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Wie ich ein Denkmal für irakische Zivilisten in die US-Regierung schmuggelte

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    Ich liebe folgendes Zitat des Aktivisten
    und Punkrock-Musikers Jello Biafra:
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    "Hasst die Medien nicht,
    werdet die Medien!"
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    Ich bin Künstler.
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    Ich arbeite gerne mit Medien und Technik,
    denn einerseits bin ich mit ihnen vertraut
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    und ich mag die Macht, die sie haben.
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    Andererseits hasse ich sie
    und habe Angst vor Ihrer Macht.
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    (Gelächter)
  • 0:26 - 0:31
    Ich erinnere mich, wie ich 2003 ein
    Interview von Fox-Moderator Tony Snow
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    und Donald Rumsfeld sah,
    dem damaligen US-Verteidigungsminister.
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    Sie sprachen über die Invasion des Irak
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    und Rumsfeld wurde gefragt:
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    "Wir erfahren, wie viele Tote wir haben,
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    aber nicht, wie viele Tote
    sie haben. Warum?"
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    Rumsfelds Antwort:
  • 0:50 - 0:55
    "Wir zählen nicht die Toten der anderen ."
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    Stimmts?
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    Man schätzt, dass zwischen 150 000
    und 1 Million Iraker, Zivilisten,
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    infolge der 2003 von den USA
    angeführten Invasion starben.
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    Diese Zahl steht in krassem Kontrast
    zu den 4 486 gestorbenen US-Soldaten
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    im selben Zeitraum.
  • 1:17 - 1:21
    Ich wollte mehr tun, als nur diese
    erschreckende Zahl bewusst zu machen.
  • 1:21 - 1:24
    Ich wollte ein Denkmal für
    die einzelnen Zivilisten erschaffen,
  • 1:24 - 1:26
    die infolge der Invasion gestorben sind.
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    Kriegsdenkmäler wie Maya Lins
    Vietnam Memorial
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    sind oft riesig.
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    Sehr kraftvoll und sehr einseitig.
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    Ich wollte, dass mein Denkmal
    in der Welt lebt und zirkuliert.
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    Ich erinnere mich an meine Schulzeit,
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    als unser Lehrer uns
    eine klassische Sozialkunde-Aufgabe gab,
  • 1:49 - 1:54
    und zwar einen Brief an
    ein Mitglied der Regierung zu schreiben.
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    Er sagte, wenn wir einen
    wirklich guten Brief schrieben,
  • 1:56 - 1:58
    wenn wir uns wirklich Gedanken machten,
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    dann würden wir eine bessere Antwort
    erhalten als einen Standardbrief.
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    Dies ist mein "Notepad".
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    Was aussieht wie
    ein alltäglicher gelber Schreibblock
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    ist in Wirklichkeit ein Denkmal
    für die einzelnen irakischen Zivilisten,
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    die infolge der US-Invasion umkamen.
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    "Notepad" ist ein Protestakt
    und eine Geste der Erinnerung,
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    verkleidet als ein
    alltäglicher Schreibblock.
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    Vergrößert man die Linien auf dem Papier,
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    erweisen sie sich als
    mikroskopisch klein gedruckter Text,
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    der die Namen, Daten und Todesorte
  • 2:37 - 2:40
    der irakischen Zivilisten darstellt,
    die ums Leben kamen.
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    In den letzten 5 Jahren habe ich also
    diese Notizblöcke tonnenweise
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    in das Schreibmaterial
    der Vereinigten Staaten
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    und der Koalitionsregierungen
    geschmuggelt.
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    (Gelächter)
  • 2:54 - 3:01
    (Beifall)
  • 3:02 - 3:06
    Natürlich kann ich hier nicht erklären,
    wie ich das gemacht habe.
  • 3:06 - 3:08
    (Gelächter)
  • 3:09 - 3:14
    Ich traf aber auch Mitglieder
    und ehemalige Mitglieder
  • 3:14 - 3:19
    der so genannten Koalition der Willigen,
    die bei der Invasion geholfen hatte.
