Kapitalismus überdenken
-
0:00 - 0:05Das ist eine Geschichte
über den Kapitalismus. -
0:05 - 0:07Ich liebe dieses System,
-
0:07 - 0:12das mir und Millionen Menschen
Gelegenheiten geboten hat. -
0:12 - 0:18In meinen 20ern begann ich
in den Elendsvierteln mit Baumwollhandel. -
0:18 - 0:22Wenn es je einen freien Markt gegeben hat,
dann war es dieser, -
0:22 - 0:25wo die Männer Krawatten trugen,
aber wie Gladiatoren kämpften, -
0:25 - 0:29um unbedingt einen Gewinn zu erzielen.
-
0:29 - 0:32Zum Glück war ich gut genug,
so dass ich mit 30 in der Lage war, -
0:32 - 0:36die oberen Gefilde
der Geldgeschäfte zu führen. -
0:36 - 0:40Die nächsten drei Jahrzehnte
arbeitete ich als globaler Makrohändler. -
0:40 - 0:43In der Zeit sah ich viele merkwürdige
Dinge in den Märkten geschehen -
0:43 - 0:48und ich habe mit lauter
verrückten Leuten verhandelt. -
0:48 - 0:53Leider sind wir jetzt
in einem schlechten Moment, -
0:53 - 0:57mit Sicherheit der schlimmste
meiner Karriere, -
0:57 - 1:01und Manien führen nie zu etwas Gutem.
-
1:01 - 1:04In den letzten 50 Jahren
-
1:04 - 1:09haben wir als Gesellschaft
unsere Unternehmen -
1:09 - 1:15in einer fast monomanen Weise betrachtet,
-
1:15 - 1:18besonders hinsichtlich ihrer Bewertung
-
1:18 - 1:22und wir haben den Schwerpunkt
auf die Gewinne, -
1:22 - 1:25auf kurzfristige Quartalsgewinne
und Aktienkurse gelegt, -
1:25 - 1:28so dass alles andere ausgeschlossen wurde.
-
1:28 - 1:32Es ist, als ob wir unseren Unternehmen
die Menschlichkeit genommen hätten. -
1:32 - 1:36Im Alltag reduzieren wir
die Menschen nicht zu Nummern, -
1:36 - 1:40und spielen mit ihnen wie mit Legosteinen.
-
1:40 - 1:42In unserem eigenen Leben
tun wir das nicht. -
1:42 - 1:45Wir beurteilen jemanden nicht
-
1:45 - 1:49auf der Grundlage seines monatlichen
Einkommens oder seiner Bonität, -
1:49 - 1:51aber wenn wir ein Unternehmen einschätzen,
-
1:51 - 1:54wenden wir diese Doppelmoral an.
-
1:54 - 1:55Und wissen Sie was?
-
1:55 - 1:58Diese bedroht gerade die Grundlagen
unserer Gesellschaft. -
1:58 - 2:00Ich zeige es Ihnen.
-
2:00 - 2:06Dieses Diagramm zeigt die Gewinnspannen
der letzten 40 Jahre in Prozent -
2:06 - 2:11und Sie sehen, mit 12,5 % hatten wir
den höchsten Wert seit 40 Jahren. -
2:11 - 2:14Hurra, wenn Sie ein Aktionär sind.
-
2:14 - 2:19Aber wenn Sie ein durchschnittlicher
amerikanischer Arbeiter sind, -
2:19 - 2:22dann können Sie erkennen,
dass das gar nicht so gut war. -
2:22 - 2:25["Einkommen US-Arbeitnehmer vs.
Gehälter der Geschäftsführer"]. -
2:25 - 2:29Hohe Gewinnspannen erhöhen nicht
den gesellschaftlichen Reichtum. -
2:29 - 2:34Eigentlich verschärfen sie
die Einkommensungleichheit, -
2:34 - 2:36und das ist auf keinen Fall gut.
-
2:36 - 2:39Aber ergibt das intuitiv einen Sinn?
