In dem tollen Film "Die Blues Brothers"
aus den Achtzigern
besucht John Belushi in einer Szene,
Dan Aykroyd in seinem Apartement.
in Chicago zum allerersten Mal.
Es war ein enger, winziger Raum
und nur einen Meter
von den Zugschienen entfernt.
Als John sich auf Dans Bett setzt,
fährt ein Zug im Eiltempo vorbei,
sodass alles im Raum wackelt.
John fragt: "Wie oft fährt denn
dieser Zug hier vorbei?"
Dan antwortet: "So oft, dass man
es nicht mehr merkt."
In dem Moment fällt etwas von der Wand.
Wir wissen alle, worum es da ging.
Wir Menschen gewöhnen uns
sehr schnell an alltägliche Dinge.
Als Produktdesigner ist es mein Job
diese alltäglichen Dinge zu sehen,
zu erspüren und sie zu verbessern.
Wenn wir etwa dieses Obststück betrachten,
sehen Sie diesen kleinen Sticker?
Als ich ein kleines Kind war,
gab es ihn nicht.
Aber als die Jahre vergingen,
hatte jemand die glänzende Idee,
einen Sticker auf das Obst zu kleben.
Warum?
Damit es leichter für uns ist,
an der Supermarktkasse zu bezahlen.
Das ist toll,
wir sind schnell wieder draußen.
Aber jetzt gibt es ein neues Problem.
Wenn wir zu Hause ankommen
und hungrig sind
und diese reife, saftige Frucht
auf unserer Theke sehen,
wollen wir sie nehmen und essen.
Aber jetzt müssen wir nach
dem kleinen Aufkleber suchen
und mit unseren Fingernägeln abkratzen,
wobei wir das Fruchtfleisch verletzen.
Dann lösen wir den Aufkleber --
Sie kennen das.
Und dann versucht man ihn
von den Fingern zu kriegen.
(Applaus)
Das macht keinen Spaß,
überhaupt nicht.
Aber es passierte etwas Interessantes.
Als Sie das erstmals machten,
waren Sie sich all dessen bewusst.
Sie wollten das Obst einfach essen.
Sie waren verärgert.
Sie wollten einfach loslegen.
Beim 10. Mal
waren Sie schon weniger verärgert
und Sie lösten den Aufkleber einfach ab.
Beim 100. Mal,
zumindest war es bei mir so,
war es mir egal.
Ich nahm einfach das Obst,
kratze mit den Nägeln daran,
versuchte ihn abzulösen
und fragte mich dann:
"Gab es noch einen Aufkleber?"
Warum ist das so?
Warum gewöhnen wir uns
an alltägliche Dinge?
Menschen haben begrenzte
geistige Kapazitäten.
Daher verschlüsseln unsere Gehirne
alltägliche Dinge in Gewohnheiten,
damit wir mehr Platz haben,
um neue Dinge zu lernen.
Dieser Vorgang nennt sich
Gewöhnung [Habituation].
und das ist einer der elementarsten Wege,
wie wir Menschen lernen.
Gewöhnung ist nicht immer schlecht.
Wissen Sie noch,
wie Sie Autofahren lernten?
Ich weiß es noch genau.
Die Hände auf 10 und 2
ans Lenkrad gekrampft,
alles da draußen unter Beobachtung --
die Autos, die Ampeln, die Fußgänger.
Es ist eine nervenaufreibende Erfahrung.
So sehr, dass ich mit keinem
im Auto reden konnte,
und ich konnte auch keine Musik hören.
Aber dann passierte etwas Spannendes.
Im Laufe der Wochen wurde
Autofahren immer einfacher.
Es wurde zur Gewohnheit.
Es machte Spaß und
ging in Fleisch und Blut über.
Man konnte wieder
mit Freunden sprechen
und Musik hören.
Es hat also einen guten Grund,
warum sich Gehirne an Dinge gewöhnt.
Wäre es nicht so, würden wir
jedes Detail bemerken,
die ganze Zeit über.
Das wäre ermüdend
und wir hätten keine Zeit,
neue Dinge zu lernen.
Aber manchmal ist Gewohnheit nicht gut.
Wenn sie verhindert, dass wir
die Probleme um uns bemerken,
ist das schlecht.
Und wenn sie uns daran hindert,
sie zu erkennen und zu beheben,
dann ist das richtig schlecht.
Komiker wissen das genau.
Jerry Seinfelds gesamte Karriere baut
auf dem Erkennen dieser Details auf,
idiotische Dinge, die wir täglich tun,
an die wir uns gar nicht erinnern.
