Inneres Nord-London, oberster Stock
Weiße Wände, weißer Teppich, weiße Katze
Reispapier-Trennwände,
Moderne Kunst und Ambition
Der Gastgeber Arzt
Kluger Kerl, mit eigener Praxis
Seine Freundin Schauspielerin
Ein alter Freund der Familie
Und immer lustige Gesellschaft.
D'rum sind wir zum Essen gekommen.
Der 5. Gast eine Unbekannte,
Als Gefallen sitzen wir zusammen am Tisch
weil die Dame gerade aus Australien
nach Nord-London gezogen ist
Und sie ist jemandes Schwester
Oder etwas in der Art
Während wir uns vorstellen
Bin ich gebannt von ihrer Schönheit
Sie ist unbestreitbar hübsch
Mit dunklen Augen und dunklem Haar
Doch als sie sich setzt
Bin ich, zugegeben, ein wenig argwöhnisch,
Denn ich bemerke eine Feenflügelspitze
Tätowiert in der ansehnlichen Gegend
An den Ausläufern des Rückens
Und als sie sagt "Also ich bin Schütze"
Formt sich eine Schublade in meinem Geiste
Und ist sofort gefüllt
Als sie sagt ihr Name sei "Sturm".
Zu Beginn plaudert man nett und heiter
Doch nicht lang, bis Sturm beginnt:
"Wir wissen doch nichts,
Erkenntnis ist nicht mehr als Meinung."
Meint sie, über dem Cabernet Sauvignon
Vis a vis
Irgendein rationaler
empirischer Kommentar von mir
"Kein guter Anfang", denk ich mir
Wir sind gerade einmal beim Aperitif
Und mir gegenüber, meine Frau
Mit geweiteten Augen
Bittet mich still: Sei nett!
Eine eheliche Warnung
Des Ignorierens nicht würdig,
Und so widerstehe ich dem Drang zu fragen
Ob Wissen denn so subjektiv sei
Dass eines Morgens
Sie die Wohnung einmal
Nicht durch die Tür verließe
Sondern durch das Fenster im zweiten Stock
Das Dinner ist vortrefflich und Sturm
Das Fleisch wohlwissentlich meidend
Sitzt zufrieden und speist
Als der gute Doktor, dem Wein sehr zugeneigt
Medizinische Anekdoten zum besten gibt
Doch da wirft Storm plötzlich ein
"Aber der Körper ist ein Mysterium!
Die Wissenschaft ist mit dem Latein am Ende
Versucht sie die Natur der Seele zu erkennen."
Ein Blick der Gastgeberin in meine Richtung
Sie, wie meine Frau, weiß, es besteht die Chance,
dass ich in eine meiner seltenen doch witzitgen Tiraden verfalle
Aber nein. Meine Lippen sind versiegelt.
Ich will nur Speis und Trank genießen
Denn auch wenn Storm mir langsam ernstlich auf die Nerven geht
Dieser Abend wird nicht kentern
Auch wenn ich mit mir kämpfen muss
Denn - wie ihr meteorologischer Namensvetter -
Kennt Sturm keine Gnade.
"Pharmafirmen sind der Feind
Sie fördern die Medikamentensucht
Auf Kosten natürlicher Heilmittel
Die alles sind, was unser Körper braucht
Sie sind unmoralisch und von Gier getrieben.
Warum Medikamente nehmen
Wenn Kräuter helfen?
Warum Chemie nutzen,
Wenn homöopathische Präparate
Die Probleme lösen können?
Es ist an der Zeit, dass wir uns zurückbesinnen
Auf natürliche medizinische Alternativen."
So sehr ich es auch versuche,
Ein kleiner Riss vertieft sich
In meinem diplomatischen Deich
"Per Definitionem", beginne ich
"Alternativmedizin," fahre ich fort
"Ist in ihrer Wirkung entweder nicht nachweisbar,
Oder nachweislich nicht wirksam.
Weißt du, wie man "Alternativmedizin" nennt,
Deren Wirksamkeit bewiesen ist?
Medizin."
"Also glaubst du tatsächlich
An KEINERLEI natürliche Heilmittel?"
"Ganz im Gegenteil, Sturm.
