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Wie die Quantenbiologie die zentralen Fragen des Lebens klären könnte

  • 0:01 - 0:06
    Ich möchte Ihnen ein aufstrebendes
    Wissenschaftsgebiet vorstellen,
  • 0:06 - 0:10
    das noch spekulativ,
    aber unglaublich spannend ist
  • 0:10 - 0:13
    und stetig an Bedeutung gewinnt.
  • 0:13 - 0:17
    Die Quantenbiologie
    stellt die einfache Frage,
  • 0:17 - 0:19
    ob die Quantenmechanik --
  • 0:19 - 0:22
    diese seltsame, wundervolle
    und weitreichende Theorie
  • 0:22 - 0:25
    über die subatomare Welt
    der Atome und Moleküle,
  • 0:25 - 0:28
    auf die sich vieles in der heutigen
    Physik und Chemie stützt --
  • 0:28 - 0:32
    auch in lebenden Zellen eine Rolle spielt.
  • 0:32 - 0:36
    Anders gefragt: Gibt es Prozesse,
    Mechanismen oder Phänomene
  • 0:36 - 0:38
    in lebenden Organismen,
  • 0:38 - 0:43
    die nur durch Quantenmechanik
    erklärbar sind?
  • 0:43 - 0:45
    Quantenbiologie ist nicht neu.
  • 0:45 - 0:48
    Es gibt sie seit Anfang der 1930er Jahre.
  • 0:48 - 0:52
    Aber erst im letzten Jahrzehnt
    wurden durch sorgfältige Experimente
  • 0:52 - 0:55
    in biochemischen Laboren
    mittels der Spektroskopie
  • 0:55 - 1:02
    handfeste Beweise für bestimmte
    Mechanismen gefunden,
  • 1:02 - 1:06
    die nur quantenmechanisch
    zu erklären sind.
  • 1:06 - 1:09
    Die Quantenbiologie
    führt Quantenphysiker, Biochemiker
  • 1:09 - 1:13
    und Molekularbiologen zusammen --
    sie ist sehr interdisziplinär.
  • 1:13 - 1:17
    Ich komme aus der Quantenphysik,
    bin also Kernphysiker.
  • 1:17 - 1:19
    Ich habe über drei Jahrzehnte versucht,
  • 1:19 - 1:22
    die Quantenmechanik zu verstehen.
  • 1:22 - 1:24
    Niels Bohr, einer ihrer Gründer, sagte:
  • 1:24 - 1:28
    "Wenn sie einen nicht staunen lässt,
    hat man sie nicht verstanden."
  • 1:28 - 1:31
    Ich bin froh, dass ich
    immer noch darüber staune.
  • 1:31 - 1:33
    Das ist ein gutes Zeichen.
  • 1:33 - 1:40
    Aber es bedeutet, die winzigsten Gebilde
    des Universums zu untersuchen --
  • 1:40 - 1:42
    die Bausteine der Realität.
  • 1:42 - 1:45
    Um deren Größe zu einzuschätzen,
  • 1:45 - 1:48
    denken Sie an etwas Alltägliches,
    wie einen Tennisball,
  • 1:48 - 1:51
    und gehen zur nächst
    kleineren Größenordnung:
  • 1:51 - 1:56
    Von einem Nadelkopf, zu einer Zelle,
    zu einem Bakterium, bis zu einem Enzym.
  • 1:56 - 1:58
    Bald darauf kommt die Nanowelt.
  • 1:58 - 2:01
    Von Nanotechnologie
    haben Sie vielleicht gehört.
  • 2:01 - 2:05
    Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter.
  • 2:05 - 2:09
    Mein Gebiet ist der Atomkern --
    der winzige Punkt innerhalb des Atoms.
  • 2:09 - 2:11
    Der ist noch eine Stufe kleiner.
  • 2:11 - 2:14
    Das ist das Gebiet der Quantenmechanik,
  • 2:14 - 2:16
    an das sich Physiker und Chemiker
  • 2:16 - 2:17
    seit langem heran tasten.
