Die nächsten 16 Minuten nehme ich Sie mit auf eine Reise, die wohl der größte Menschheitstraum ist: den Code des Lebens zu verstehen. Bei mir fing alles vor vielen Jahren an, als ich Bekanntschaft mit dem ersten 3D-Drucker machte. Das Konzept war spannend. Einem 3D-Drucker genügen drei Komponenten: Informationen, Ausgangsmaterial, Energie; und er kann irgendein Objekt herstellen, das vorher nicht da war. Ich studierte Physik, kam nach Hause zurück und erkannte, dass ich schon immer einen 3D-Drucker kannte. Wie jeder andere auch. Es war meine Mutter. (Lachen) Meiner Mutter genügten drei Komponenten: Informationen -- in diesem Fall von meinem Vater und meiner Mutter --, Ausgangsmaterial und Energie -- beides als Lebensmittel -- und nach mehreren Monaten brachte sie mich zu Stande. Auch ich war vorher nicht existent. Abgesehen vom Schock zu entdecken, dass meine Mutter ein 3D-Drucker war, faszinierte mich sofort der erste Teil: die Information. Welche Informationsmenge braucht man, um einen Menschen zu erschaffen? Ist es viel oder wenig? Wie viele USB-Sticks lassen sich damit füllen? Ich war Physik-Studienanfänger und nahm ein riesiges Lego-Modell als Analogie für einen Menschen. Stellen Sie sich vor, die Bausteine seien kleine Atome und hier ein Wasserstoff, da ein Kohlenstoff und dort ein Stickstoff. In einer ersten Annäherung nahm ich an, dass man einen Menschen erschaffen könnte, wenn man die Anzahl der Atome auflistet, die einen Menschen ausmachen. Man kann einige Berechnungen anstellen und es scheint eine ziemlich erstaunliche Anzahl zu sein. Die Datei für die Anzahl der Atome, die man für ein Baby benötigt und die ich abspeichern will, füllt die ganze Titanic mit USB-Sticks, multipliziert mit 2000. Das ist das Wunder des Lebens. Von nun an verbinden Sie mit einer Schwangeren jedes Mal die größte Datenmenge, die ihnen jemals unterkommen wird. Haken Sie Big Data ab, vergessen Sie, wovon sie gehört haben. Das ist die größte existierende Datenmenge. (Applaus) Aber ... die Natur ist glücklicherweise viel schlauer als ein junger Physiker und schaffte es in vier Milliarden Jahren die Informationen in ein kleines Kristall, namens DNA, zu packen. Man stieß 1950 zum ersten Mal darauf, als Rosalind Franklin, eine erstaunliche Wissenschaftlerin, ein Foto davon machte. Aber es dauerte mehr als 40 Jahre bis man in eine menschliche Zelle blickte, dieses Kristall herausholte, es ausrollte und das erste Mal las. Der Code stellt sich als ziemlich einfaches Alphabet heraus. Vier Buchstaben: A, T, C und G. Um einen Menschen zu bilden, benötigt man davon drei Milliarden. Drei Milliarden. Was bedeutet drei Milliarden? Die Zahl alleine ist sinnlos, oder? Also dachte ich darüber nach, wie ich mir besser verdeutlichen könnte, wie riesengroß dieser Code ist. Ich werde dazu Unterstützung benötigen und die beste Person, die mir dabei helfen kann, den Code vorzustellen, ist der Erste, der ihn in eine Reihenfolge brachte: Dr. Craig Venter. Herzlich Willkommen auf der Bühne: Dr. Craig Venter. (Applaus) Nicht aus Fleisch und Blut, aber zum ersten Mal in der Geschichte druckte man das Genom eines bestimmten Menschen aus, Seite für Seite, Buchstabe für Buchstabe. Daten auf 262 000 Seiten, 450 Kilogramm schwer, verfrachtete man von den USA nach Kanada. Der Dank geht an Bruno Bowden, Lulu.com, der alles