Genaugenommen, bevor wir zu Tee kamen,
Nahm ich ein Mittelchen
Gewonnen aus der Rinde des Weidenbaums
Ein Schmerzmittel, praktisch ohne Nebenwirkung
Es hat einen seltsamen Namen,
Schatz, wie war er noch gleich?
Maspirin?
Baspirin?
Ach ja, Aspirin!
Für das ich gerade mal einen Pfund zahlte
Unten an der Apotheke um die Ecke
Die Debatte flaut kurz ab
Als die Teller eingesammelt werden
Doch als das Dessert serviert
Erklärt Storm keck,
"Shakespeare sprach dereinst:
Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde
Als in deiner Philosophie existieren...
Wissenschaft ist nur ein anerzogener Blick auf die Realität
Doch erklärt sie nicht Liebe oder Spiritualität
Wie erklärt die Wissenschaft Hellsicht?
Auren, das Jenseits, die Kraft eines Gebets?"
Mir wird bewusst
Dass ich starre,
Wie ein Hase, plötzlich gefangen
Im blendenden Lichte geistlosen Blödsinns.
Vielleicht ist's der Hamlet, den sie falsch zitierte
Oder der achte Wein, den ich herunterkippte
Der Deich meiner Zurückhaltung ächzt
Und das Arschloch in mir,
von ihm zurückgehalten,
Bricht heraus und ist frei:
"Sieh, Sturm, ich will dich nicht langweil'n
Aber es gibt überhaupt keine Aura!
Aurenlesen ist wie Gedankenlesen
Kaffeesatz, Sternzeichen oder
Lebenslinien.
Diese Leute haben kein Talent,
Entweder sie lügen oder sind geisteskrank.
Gleiches gilt für die, die sagen, sie hören Gottes
Wort
Oder Geistheiler mit magischen Händen.
Nur so nebenbei,
Warum glauben wir es sei Okay
vorzugeben mit den Toten reden zu können?
Ist das nicht vollkommen hirnrissig?
Weinende Frauen belügen, die ihr Kind verloren
Und ihnen sagen, man hätte Kontakt mit dem Jenseits?
Ist das nicht ganz grundsätzlich krank?
Müssen wir klarstellen, dass es sowas wie Hellsicht nicht gibt?
Was, sind wir 2-Jährige, verdammt?
Glauben wir wirklich, dass Horton ein Hu gehört hat?
Glauben wir immer noch der Weihnachtsmann brächte die Geschenke?
Das Michael Jackson kein Lifting hatte?
Sind wir so beeindruckt von Zirkustricks
Dass wir glauben die Toten würden
mit Idioten
Wie John Edwards reden wollen?"
Sturm, meinem Hohn zum Trotze
Feuert weiter Klischees mit bizarrer Präzision
Wie ein Scharfschütze mit Blödsinn als Munition
"Du bist dir deiner so sicher
Doch im Grunde nur engstirnig
Ich denke du wirst sehen
Dass dein Glaube an Wissenschaft und Tests
Genau so blind ist
Wie der Glaube jedes Fundamentalisten"
"Wow, lass mich das einmal überdenken
Oh, warte, mein Fehler, das ist absoluter Bullshit.
Das wissenschaftliche Weltbild passt sich auf Basis von Beobachtung an.
Glaube ist die Leugnung von Beobachtung sodass das Weltbild aufrecht erhalten werden kann.
Wenn du mir zeigen würdest
Dass, sagen wir, Homöopathie funktioniert,
Dann ändere ich meine Meinung
Ich springe im Quadrat
Bin verdammt beschämt
Doch werde schreiend durch die Straßen rennen
Ein Wunder! Vergesst die Physik!
Wasser hat ein Gedächtnis!
Und während es sich an einen lange vergangenen Tropfen Zwiebelsaft perfekt erinnert
Vergisst es irgendwie die ganze Scheiße, die mal drin war!
Du zeigst mir dass und wie es funktioniert
Und wenn ich mich von dem Schock erholt habe
Nehme ich einen Zirkel und ritze "Schau an" in die Seite meines Schwanzes."
