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Wie wir online über sexuelle Gewalt sprechen

  • 0:01 - 0:04
    Letztes Jahr im April
  • 0:04 - 0:05
    war ich abends mit Freunden aus,
  • 0:05 - 0:08
    um einen Geburtstag zu feiern.
  • 0:08 - 0:10
    Wir hatten uns seit Wochen nicht gesehen.
  • 0:10 - 0:13
    Es war ein perfekter Abend miteinander.
  • 0:13 - 0:15
    Am Ende des Abends
  • 0:15 - 0:18
    nahm ich die letzte U-Bahn
    ans andere Ende Londons.
  • 0:19 - 0:20
    Die Fahrt verlief ruhig.
  • 0:20 - 0:22
    Ich erreichte meine Station
  • 0:22 - 0:25
    und begann meinen 10-minütigen Heimweg.
  • 0:25 - 0:28
    Als ich in meine Straße einbog --
  • 0:28 - 0:30
    mein Haus war schon in Sicht --
  • 0:30 - 0:31
    hörte ich Schritte,
  • 0:31 - 0:33
    die aus dem Nichts auf mich zukamen
  • 0:33 - 0:35
    und schneller wurden.
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    Bevor mir klar war, was geschah,
  • 0:38 - 0:42
    wurde mir der Mund zugehalten,
    sodass ich nicht atmen konnte,
  • 0:42 - 0:44
    und der junge Mann hinter mir
    zog mich zu Boden,
  • 0:44 - 0:46
    schlug meinen Kopf mehrfach
    auf den Gehweg,
  • 0:46 - 0:48
    bis mein Gesicht blutete,
  • 0:48 - 0:51
    trat mich in Rücken und Hals
  • 0:51 - 0:52
    und machte sich über mich her.
  • 0:52 - 0:55
    Er zerriss meine Kleidung
    und sagte: "Sei still",
  • 0:55 - 0:57
    als ich um Hilfe schreien wollte.
  • 0:57 - 1:00
    Mit jedem Schlag meines Kopfes
    gegen den Betonboden
  • 1:00 - 1:03
    ging mir eine Frage durch den Kopf,
    die mich bis heute verfolgt:
  • 1:03 - 1:06
    "Ist das jetzt mein Ende?"
  • 1:07 - 1:10
    Mir war nicht bewusst,
    dass er mich den ganzen Weg
  • 1:10 - 1:12
    von der Station weg verfolgt hatte.
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    Stunden später
  • 1:13 - 1:17
    stand ich mit freiem Oberkörper
    und nackten Beinen vor der Polizei,
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    die meine Verletzungen und blauen Flecken
  • 1:19 - 1:22
    für die Beweisaufnahme fotografierte.
  • 1:22 - 1:25
    Es ist kaum möglich,
    die verzehrenden Gefühle
  • 1:25 - 1:28
    von Verwundbarkeit, Scham,
    Ärger und Unrecht zu beschreiben,
  • 1:28 - 1:31
    die mich in jenem Moment
    und in den Wochen darauf befielen.
  • 1:32 - 1:35
    Aber ich wollte diese Gefühle
    in eine Struktur zusammenfassen,
  • 1:35 - 1:37
    die ich abarbeiten konnte.
  • 1:37 - 1:39
    Ich tat, was sich am besten anfühlte:
  • 1:39 - 1:41
    Ich schrieb darüber.
  • 1:41 - 1:44
    Es begann als kathartische Übung.
  • 1:44 - 1:47
    Ich schrieb meinem Angreifer einen Brief,
  • 1:47 - 1:49
    vermenschlichte ihn als "du",
  • 1:49 - 1:52
    um ihn als Teil der Gemeinschaft
    zu identifizieren,
  • 1:52 - 1:55
    die er an dem Abend
    gewaltsam missbrauchte.
  • 1:55 - 1:59
    Um die flutwellenartige Wirkung
    seiner Tat zu betonen, schrieb ich:
  • 1:59 - 2:02
    "Hast du je an die Menschen
    in deinem Leben gedacht?
  • 2:02 - 2:04
    Ich weiß nicht, wer sie sind.
