Sprache ist ein wesentlicher
Teil unseres Lebens,
der uns oft selbstverständlich erscheint.
Mit ihr können wir unsere Gedanken
und Gefühle mitteilen,
in Romane eintauchen,
Textnachrichten verschicken
und Freunde begrüßen.
Es ist kaum vorstellbar,
seine Gedanken nicht
in Worte fassen zu können.
Aber wenn das sensible
Sprachnetzwerk unseres Gehirns
durch Schlaganfall, Krankheit
oder Trauma beschädigt wird,
könnte uns das tatsächlich
die Sprache verschlagen.
Diese Störung namens Aphasie
kann sämtliche Aspekte
der Kommunikation beeinträchtigen.
Menschen mit Aphasie
behalten ihre Intelligenz.
Sie wissen, was sie sagen wollen,
doch finden nicht immer
die richtigen Worte.
Sie nutzen etwa unabsichtlich
Ersatzwörter, Paraphasien genannt,
und vertauschen verwandte Wörter
wie "Hund" und "Katze"
oder ähnlich klingende Wörter
wie "Haus" und "Haut".
Manchmal können ihre Wörter
sogar völlig unverständlich sein.
Es gibt zwei grundlegende
Kategorien von Aphasien:
flüssige bzw. rezeptive Aphasie
und nicht-flüssige
bzw. expressive Aphasie.
Menschen mit flüssiger Aphasie haben
einen normalen Sprechrhythmus,
benutzen aber Wörter,
die keine Bedeutung haben.
Es fällt ihnen schwer,
die Sprache anderer zu verstehen,
und sie erkennen oft ihre
eigenen Sprechfehler nicht.
Dagegen können Menschen
mit nicht-flüssiger Aphasie
ein gutes Sprachverständnis haben,
zögern aber lang zwischen den Wörtern
und machen Grammatikfehler.
Wir alle haben mitunter
das Es-liegt-mir-auf-der-Zunge-Gefühl,
wenn uns ein Wort nicht einfällt,
doch Aphasie erschwert sogar das Benennen
von einfachen Alltagsgegenständen.
Selbst Lesen und Schreiben
können schwer und frustrierend sein.
Aber wie kommt es zu diesem Sprachverlust?
Das menschliche Gehirn
besteht aus zwei Hälften.
Bei den meisten Menschen
ist die linke Hälfte
für die Sprache zuständig.
Das ist bekannt, seit der Arzt Paul Broca
1861 einen Patienten untersuchte,
der nur noch ein einziges Wort
aussprechen konnte: "tan".
Während der Obduktion
des Gehirns seines Patienten
entdeckte Broca eine starke Schädigung
in der linken Gehirnhälfte,
die heute Broca-Areal heißt.
Man vermutet, dass es teilweise
die Benennung von Objekten steuert
und die Sprechmuskeln koordiniert.
Hinter dem Broca-Areal, beim Hörzentrum,
befindet sich das Wernicke-Areal.
Hier verknüpft das Gehirn
das Gehörte mit einer Bedeutung.
Eine Schädigung des Wernicke-Areals
stört das Sprachverständnis.
Zur Aphasie kommt es durch die Verletzung
einer oder beider dieser Sprach-Areale.
Zum Glück besitzt
das Gehirn weitere Areale,
die die Sprachzentren unterstützen
und bei der Kommunikation helfen können.
Auch motorische Areale des Gehirns
sind mit Sprache verknüpft.
FMRT-Aufnahmen haben gezeigt,
dass beim Hören von Tätigkeitswörtern
wie "rennen" oder "tanzen"
Teile des motorischen Zentrums
unseres Gehirns aktiviert werden,
als würde unser Körper
tatsächlich rennen oder tanzen.
Auch die andere Gehirnhälfte
ist für Sprache wichtig,
da sie Rhythmus und Melodie
unserer Sprache fördert.
Diese nichtsprachlichen Areale
können Menschen mit Aphasie
bei Schwierigkeiten
mit der Verständigung helfen.
Wie verbreitet ist Aphasie eigentlich?
Etwa eine Million Menschen
sind allein in den USA betroffen,
mit geschätzten 80 000
neuen Fällen pro Jahr.
Etwa 1/3 der Schlaganfall-Patienten
leidet unter Aphasie,
die somit häufiger als
Parkinson oder Multiple Sklerose,
aber weniger bekannt ist.
Die primär progressive Aphasie,
oder PPA, ist eine seltene Form,
die nicht durch einen Schlaganfall
oder ein Hirntrauma entsteht,
sondern eigentlich
eine Demenzform darstellt,
die sich durch Sprachverlust
als erstes Symptom äußert.
Ziel der Behandlung von PPA
ist ein möglichst langer Erhalt
der Sprachfunktion,
bevor schließlich andere
Demenzsymptome einsetzen.
Wenn Aphasie allerdings
infolge eines Schlaganfalls
oder Hirntraumas eintritt,
ist eine Verbesserung der Sprache
durch Sprachtherapie möglich.
Die Selbstheilungskraft unseres Gehirns,
bekannt als Gehirnplastizität,
erlaubt bei einer Hirnverletzung
den umgebenden Arealen,
während der Erholungsphase
einige Funktionen zu übernehmen.
Forscher haben mit neuer Technologie
Experimente durchgeführt,
die die Gehirnplastizität
bei Aphasiepatienten fördern könnten.
Unterdessen bleiben viele Menschen
mit Aphasie für sich, weil sie fürchten,
nicht verstanden zu werden
oder zu wenig Zeit zum Sprechen zu haben.
Indem wir ihnen genügend Zeit
und Flexibilität lassen,
um sich so zu verständigen,
wie es ihnen möglich ist,
können wir helfen, die Tür
zur Sprache wieder zu öffnen
und die Begrenzungen
der Aphasie zu überwinden.