WEBVTT 00:00:06.643 --> 00:00:08.412 Im dritten Jahrtausend v. Chr. 00:00:08.412 --> 00:00:10.806 notierten und interpretierten mesopotamische Könige 00:00:10.806 --> 00:00:13.806 ihre Träume auf Wachstafeln. 00:00:13.806 --> 00:00:15.146 Eintausend Jahre später 00:00:15.146 --> 00:00:17.248 schrieben die alten Ägypter ein Traumbuch, 00:00:17.248 --> 00:00:20.654 in dem sie über 100 übliche Träume und deren Bedeutung festhielten. 00:00:20.654 --> 00:00:21.983 Und Jahrtausende später 00:00:21.983 --> 00:00:25.650 versuchen wir immer noch zu verstehen, warum wir träumen. 00:00:25.650 --> 00:00:28.121 Nach vielen wissenschaftlichen Studien, 00:00:28.121 --> 00:00:29.787 dem technischen Fortschritt 00:00:29.787 --> 00:00:31.285 und mit viel Hartnäckigkeit 00:00:31.285 --> 00:00:36.443 haben wir zumindest ein paar interessante Theorien aufstellen können. 00:00:36.443 --> 00:00:40.047 Wir träumen, um uns unsere Wünsche zu erfüllen. 00:00:40.937 --> 00:00:42.494 Anfang des 20. Jahrhunderts 00:00:42.494 --> 00:00:46.512 war Sigmund Freud der Ansicht, dass all unsere Träume und auch Alpträume 00:00:46.512 --> 00:00:50.131 nicht nur eine Ansammlung von Bildern aus unserem bewussten Alltag sind, 00:00:50.131 --> 00:00:52.261 sie haben auch eine symbolische Bedeutung, 00:00:52.261 --> 00:00:55.464 die mit der Erfüllung unserer unterbewussten Wünsche verbunden sind. 00:00:55.464 --> 00:00:59.154 Laut Freud ist alles, woran wir uns nach dem Aufwachen erinnern, 00:00:59.154 --> 00:01:01.050 eine symbolische Darstellung 00:01:01.050 --> 00:01:05.535 unserer unbewussten primitiven Gedanken, Triebe und Wünsche. 00:01:05.535 --> 00:01:08.489 Er glaubte, die Analyse dieser erinnerten Elemente 00:01:08.489 --> 00:01:12.182 würde dem Bewusstsein diese unbewussten Dinge offenbaren 00:01:12.182 --> 00:01:14.747 und psychische Schäden heilen, 00:01:14.747 --> 00:01:17.615 die von ihrer Verdrängung herrührten. 00:01:17.615 --> 00:01:20.789 Wir träumen, um uns zu erinnern. 00:01:20.789 --> 00:01:23.192 Um die kognitive Leistung zu steigern, 00:01:23.192 --> 00:01:24.535 kann Schlaf nützlich sein; 00:01:24.535 --> 00:01:27.107 dabei zu träumen, ist aber noch besser. 00:01:27.107 --> 00:01:28.781 In einer Studie von 2010 00:01:28.781 --> 00:01:32.767 fanden die Versuchspersonen leichter durch ein komplexes 3D-Labyrinth, 00:01:32.767 --> 00:01:37.476 wenn sie vor ihrem zweiten Versuch davon geträumt hatten. 00:01:37.476 --> 00:01:39.973 Sie waren sogar bis zu zehn Mal besser 00:01:39.973 --> 00:01:44.211 als diejenigen, die wach blieben und über das Labyrinth nachdachten, 00:01:44.211 --> 00:01:48.739 und diejenigen, die zwar schliefen, aber nicht davon träumten. 00:01:48.739 --> 00:01:51.269 Die Theorie besagt, dass gewisse Erinnerungsprozesse 00:01:51.269 --> 00:01:53.401 nur dann stattfinden, wenn wir schlafen, 00:01:53.401 --> 00:01:58.202 und unsere Träume sind ein Zeichen, dass diese Prozesse stattfinden. 00:01:58.202 --> 00:02:01.484 Wir träumen, um zu vergessen. 00:02:02.544 --> 00:02:05.353 Es gibt bis zu 10 000 Billionen neuronale Verbindungen 00:02:05.353 --> 00:02:07.615 in der Struktur unseres Gehirns. 00:02:07.615 --> 00:02:11.510 Sie entstehen durch alles, was man denkt und tut. 00:02:11.510 --> 00:02:15.869 Laut einer Traumtheorie von 1983, der "Reverse Learning"-Theorie, 00:02:15.869 --> 00:02:19.490 werden diese neuronalen Verbindungen während des Schlafens 00:02:19.490 --> 00:02:22.765 und vor allem während der REM-Phasen vom Neokortex geprüft 00:02:22.765 --> 00:02:25.329 und unnötige Verbindungen gekappt. 00:02:25.329 --> 00:02:27.095 Ohne diesen Prozess des Verlernens, 00:02:27.095 --> 00:02:28.924 durch den unsere Träume entstehen, 00:02:28.924 --> 00:02:31.623 könnten unnötige Verbindungen das Gehirn überlasten 00:02:31.623 --> 00:02:34.962 und parasitische Gedanken könnten unsere Denkprozesse stören, 00:02:34.962 --> 00:02:37.303 während wir wach sind. 00:02:37.303 --> 00:02:41.235 Wir träumen, um unser Gehirn auf Trab zu halten. 