Er erzählt uns davon,
als er seine Freunde besuchte
und einfach nur duschen wollte.
Er fasste nach dem Griff
und drehte ihn etwas
und es war 40 Grad zu heiß.
Dann drehte er ihn in die andere Richtung
und es war 40 Grad zu kalt.
Er wollte nur eine erfrischende Dusche.
Wir alle haben das schon erlebt,
wir erinnern uns nur nicht daran.
Aber Jerry tat es,
und das ist die Aufgabe eines Komikers.
Aber für Designer, Innovatoren
und Unternehmer
gehört es zur Aufgabe,
diese Dinge nicht nur zu bemerken,
sondern sie auch zu beheben.
Sehen Sie das, diese Person,
das ist Mary Anderson.
Sie besuchte 1902 New York City.
Es war ein nasskalter, verschneiter Tag
und sie saß in einer warmen Straßenbahn.
Auf dem Weg zu ihrem Ziel, bemerkte sie,
dass der Fahrer das Fenster öffnete,
um den überschüssigen Schnee zu entfernen,
um sicher fahren zu können.
Aber als er das Fenster öffnete,
ließ er all die feuchtkalte Luft hinein,
und belästigte damit die Passagiere.
Die meisten Passagiere
dachten vielleicht nur:
"Da kann man nichts machen,
er muss das Fenster reinigen.
So ist das einfach."
Aber Mary dachte nicht so.
Mary dachte:
"Könnte der Fahrer die Windschutzscheibe
doch nur von innen putzen,
dann wäre er geschützt und könnte fahren
und die Passagiere könnten warm bleiben?"
Also nahm sie direkt ihr Skizzenbuch
und zeichnete, was einmal der erste
Scheibenwischer werden sollte.
Als Produktdesigner versuche ich
von Leuten wie Mary zu lernen,
um die Welt so zu sehen,
wie sie wirklich ist,
nicht so wie wir sie sehen wollen.
Warum?
Es ist einfach, Probleme zu lösen,
die beinahe jeder sieht.
Aber es ist schwer, ein Problem
zu lösen, das fast keiner sieht.
Manche denken, man wird
mit dieser Fähigkeit geboren
oder eben nicht.
Als sähe Mary Anderson
von Geburt an die Welt klarer.
Bei mir war das nicht der Fall.
Ich musste daran arbeiten.
In meiner Zeit bei Apple,
forderte uns Steve Jobs auf,
jeden Tag auf der Arbeit
unsere Produkte durch
die Augen des Kunden zu sehen,
eines neuen Kunden,
der Angst hat und
mögliche Enttäuschungen erlebt
und hoffnungsvolle Begeisterung,
das deren neues Technikprodukt
sofort für sie funktionieren könnte.
Er nannte das "Anfänger bleiben",
und er wollte sicherstellen, dass wir uns
auf diese kleinen Details konzentrierten,
um sie für die neuen Kunden schneller,
einfacher und reibungsloser zu machen.
Ich erinnere mich genau an
diese Anfänge des iPods.
Damals, in den 1990ern
würde ein Techniknarr wie ich
für das allerneuste Gerät
in den nächsten Laden rasen.
Ich nahm mir alle Zeit,
um zum Laden zu kommen,
zahlte, kam zu Hause an, packte aus.
Und dann war da wieder
ein kleiner Aufkleber:
Auf dem stand "Vor Gebrauch aufladen".
Was!
Unglaublich!
Ich habe so viel Zeit
für den Kauf aufgewendet
und muss es erst laden,
bevor ich es nutzen kann.
Ich musste eine gefühlte Ewigkeit warten,
um das begehrte neue Spielzeug zu nutzen.
Das war verrückt.
Aber wissen Sie, was?
Beinahe jedes Produkt hatte das.
Wenn es Akkus hatte,
musste man sie laden,
bevor man sie nutzte.
Steve bemerkte das
und er sagte:
"Das darf bei unserem
Produkt nicht passieren."
Was machten wir also?
Bei einem Produkt mit Festplatte
lässt man es normalerweise
30 Minuten in der Fabrik laufen,
um sicherzustellen,
dass die Festplatte noch Jahre läuft,
nachdem der Kunde es
aus der Box genommen hat.
Was taten wir stattdessen?
Wir ließen das Gerät
über 2 Stunden laufen.
Warum?
Erstens konnten wir
ein hochwertigeres Produkt erstellen,
das einfach zu testen war,
und sicherstellen,
dass es dem Kunden gefiel.