Erforderliche unternahm. Es war ein erstaunlicher Kraftakt. Das ist der visuell wahrnehmbare Code des Lebens. Erstmals kann ich etwas Lustiges tun. Ich kann hineinschauen und darin lesen. Nehmen wir dieses interessante Buch. Da ist ein Vermerk; es ist ein ziemlich dickes Buch. Nur um Sie verstehen zu lassen, was der Code des Lebens ist. Tausende und Abermillionen Buchstaben Sie sind anscheinend sinnvoll. Sehen wir uns einen bestimmten Teil an. Ich lese ihn vor: (Lachen) "AAG, AAT, ATA." Die Buchstaben sagen Ihnen nichts, aber durch diese Abfolge erhält Craig seine Augenfarbe. Ich zeige Ihnen einen anderen Buchteil. Der ist ein wenig komplizierter. Chromosom 14, Buch 132: (Lachen) Wie Sie vielleicht erwartet haben. (Lachen) "ATT, CTT, GATT." Dieser Mensch hat Glück, denn wenn nur zwei Buchstaben an dieser Stelle fehlen -- zwei Buchstaben unserer drei Milliarden -- verdammt es einen zu einer schrecklichen Krankheit: Mukoviszidose. Es gibt keine Heilung und man kennt keine Lösung. Es sind nur zwei Buchstaben, die uns unterscheiden. Ein wundervolles Buch, ein mächtiges Buch, das mich begreifen und Ihnen etwas Bemerkenswertes zeigen ließ. Bei jedem von uns sind ungefähr 5 Millionen nötig, um uns zu dem zu machen, was wir sind: ein halbes Buch. Ansonsten sind wir alle absolut identisch. Fünfhundert Seiten sind das Wunder ihres Lebens. Das Übrige haben wir gemeinsam. Überdenken Sie noch einmal den Glauben, wir seien unterschiedlich. Das ist unsere gemeinsame Menge. Jetzt da ich Ihre Aufmerksamkeit habe, ist die nächste Frage: Wie liest man ihn? Wie versteht man die Bedeutung? Aber wie gut Sie auch im Zusammenbauen schwedischer Möbel sein mögen, diese Bedienungsanleitung können Sie in Ihrem ganzen Leben nicht knacken. (Lachen) Im Jahr 2014 entschieden sich zwei berühmte TEDster, Peter Diamandis und Craig Venter, ein neues Unternehmen aufzubauen. Human Longevity war geboren und es hat einen Auftrag: Alles auszuprobieren, was geht und alles aus diesen Büchern zu erfahren, mit dem einen Ziel: den Traum personalisierter Medizin zu verwirklichen, zu verstehen, was man tun sollte, um die Gesundheit zu verbessern und was die Geheimnisse in diesen Büchern sind. Ein tolles Team, 40 Data Scientists und viele weitere Leute, mit denen es eine Freude war zu arbeiten. Das Konzept ist eigentlich sehr einfach. Wir benutzen eine Technologie, die man Maschinelles Lernen nennt. Einerseits haben wir tausende von Genomen, andererseits sammelten wir den größten Datenbestand zum Menschen: Erscheinungsformen, 3D-Scans, Nuklearmagnetresonanz -- alles Erdenkliche. Zwischen diesen gegenüberliegenden Seiten liegt das Geheimnis der Umwandlung. Dazwischen bauten wir eine Maschine auf. Wir bauten und trainierten eine Maschine, -- nicht nur eine, sondern viele Maschinen --, um das Genom zu verstehen und es in Erscheinungsformen zu übertragen. Was bedeuten diese Buchstaben und wozu führen sie? Das ist ein Ansatz, der für alles genutzt werden kann, aber die Nutzung in der Genomforschung ist teilweise kompliziert. Nach und nach wuchsen wir und stellten uns unterschiedlichen Aufgaben. Wir fingen ganz von vorne an, mit gemeinsamen Merkmalen. Gemeinsame Merkmale sind angenehm, weil wir sie gemeinsam haben. Wir begannen damit, unsere Fragen zu stellen: Kann man die Größe vorhersagen? Kann man die Bücher lesen und ihre Größe