  • 2:17 - 2:22
    Die Biologen, andererseits, haben sich
    in meinen Augen etwas abgewandt.
  • 2:22 - 2:26
    Sie sind zufrieden mit ihren
    Ball-und-Stäbchen-Molekül-Modellen.
  • 2:26 - 2:28
    (Lachen)
  • 2:28 - 2:30
    Die Bälle sind Atome,
    die Stäbe deren Verbindungen.
  • 2:30 - 2:33
    Was sie nicht im Labor nachbauen können,
  • 2:33 - 2:36
    erledigen heute leistungsstarke Computer,
  • 2:36 - 2:38
    die riesige Moleküle simulieren können.
  • 2:38 - 2:42
    Das ist ein Protein,
    das aus 100 000 Atomen besteht.
  • 2:42 - 2:48
    Man braucht keine Quantenmechanik,
    um es zu erklären.
  • 2:48 - 2:51
    Die Quantenmechanik wurde
    in den 1920ern entwickelt,
  • 2:51 - 2:58
    als eine Reihe schöner und mächtiger
    mathematischer Regeln und Konzepte,
  • 2:58 - 3:00
    die die Welt im ganz Kleinen erklären.
  • 3:00 - 3:04
    Sie unterscheidet sich sehr
    von unserer alltäglichen Welt,
  • 3:04 - 3:05
    mit ihren Billionen von Atomen.
  • 3:05 - 3:10
    Es ist eine Welt, die auf
    Wahrscheinlichkeit und Zufall basiert --
  • 3:10 - 3:13
    verschwommen und voller Phantome.
  • 3:13 - 3:18
    In ihr können sich Teilchen
    wie sich ausbreitende Wellen verhalten.
  • 3:18 - 3:21
    Wenn wir Quantenmechanik
    oder Quantenphysik
  • 3:21 - 3:26
    als Grundlage der Realität verstehen,
  • 3:26 - 3:28
    liegt die Behauptung nahe,
  • 3:28 - 3:30
    die organische Chemie
    fuße auf der Quantenphysik,
  • 3:30 - 3:32
    weil sie die Regeln vorgibt,
  • 3:32 - 3:35
    nach denen sich Atome
    zu organischen Molekülen formen.
  • 3:35 - 3:38
    Organische Chemie ergibt,
    um einige Stufen komplexer
  • 3:38 - 3:42
    die Molekularbiologie,
    die zum Leben selbst führt.
  • 3:42 - 3:45
    So gesehen liegt die Behauptung nahe.
  • 3:45 - 3:50
    Sie sagen: "Okay, letztlich basiert
    das Leben auf Quantenmechanik."
  • 3:50 - 3:53
    Aber alles andere tut das auch.
  • 3:53 - 3:57
    Auch die unbewegte Materie,
    die aus Billionen von Atomen besteht.
  • 3:57 - 4:01
    Letztlich stößt man auf die Quantenebene,
  • 4:01 - 4:04
    wo man in diese Eigenartigkeit
    eintauchen muss.
  • 4:04 - 4:06
    Aber im Alltag können wir
    das vernachlässigen,
  • 4:06 - 4:10
    denn sobald man Billionen
    von Atomen zusammensetzt,
  • 4:10 - 4:13
    verliert sich diese Quanten-Eigenart.
  • 4:15 - 4:18
    Darum geht es in der
    Quantenbiologie nicht.
  • 4:18 - 4:20
    Sie ist nicht so offensichtlich.
  • 4:20 - 4:25
    Gewiss fußt das Leben im molekularen
    Bereich auf Quantenmechanik.
  • 4:25 - 4:31
    In der Quantenbiologie
    sucht man nach Auffälligkeiten,
  • 4:31 - 4:36
    nach ungeahnten Konzepten
    in der Quantenmechanik,
  • 4:36 - 4:39
    um zu sehen, ob sie wirklich
    eine bedeutende Rolle
  • 4:39 - 4:43
    für die Darstellung
    der Lebensabläufe spielen.