-
2:39 - 2:42Wenn nämlich die 10 %
der amerikanischen Familien -
2:42 - 2:4590 % der Aktien besitzen,
-
2:45 - 2:48bekommen sie einen größeren Anteil
der Unternehmensgewinne, -
2:48 - 2:52und dann bleibt fast nichts mehr
für den Rest der Gesellschaft übrig. -
2:52 - 2:54Ich wiederhole, Einkommensungleichheit
ist nicht gut. -
2:54 - 2:57Das folgende Diagramm,
von "The Equality Trust", -
2:57 - 3:02zeigt 21 Länder von Österreich
über Japan bis nach Neuseeland. -
3:02 - 3:05Die horizontale Achse stellt
die Einkommensungleichheit dar. -
3:05 - 3:08Je weiter man nach rechts geht,
je größer die Einkommensungleichheit. -
3:08 - 3:11Die vertikale Achse stellt
neun soziale Maßstäbe dar. -
3:11 - 3:14Je weiter nach oben,
je schlimmer werden die Probleme, -
3:14 - 3:19wie Lebenserwartung, Teenager-
Schwangerschaften, Alphabetisierung, -
3:19 - 3:22soziale Mobilität,
um nur ein paar zu nennen. -
3:22 - 3:25Die hier anwesenden Amerikaner
werden sich fragen: -
3:25 - 3:28Welchen Platz belegt denn die USA?
-
3:28 - 3:30Wo befinden sie sich im Diagramm?
-
3:30 - 3:31Raten Sie mal!
-
3:31 - 3:34Wir sind nicht mal mehr drin.
-
3:34 - 3:36Ja, wir sind diejenigen,
-
3:36 - 3:39die nach diesen Maßstäben
die größte Einkommensungleichheit -
3:39 - 3:42und die größten sozialen Probleme haben.
-
3:42 - 3:45Hier ist eine Makro-Prognose,
-
3:45 - 3:48die besagt, dass die Kluft zwischen
den Reichsten und den Ärmsten -
3:48 - 3:50kleiner werden wird.
-
3:50 - 3:52Die Geschichte lehrt es uns.
-
3:52 - 3:54Es geschieht in einer von drei Arten:
-
3:54 - 4:01Durch eine Revolution, eine
Steuererhöhung oder einen Krieg. -
4:01 - 4:03Keiner von diesen sind
auf meiner Wunschliste. -
4:03 - 4:04(Gelächter)
-
4:04 - 4:06Es gibt es einen anderen Weg, dies zu tun,
-
4:06 - 4:10nämlich indem man die Gerechtigkeit
im Unternehmensverhalten erhöht. -
4:10 - 4:13Aber wie wir jetzt gerade arbeiten,
-
4:13 - 4:17bräuchten wir dafür eine radikale
Veränderung unserer Gewohnheiten, -
4:17 - 4:21so wie ein Drogenabhängiger,
der seine Gewohnheit aufgeben will. -
4:21 - 4:24Der erste Schritt ist,
das Problem zuzugeben. -
4:24 - 4:31Diese Gewinnmanie ist so verankert,
dass wir uns gar nicht bewusst sind, -
4:31 - 4:33dass sie unsere Gesellschaft
gerade zerstört. -
4:33 - 4:37Hier ist ein überraschendes Beispiel,
das zeigt, was wir gerade tun: -
4:37 - 4:40Dieses Diagramm zeigt
die Spendenaktionen der Unternehmen -
4:40 - 4:46als Prozentsatz des Gewinns, nicht
des Umsatzes, in den letzten 30 Jahren. -
4:46 - 4:51Vergleichen Sie das Diagramm mit dem
vorherigen bezüglich der Gewinnspannen -
4:51 - 4:57und ich frage Sie: Finden Sie das okay?
-
4:57 - 5:00Offen gesagt, als ich begann,
es zu schreiben, dachte ich: -
5:00 - 5:02Wow, und mein Unternehmen?
