Ich liebe Waschmaschinen-Reparateure, weil sie etwas Besonderes an sich haben. Wenn einer zu mir nach Hause kommt, zolle ich diesem Menschen ein hohes Maß an Anerkennung, da er etwas kann, was ich absolut gar nicht kann. Und indem ich so empfinde, wird nicht nur die Waschmaschine repariert, sondern ich lebe auch länger. Aber wie genau mache ich das? Ich möchte ihnen David Servan Schreiber vorstellen. David war Psychiater. David Servan Schreiber war mein Cousin. Vor über einem Jahr starb er an Gehirnkrebs. Als er 30 Jahre alt war, wurde bei ihm der erste Tumor entdeckt. Statistisch gesehen, kann man kann nicht sagen, dass David eine Chance hatte. Von da an mobilisierte er alle Menschen, die er kannte, und all seine Energie, um herauszufinden, wie er unter diesen Umständen, nicht nur so lange wie möglich, sondern vor allem so gut wie möglich leben kann. Man weiß von ihm, dass er seine Ernährung geändert, regelmäßig meditiert und jeden Tag Sport getrieben hat. Wovon man jedoch weniger weiß, da er davon öffentlich nicht sprach, ist die Aufmerksamkeit, die er den kleinen und einfachen Dingen im Leben schenkte. Bis zu seinem letzten Atemzug war David ein Phänomen der Dankbarkeit. Dankbarkeit ist ein Gefühl der Anerkennung, das wir empfinden, wenn uns die Lust am Leben bewusst wird. Das kann zum Beispiel ein Sonnenstrahl auf der Wange sein, oder der Geruch eines Babys, besonders wenn es das eigene ist. Das ist das Gefühl, wenn man sich motiviert, eines Abends hinauszugehen, um etwas Neues zu lernen. Für uns ist es das reinste Vergnügen, Ihnen das, was uns total begeistert, vorstellen zu dürfen. Warum hat mich David auf diesen Weg geführt? Wir sprachen viel zusammen über Psychologie. Es gibt nämlich ganze Forschungslabore, die sich mit den Aspekten und Konsequenzen der Dankbarkeit befassen. Insbesondere ein Herr namens Professor Robert Emmons von der Universität UC Davis in Kalifornien hat mittlerweile seit 12 Jahren das Glück, im Rahmen dieser positiven Psychologie, die sich mit Selbstverwirklichung befasst, ihre Funktion und deren Auswirkung auf uns zu erforschen. Er hat Folgendes herausgefunden: Auf der psychologischen Ebene scheint es zunächst einmal so, dass, wenn uns die Wertschätzung, der klitzekleinen Dinge bewusst wird -- Dinge, über die Sie sich in diesem Moment erfreuen können, wie über die Wärme im Raum, oder allein über die Tatsache, dass Sie pünktlich sein konnten -- wir allgemein glücklicher sind, uns mit anderen Menschen stärker verbunden fühlen, heiterer sind und uns lebendiger fühlen. Weitere Vorteile gibt es auf der Beziehungsebene. Erstens fühlen wir uns um einiges weniger einsam, da Dankbarkeit immer von außen, durch etwas anderes oder jemand anderen, also außerhalb des eigenen Selbst, entsteht. Es ist ein Gefühl, das uns bescheiden macht; ein Gefühl, das uns das Verlangen gibt, etwas zurückzugeben. Aber all das ist noch nichts. Am erstaunlichsten ist das, was auf der physiologischen Ebene, also der körperlichen, entdeckt wurde. Damit meine ich eine Studie, die seit 1986 in Minnesota durchgeführt wird. Ein Forscher hat folgende Hypothese aufgestellt, indem er sich fagte, ob es einen Zusammenhang zwischen der Dankbarkeit, also dem Gefühl, sich über alles erfreuen zu können, und der Langlebigkeit gibt? Und wie erforscht man so etwas? Dafür benötigt man Menschen, die den gleichen Lebensstil haben, das gleiche essen, die gleiche Luft einatmen, die gleiche Beschäftigung haben und die gleiche Anzahl Kinder haben werden, was besonders ausschlaggebend bei Frauen ist -- null ist ideal. Am besten sind sie alle auch noch mit derselben Person verheiratet. Sie haben solche Menschen gefunden. Und zwar haben sie sie in einem Kloster gefunden. Genauer gesagt in einem Kloster, das 150 Jahre alte Archive besitzt. Als die jungen Damen mit 20 Jahren dem Kloster beitraten, wurden sie gebeten, einen Brief über sich und ihre Lebensgeschichte zu verfassen. Das gleiche machten sie dann mit 40 und mit 70 Jahren. Somit hatte man Biographien über einen Zeitraum von 150 Jahren. Nicht nur das, sondern gleichzeitig auch medizinische Berichte. Die Briefe wurden Semantikern übergeben, die die Bedeutung einzelner Wörter untersuchen, damit sie die Menge der Wörter bestimmen konnten, die Wertschätzung, Optimismus und Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Damit konnte man dann das Maß an Erfüllung dieser Damen, nicht nur mit ihrem gesundheitlichen Zustand, sondern auch mit ihrer Lebensdauer, in Verbindung bringen. Dabei hat man dann entdeckt: Je mehr Wörter der Dankbarkeit und Wertschätzung die Damen seit ihrem 20. Lebensjahr benutzt haben, desto länger haben sie gelebt. Man konnte