  • 2:04 - 2:06
    Ich weiß nichts über dich.
  • 2:06 - 2:08
    Aber eins weiß ich:
  • 2:08 - 2:10
    Du hast nicht nur mich angegriffen.
  • 2:10 - 2:12
    Ich bin eine Tochter, Freundin,
  • 2:12 - 2:14
    Schwester, Schülerin,
  • 2:14 - 2:15
    Cousine, Nichte,
  • 2:15 - 2:16
    Nachbarin.
  • 2:16 - 2:20
    Ich bin die Angestellte im Café
    unter der Bahn, die Kaffee servierte.
  • 2:20 - 2:23
    All diese Menschen,
    zu denen ich Beziehungen habe,
  • 2:23 - 2:25
    sind meine Gemeinschaft.
  • 2:25 - 2:27
    Du hast sie alle angegriffen.
  • 2:27 - 2:30
    Du hast die Wahrheit
    attackiert, für die ich kämpfe
  • 2:30 - 2:32
    und für die all diese Menschen stehen:
  • 2:32 - 2:36
    dass es viel mehr gute
    als schlechte Menschen gibt."
  • 2:37 - 2:40
    Dieser Vorfall sollte nicht
    meinen Glauben an meine Gemeinschaft
  • 2:40 - 2:43
    oder die Menschheit allgemein zerrütten.
  • 2:43 - 2:47
    Also dachte ich an die Terroranschläge
    des 7. Juli 2005 in London,
  • 2:47 - 2:50
    und wie der damalige Bürgermeister
    von London sowie meine Eltern
  • 2:50 - 2:53
    darauf bestanden hatten,
    am nächsten Tag U-Bahn zu fahren,
  • 2:53 - 2:58
    damit wir nicht von den Attentätern
    definiert oder verändert würden.
  • 2:58 - 3:00
    Ich sagte zu meinem Angreifer:
  • 3:00 - 3:01
    "Du hast mich angegriffen,
  • 3:01 - 3:04
    aber ich fahre jetzt wieder U-Bahn.
  • 3:04 - 3:07
    Wir werden uns nicht dabei unsicher
    fühlen, nachts heim zu gehen.
  • 3:07 - 3:09
    Wir werden die letzten Züge nehmen
  • 3:09 - 3:11
    und alleine die Straßen entlanggehen,
  • 3:11 - 3:13
    weil wir uns nicht
    der Vorstellung unterwerfen,
  • 3:13 - 3:16
    dass wir uns dadurch in Gefahr bringen.
  • 3:16 - 3:19
    Wir werden uns weiterhin
    versammeln, wie eine Armee,
  • 3:19 - 3:22
    wenn ein Mitglied
    unserer Gemeinschaft bedroht wird.
  • 3:22 - 3:25
    Du wirst diesen Kampf nicht gewinnen."
  • 3:26 - 3:27
    Als ich den Brief schrieb --
  • 3:27 - 3:29
    (Beifall)
  • 3:29 - 3:30
    Danke.
  • 3:30 - 3:32
    (Beifall)
  • 3:33 - 3:36
    Als ich den Brief schrieb, lernte ich
    für meine Prüfungen in Oxford
  • 3:36 - 3:38
    und arbeitete dort
    für die Studentenzeitung.
  • 3:38 - 3:41
    Trotz der Unterstützung
    meiner Familie und Freunde
  • 3:41 - 3:43
    fühlte ich mich isoliert.
  • 3:43 - 3:45
    Ich kannte niemanden,
    der das Gleiche erlebt hatte;
  • 3:45 - 3:47
    so dachte ich zumindest.
  • 3:47 - 3:50
    Ich wusste von Statistiken,
    wie häufig sexuelle Übergriffe sind,
  • 3:50 - 3:52
    aber ich kannte persönlich niemand,
  • 3:52 - 3:56
    den ich über eine solche Erfahrung
    hatte sprechen hören.
  • 3:56 - 3:58
    Also entschied ich mich spontan dazu,
  • 3:58 - 4:01
    meinen Brief in der Studentenzeitung
    zu veröffentlichen,
  • 4:01 - 4:03
    um andere in Oxford zu erreichen,
  • 4:03 - 4:06
    die ähnliche Erfahrungen hatten
    und sich ähnlich fühlten.