Was macht Tudor? -
5:02 - 5:08Mir wurde bewusst, dass wir
ein Prozent unseres Gewinns -
5:08 - 5:10jedes Jahr für
wohltätige Zwecke spenden. -
5:10 - 5:13Ich, der angebliche Philanthrop.
-
5:13 - 5:20Als ich mir dem bewusst wurde,
wollte ich mich buchstäblich übergeben. -
5:20 - 5:22Aber diese Manie ist so tief verankert,
-
5:22 - 5:25dass es wohlmeinenden Menschen
wie mir nicht klar ist, -
5:25 - 5:28dass wir Teil dieses Mechanismus sind.
-
5:28 - 5:30Wir werden das Unternehmensverhalten
-
5:30 - 5:36nicht durch mehr Philanthropie
oder Spenden ändern. -
5:36 - 5:39Übrigens haben wir sie
seitdem vervierfacht, -
5:39 - 5:43aber -- (Applaus) -- Bitte.
-
5:43 - 5:47Aber wir können mehr
als das Verhalten ändern. -
5:47 - 5:52Wir können dem System vertrauen,
das uns bis hierhin gebracht hat: -
5:52 - 5:54das System des freien Marktes.
-
5:54 - 5:57Vor etwa einem Jahr haben
einige Freunde und ich -
5:57 - 6:00ein gemeinnütziges Unternehmen,
"Just Capital", gegründet. -
6:00 - 6:01Die Aufgabe ist einfach:
-
6:01 - 6:04Unternehmen und Konzernen zu helfen,
-
6:04 - 6:09gerechter unter Einbezug
der Öffentlichkeit zu handeln, -
6:09 - 6:16um die Kriterien für gerechteres
Unternehmensverhalten zu definieren. -
6:16 - 6:18Im Moment gibt es keinen
weithin anerkannten Standard, -
6:18 - 6:22dem ein Unternehmen folgen kann
und da kommt Just Capital ins Spiel. -
6:22 - 6:28Ab diesem Jahr werden wir
eine landesweite Umfrage -
6:28 - 6:32mit 20 000 repräsentativen
Amerikanern durchführen, -
6:32 - 6:35um genau herauszufinden,
was derer Meinung nach -
6:35 - 6:39die Kriterien für eine gerechteres
Unternehmensverhalten sind. -
6:39 - 6:42Dieses Modell wird
in den USA beginnen, -
6:42 - 6:44aber es kann auf die ganze Welt
ausgedehnt werden -
6:44 - 6:46und vielleicht werden wir herausfinden,
-
6:46 - 6:49dass die Öffentlichkeit Arbeitsplätze
-
6:49 - 6:54mit Mindestlöhnen haben will,
oder gesündere Produkte, -
6:54 - 6:58oder die Umwelt schützen möchte,
anstatt ihr zu schaden. -
6:58 - 7:02Bei Just Capital wissen wir es nicht, und
die Entscheidung ist auch nicht an uns. -
7:02 - 7:04Wir sind nur Boten,
-
7:04 - 7:08aber wir vertrauen 100 % der
amerikanischen Öffentlichkeit, -
7:08 - 7:10die Dinge richtig hinzubiegen.
-
7:10 - 7:13Im September werden wir die Ergebnisse
zum ersten Mal veröffentlichen. -
7:13 - 7:16Nächstes Jahr werden wir
eine neue Umfrage machen, -
7:16 - 7:21d. h. wir werden die 1 000 größten
Unternehmen der USA, -
7:21 - 7:26von Nummer 1 bis 1 000,
miteinander vergleichen -- -
7:26 - 7:29mit dem "Gerechtigkeits-Index".
-
7:29 - 7:34Wir sind ein gemeinnütziges
und unabhängiges Unternehmen, -
7:34 - 7:39das der amerikanischen Öffentlichkeit
eine Stimme geben wird. -
7:39 - 7:43Vielleicht werden wir
im Laufe der Zeit herausfinden, -
7:43 - 7:45welche die gerechtesten Unternehmen sind.
