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Wie erschafft man einen heiligen Raum?

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    Die Architekturschule, an der ich
    vor etwa 30 Jahren studiert habe,
  • 0:05 - 0:09
    befand sich gegenüber
    der wunderbaren Kunstgalerie,
  • 0:09 - 0:12
    entworfen vom großartigen
    Architekten Louis Kahn.
  • 0:13 - 0:17
    Das Gebäude gefällt mir sehr
    und ich habe es oft besucht.
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    Eines Tages sah ich,
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    wie der Wachmann mit der Hand
    über die Betonwand strich.
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    Es war die Art, wie er das tat,
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    sein Gesichtsausdruck --
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    etwas berührte mich.
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    Ich konnte sehen, dass das Gebäude
    den Wachmann bewegte
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    und dass Architektur in der Lage ist,
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    zu berühren.
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    Ich konnte es sehen
    und weiß noch, wie ich dachte:
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    "Wow, wie schafft Architektur das?"
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    Im Studium lernte ich Entwerfen,
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    aber hier -- hier war
    eine Reaktion des Herzens.
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    Und es berührte mich bis ins Mark.
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    Wissen Sie, man strebt nach Schönheit,
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    Sinnlichkeit, Atmosphäre
    und nach einer emotionalen Reaktion.
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    Das ist der Bereich des Unbeschreiblichen
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    und Unermesslichen.
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    Und dafür lebt man:
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    für die Chance, es zu versuchen.
  • 1:28 - 1:31
    2003 fand eine öffentliche
    Ausschreibung statt,
  • 1:31 - 1:34
    den Bahai-Tempel
    von Südamerika zu entwerfen.
  • 1:34 - 1:37
    Dies war der erste Tempel
    in ganz Südamerika,
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    ein Tempel für den Kontinent,
  • 1:38 - 1:42
    ein extrem wichtiger Meilenstein
    für die Bahai-Gemeinschaft,
  • 1:42 - 1:46
    denn es sollte der letzte Tempel
    für einen ganzen Kontinent sein,
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    der die Tür zum Bau von Tempeln
    für Länder und Gemeinden
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    auf der ganzen Welt öffnen sollte.
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    Der Auftrag war trügerisch einfach
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    und einmalig in der Religionsgeschichte:
  • 1:59 - 2:04
    ein runder Raum, neun Seiten,
    neun Eingänge, neun Wege,
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    durch die der Tempel aus allen
    Richtungen betreten werden kann.
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    Neun symbolisiert Ganzheit,
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    Perfektion.
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    Keine Kanzel, keine Predigten,
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    denn im Bahai-Glauben
    gibt es keine Geistlichen.
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    Und in einer Welt, die Mauern baut,
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    musste die Form des Designs
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    genau das Gegenteil ausdrücken.
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    Es musste offen und einladend sein
  • 2:37 - 2:42
    für Menschen jeder Glaubensrichtung,
    Gesellschaftsschicht, Herkunft,
  • 2:42 - 2:44
    oder ganz ohne Glauben;
  • 2:44 - 2:48
    eine neue Art heiliger Raum
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    ohne Muster
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    oder Vorbilder.
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    Es war wie die Erschaffung einer der
    ersten Kirchen für das Christentum
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    oder eine der ersten
    Moscheen für den Islam.
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    Wir leben in einer säkulären Welt.
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    Wie wird heute heiliger Raum gestaltet?
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    Wie definiert man überhaupt,
    was heute heilig ist?
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    Ich bin auf dieses schönes Zitat
    aus den Bahai-Schriften gestoßen,
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    das von Gebet handelt.
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    Es heißt darin, wenn man betet
  • 3:33 - 3:37
    und das Gebet beantwortet wird --
    was an sich schon interessant ist --
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    dass die Säulen des Herzens
    zu leuchten beginnen.
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    Mir gefiel diese Vorstellung
    von Innen und Außen,
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    wie wenn Sie jemanden sehen und sagen:
    "Das ist ein strahlender Mensch."
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    Und ich dachte: "Meine Güte,
    wie könnten wir daraus
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    Architektur erschaffen,
  • 3:59 - 4:04
    wobei man ein Gebäude kreiert,
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    das durch Licht lebendig wird?
