Als arabische, weibliche Fotografin bieten mir persönliche Erfahrungen stets viel Inspiration für meine Projekte. Meine Leidenschaft für Wissen, die mich Barrieren auf dem Weg in ein besseres Leben durchbrechen ließ, war die Motivation für mein Projekt "I Read I Write" [Ich lese, ich schreibe]. Angetrieben von meiner eigenen Erfahrung und da ich selbst erst keinen höheren Bildungsweg verfolgen durfte, entschied ich, Geschichten anderer Frauen, die ihr Leben durch Bildung veränderten, zu ergründen und dokumentieren, und die bestehenden Barrieren aufzuzeigen und zu hinterfragen. Ich habe viele Themen behandelt, die sich mit der Bildung von Frauen befassen, immer die Unterschiede der arabischen Länder beachtend, welche durch wirtschaftliche und soziale Faktoren entstehen. Dazu zählen Analphabetismus der Frau, der in der Region sehr verbreitet ist, Bildungsreformen, Programme für Schulabbrecherinnen und politischer Aktivismus von Studentinnen. Am Anfang meiner Arbeit war es oft nicht leicht, die Frauen zur Teilnahme zu bewegen. Erst als ich erklärte, wie ihre Geschichten die Leben anderer Frauen beeinflussen könnten, wie sie zu Vorbildern ihrer Gemeinde werden würden, stimmten einige zu. Nach einem kollaborativen und reflektiven Ansatz suchend, bat ich sie darum, ihre eigenen Worte und Gedanken auf Fotos von sich selbst zu schreiben. Diese Bilder wurden dann in Unterrichtsräumen gezeigt und halfen dabei, andere Frauen in ähnlichen Bildungssituationen zu inspirieren und motivieren. Aisha, eine Lehrerin aus dem Jemen, schrieb: "Ich wollte mich bilden, um unabhängig zu sein und mich nicht für alles auf Männer zu verlassen." Eine der ersten Frauen war Umm El-Saad aus Ägypten. Als wir uns kennenlernten, konnte sie kaum ihren Namen schreiben. Sie besuchte das neunmonatige Alphabetisierungsprogramm einer NGO in der Vorstadt von Kairo. Monate später scherzte sie, ihr Mann wolle sie nicht mehr zum Unterricht gehen lassen, da er entdeckte, dass seine Frau, die nun lesen konnte, die SMS auf seinem Handy laß. (Lachen) Böse Umm El-Saad. Natürlich hat Umm El-Saad nicht deshalb am Programm teilgenommen. Ich sah, wie sie Kontrolle über ihre einfache, tägliche Routine wollte, über Dinge, die für uns selbstverständlich sind, wie Geld zählen beim Einkauf und den Kindern bei den Hausaufgaben helfen. Trotz ihrer Armut und der Meinung ihres Umfelds, welches Bildung für Frauen für unwichtig hält, wollten Umm El-Saad und ihre ägyptischen Klassenkameradinnen unbedingt lesen und schreiben lernen. In Tunesien lernte ich Asma kennen, eine der vier Aktivistinnen, die ich interviewt habe. Die Studentin sekulärer Biotechnnologie ist in den sozialen Medien ziemlich aktiv. Bezüglich ihres Landes, welches das hegte, was man als Arabischen Frühling kennt, sagte sie: "Ich habe immer davon geträumt, ein neues Bakterium zu entdecken. Seit der Revolution finden wir jeden Tag ein neues." Asma meinte den Anstieg des religiösen Fundamentalismus in der Region, der besonders für Frauen ein weiteres Hindernis darstellt. Von all den Frauen, die ich traf, rührte mich Fayza aus dem Jemen am meisten. Fayza musste die Schule abbrechen, als sie mit 8 Jahren verheiratet wurde. Die Ehe dauerte ein Jahr. Mit 14 wurde sie die dritte Frau eines 60-jährigen Mannes und mit 18 war sie eine geschiedene Mutter mit drei Kindern. Trotz ihrer Armut, ihres sozialen Status als Geschiedene in einer ultrakonservativen Gesellschaft und trotz der Ablehnung ihrer Eltern, sie wieder zur Schule zu schicken, wusste Fayza, dass sie nur durch Bildung Kontrolle über ihr Leben erlangen konnte. Sie ist jetzt 26. Sie erhielt ein Stipendium von einer lokalen NGO für ihr BWL-Studium an der Universität. Ihr Ziel ist es, einen Job zu finden, eine Wohnung zu mieten und ihre Kinder wieder zu sich zu holen. Die arabischen Länder durchleben riesige Veränderungen und die Kämpfe, die die Frauen austragen, sind erdrückend. Genau wie die Frauen, die ich fotografierte, musste auch ich Barrieren überwinden, um die Fotografin zu werden, die ich bin. Viele Personen versuchten mir vorzuschreiben, was ich zu tun habe. Umm El-Saad, Asma, Fayza und viele Frauen in der arabischen Welt zeigen, dass es möglich ist, Barrieren zur Bildung, von der sie wissen, dass sie der beste Weg in eine bessere Zukunft ist, zu überwinden. Ich möchte meinen Vortrag mit einem Zitat von Yasmine beenden, eine der vier in Tunesien interviewten Aktivistinnen. Yasmine schrieb: "Hinterfrage deine Überzeugungen. Sei, wer du sein willst, und nicht so, wie die anderen es wollen. Akzeptiere nicht deren Versklavung, deine Mutter brachte dich frei zur Welt." Vielen Dank. (Applaus)