vorhersagen? Eigentlich kann man es mit einer Treffsicherheit bis auf 5 Zentimeter. Der Body-Mass-Index hängt ziemlich an unserem Lebensstil, aber man liegt mit einer Genauigkeit von 8 Kilogramm nahe dran. Kann man die Augenfarbe vorhersagen? Ja, das kann man. Mit 80zig prozentiger Treffsicherheit. Kann man die Hautfarbe vorhersagen? Ja, das kann man: 80-prozentige Treffsicherheit. Kann man das Alter vorhersagen? Man kann es, denn der Code ändert sich anscheinend während des Lebens. Er wird kürzer, verliert Stücke, bekommt Einschübe. Wir nehmen die Signale wahr und erstellen ein Modell. Eine interessante Herausforderung: Kann man Gesichtszüge vorhersagen? Es ist ein bisschen kompliziert, denn ein menschliches Gesicht ist auf Millionen Buchstaben verstreut. Ein menschliches Gesicht ist kein sehr genau abgegrenztes Objekt. Wir mussten davon eine ganze Maske erstellen, sie einbetten und auf das Wesentliche reduzieren, um einer Maschine beizubringen, was ein Gesicht ist. Wenn Sie mit maschinellem Lernen vertraut sind, verstehen Sie, worin hier die Herausforderung liegt. Nach 15 Jahren -- 15 Jahre nachdem man die erste Sequenz gelesen hat -- fingen wir im letzten Oktober an, einige Signale zu verstehen. Es war ein sehr emotionaler Augenblick. Hier sehen Sie eine Versuchsperson, die in unser Labor kam. Das ist für uns ein Gesicht. Wir reduzierten die Komplexität des Gesichts einer echten Person, denn nicht alles in einem Gesicht ist ursprünglich vorhanden -- viele Merkmale, Defekte und Asymmetrien ergeben sich im Verlauf des Lebens. Wir machten das Gesicht symmetrisch und ließen unseren Algorithmus laufen. Die Ergebnisse, die ich Ihnen nun zeige, sagten wir mit Hilfe des Blutes vorher. (Applaus) Warten Sie eine Sekunde. In diesen Augenblicken, in denen Sie hin und her blicken, links und rechts, links und rechts will Ihr Gehirn, dass die Bilder identisch sind. Daher bitte ich Sie, der Ehrlichkeit halber, um eine weitere Aufgabe. Bitte suchen Sie nach den Unterschieden, die zahlreich sind. Die größte Menge an Signalen ergibt sich aus dem Geschlecht, dann aus dem Alter, dem Body-Mass-Index und der ethnischen Zugehörigkeit. Dieses Signal zu verstärken ist viel komplizierter. Aber was Sie hier sehen, sogar trotz der Unterschiede, lässt Sie verstehen, dass wir bei der richtigen Hausnummer sind und näher kommen. Es ruft bei Ihnen bereits einige Gefühle hervor. Das ist eine andere Versuchsperson und das ist die Vorhersage. Ein schmaleres Gesicht, die Schädelstruktur stimmt nicht ganz, aber es ist immer noch die richtige Größenordnung. Das ist die Versuchsperson, die in unser Labor kam, und das ist die Vorhersage. Diese Menschen waren nie in das Training der Maschinen eingebunden. Sie gehören zur sogenannten "Bereitschaftsgruppe". Was sie vermutlich nicht glauben werden, aber das sind echte Menschen. Wir drucken alles in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung ab, sodass man es nachlesen kann. Aber seit wir anfingen, fordert Chris mich heraus. Ich lehnte mich aus dem Fenster und versuchte eine Vorhersage zu jemandem, den sie vielleicht erkennen. In diesem Blutröhrchen -- Sie können sich nicht vorstellen, was wir anstellen mussten, um das Blut jetzt hier zu haben --, ist die Menge an biologischer Information, die wir für eine vollständige Genom-Sequenz benötigen. Diese Menge