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    Wie Alabaster lebendig wird,
    wenn man es durch Licht küsst."
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    Ich fertigte diesen Entwurf an,
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    etwas mit zwei Schichten, transparent,
  • 4:17 - 4:20
    mit einer Struktur, die Licht einfängt.
  • 4:21 - 4:27
    Vielleicht eine reine Form,
    eine einzelne Form von Ausstrahlung,
  • 4:27 - 4:29
    die man sich so vorstellen kann,
  • 4:29 - 4:33
    wie eine Kuppel
  • 4:33 - 4:36
    und alles, was wir kreierten,
    ähnelte zu sehr einem Ei.
  • 4:36 - 4:38
    (Gelächter)
  • 4:38 - 4:39
    Einem Tropfen.
  • 4:40 - 4:41
    Man sucht also.
  • 4:42 - 4:46
    Sie kennen alle diese verrückte Suche,
    bei der man vom Prozess geleitet wird
  • 4:46 - 4:48
    und für die Überraschungen lebt.
  • 4:48 - 4:50
    Ich weiß noch, wie ich zufällig
  • 4:50 - 4:55
    dieses kleine Video einer Pflanze sah,
    die sich im Licht bewegt.
  • 4:55 - 4:59
    Ich musste dabei an Bewegung denken,
  • 4:59 - 5:00
    ein Ausstrecken nach etwas,
  • 5:00 - 5:03
    die Idee, dass der Tempel
    viele erreichen könnte,
  • 5:03 - 5:05
    wie ein Streben nach dem Göttlichen.
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    Man kann sich auch vorstellen,
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    dass Bewegung in einem Kreis
    Bewegung und Stille bedeuten könnte,
  • 5:12 - 5:14
    wie der Kosmos,
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    etwas, das man häufig sieht.
  • 5:18 - 5:20
    (Gelächter)
  • 5:20 - 5:24
    Aber Rotation reichte nicht,
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    denn wir brauchten eine Form.
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    In den Bahai-Schriften heißt es,
  • 5:29 - 5:34
    dass die Tempel so perfekt sind,
    wie menschenmöglich ist,
  • 5:34 - 5:37
    und wir überlegten, was Perfektion ist.
  • 5:37 - 5:41
    Ich weiß noch, wie ich auf das Bild
    dieses japanischen Korbes stieß.
  • 5:41 - 5:45
    Ich fand, unsere westlichen Vorstellungen
    von Perfektion müssten hinterfragt werden,
  • 5:45 - 5:50
    dass diese wunderbare Silhouette
    dieses Korbes, diese Unvollkommenheit,
  • 5:50 - 5:56
    dass sie eine Art Krümmung hat,
    wie man sich eine Schulter vorstellt
  • 5:56 - 5:57
    oder den Wangenknochen,
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    diese Art organische Form.
  • 6:00 - 6:03
    Also zeichneten wir und bauten Modelle;
  • 6:03 - 6:06
    diese Linien, die oben zusammenlaufen,
  • 6:06 - 6:07
    weiche Linien,
  • 6:08 - 6:11
    ähnlich wie drapierter Stoff
  • 6:11 - 6:15
    und transparente Schleier und Falten,
  • 6:15 - 6:19
    und nicht nur die Idee von Falten,
    sondern auch von Drehung --
  • 6:19 - 6:22
    Man denkt an die Pflanze,
    wie sie sich nach oben streckte.
  • 6:23 - 6:27
    Dies wurde eine interessante Form,
  • 6:27 - 6:29
    die Kreation des Fundaments
    und der Eingänge.
  • 6:30 - 6:32
    Und am Ende hatten wir das hier.
  • 6:32 - 6:36
    Dies ist der Tempel mit zwei Schichten,
  • 6:36 - 6:38
    neun leuchtenden Schleiern,
  • 6:38 - 6:40
    integriertem Licht,
  • 6:40 - 6:42
    weich fließenden Linien,
  • 6:42 - 6:44
    wie leuchtender, drapierter Stoff.
  • 6:44 - 6:48
    180 Entwürfe wurden
    aus 80 Ländern eingereicht,
  • 6:48 - 6:50
    und dieser wurde ausgewählt.
