzt brauche,
  • 5:52 - 5:55
    das Maß an Vertrautheit, an Entdeckung und
  • 5:55 - 6:00
    an Inspiration, die ich in
    genau diesem Augenblick brauche.
  • 6:00 - 6:02
    Fremdheit handelt nicht von Fremden.
  • 6:02 - 6:04
    Der Punkt ist einfach, dass wir
  • 6:04 - 6:07
    Zonen der Vertraulichkeit aufbrechen müssen.
  • 6:07 - 6:11
    Diese Zonen aufzurütteln
    ist eine Annäherung an Fremdheit.
  • 6:11 - 6:14
    Das Problem haben außer den Menschen
  • 6:14 - 6:16
    heutzutage auch Organisationen,
  • 6:16 - 6:21
    die sich neuer Möglichkeiten
    im großen Stil bedienen wollen.
  • 6:21 - 6:23
    Ob es um eine Partei geht,
  • 6:23 - 6:26
    die darauf besteht, das ›wer gehört zu uns‹
  • 6:26 - 6:28
    möglichst eng zu fassen, oder
  • 6:28 - 6:29
    um die Regierung,
  • 6:29 - 6:32
    die Institutionen wie die Ehe schützen
  • 6:32 - 6:36
    und den Zugang dazu auf
    wenige beschränken will, oder
  • 6:36 - 6:38
    um einen Teenager, der einsam
  • 6:38 - 6:42
    über die Beziehung zu
    seinen Eltern grübelt –
  • 6:42 - 6:45
    Fremdheit ist ein Denkansatz auf dem Wege
  • 6:45 - 6:47
    zu neuen Arten von Beziehungen.
  • 6:47 - 6:51
    Wir müssen die Normen ändern.
  • 6:51 - 6:54
    Wir müssen Normen ändern,
    um neue Technologien
  • 6:54 - 6:56
    als Basis für neue Arten
  • 6:56 - 6:58
    von Geschäften einsetzen zu können.
  • 6:58 - 7:02
    Was für interessante Fragen
    mögen in dieser Welt
  • 7:02 - 7:05
    ohne Fremde noch vor uns liegen?
  • 7:05 - 7:09
    Wie ändert sich unsere Ansicht
    über Beziehungen zu anderen?
  • 7:09 - 7:12
    Wie ändert sich unsere Ansicht
    über Beziehungen
  • 7:12 - 7:14
    zu ganz verstreuten Gruppen?
  • 7:14 - 7:18
    Wie ändert sich unsere Ansicht
    über Beziehungen zu Technologien,
  • 7:18 - 7:21
    Dingen, die aus sich selbst heraus eigenständig
  • 7:21 - 7:23
    als Sozialpartner fungieren?
  • 7:23 - 7:27
    Die Reichweite digitaler Beziehungen
    ist unermesslich.
  • 7:27 - 7:32
    Im Zusammenhang mit dieser
    weiten Reichweite digitaler Beziehungen
  • 7:32 - 7:35
    könnte das Sondieren nach Fremdheit
  • 7:35 - 7:37
    eine gute Basis für Innovation sein.
  • 7:37 - 7:38
    Vielen Dank.
  • 7:38 - 7:43
    (Beifall)
Title:
Maria Bezaitis: Der überraschende Bedarf an Fremdheit
Speaker:
Maria Bezaitis
Description:

In unserer digitalen Welt werden Sozialkontakte durch Daten hergestellt. Ohne es zu merken verbarrikadieren wir uns gegen Fremdheit – Menschen und Ideen, die nicht zu unsren Mustern passen, zu dem, was wir schon kennen, mögen oder wo wir schon mal waren. Ein Aufruf an die Technologie, uns zu liefern, was und wen wir brauchen, selbst wenn es fremdartig ist. (Gefilmt in TED@Intel.)

more » « less
Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
08:00
Katja Tongucer approved German subtitles for Why we need strangeness
Katja Tongucer edited German subtitles for Why we need strangeness
Katja Tongucer edited German subtitles for Why we need strangeness
Katja Tongucer edited German subtitles for Why we need strangeness
Patricia Calderón Koch accepted German subtitles for Why we need strangeness
Patricia Calderón Koch commented on German subtitles for Why we need strangeness
Patricia Calderón Koch edited German subtitles for Why we need strangeness
Patricia Calderón Koch edited German subtitles for Why we need strangeness
Show all

German subtitles

Revisions