-
7:45 - 7:49Dann orientieren sich Wirtschafts-
und Personalressourcen an ihnen. -
7:49 - 7:51Sie werden die wohlhabendsten werden
-
7:51 - 7:54und werden unser Land wieder
zum wohlhabendsten machen. -
7:55 - 7:59Der Kapitalismus hat für jede
größere Innovation gestanden, -
7:59 - 8:04die die Welt zu einem immer wunderbareren,
inspirierenden Ort gemacht hat. -
8:05 - 8:07Der Kapitalismus muss
auf Gerechtigkeit beruhen. -
8:07 - 8:10Das muss so sein, und heute mehr denn je,
-
8:10 - 8:13wo jeden Tag Wirtschaftszweige wachsen.
-
8:13 - 8:16Man schätzt, dass 47 %
der amerikanischen Arbeiter -
8:16 - 8:20in den nächsten 20 Jahren
verdrängt werden können. -
8:20 - 8:22Ich bin nicht gegen den Fortschritt.
-
8:22 - 8:27Ich möchte das fahrerlose Auto
und das Jetpack wie jeder andere auch. -
8:27 - 8:32Aber ich bitte Sie zu verstehen,
dass mit größeren Gewinnen und Wohlstand -
8:32 - 8:38auch größtere Verantwortung einhergeht.
-
8:38 - 8:44"Ohne Gerechtigkeit", so Adam Smith,
der Vater des Kapitalismus, -
8:44 - 8:49"muss der ungeheure Bau
der menschlichen Gesellschaft -
8:49 - 8:54augenblicklich zusammenstürzen
und in Atome zerfallen". -
8:54 - 8:57Als ich jung war und es ein Problem gab,
hatte meine Mutter -
8:57 - 9:02die Gewohnheit zu seufzen,
ihren Kopf zu schütteln und zu sagen: -
9:02 - 9:06"Hab Erbarmen, hab Erbarmen."
-
9:06 - 9:10Jetzt ist nicht die Zeit,
Erbarmen zu zeigen. -
9:10 - 9:13Jetzt ist die Zeit für uns,
Gerechtigkeit zu zeigen, -
9:13 - 9:21und wir können es tun, Sie und ich,
von unserem Arbeitsplatz aus. -
9:21 - 9:24Und wenn wir die Gerechtigkeit
und die Gewinne gleichsetzen, -
9:24 - 9:28werden wir die schönste Sache
der ganzen Welt zurück erhalten: -
9:28 - 9:32unsere Menschlichkeit.
-
9:32 - 9:34Vielen Dank.
-
9:34 - 9:38(Applaus)
- Title:
- Kapitalismus überdenken
- Speaker:
- Paul Tudor Jones
- Description:
-
Paul Tudor Jones II. liebt den Kapitalismus. Es ist ein System, das ihn in den letzten Jahrzehnten zufriedengestellt hat. Dennoch ist der Hedgefonds-Manager und Philanthrop darüber besorgt, dass der Hauptfokus auf den Gewinnen liegt, "die Grundlagen der Gesellschaft bedroht", wie er selbst sagt. In seinem nachdenklichen und leidenschaftlichen Vortrag beschreibt er die Planung einer Gegenoffensive, die sich auf das Konzept der "Gerechtigkeit" konzentriert.
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 09:51
Nadine Hennig approved German subtitles for Why we need to rethink capitalism | ||
Nadine Hennig edited German subtitles for Why we need to rethink capitalism | ||
Nadine Hennig edited German subtitles for Why we need to rethink capitalism | ||
Nadine Hennig edited German subtitles for Why we need to rethink capitalism | ||
Patricia Calderón Koch accepted German subtitles for Why we need to rethink capitalism | ||
Nadine Hennig rejected German subtitles for Why we need to rethink capitalism | ||
Nadine Hennig edited German subtitles for Why we need to rethink capitalism | ||
Nadine Hennig edited German subtitles for Why we need to rethink capitalism |