  • 6:50 - 6:55
    Wir erreichten die nächste Phase,
    wie er gebaut werden sollte.
  • 6:56 - 6:59
    Wir hatten Alabaster vorgeschlagen,
  • 7:00 - 7:03
    aber Alabaster war zu weich,
  • 7:03 - 7:06
    Wir experimentierten viel mit Materialien
  • 7:06 - 7:10
    und überlegten, wie diese Art
    Schimmer erzeugt werden könnte
  • 7:11 - 7:14
    Schließlich nahmen wir Borosilikat.
  • 7:14 - 7:17
    Wie Sie wissen,
    ist Borosilikat-Glas sehr fest,
  • 7:17 - 7:22
    und bricht man Borosilikat-Stäbe
  • 7:22 - 7:25
    und schmilzt sie bei passender Temperatur,
  • 7:25 - 7:27
    erhielten wir ein neues Material,
  • 7:27 - 7:31
    dieses neue Gussglas,
    dessen Herstellung zwei Jahre dauerte.
  • 7:32 - 7:34
    Diese Art gefiel uns sehr,
  • 7:34 - 7:36
    diese Idee vom integrierten Licht,
  • 7:37 - 7:41
    aber innen wollten wir
    etwas mit sanftem Licht,
  • 7:42 - 7:44
    wie das Innenfutter einer Jacke.
  • 7:44 - 7:48
    Außen hat man Schutz,
    aber innen berühren Sie es.
  • 7:49 - 7:55
    Wir fanden diese winzige Maserung
    in einem riesigen Steinbruch in Portugal
  • 7:55 - 7:58
    mit diesem schönen Stein,
  • 7:58 - 8:03
    den der Eigentümer seit sieben
    Generationen in Familienbesitz behielt.
  • 8:03 - 8:06
    Er hatte auf das richtige
    Projekt gewartet -- unglaublich.
  • 8:08 - 8:10
    Sehen Sie sich das Material an,
    es ist schön,
  • 8:10 - 8:13
    und wie es leuchtet, diese Transparenz.
  • 8:14 - 8:17
    Hier sehen Sie die Struktur.
  • 8:17 - 8:19
    Sie lässt das Licht herein.
  • 8:20 - 8:23
    Wenn man hinuntersieht,
  • 8:23 - 8:25
    sind die neun Flügel
    miteinander verbunden
  • 8:25 - 8:29
    als Struktur, aber symbolisch stark,
  • 8:29 - 8:31
    ein großartiges Symbol für Einheit;
  • 8:33 - 8:36
    reine Geometrie, ein perfekter Kreis,
  • 8:36 - 8:40
    30 Meter im Durchmesser und in der Höhe,
  • 8:40 - 8:42
    perfekt symmetrisch,
  • 8:42 - 8:45
    wie die Idee von Heiligkeit und Geometrie.
  • 8:46 - 8:49
    Hier sehen Sie,
    wie das Gebäude errichtet wird,
  • 8:49 - 8:51
    2.000 Stahlverbindungspunkte,
  • 8:51 - 8:55
    9.000 Stahlteile,
  • 8:55 - 8:58
    7.800 Steinelemente,
  • 8:58 - 9:03
    10.000 Gussglaselemente,
    alle individuell geformt.
  • 9:03 - 9:06
    Die gesamte Superstruktur entworfen,
  • 9:06 - 9:10
    konstruiert und gebaut
    mit Raumfahrttechnologie,
  • 9:10 - 9:13
    maschinell vorgefertigt
  • 9:13 - 9:15
    von Robotern,
  • 9:15 - 9:18
    eine enorme Teamleistung,
    wie Sie sich vorstellen können,
  • 9:18 - 9:19
    von buchstäblich Hunderten.
  • 9:20 - 9:24
    Unser 30-Millionen-Dollar-Budget
    überschritten wir nur um drei Prozent,
  • 9:24 - 9:27
    und das seit 2006.
  • 9:27 - 9:28
    (Applaus)
  • 9:30 - 9:35
    Neun miteinander verbundene Flügel
  • 9:35 - 9:37
    bilden einen Stern mit neun Spitzen,
  • 9:39 - 9:43
    und die Sternform bewegt sich im Raum.