Aber am wichtigsten,
der Akku war voll geladen
und betriebsbereit.
Die Kunden konnten
also voller Begeisterung
das Produkt direkt nutzen.
Das war großartig und es funktionierte.
Die Leute mochten es.
Heute ist fast jedes
akkubetriebene Produkt
voll geladen, wenn es aus der Box kommt,
auch wenn es keine Festplatte hat.
Damals bemerkten wir
dieses Detail und lösten es.
Heute macht das jeder andere auch.
Es gibt kein "Vor Gebrauch laden" mehr.
Warum erzähle ich Ihnen das?
Es geht um das Erkennen
des unsichtbaren Problems,
nicht nur des offensichtlichen Problems,
das ist nicht nur für Produktdesign
wichtig, sondern für alles, was wir tun.
Es gibt überall um uns
unsichtbare Probleme,
die wir lösen können.
Aber erst müssen wir sie sehen und fühlen.
Daher zögere ich, Ihnen Tipps
zu Neurowissenschaft
und Psychologie zu geben.
Es gibt zu viele erfahrene Leute
in der TED-Gemeinschaft,
die mehr darüber wissen,
als ich jemals werde.
Aber ich möchte Ihnen
einige Tipps geben, die ich nutze,
die wir alle nutzen können,
um die Gewöhnung zu bekämpfen.
Mein erster Tipp ist, weiterzusuchen.
Wenn man ein Problem angeht,
gibt es manchmal viele Schritte,
die zum Problem hinführen,
und manchmal auch viele Schritte danach.
Wenn man einen Schritt
zurücktritt und umfassender schaut,
kann man vielleicht einige der "Kisten"
vor dem Problem ändern.
Vielleicht kann man sie kombinieren.
Oder komplett streichen,
um es zu verbessern.
Nehmen Sie etwa Thermostate.
Als sie in den 1900ern herauskamen,
waren sie ganz einfach zu nutzen.
Man konnte sie hoch- oder runterdrehen.
Die Leute verstanden sie.
Aber in den 1970ern
setze die Energiekrise ein
und die Kunden fingen an zu überlegen,
wie sie Energie sparen konnten.
Was passierte also?
Thermostat-Designer beschlossen,
einen weiteren Schritt hinzuzufügen.
Statt sie nur auf- oder zuzudrehen,
musste man sie jetzt programmieren.
Man konnte einstellen, welche Temperatur
man um eine bestimmte Zeit haben wollte.
Das schien großartig.
Bei jedem Thermostat
gab es jetzt diese Funktion.
Aber es zeigte sich,
dass keiner Energie sparte.
Woran liegt das?
Die Leute konnten
die Zukunft nicht vorhersagen.
Sie wussten nicht, wie sich
ihre Wochen von Saison zu Saison,
von Jahr zu Jahr ändern würden.
Daher sparte niemand Energie ein.
Und was passierte?
Thermostat-Designer setzen sich
wieder ans Zeichenbrett
und konzentrierten sich
auf diese Einstellungsfunktion.
Sie machten bessere Benutzeroberflächen
und bessere Handbücher.
Dennoch sparten die Leute
auch Jahre später noch keine Energie ein,
denn sie konnten die Zukunft
einfach nicht vorhersagen.
Was taten wir also?
Wir verwendeten einen rechnergestützten
Lernalgorithmus statt der Programmierung,
der nur überwachte,
wann man auf- und zudreht,
wann man eine gewisse Temperatur
wählt, wann man aufstand
oder wann man weggeht.
Und wissen Sie was?
Es funktionierte.
Die Leute sparen Energie,
ohne etwas zu programmieren.
Egal, wie man sich verhält.
Tritt man einen Schritt zurück
und betrachtet all die Boxen,
kann man vielleicht eine entfernen
oder sie kombinieren,
um den Vorgang zu vereinfachen.
Das ist also mein erster Tipp:
den Blick öffnen.
Mein zweiter Tipp:
schauen Sie genauer hin.
Einer meiner besten Lehrer
war mein Großvater.
Er lehrte mich alles über die Welt.
Er lehrte mich, wie Dinge gebaut
und repariert werden,
die notwendigen Werkzeuge und Techniken,
um ein gelungenes Projekt durchzuführen.
Er erzählte mir
eine Geschichte über Schrauben
und dass man die richtige Schraube
für die richtige Aufgabe braucht.
Es gibt viele verschiedene Schrauben:
Holzschrauben, Metallschrauben,
Dübel, Betonschrauben,
die Liste war unendlich.