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    Wann immer es möglich ist, treffe ich sie
  • 3:22 - 3:24
    und spreche mit ihnen über mein Projekt.
  • 3:24 - 3:27
    Letzten Sommer hatte ich die Gelegenheit,
    Alberto Gonzales zu treffen,
  • 3:27 - 3:31
    den früheren US-Generalstaatsanwalt
    und Autor des Folter-Memos.
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    (Video) Matt Kenyon:
    Darf ich Ihnen das geben?
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    Das ist ein besonderer Notizblock.
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    Er ist nämlich Teil eines
    aktuellen Kunstprojekts.
  • 3:40 - 3:42
    Alberto Gonzalez:
    Das ist ein besonderer Notizblock?
  • 3:42 - 3:44
    MK: Ja. Sie werden mir nicht glauben,
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    aber er ist in der Sammlung des
    Museum of Modern Art; ich bin Künstler.
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    AG: Okay.
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    MK: Diese Linien auf dem
    Papier sind in Wirklichkeit ...
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    AG: Werden sie verschwinden?
  • 3:52 - 3:54
    MK: Nein, es ist Mikrotext,
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    der die Namen von
    irakischen Zivilisten darstellt,
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    die seit der Invasion
    des Irak gestorben sind.
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    AG: Ah, ja. Okay.
  • 4:05 - 4:06
    AG: Danke.
    MK: Danke.
  • 4:06 - 4:08
    (Gelächter)
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    Die Art, wie er "danke" sagt,
    finde ich wirklich gruselig.
  • 4:11 - 4:12
    (Gelächter)
  • 4:13 - 4:17
    Ich möchte, dass Sie alle
    jetzt unter Ihren Sitz schauen.
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    Dort ist ein Umschlag.
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    Bitte öffnen Sie ihn.
  • 4:26 - 4:32
    Das Papier, das Sie in der Hand halten,
    enthält Angaben über irakische Zivilisten,
  • 4:32 - 4:34
    die als Ergebnis der Invasion starben.
  • 4:38 - 4:42
    Ich möchte, dass Sie auf diesem Papier
    einem Regierungsmitglied schreiben.
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    Sie können mithelfen,
    die Zahl der zivilen Opfer
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    in die Regierungsarchive zu schmuggeln.
  • 4:49 - 4:52
    Denn jeder Brief, der an
    die Regierung geschickt wird
  • 4:52 - 4:55
    -- und das gilt natürlich
    in der ganzen Welt –-,
  • 4:55 - 5:00
    jeder Brief wird erfasst,
    abgeheftet und archiviert.
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    Gemeinsam können wir dies in Briefkästen
    und vor die Augen der Mächtigen bringen.
  • 5:07 - 5:09
    Alles, was eingeschickt wird,
  • 5:09 - 5:15
    wird schließlich Teil des
    dauerhaften Archivs unserer Regierung,
  • 5:15 - 5:18
    Teil der Aufzeichnung unserer Geschichte.
  • 5:18 - 5:19
    Vielen Dank.
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    (Beifall)
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    Tom Rielly: Also, Matt,
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    wie hattest du die Idee für "Notepad"?
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    Matt Kenyon: Ich hatte gerade
    ein Projekt beendet,
  • 5:40 - 5:44
    das sich mit dem Krieg aus Sicht
    der US-Koalition beschäftigte.
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    Es war eine schwarze Armbinde mit
    dem Titel "Improvised Empathetic Device".
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    Es sammelte in Echtzeit Namen,
    Rang, Todesursache und Todesort
  • 5:55 - 5:58
    von Soldaten der US-Armee,
    die in anderen Ländern starben.
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    Immer wenn das Verteidigungsministerium
    oder CENTCOM ihre Daten bekanntgaben,
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    stach es mich in den Arm.
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    So wurde mir klar, dass es eine Art Show
    um unsere eigenen Soldaten gab,
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    die in Übersee starben.
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    Dabei war ein überproportionaler
    Anteil der Opfer Zivilopfer.
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    TR: Vielen Dank.
  • 6:15 - 6:16
    MK: Danke.
  • 6:16 - 6:18
    (Beifall)
Title:
Wie ich ein Denkmal für irakische Zivilisten in die US-Regierung schmuggelte
Speaker:
Matt Kenyon
Description:

Man schätzt, dass zwischen 150 000 und 1 Million irakischer Zivilisten infolge der US-geführten Invasion 2003 starben. Matt Kenyon wollte ein Denkmal für sie schaffen. Aber anstatt einer großen Steinsäule machte er sein Denkmal klein und reproduzierbar. Er verbrachte fünf Jahre damit, es in die Räume der Mächtigen einzuschmuggeln – unter anderem direkt in die Hände eines US-Generalstaatsanwalts, der während des Kriegs im Amt war; eine Begegnung, die auf Video aufgezeichnet wurde.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
06:55

German subtitles

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