  • 4:06 - 4:09
    Am Ende des Briefes ermutigte ich andere,
  • 4:09 - 4:12
    unter dem Hashtag #NotGuilty
    an uns zu schreiben,
  • 4:12 - 4:14
    um zu verdeutlichen,
    dass Opfer von Übergriffen
  • 4:14 - 4:17
    ohne Scham oder Schuld
    darüber sprechen konnten --
  • 4:17 - 4:20
    dass wir sexueller Gewalt
    die Stirn bieten können.
  • 4:20 - 4:23
    Ich hätte nie gedacht,
    dass der Brief sich fast über Nacht
  • 4:23 - 4:26
    wie ein Lauffeuer verbreiten würde.
  • 4:26 - 4:28
    Wir erhielten Hunderte von Geschichten
  • 4:28 - 4:30
    von Männern und Frauen weltweit,
  • 4:30 - 4:33
    die wir auf einer Website
    veröffentlichten.
  • 4:33 - 4:35
    Das Hashtag wurde zu einer Kampagne.
  • 4:36 - 4:38
    Eine australische Mutter
    in ihren Vierzigern schrieb,
  • 4:38 - 4:41
    dass ihr ein Mann
    auf eine öffentliche Toilette folgte
  • 4:41 - 4:43
    und ihr mehrfach
    zwischen die Beine fasste.
  • 4:43 - 4:45
    Ein Mann aus den Niederlanden schrieb,
  • 4:45 - 4:48
    dass er auf Besuch in London
    bei einem Date vergewaltigt wurde
  • 4:48 - 4:50
    und niemand seine Geschichte ernst nahm.
  • 4:50 - 4:54
    Leute aus Indien und Südamerika
    schrieben mir auf Facebook
  • 4:54 - 4:57
    und wollten die Botschaft
    unserer Kampagne dort verbreiten.
  • 4:57 - 5:00
    Einer unserer ersten Beiträge
    kam von Nikki,
  • 5:00 - 5:03
    die als Kind von ihrem Vater
    sexuell belästigt worden war.
  • 5:03 - 5:05
    Freunde erzählten mir von Erfahrungen,
  • 5:05 - 5:09
    die eine Woche bis
    mehrere Jahre zurücklagen,
  • 5:09 - 5:11
    von denen ich nichts wusste.
  • 5:11 - 5:13
    Je mehr Nachrichten wir erhielten,
  • 5:13 - 5:16
    desto öfter erhielten wir
    hoffnungsvolle Nachrichten;
  • 5:16 - 5:19
    Menschen fühlten sich
    durch die Gemeinschaft gestärkt,
  • 5:19 - 5:21
    die gegen sexuelle Gewalt
    und Opferbeschuldigung auftrat.
  • 5:21 - 5:23
    Eine Frau namens Olivia,
  • 5:23 - 5:25
    die von jemandem angegriffen wurde,
  • 5:25 - 5:27
    dem sie vertraut und
    den sie gemocht hatte, sagte:
  • 5:27 - 5:30
    "Ich habe hier viele Geschichten gelesen
  • 5:30 - 5:33
    und hoffe, dass, wenn so viele Frauen
    weiterleben können,
  • 5:33 - 5:34
    ich das auch kann.
  • 5:34 - 5:36
    Ich bin inspiriert worden und hoffe,
  • 5:36 - 5:39
    irgendwann auch so stark zu sein,
    und das werde ich sicher."
  • 5:39 - 5:42
    Menschen weltweit twitterten
    unter dem Hashtag,
  • 5:42 - 5:45
    die Presse im ganzen Land
    berichtete von dem Brief
  • 5:45 - 5:48
    und er wurde weltweit
    in mehrere Sprachen übersetzt.
  • 5:48 - 5:51
    Mir fiel aber etwas
    an dem Medienrummel auf,
  • 5:51 - 5:53
    den der Brief verursachte:
  • 5:53 - 5:55
    Damit etwas auf die Titelseite kommt,
  • 5:55 - 5:58
    als "Neuigkeit" bezeichnet wird,
  • 5:58 - 6:01
    sollte es auch neu oder überraschend sein.