Unsere Aufgabe ist es, leicht
installierbare Produkte zu machen,
für all unsere Kunden,
die keine Experten sind.
Was machten wir also?
Ich dachte an die Geschichte,
die mein Großvater mir erzählt hatte,
und so dachten wir:
"Wie viele unterschiedliche Schrauben
können wir in die Box tun?
Wären es zwei, drei, vier, fünf?
Denn es gibt so viele
verschiedene Wandarten."
Daher durchdachten
und optimierten wir es,
und kamen darauf, drei verschiedene
Schrauben in die Box zu geben.
Wir dachten, das würde das Problem lösen.
Leider war dem nicht so.
Also versendeten wir das Produkt
und die Leute hatten
kein gutes Produkterlebnis.
Was taten wir daher?
Wir ging zum Zeichenbrett zurück,
direkt nachdem wir feststellten,
dass wir es nicht richtig gemacht hatten.
Und wir entwarfen eine Spezialschraube,
eine kundenspezifische Schraube,
sehr zum Ärger unserer Investoren.
Sie meinten: "Warum investiert ihr
so viel Zeit für eine kleine Schraube?
Geht raus und verkauft mehr!"
Wir entgegneten: "Wir verkaufen mehr,
wenn wir das richtig hinbekommen."
Es zeigte sich, dass wir das taten.
Durch dieses kundenspezifische Schräubchen
gab es nur eine Schraube in der Box,
das war leicht zu befestigen
und an der Wand anzubringen.
Konzentrieren wir uns daher auf winzige
Details, die wir womöglich übersehen,
und sagen beim Betrachten:
"Sind sie wichtig
oder wird das immer so gemacht?
Vielleicht können wir das loswerden."
Daher ist mein letzter Rat:
jünger zu denken.
Jeden Tag bin ich mit interessanten Fragen
von meinen 3 kleinen Kindern konfrontiert.
Sie kommen auf Fragen wie:
" Warum können Autos nicht
im Verkehr herumfliegen?"
Oder: "Warum haben meine Schnürsenkel
keinen Klettverschluss?"
Manchmal sind diese Fragen schlau.
Neulich kam mein Sohn zu mir
und ich fragte ihn:
"Renn zum Briefkasten und schau mal nach."
Er schaut mich verdutzt an und fragte:
"Warum checkt sich der Briefkasten nicht
selbst und sagt uns, wenn er Post hat?"
(Gelächter)
Ich meinte: "Das ist
eine ziemlich gute Frage."
Sie können also tausend Fragen stellen
und manchmal stellen wir fest, wir
haben nur nicht die richtigen Antworten.
Wir sagen: "So ist die Welt
einfach, mein Sohn."
Je mehr man also etwas ausgesetzt ist,
desto mehr gewöhnt man sich daran.
Aber Kinder sind noch
nicht lange genug da,
um sich an diese Dinge zu gewöhnen.
Wenn sie auf Probleme stoßen,
versuchen sie daher sofort,
sie zu lösen
und manchmal finden sie einen besseren Weg
und die Lösung ist wirklich besser.
Ich rate daher zu beherzigen,
junge Leute im Team zu haben
oder Leute mit jugendlichem Denken.
Denn hat man diese jungen Köpfe,
bringen sie alle dazu jünger zu denken.
Picasso sagte mal:
"Jedes Kind ist ein Künstler.
Das Problem ist nur, ein Künstler
zu bleiben, wenn man größer wird."
Wir alle sahen die Welt klarer
als wir sie zum ersten Mal sahen,
bevor uns ein Leben voller
Gewohnheiten in die Quere kam.
Unsere Herausforderung besteht darin,
dahin zurückzukommen,
um die Frustration zu fühlen,
um die kleinen Details zu sehen,
um weiter zu blicken,
genauer hinzusehen
und jünger zu denken,
damit wir Anfänger bleiben können.
Das ist nicht einfach.
Es verlangt, dass wir gegen eine
der grundlegendsten Arten ankämpfen,
wie wir uns die Welt erklären.
Aber wenn wir das schaffen,
können wir erstaunliche Dinge tun.
Für mich ist das besseres Produktdesign.
Für Sie könnte es etwas anderes,
etwas Mächtiges, sein.
Unsere Herausforderung besteht darin,
täglich mit dem Gedanken aufzuwachen:
"Wie kann ich die Welt besser erleben?"
Und wenn wir das machen,
können wir vielleicht
diese doofen kleinen Aufkleber loswerden.
Vielen Dank.
(Applaus)