00:02:42.815 --> 00:02:46.257 Laut der Continual Activation Theory entstehen unsere Träume dadurch, 00:02:46.257 --> 00:02:51.551 dass unser Gehirn dauerhaft neue Langzeiterinnerungen schaffen muss, 00:02:51.551 --> 00:02:53.294 um zu funktionieren. 00:02:53.294 --> 00:02:55.792 Wenn nun äußere Sinneseindrücke genug abnehmen, 00:02:55.792 --> 00:02:57.331 zum Beispiel im Schlaf, 00:02:57.331 --> 00:02:58.914 entstehen im Gehirn automatisch 00:02:58.914 --> 00:03:01.588 neue Daten aus den Erinnerungszentren, 00:03:01.588 --> 00:03:04.458 die uns dann in Form der Gedanken und Gefühle erscheinen, 00:03:04.458 --> 00:03:06.688 die wir in unseren Träumen erleben. 00:03:06.688 --> 00:03:07.724 Anders ausgedrückt 00:03:07.724 --> 00:03:10.966 sind unsere Träume wie ein x-beliebiger Bildschirmschoner, 00:03:10.966 --> 00:03:14.200 den unser Gehirn aktiviert, um nicht komplett herunterzufahren. 00:03:14.200 --> 00:03:17.345 Wir träumen, um uns vorzubereiten. 00:03:18.145 --> 00:03:21.994 Häufig träumen wir von bedrohlichen Situationen, 00:03:21.994 --> 00:03:24.482 und laut der Primitive Instinct Rehearsal Theory 00:03:24.482 --> 00:03:27.790 hängen Inhalt und Zweck unserer Träume eng zusammen. 00:03:27.790 --> 00:03:31.600 Ob wir nun von einem Bären durch einen Wald verfolgt werden 00:03:31.600 --> 00:03:34.188 oder gegen einen Ninja kämpfen, 00:03:34.188 --> 00:03:37.657 wir können im Traum unseren Kampf-oder-Flucht-Instinkt trainieren, 00:03:37.657 --> 00:03:41.720 damit wir uns auch im wirklichen Leben auf ihn verlassen können. 00:03:41.720 --> 00:03:43.947 Das Szenario muss aber nicht gefährlich sein. 00:03:43.947 --> 00:03:47.138 So können Träume über unseren attraktiven Nachbarn 00:03:47.138 --> 00:03:50.571 unseren Fortpflanzungstrieb anregen. 00:03:50.571 --> 00:03:53.252 Wir träumen, um zu genesen. 00:03:54.512 --> 00:03:57.786 Während des REM-Schlafes sind Neurotransmitter, die Stress auslösen, 00:03:57.786 --> 00:03:59.839 viel weniger im Gehirn aktiv, 00:03:59.839 --> 00:04:02.428 selbst wenn man von traumatischen Erlebnissen träumt. 00:04:02.428 --> 00:04:04.174 Dies führte zur Theorie, 00:04:04.174 --> 00:04:08.632 dass Träume dazu dienen können, schlechte Erfahrungen zu verarbeiten 00:04:08.632 --> 00:04:10.881 und die Seele zu heilen. 00:04:10.881 --> 00:04:13.998 Wenn man traumatische Erlebnisse im Traum wieder aufarbeitet, 00:04:13.998 --> 00:04:16.070 wo die psychische Belastung geringer ist, 00:04:16.070 --> 00:04:20.140 kann man sie mit klareren Kopf und auf heilsamere Weise verarbeiten. 00:04:20.140 --> 00:04:25.279 Menschen mit Gemütsstörungen und PTBS können oft nur schwer schlafen, 00:04:25.279 --> 00:04:29.259 weshalb man vermutete, dass ausbleibende Träume 00:04:29.259 --> 00:04:32.689 zu ihrer Krankheit beitrugen. 00:04:32.689 --> 00:04:35.284 Wir träumen, um Probleme zu lösen. 00:04:37.364 --> 00:04:40.263 Losgelöst von der Realität und den Grundsätzen der Logik, 00:04:40.263 --> 00:04:43.539 kann unser Verstand im Traum unendlich viele Szenarien erdenken, 00:04:43.539 --> 00:04:46.506 um uns zu helfen, Probleme und mögliche Lösungen 00:04:46.506 --> 00:04:49.295 anders als im Wachzustand anzugehen. 00:04:49.295 --> 00:04:51.527 John Steinbeck nannte dies das "Schlafkomitee", 00:04:51.527 --> 00:04:53.584 und weitere Forschungen bestätigen, 00:04:53.584 --> 00:04:56.612 dass Träumen dabei helfen kann, Probleme zu lösen. 00:04:56.612 --> 00:04:59.618 Dank dieser Methode entdeckte der Chemiker August Kekulé 00:04:59.618 --> 00:05:01.879 die Struktur des Benzolmoleküls, 00:05:01.879 --> 00:05:05.340 und aus diesem Grund braucht man manchmal für die Lösung eines Problems 00:05:05.340 --> 00:05:07.440 nichts weiter als eine Mütze Schlaf. 00:05:07.440 --> 00:05:10.293 Und dies sind nur einige der bekannteren Theorien. 00:05:10.293 --> 00:05:13.856 Da die Technik unser Verständnis für das Gehirn immer weiter vertieft, 00:05:13.856 --> 00:05:15.497 könnten wir irgendwann durchaus 00:05:15.497 --> 00:05:18.059 eine eindeutige Erklärung finden, warum es sie gibt. 00:05:18.059 --> 00:05:22.292 Aber bis dahin werden wir wohl einfach weiter träumen müssen.