  • 4:43 - 4:46
    Hier ist ein perfektes Beispiel dafür,
  • 4:46 - 4:49
    wie ungeahnt sich die Quantenwelt verhält:
  • 4:49 - 4:51
    der Quanten-Skifahrer.
  • 4:51 - 4:53
    Er scheint intakt
    und bei bester Gesundheit,
  • 4:53 - 4:57
    obwohl er scheinbar auf beiden Seiten
    des Baumes vorbeigefahren ist.
  • 4:57 - 4:59
    Beim Anblick einer solchen Spur
  • 4:59 - 5:01
    denkt man wahrscheinlich an einen Stunt.
  • 5:01 - 5:05
    Aber in der Quantenwelt
    passiert das ständig.
  • 5:05 - 5:08
    Teilchen können
    mehrere Dinge gleichzeitig tun
  • 5:08 - 5:10
    und an zwei Orten gleichzeitig sein.
  • 5:10 - 5:13
    Sie können sich wie
    sich ausbreitende Wellen verhalten.
  • 5:13 - 5:16
    Es ist beinahe magisch.
  • 5:16 - 5:18
    Physiker und Chemiker
    haben sich fast ein Jahrhundert
  • 5:18 - 5:21
    an dieser Eigenartigkeit versucht.
  • 5:21 - 5:23
    Ich halte den Biologen nicht vor,
  • 5:23 - 5:26
    dass sie sich die Quantenmechanik
    nicht aneignen wollten oder mussten;
  • 5:26 - 5:29
    denn diese Eigenartigkeit ist sehr heikel.
  • 5:29 - 5:33
    Wir Physiker tun alles,
    um sie in Laboren aufrecht zu erhalten:
  • 5:33 - 5:37
    Wir kühlen unsere Systeme fast
    auf den absoluten Nullpunkt,
  • 5:37 - 5:39
    machen Experimente im Vakuum
  • 5:39 - 5:44
    und versuchen, jede äußere
    Störung auszuschließen.
  • 5:44 - 5:50
    Das warme, chaotische und laute Milieu
    einer lebenden Zelle ist ganz anders.
  • 5:50 - 5:53
    Die Molekularbiologie
    hat die Lebensprozesse
  • 5:53 - 5:59
    im Hinblick auf chemische Reaktionen
    scheinbar sehr gut beschrieben;
  • 5:59 - 6:03
    reduktionistische, deterministische
    chemische Reaktionen,
  • 6:03 - 6:09
    die zeigen, dass das Lebendige
    aus dem selben Stoff wie alles andere ist.
  • 6:09 - 6:12
    Und wenn Quantenmechanik
    in der Makro-Welt unwichtig ist,
  • 6:12 - 6:16
    dann auch in der Biologie.
  • 6:16 - 6:20
    Es gab einen Mann,
    der anderer Meinung war:
  • 6:20 - 6:23
    Erwin Schrödinger,
    bekannt durch Schrödingers Katze,
  • 6:23 - 6:27
    ein österreichischer Wissenschaftler
    und Mitgründer der Quantenmechanik
  • 6:27 - 6:29
    in den 1920ern.
  • 6:29 - 6:32
    1944 schrieb er das Buch "Was ist Leben?",
  • 6:32 - 6:33
    das enorm einflussreich war.
  • 6:33 - 6:36
    Es beeinflusste Francis Crick
    und James Watson,
  • 6:36 - 6:39
    die Entdecker der
    Doppelhelix-Struktur der DNS.
  • 6:39 - 6:43
    In seinem Buch schreibt er:
  • 6:43 - 6:48
    "Auf molekularer Ebene
    haben lebende Organismen
  • 6:48 - 6:52
    eine bestimmte Struktur,
    die ganz anders ist
  • 6:52 - 6:57
    als das thermodynamische Gerangel
    von Atomen und Molekülen
  • 6:57 - 7:02
    in unbelebter Materie
    von gleicher Komplexität.
  • 7:02 - 7:07
    Lebendige Materie scheint sich
    nach einem Prinzip zu verhalten,
  • 7:07 - 7:10
    so wie unbelebte Materie
    sich auf beinahe 0 herunterkühlt,
  • 7:10 - 7:14
    wenn Quanteneffekte
    eine wichtige Rolle spielen.