genügt. Wir führten die Sequenzierung durch und ich werde es mit Ihnen machen. Wir wendeten die ganzen vorhandenen Erkenntnisse an. Wir sagten mit dem Blutröhrcheninhalt das männliche Geschlecht vorher. Die Person ist männlich. Wir sagten vorher, dass er 1 Meter und 76 cm groß ist. Die Person ist 1 Meter und 77 cm. Wir sagten vorher, dass er 76 Kilo schwer ist, die Person ist 82 Kilo schwer. Wir sagten vorher, sein Alter wäre 38. Die Person ist 35. Wir sagten seine Augenfarbe vorher. Zu dunkel. Wir sagten seine Hautfarbe vorher. Sie stimmt fast überein. Das ist sein Gesicht. Nun kommt der Augenblick der Offenbarung: Das ist die Versuchsperson. (Lachen) Ich stellte mich bewusst zur Verfügung. Ich gehöre einer speziellen und eigentümlichen Ethnie an. Südeuropäer, Italiener -- sie passen zu keinem Modell. Es ist heikel, dass Ethnizität ein komplexer Ausnahmefall für unser Modell ist. Aber es gibt einen weiteren Aspekt. Die Merkmale, die wir häufig zur Personenerkennung nutzen, wird nicht in das Genom geschrieben. Es ist unser freier Wille, es ist wie ich aussehe. In diesem Fall nicht mein Haarschnitt, aber wie mein Bart gestutzt ist. Ich werde in diesem Fall den Bart -- das ist nichts weiter als Photoshop, kein Modellieren -- auf die Vorhersage übertragen. Sofort bekommen wir einen besseren Eindruck davon. Warum machen wir das? Wir machen es sicherlich nicht, um die Größe vorherzusagen oder aus unserem Blut heraus ein schönes Bild zu erstellen. Wir machen das, weil dieselbe Technologie und dieselbe Herangehensweise, wie die Maschinen von diesem Code lernten, uns verstehen hilft, wie wir funktionieren, wie unser Körper funktioniert, wie unser Körper altert, wie sich Krankheiten in unserem Körper entwickeln, wie Krebs wächst und sich entwickelt, wie Medikamente wirken und ob sie sich auf den Körper auswirken. Das ist eine riesige Aufgabe. Das ist eine Aufgabe, die wir mit Tausenden anderer Forscher weltweit teilen. Sie nennt sich personalisierte Medizin. Das ist die Fähigkeit, sich von einen statistischen Ansatz, wo man ein Tropfen im Ozean ist, hinzubewegen auf einen personalisierten Ansatz, wo man alle Bücher gelesen hat und man die Erkenntnis hat, wie es einem genau geht. Aber das ist eine besonders komplizierte Aufgabe, weil wir aus den ganzen Büchern nach heutigem Stand wahrscheinlich nur zwei Prozent wissen: vier Bücher von mehr als 175. Das ist nicht das Thema meines Vortrags, weil wir mehr erfahren werden. Die besten Köpfe auf der Welt sind an diesem Thema dran. Die Vorhersagen werden besser werden, die Modelle werden präziser werden. Je mehr wir erfahren, desto mehr werden wir mit Entscheidungen konfrontiert, die wir vorher nicht treffen mussten: Über das Leben, über den Tod, über Elternschaft. Wir berühren den innersten Ausschnitt der Funktionsweise des Lebens. Es ist eine Revolution, die nicht auf das Gebiet der Wissenschaft oder der Technologie begrenzt werden kann. Das muss eine weltweite Diskussion geben. Wir müssen über die Zukunft unserer Menschheit nachdenken. Wir müssen mit Kreativen, Künstlern, Philosophen, mit Politikern den Austausch suchen. Jeder ist beteiligt, weil es um die Zukunft unserer Art geht. Ohne Angst, aber mit der Erkenntnis, dass die Entscheidungen, die wir in den nächsten Jahren treffen, den Gang der Geschichte für immer verändern. Danke. (Applaus)