  • 6:01 - 6:04
    Aber sexuelle Übergriffe
    sind nichts Neues.
  • 6:04 - 6:07
    Sexuelle Übergriffe und anderes Unrecht
  • 6:07 - 6:09
    sind ständig in den Medien.
  • 6:09 - 6:11
    Aber durch die Kampagne war dieses Unrecht
  • 6:11 - 6:13
    nicht nur ein Nachrichtenbeitrag,
  • 6:13 - 6:16
    sondern direkte Erfahrungen
    von echten Menschen,
  • 6:16 - 6:21
    die mit gegenseitiger Solidarität
    etwas Nötiges und Neues schufen:
  • 6:21 - 6:22
    eine gemeinsame Plattform,
  • 6:22 - 6:26
    die Bestätigung, nicht alleine zu sein
    oder Schuld zu tragen
  • 6:26 - 6:29
    und offene Diskussionen,
    um Stigma abzubauen.
  • 6:29 - 6:33
    Die Stimmen der direkt Betroffenen
    standen im Vordergrund,
  • 6:33 - 6:37
    nicht die Stimmen von Journalisten
    oder Kommentatoren in sozialen Medien.
  • 6:37 - 6:40
    Das machte diese Geschichte zur Neuigkeit.
  • 6:40 - 6:42
    Wir leben in einer sehr vernetzten Welt,
  • 6:42 - 6:44
    wo soziale Medien weit verbreitet sind,
  • 6:44 - 6:48
    was ein großartiges Mittel
    für sozialen Wandel ist.
  • 6:48 - 6:51
    Aber es hat uns auch
    reaktionsfreudiger gemacht,
  • 6:51 - 6:54
    von kleinen Ärgernissen wie
    "Mein Zug hat Verspätung"
  • 6:54 - 6:59
    bis zum größten Unrecht wie Krieg,
    Völkermord und Terroranschlägen.
  • 6:59 - 7:02
    Unsere Standardreaktion heute
    auf jeden Missstand ist,
  • 7:02 - 7:05
    Hashtags zu twittern,
    auf Facebook zu posten;
  • 7:05 - 7:08
    anderen zu zeigen,
    dass auch wir reagiert haben.
  • 7:08 - 7:10
    Das Problem mit solchen
    Massenreaktionen ist,
  • 7:10 - 7:13
    dass wir manchmal gar nicht reagieren;
  • 7:13 - 7:15
    zumindest nicht,
    indem wir wirklich etwas tun.
  • 7:15 - 7:17
    Wir mögen uns besser fühlen,
  • 7:17 - 7:20
    als würden wir zur kollektiven Trauer
    oder Entrüstung beitragen,
  • 7:20 - 7:22
    aber es ändert nichts.
  • 7:22 - 7:25
    Mehr noch: Es kann
    die Stimmen derer übertönen,
  • 7:25 - 7:27
    die direkt von dem Unrecht betroffen sind,
  • 7:27 - 7:29
    die gehört werden müssen.
  • 7:30 - 7:34
    Beunruhigend ist auch, wenn man
    auf Ungerechtigkeit reagiert,
  • 7:34 - 7:37
    indem man mehr Mauern baut
    und schnell auf andere zeigt,
  • 7:37 - 7:40
    um komplexe Probleme
    auf einfache Art zu lösen.
  • 7:40 - 7:44
    Eine britische Boulevardzeitung druckte
    diese Schlagzeile zu meinem Brief:
  • 7:44 - 7:49
    "Oxford-Studentin startet Online-Kampagne,
    um Angreifer zu beschämen."
  • 7:50 - 7:52
    Aber die Kampagne
    sollte niemanden beschämen.
  • 7:52 - 7:56
    Sie sollte Menschen sprechen
    und andere zuhören lassen.
  • 7:56 - 7:59
    Trolle auf Twitter schufen
    noch mehr Ungerechtigkeit,
  • 7:59 - 8:03
    indem sie über Herkunft und Stand
    meines Angreifers diskutierten,
  • 8:03 - 8:05
    um ihre Vorurteile zu verbreiten.