  • 7:14 - 7:18
    Die Struktur in einer lebendigen Zelle
  • 7:18 - 7:20
    hat etwas Besonderes."
  • 7:20 - 7:23
    Also spekulierte Schrödinger,
    dass die Quantenmechanik
  • 7:23 - 7:26
    für das Leben eine Rolle spielen könnte.
  • 7:26 - 7:30
    Das ist ein sehr spekulativer,
    weitreichender Gedanke,
  • 7:30 - 7:33
    den er nicht sehr weit ausgeführt hat.
  • 7:33 - 7:35
    Doch wie gesagt:
  • 7:35 - 7:38
    Es gab in den letzten zehn Jahren
    vermehrt Experimente,
  • 7:38 - 7:42
    die nahelegen, dass
    bestimmte Phänomene in der Biologie
  • 7:42 - 7:44
    auf Quantenmechanik fußen.
  • 7:44 - 7:48
    Ich zeige Ihnen nur die spannendsten.
  • 7:48 - 7:54
    Der Tunneleffekt ist eines der
    bekanntesten Phänomene der Quantenwelt.
  • 7:54 - 7:58
    Im linken Kasten sieht man
    die wellenartige Ausbreitung
  • 7:58 - 8:01
    einer Quanten-Erscheinung;
    eines Teilchens wie ein Elektron.
  • 8:01 - 8:04
    Das ist kein Ball,
    der gegen eine Wand prallt,
  • 8:04 - 8:08
    sondern eine Welle, die mit einer
    bestimmten Wahrscheinlichkeit,
  • 8:08 - 8:13
    wie ein Geist eine feste Wand passiert
    und gegenüber auftaucht.
  • 8:13 - 8:18
    Man sieht einen blassen Lichtfleck
    im rechten Kasten.
  • 8:18 - 8:22
    Der Tunneleffekt beschreibt, dass ein
    Teilchen auf eine feste Wand stoßen kann
  • 8:22 - 8:25
    und wie durch Magie
  • 8:25 - 8:28
    auf einer Seite verschwindet
    und gegenüber auftaucht.
  • 8:28 - 8:32
    Um einen Ball über eine Mauer zu werfen,
  • 8:32 - 8:35
    muss man genug Kraft investieren,
    damit er darüber fliegt.
  • 8:35 - 8:39
    In der Quanten-Welt reicht es,
    ihn dagegen zu werfen
  • 8:39 - 8:44
    und er verschwindet mit einer Chance, die
    größer als Null ist, auf der einen Seite
  • 8:44 - 8:45
    und erscheint auf der anderen.
  • 8:45 - 8:48
    Das ist keine Spekulation.
  • 8:48 - 8:51
    Wir sind froh ...
    Nein, "froh" trifft es nicht ganz.
  • 8:51 - 8:53
    (Lachen)
  • 8:53 - 8:54
    Es ist uns vertraut.
  • 8:54 - 8:57
    (Lachen)
  • 8:57 - 8:59
    Tunneleffekte passieren ständig.
  • 8:59 - 9:03
    Sie sind der Grund,
    dass die Sonne scheint.
  • 9:03 - 9:04
    Teilchen verschmelzen
  • 9:04 - 9:09
    und die Sonne verwandelt durch
    den Tunneleffekt Wasserstoff in Helium.
  • 9:09 - 9:15
    In den 70er und 80er Jahren
    beobachtete man den Tunneleffekt
  • 9:15 - 9:16
    auch in lebenden Zellen.
  • 9:16 - 9:23
    Enzyme sind Arbeitstiere des Lebens,
    Katalysatoren chemischer Reaktionen;
  • 9:23 - 9:27
    Biomoleküle, die chemische Reaktionen
    in lebenden Zellen beschleunigen --
  • 9:27 - 9:29
    um viele Größenordnungen.
  • 9:29 - 9:32
    Es war immer ein Mysterium,
    wie sie das tun.