Alle starren mich jetzt an,
Doch ich bin ziemlich sauer und gut dabei,
Also denke ich mir, wenn schon, denn schon:
"Das Leben ist voller Rätsel, ja
Aber da draußen sind Antworten
Und sie werden nicht gefunden
Von Leuten, die herumsitzen
Ernst dreinschauen
Und sagen: Ist das Leben nicht rätselhaft?
Lass uns sitzen und hoffen
Lass uns den verdammten Papst anrufen
Lass uns Oprah anschauen,
die Deepak Chopra interviewt
Wenn du schon TV sehen musst, dann solltest du Scooby Doo schauen.
Die Serie war super
Denn immer wenn es eine Kirche mit einem Ghoul
Oder einen Geist in einer Schule gab
Haben sie hinter die Maske gesehen und was war da?
Der verdammte Hausmeister oder der Typ, der die Wasserrutsche betreibt.
Denn in der ganzen Geschichte,
Jedes Rätsel
dass jemal gelöst ward, stellte sich heraus als
Nicht magisch.
Macht dir die Idee, dass es Wissen geben könnnte
Vielleicht Angst?
Macht dir die Idee, dass ein Nachmittag
Auf der verdammten Wikipedia dich erleuchten könnte
Vielleicht Angst?
Ist der Gedanke, dass es da nichts Übernatürliches gibt
So weit ab von deinem Hippie-Hirn
Dass du lieber einfach stehst im Nebel
deiner Unfähigkeit Google zu nutzen?
Ist das nicht genug?
Einfach nur diese Welt?
Nur diese schöne, komplexe
wundervoll ergründliche, natürliche Welt?
Wie versagt sie so darin unser Interesse zu wecken
Dass wir sie schmälern müssen mit der Erfindung
Billiger, menschgemachter Mythen und Monster?
Wenn du so auf Shakespeare stehst
Leih mir dein Ohr:
"Vergülden feines Gold, bemalen die Lilie,
parfümieren das Veilchen... ist einfach verdammt dämlich"
Oder so.
Oder Satchmo?!
I see trees of green,
Red roses too,
Und bitte, wenn du meinst
Krishna und Vishnu glorifizieren zu müssen
Auf eine postkoloniale, herablassende
Abgepackte und etikettierte Art
Meine Güte, dann ist das okay.
Aber das hier bereitet mir Kopfschmerzen:
Ich bin ein kleines, unbedeutendes, unwissendes Stück Kohlenstoff.
Ich habe ein Leben, und das ist kurz
Und unbedeutend...
Aber dank jüngster wissenschaftlicher Fortschritte
Darf ich doppelt solange Leben wie meine Groß-Groß-Groß Onkels und Tanten.
Doppelt so lange, um mein Leben zu leben
Doppelt so lange, meine Frau zu lieben
Doppelt so viele Jahre mit Freunden und Wein
Gutem Curry und trunkenem Streit
Mit hübschen Hippies
Mit Feen auf ihrem Rücken
Und Schmetterlingen auf ihren Möpsen.
Und, nur für den Fall, dass ich dich beleidigt haben sollte
Denke hieran und alles ist vergessen:
Wir könnten genausogut wieder 10 Minuten in der Vergangenheit sein
Für den Fall, dass du deine Meinung änderst.
Geschrieben und Performed von Tim Minchin
Regie: DC Turner
Produktion: Tracy King
Character Design und Animation: DC Turner
Kamera und Effekte: Ricky Earl, Fraser Davidson, DC Turner, Andrew Flatt
Unterstützende Animationen: Ricky Earl, Kei Phillips, Ash Collins, Valentina Grasso, Betty Le Bon, Fraser Davidson
Unterstützendes Artwork: Kei Phillips, Ricky Earl, Diego Garcia, Betty Le Bon, Fraiser Davidson, Rachael King, Stuart Mason, Manu Roig
Sound: Milton Mermikedes, Bridget Merkimedes, Holley Gray, Matthias Simmons, Pete Clements
Zusätzliche Storyboards: Tracy King, Fraser Davidson, Ricky Earl, Joe Pavlo
Dank an: Sid Rodrigues, Rebecca Watson, Jane Goldman and family, Chris Blohm, Loretta King, Susan Turner
Dank an: Lyndsey Brown, Shella Livingston, Helen Jack, Chris Cox, Tom Milsom, Robin Ince
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