  • 8:05 - 8:09
    Mir wurde sogar vorgeworfen,
    alles erfunden zu haben,
  • 8:09 - 8:11
    um -- und ich zitiere,
  • 8:11 - 8:15
    mein "feministisches Programm
    des Männerhasses voranzutreiben".
  • 8:15 - 8:16
    (Lachen)
  • 8:16 - 8:18
    Nicht wahr? Als würde ich sagen:
  • 8:18 - 8:20
    "Hey, sorry, heute geht nicht,
    ich bin damit beschäftigt,
  • 8:20 - 8:23
    alle Männer zu hassen, bis ich 30 bin."
  • 8:23 - 8:25
    (Lachen)
  • 8:25 - 8:27
    Ich bin ziemlich sicher,
  • 8:27 - 8:30
    dass mir das niemand
    ins Gesicht sagen würde.
  • 8:30 - 8:33
    Aber weil sie am Bildschirm sitzen,
  • 8:33 - 8:34
    gemütlich zu Hause,
  • 8:34 - 8:38
    vergessen viele in sozialen Medien,
    dass sie etwas Öffentliches tun --
  • 8:38 - 8:41
    dass andere Menschen es lesen
    und davon betroffen sein werden.
  • 8:41 - 8:45
    Zurück zu meinem Beispiel,
    weiterhin U-Bahn zu fahren:
  • 8:45 - 8:46
    Ich sorge mich auch darum,
  • 8:46 - 8:49
    dass dieser eskalierende Lärm
    der Onlinereaktionen auf Unrecht
  • 8:49 - 8:53
    uns leicht die Opferrolle zuweisen kann --
  • 8:53 - 8:55
    was zu Pessimismus führen kann,
  • 8:55 - 8:59
    zu einer Art geistigen Barriere gegen
    jede Chance auf Positives oder Wandel
  • 8:59 - 9:01
    nach einer negativen Situation.
  • 9:01 - 9:05
    Ein paar Monate vor der Kampagne
    und vor dem Ereignis
  • 9:05 - 9:07
    besuchte ich einen TEDxEvent in Oxford
  • 9:07 - 9:09
    und sah Zelda la Grange,
  • 9:09 - 9:11
    Nelson Mandelas
    ehemalige Privatsekretärin.
  • 9:11 - 9:14
    Eine ihrer Geschichten berührte mich.
  • 9:14 - 9:17
    Die südafrikanische Rugby-Union
    brachte Mandela einmal vor Gericht,
  • 9:17 - 9:20
    nachdem er eine Ermittlung
    veranlasst hatte.
  • 9:20 - 9:24
    Im Gerichtssaal ging er zu
    den Anwälten der Rugby-Union,
  • 9:24 - 9:28
    schüttelte ihre Hand und sprach
    mit ihnen allen in ihrer Sprache.
  • 9:28 - 9:29
    Zelda wollte widersprechen;
  • 9:29 - 9:31
    sie hatten kein Recht auf seinen Respekt
  • 9:31 - 9:34
    nach dem Unrecht,
    das sie ihm angetan hatten.
  • 9:34 - 9:36
    Er wandte sich zu ihr und sagte:
  • 9:36 - 9:41
    "Erlaube niemals deinem Feind,
    das Schlachtfeld festzulegen."
  • 9:42 - 9:44
    Als ich diese Worte hörte,
  • 9:44 - 9:45
    war mir nicht klar, warum,
  • 9:45 - 9:49
    aber sie erschienen mir wichtig
    und ich notierte sie.
  • 9:49 - 9:52
    Ich habe seitdem viel darüber nachgedacht.
  • 9:52 - 9:55
    Rache oder der Ausdruck von Hass
  • 9:55 - 9:57
    gegenüber denen, die uns Unrecht tun,
  • 9:57 - 10:00
    mag eine menschliche, instinktive
    Reaktion auf Unrecht sein.
  • 10:00 - 10:02
    Aber wir müssen den Kreislauf stoppen,
  • 10:02 - 10:07
    wenn wir Unrecht in positiven
    sozialen Wandel verwandeln wollen.