  • 9:32 - 9:33
    Man fand heraus,
  • 9:33 - 9:38
    dass einer der von Enzymen
    entwickelten Tricks ist,
  • 9:38 - 9:43
    subatomare Teilchen wie
    Elektronen und sogar Protonen
  • 9:43 - 9:48
    per Tunneleffekt von einem Teil
    des Moleküls zum anderen zu bringen.
  • 9:48 - 9:51
    Das ist effizient, schnell
    und es kann verschwinden ...
  • 9:51 - 9:54
    Ein Proton kann kann hier
    verschwinden und dort auftauchen;
  • 9:54 - 9:57
    Enzyme helfen dabei.
  • 9:57 - 9:59
    Das wurde in den 80ern erforscht,
  • 9:59 - 10:03
    insbesondere von einer Gruppe
    um Judith Klinman in Berkeley.
  • 10:03 - 10:06
    Andere Gruppen in Großbritannien
    haben nun bestätigt,
  • 10:06 - 10:09
    dass Enzyme das wirklich tun.
  • 10:09 - 10:12
    Die Forschung meiner Gruppe ...
  • 10:12 - 10:14
    Ich bin, wie gesagt, Kernphysiker
  • 10:14 - 10:17
    und fand heraus, dass ich
    das nötige Werkzeug habe,
  • 10:17 - 10:20
    um Quantenmechanik
    auf Atomkerne anzuwenden,
  • 10:20 - 10:23
    und sie auch in anderen
    Bereichen einsetzen kann.
  • 10:23 - 10:25
    Wir fragten uns,
  • 10:25 - 10:30
    ob der Tunneleffekt
    bei DNS-Mutationen eine Rolle spielt.
  • 10:30 - 10:34
    Diese Frage ist nicht neu, sie geht
    auf Anfang der 60er Jahre zurück.
  • 10:34 - 10:37
    Die beiden Stränge der DNS,
    die Doppelhelix-Struktur,
  • 10:37 - 10:39
    sind durch Sprossen verbunden --
    wie eine verdrehte Leiter.
  • 10:39 - 10:43
    Diese Leitersprossen
    sind Wasserstoffbrücken,
  • 10:43 - 10:47
    Protonen, die beide Stränge
    wie Leim zusammenhalten.
  • 10:47 - 10:49
    Bei näherem Hinsehen zeigt sich,
  • 10:49 - 10:54
    dass sie die großen Moleküle,
    die Nukleotide, zusammenhalten.
  • 10:54 - 10:55
    Gehen wir noch näher heran.
  • 10:55 - 10:58
    Dies ist eine Computersimulation.
  • 10:58 - 11:01
    Die beiden weißen Bälle
    in der Mitte sind Protonen,
  • 11:01 - 11:04
    die eine doppelte
    Wasserstoffbrücke bilden.
  • 11:04 - 11:08
    Eines bevorzugt die eine,
    eines die andere Seite der Stränge;
  • 11:08 - 11:12
    der beiden vertikalen Linien,
    die gerade nicht sichtbar sind.
  • 11:12 - 11:16
    Manchmal springen Protonen über.
  • 11:16 - 11:18
    Beachten Sie die weißen Bälle.
  • 11:18 - 11:20
    Sie können die Seite wechseln.
  • 11:20 - 11:26
    Wenn die DNS-Stränge
    sich trennen und replizieren,
  • 11:26 - 11:29
    und die beiden Protonen
    am falschen Platz sitzen,
  • 11:29 - 11:31
    kann das zu einer Mutation führen.
  • 11:31 - 11:33
    Das weiß man seit etwa 50 Jahren.
  • 11:33 - 11:35
    Aber wie wahrscheinlich
    ist dieser Vorgang
  • 11:35 - 11:38
    und was geht dabei vor sich?
  • 11:38 - 11:41
    Springen die beiden drüber,
    wie der Ball über die Mauer?
  • 11:41 - 11:45
    Oder nutzen sie den Tunneleffekt,
    selbst ohne genügend Energie?
  • 11:45 - 11:49
    Erste Anzeichen lassen
    den Tunneleffekt möglich erscheinen.