  • 9:43 - 9:45
    Sie folgt der Sonne.
  • 9:56 - 9:57
    Hier ist es.
  • 9:57 - 9:59
    Publikum: Wow!
  • 10:00 - 10:05
    (Applaus)
  • 10:08 - 10:12
    Hoffentlich eine angemessene Antwort
    auf das schöne Zitat:
  • 10:13 - 10:16
    "Ein Gebet wurde erhört",
  • 10:16 - 10:18
    in alle Richtungen offen,
  • 10:19 - 10:21
    wird das blaue Licht
    des Sonnenaufgangs eingefangen,
  • 10:22 - 10:26
    weißes Tageslicht wie im Zelt,
  • 10:26 - 10:29
    das goldene Licht des Nachmittags,
  • 10:29 - 10:32
    und nachts natürlich das Gegenteil:
  • 10:33 - 10:35
    sinnlich,
  • 10:36 - 10:40
    das Licht wird auf verschiedene,
    mysteriöse Weise eingefangen.
  • 10:42 - 10:47
    Der Standort ist interessant: Als wir
    den Entwurf vor 14 Jahren vorlegten,
  • 10:47 - 10:49
    zeigten wir den Tempel vor den Anden.
  • 10:49 - 10:52
    Wir hatten die Anden nicht als Standort,
  • 10:54 - 10:57
    aber nach neun Jahren
    waren wir am Ende genau dort.
  • 10:59 - 11:02
    Man sieht die Umrisse des Tempels
    vor nichts als unberührter Natur
  • 11:02 - 11:07
    und wenn man sich umdreht,
    sieht man unter sich nichts als die Stadt.
  • 11:07 - 11:12
    Von innen kann man
    in alle Richtungen sehen.
  • 11:13 - 11:16
    Strahlenförmige Gärten
  • 11:16 - 11:18
    sind von jeder Nische aus zu sehen.
  • 11:19 - 11:21
    Strahlenförmige Wege.
  • 11:24 - 11:28
    Im letzten Oktober,
    bei der Eröffnungszeremonie --
  • 11:29 - 11:32
    eine schöne, heilige Feier
  • 11:33 - 11:36
    mit 5.000 Menschen aus 80 Ländern,
  • 11:36 - 11:40
    ein stetiger Strom von Besuchern,
  • 11:40 - 11:43
    mit Ureinwohnern aus ganz Südamerika,
  • 11:43 - 11:46
    von denen manche noch nie
    ihre Dörfer verlassen hatten.
  • 11:47 - 11:52
    Und natürlich gehört
    dieser Tempel den Menschen,
  • 11:52 - 11:57
    der Gemeinschaft vieler Kulturen
    und Gesellschaftsschichten,
  • 11:57 - 11:59
    vieler Glaubensrichtungen.
  • 11:59 - 12:03
    Am wichtigsten ist für mich das Gefühl,
    das man im Innern hat,
  • 12:03 - 12:06
    dass es ein intimes,
  • 12:06 - 12:08
    heiliges Gefühl ist
  • 12:08 - 12:10
    und dass jeder willkommen ist.
  • 12:10 - 12:15
    Und selbst wenn nur wenige
    von denen, die kommen,
  • 12:15 - 12:19
    so reagieren wie der Wachmann,
  • 12:20 - 12:24
    dann wäre es wirklich ihr Tempel
  • 12:25 - 12:27
    und das fände ich schön.
  • 12:27 - 12:28
    Vielen Dank.
  • 12:28 - 12:33
    (Applaus)
Title:
Wie erschafft man einen heiligen Raum?
Speaker:
Siamak Hairiri
Description:

Um den Bahai-Tempel von Südamerika zu bauen, hat sich der Architekt Siamak Hairiri auf die Lichtverhältnisse konzentriert – beginnend bei der Form des Tempels, die den Lauf der Sonne über den Tag einfängt, bis hin zum leuchtenden, schimmernden Stein und Glas, das für den Bau verwendet wurde. Begleiten Sie Hairiri auf einer Reise durch seinen kreativen Prozess, bei der er sich fragt, was in einer säkularen Welt eine heilige Erfahrung ausmacht.

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English
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Project:
TEDTalks
Duration:
12:46
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