  • 10:07 - 10:10
    Andernfalls erlauben wir
    unserem Feind weiterhin,
  • 10:10 - 10:13
    das Schlachtfeld festzulegen,
    und es bilden sich zwei Lager:
  • 10:13 - 10:15
    Wir, die Leidtragenden
    in der Opferrolle
  • 10:15 - 10:17
    gegen sie, die Täter.
  • 10:18 - 10:20
    So wie wir wieder U-Bahn gefahren sind,
  • 10:20 - 10:24
    dürfen wir uns auf unseren Plattformen
    der Vernetzung und Gemeinschaft
  • 10:24 - 10:26
    nicht geschlagen geben.
  • 10:27 - 10:31
    Aber ich möchte Reaktionen
    in sozialen Medien nicht verhindern,
  • 10:31 - 10:33
    weil die Entstehung
    der #NotGuilty-Kampagne
  • 10:33 - 10:35
    vor allem auf ihnen basiert.
  • 10:35 - 10:39
    Ich möchte eher ihre bedachte Nutzung
    im Umgang mit Unrecht fördern.
  • 10:39 - 10:42
    Wir sollten uns zuerst zwei Dinge fragen.
  • 10:42 - 10:45
    Erstens: Warum empfinde ich
    dieses Unrecht?
  • 10:45 - 10:47
    In meinem Fall gab es dafür
    mehrere Antworten.
  • 10:47 - 10:49
    Jemand hatte mich
    und meine Liebsten verletzt
  • 10:49 - 10:52
    und nahm an, er würde nicht
    zur Rechenschaft gezogen
  • 10:52 - 10:54
    oder müsse den Schaden anerkennen.
  • 10:54 - 10:57
    Zudem erfahren täglich Tausende
    Männer und Frauen sexuelle Gewalt
  • 10:57 - 10:58
    und schweigen,
  • 10:58 - 11:02
    und doch sprechen wir weniger darüber
    als über andere Probleme.
  • 11:02 - 11:05
    Viele Opfer werden immer noch beschuldigt.
  • 11:05 - 11:09
    Zweitens: Wie kann ich,
    wenn ich die Gründe erkannt habe,
  • 11:09 - 11:10
    diese umkehren?
  • 11:10 - 11:14
    In meinem Fall zogen wir meinen
    und andere Angreifer zur Rechenschaft.
  • 11:14 - 11:17
    Wir konfrontierten sie damit,
    was sie verursacht hatten.
  • 11:17 - 11:19
    Wir schufen eine Plattform
    für das Problem sexueller Gewalt,
  • 11:19 - 11:23
    eröffneten Diskussionen
    mit Freunden, Familien und in Medien,
  • 11:23 - 11:24
    die zu lange verschlossen waren,
  • 11:24 - 11:28
    und wir betonten die Unschuld der Opfer
    an dem, was ihnen passiert war.
  • 11:28 - 11:31
    Wir haben noch viel zu tun,
    bis dieses Problem gelöst ist.
  • 11:31 - 11:32
    Aber auf diese Weise
  • 11:32 - 11:36
    können wir soziale Medien
    für soziale Gerechtigkeit einsetzen --
  • 11:36 - 11:37
    um zu bilden, zum Dialog anzuregen,
  • 11:37 - 11:41
    Entscheidungsträger
    auf ein Problem hinzuweisen,
  • 11:41 - 11:44
    indem wir denen zuhören,
    die davon betroffen sind.
  • 11:44 - 11:49
    Denn auf manche Fragen
    gibt es keine leichten Antworten.
  • 11:49 - 11:51
    Auf die wenigsten.
  • 11:51 - 11:54
    Das heißt nicht, dass wir
    unbedacht darauf antworten sollten.
  • 11:54 - 11:57
    Wenn Ihnen nichts einfällt,
  • 11:57 - 11:59
    wie Sie dieses Unrecht umkehren können,
  • 11:59 - 12:01
    können Sie immer noch darüber nachdenken,
  • 12:01 - 12:04
    was Sie nicht tun sollten.
  • 12:04 - 12:09
    Sie sollten Unrecht nicht mit Vorurteilen
    oder noch mehr Hass bekämpfen.