  • 11:49 - 11:52
    Wir wissen nicht, wie wichtig er ist.
  • 11:52 - 11:54
    Diese Frage ist noch offen.
  • 11:54 - 11:55
    Sie ist spekulativ,
  • 11:55 - 11:57
    aber von enormer Tragweite.
  • 11:57 - 12:00
    Denn falls die Quantenmechanik
    bei Mutationen mitwirkt,
  • 12:00 - 12:03
    bedeutet das sehr viel
  • 12:03 - 12:06
    für das Verständnis
    bestimmter Mutationstypen,
  • 12:06 - 12:11
    vielleicht sogar derer,
    die in einer Zelle Krebs auslösen.
  • 12:11 - 12:16
    Ein anderes Beispiel für Quantenmechanik
    in der Biologie ist die Quantenkohärenz
  • 12:16 - 12:19
    in einem der wichtigsten
    biologischen Prozesse:
  • 12:19 - 12:22
    Photosynthese -- Pflanzen und Bakterien
    nehmen Sonnenlicht auf,
  • 12:22 - 12:26
    um mit dieser Energie, Biomasse zu bilden.
  • 12:26 - 12:28
    Mit der Quantenkohärenz nimmt man an,
  • 12:28 - 12:31
    dass Quantenobjekte
    mehrere Dinge zugleich tun.
  • 12:31 - 12:33
    Wie der Quanten-Skifahrer:
  • 12:33 - 12:35
    ein Objekt, das sich
    wie eine Welle verhält,
  • 12:35 - 12:38
    sich also nicht einfach
    nach da oder dort bewegt,
  • 12:38 - 12:43
    sondern mehreren Wegen
    gleichzeitig folgen kann.
  • 12:43 - 12:47
    Vor einigen Jahren
    war die Wissenschaft geschockt,
  • 12:47 - 12:50
    als eine Arbeit veröffentlicht wurde,
    die experimentell nachwies,
  • 12:50 - 12:54
    dass Quantenkohärenz
    in lebenden Bakterien vorkommt,
  • 12:54 - 12:56
    wo sie Photosynthese bewirkt.
  • 12:56 - 12:59
    Danach wird das Photon,
    das Lichtteilchen, das Sonnenlicht,
  • 12:59 - 13:02
    das von einem Chlorophyll-Molekül
    eingefangene Quantum Licht,
  • 13:02 - 13:05
    in ein Reaktionszentrum weitergeleitet,
  • 13:05 - 13:07
    zur Umwandlung in chemische Energie.
  • 13:07 - 13:10
    Dahin gelangt es nicht nur auf einem Weg,
  • 13:10 - 13:12
    sondern auf mehreren gleichzeitig,
  • 13:12 - 13:16
    um das Reaktionszentrum
    möglichst effizient zu erreichen,
  • 13:16 - 13:19
    ohne etwa Wärme zu vergeuden.
  • 13:19 - 13:23
    Quantenkohärenz in einer lebenden Zelle --
  • 13:23 - 13:25
    eine außerordentliche Vorstellung,
  • 13:25 - 13:31
    und dennoch erscheinen
    fast wöchentlich neue Arbeiten,
  • 13:31 - 13:34
    die belegen, dass dem wirklich so ist.
  • 13:34 - 13:38
    Mein drittes und letztes Beispiel
    ist eine wunderschöne Vorstellung;
  • 13:38 - 13:42
    auch noch sehr spekulativ,
    aber ich muss es Ihnen einfach erzählen.
  • 13:42 - 13:47
    Das Rotkehlchen zieht jeden Herbst
  • 13:47 - 13:50
    von Skandinavien in den Mittelmeerraum.
  • 13:50 - 13:53
    Wie viele Meerestiere und sogar Insekten
  • 13:53 - 13:59
    orientiert es sich dabei
    am Magnetfeld der Erde.
  • 13:59 - 14:01
    Dieses Magnetfeld ist sehr schwach:
  • 14:01 - 14:03
    100-mal schwächer
    als ein Kühlschrankmagnet.
  • 14:03 - 14:10
    Und dennoch beeinflusst es
    die Chemie eines Lebewesens.
  • 14:10 - 14:11
    Das steht außer Frage.
  • 14:11 - 14:14
    Ein deutsches Paar von Ornithologen,
  • 14:14 - 14:18
    Wolfgang und Roswitha Wiltscko,
    bestätigten in den 70er Jahren,
  • 14:18 - 14:22
    dass sich das Rotkehlchen
    wirklich auf das Erdmagnetfeld
  • 14:22 - 14:25
    als Richtungsweiser verlässt --
    ein eingebauter Kompass.
  • 14:25 - 14:28
    Nur wusste man nicht, wie das geschah.
  • 14:28 - 14:31
    Wir haben nur eine einzige Theorie --
  • 14:31 - 14:34
    wir wissen nicht, ob sie richtig ist --
  • 14:34 - 14:39
    die besagt, dass es durch die sogenannte
    Quantenverschränkung passiert.
  • 14:39 - 14:41
    In der Netzhaut des Rotkehlchens --
  • 14:41 - 14:45
    das ist kein Witz -- in seiner Netzhaut
    gibt es ein Protein namens Cryptochrom,
  • 14:45 - 14:47
    das lichtsensibel ist,
  • 14:47 - 14:51
    und in dem es ein quantenmechanisch
    verschränktes Elektronenpaar gibt.
  • 14:51 - 14:54
    Bei einer Quantenverschränkung
    sind zwei Teilchen weit auseinander
  • 14:54 - 14:57
    und doch miteinander verbunden.
  • 14:57 - 14:58
    Sogar Einstein gefiel das nicht.
  • 14:58 - 15:01
    Er nannte es "spukhafte Fernwirkung".
  • 15:01 - 15:02
    (Lachen)
  • 15:02 - 15:06
    Wenn Einstein sich dabei unwohl fühlte,
    dürfen wir das auch.
  • 15:06 - 15:09
    Zwei verschränkte Elektronen
    in einem Molekül
  • 15:09 - 15:10
    tanzen einen grazilen Tanz,
  • 15:10 - 15:12
    der den Ausschlag gibt,
  • 15:12 - 15:15
    wohin der Vogel im Erdmagnetfeld fliegt.
  • 15:15 - 15:17
    Wir wissen nicht,
    ob die Erklärung richtig ist,
  • 15:17 - 15:20
    aber wäre es nicht spannend,
  • 15:20 - 15:23
    wenn die Quantenmechanik
    den Vögeln beim Navigieren hilft?
  • 15:23 - 15:26
    Die Quantenbiologie steckt noch
    in den Kinderschuhen.
  • 15:26 - 15:30
    Sie ist immer noch spekulativ,
  • 15:30 - 15:34
    aber ich glaube, dass sie auf
    stichhaltiger Wissenschaft basiert.
  • 15:34 - 15:38
    Ich glaube auch, dass wir
    im kommenden Jahrzehnt
  • 15:38 - 15:43
    mehr und mehr entdecken werden,
    dass sie das Leben durchdringt;
  • 15:43 - 15:48
    dass das Leben Tricks entwickelt hat,
    die die Quantenwelt nutzt.
  • 15:48 - 15:49
    Haben Sie ein Auge darauf.
  • 15:49 - 15:51
    Vielen Dank.
  • 15:51 - 15:53
    (Applaus)
Title:
Wie die Quantenbiologie die zentralen Fragen des Lebens klären könnte
Speaker:
Jim Al-Khalili
Description:

Wie findet ein Rotkehlchen den Weg nach Süden? Die Antwort ist vielleicht seltsamer, als Sie denken: Die Quantenphysik könnte dabei eine Rolle spielen. Jim Al-Khalili gibt einen Überblick über die ganz neue und äußerst eigenartige Welt der Quantenbiologie, in der etwas, das Einstein einst "spukhafte Fernwirkung" nannte, Vögeln bei der Orientierung hilft und Quanteneffekte den Ursprung des Lebens erklären könnten.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
16:09

German subtitles

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