  • 12:09 - 12:13
    Sie sollten nicht
    die direkt Betroffenen übertönen.
  • 12:13 - 12:15
    Sie sollten nicht auf Unrecht reagieren,
  • 12:15 - 12:17
    und es am nächsten Tag vergessen,
  • 12:17 - 12:20
    weil niemand mehr
    auf Twitter darüber spricht.
  • 12:20 - 12:24
    Ironischerweise ist manchmal
    keine sofortige Reaktion
  • 12:24 - 12:27
    die beste sofortige Reaktion.
  • 12:28 - 12:32
    Wir mögen wütend, aufgebracht
    und empört über das Unrecht sein,
  • 12:32 - 12:35
    aber wir sollten über
    unsere Reaktion nachdenken.
  • 12:35 - 12:39
    Wir sollten Menschen
    zur Rechenschaft ziehen,
  • 12:39 - 12:42
    ohne sie selbst zu beschämen
    und ungerecht zu sein.
  • 12:42 - 12:44
    Wir sollten an den Unterschied
  • 12:44 - 12:47
    zwischen Kritik und Beleidigung denken,
  • 12:47 - 12:49
    der im Internet oft vergessen wird.
  • 12:49 - 12:51
    Wir sollten denken, bevor wir sprechen,
  • 12:51 - 12:54
    auch wenn wir am Bildschirm sitzen.
  • 12:54 - 12:56
    Wenn wir in sozialen Medien Lärm machen,
  • 12:56 - 12:58
    sollten wir nicht
    die Betroffenen übertönen,
  • 12:58 - 13:01
    sondern ihre Stimmen verstärken,
  • 13:01 - 13:03
    sodass man im Internet keine Ausnahme ist,
  • 13:03 - 13:06
    wenn man über eine
    eigene Erfahrung spricht.
  • 13:06 - 13:09
    Dieser besonnene Umgang mit Unrecht
  • 13:09 - 13:12
    stützt sich auf
    die Grundpfeiler des Internets:
  • 13:12 - 13:15
    Vernetzen, Zeichen setzen --
  • 13:15 - 13:17
    Menschen zusammenbringen,
  • 13:17 - 13:19
    nicht sie trennen.
  • 13:19 - 13:23
    Schlagen Sie "Gerechtigkeit"
    im Wörterbuch nach.
  • 13:24 - 13:26
    Noch vor Strafe,
  • 13:26 - 13:29
    Rechtsgewalt und Gerichtsbehörden
  • 13:29 - 13:31
    finden Sie:
  • 13:31 - 13:34
    "Die Aufrechterhaltung des Richtigen".
  • 13:34 - 13:38
    Wenige Dinge auf der Welt
    sind "richtiger",
  • 13:38 - 13:39
    als Menschen zusammenzubringen;
  • 13:39 - 13:41
    als Verbindungen.
  • 13:41 - 13:44
    Wenn wir den sozialen Medien
    das ermöglichen,
  • 13:44 - 13:49
    können sie uns eine sehr kraftvolle Art
    von Gerechtigkeit bringen.
  • 13:49 - 13:50
    Vielen Dank.
  • 13:50 - 13:53
    (Beifall)
Title:
Wie wir online über sexuelle Gewalt sprechen
Speaker:
Ione Wells
Description:

Laut der Autorin und Aktivistin Ione Wells brauchen wir eine besonnenere Herangehensweise dabei, wie wir soziale Medien für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Nachdem sie in London überfallen worden war, veröffentlichte Ione Wells in einer Studentenzeitung einen Brief an ihren Angreifer, der sich rasend schnell verbreitete und die #NotGuilty-Kampagne gegen sexuelle Gewalt und Beschuldigung der Opfer ins Leben rief. In diesem bewegenden Vortrag erzählt sie, wie das Veröffentlichen ihrer eigenen Geschichte anderen Hoffnung gab, und bezieht mit kraftvollen Worten Stellung gegen Online-Shaming.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
13:56
  • Vorschlag:
    00:31 "aus dem Nichts"
    05:19 "auftrat" statt "sprach"

German subtitles

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