es sogar ganz genau bestimmen, denn man fand heraus, dass die Lebenserwartung dieser Damen die ihrer Schwestern um 7 Jahre übertraf. Das wurde natürlich auch in üblicheren Zusammenhängen untersucht. Im Arbeitermilieu, zum Beispiel, kam man auf die gleichen Ergebnisse. Ich bin so wie einige hier im Publikum. Ich bin in Paris geboren und aufgewachsen. Hier schickt es sich nicht, darüber zu reden, warum es einem gut geht und wofür man dankbar ist. Aber dadurch, dass ich David oft besucht habe, und nachdem ich mir all diese Berichte durchgelesen habe, hatte ich zumindest Lust gehabt, es auszuprobieren. Dabei wandte ich mich an die Erkenntnisse von Martin Seligman, Gründer der positiven Psychologie, ebenfalls Forscher an der University of Pennsylvania -- was heute schon mehrmals erwähnt wurde. Er fand Folgendes heraus: Es genügt, wenn man sich pro Tag drei Situationen vor Augen hält -- das können Momente, Interaktionen, gute Mahlzeiten oder Gefühle sein -- die einem gut getan haben und für die man "Danke" sagen möchte, um das eigene Glücksgefühl in nur drei Wochen und auf dauerhafte Weise zu steigern. Nachdem ich das gelesen hatte, ging ich relativ aufgeregt nach Hause. Am Tisch sagte ich zu meinen Mann und meinen drei Kindern, die zu der Zeit zwischen 8 und 14 Jahren waren, dass ich heute etwas Verrücktes gelesen hätte, nämlich wie man über seinen Tag nachdenken sollte, und als ich sagen wollte: "Dies sind die Momente, Situationen für die ich -- und so weiter," sagte ich stattdessen, dass, wenn man sich an drei coole Dinge erinnern kann, die man am Tag erlebt hat, man länger, gesünder und glücklicher lebt. Und so fingen wir an. Natürlich ist das nicht für jeden so einfach und klar. Unser direkter Zugang zum Gefühl der Dankbarkeit ist von Mensch zu Mensch anders. Besonders für Léon, den Jüngsten, war es extrem schwierig. Er war verunsichert und hatte keine Lust mitzumachen. Ich bin als Mutter sehr stolz, dass mein 14-jähriger Léon heute in der Lage ist, sich hier vorne hinzustellen und Ihnen seine drei coolen Dinge aufzuzählen. Das habe ich meinen Kindern beigebracht. Wenn man das mit Menschen macht, die man kennt, mit denen man zusammen lebt, mit denen man zusammen arbeitet, mit Menschen, die man nicht kennt und gerade erst kennengelernt hat, geschieht etwas ganz Besonderes, da das kein übliches Gesprächsthema ist. Wenn es Sie berührt, berührt es mich auch. Wenn ich Sie sagen höre, was Ihnen heute gefallen hat, gibt es eine Regel zu beachten: Man kommentiert und kritisiert nicht die Vorlieben anderer Menschen. Wenn jemand seine Vorlieben offen mit uns teilt, hören wir zu und nehmen es auf. Oft merken wir sogar, dass uns das gleiche gefällt, und so wird unsere Liste immer länger. Das ist die eine Methode -- Stufe null. Danach kommt Stufe eins, bei der man, wenn man nicht unbedingt Lust hat, darüber zu reden, mit einem Tagebuch, dass man auf dem Nachttisch hat, anfangen kann, ein "Buch der glücklichen Dinge", oder "Tagebuch der Dankbarkeit", wie es in Laboren genannt wird. Damit schreibt man es sich vor dem Schlafengehen auf, und es ist die letzte Sache, die man macht, bevor man schlafen geht, nachdem man das IPad ausgeschaltet hat, füllt man sein Büchlein aus. Dr. Emmons hat herausgefunden: Wenn man das vor dem Schlafengehen macht, dann schläft man fester und länger, und wenn man an chronischen Schmerzen leidet, verschwinden diese nach einer Weile. Danach kommt die nächste Stufe: der Dankesbrief. In unserem Gehirn geschieht Folgendes, wenn wir uns mit dem Gefühl der Dankbarkeit verbinden: Es ist für das Gehirn unmöglich, gleichzeitig Ärger oder Zorn zu verspüren. Also wenn wir uns hinsetzten und sagen "Ich werde jemandem schreiben", können wir unsere Gedanken sammeln, und uns über das Glück, das uns umgibt, bewusst werden. Ein ganzes Jahr lang habe ich keine Geschenke gekauft. Das einzige Geburtstagsgeschenk, was meine Freunde von mir bekamen, war ein Dankesbrief. Somit konnte ich meine Freundschaften und Beziehungen erneut ergründen. Und dadurch wurde mir mein Glück bewusst. Mit einem Brief kann man sagen: "Wenn ich dich nicht in meinem Leben hätte, dann wäre ich dies nicht, und dann wüsste ich das nicht." Es hilft uns unsere Beziehungen mit anderen Menschen und die Tiefe dieser Beziehungen genauer zu untersuchen. Als Nächstes hat Martin Seligman seine Dankesbriefe persönlich abgegeben. Das heißt also, man schreibt jemandem einen Brief, und anstatt ihn abzuschicken, trifft man sich mit dieser Person, ohne den Grund zu nennen. Und dann liest man ihn der Person laut vor. Ich gebe zu, ich habe es bisher nur einmal gemacht. Es ist recht überwältigend. Ich habe so einige Taschentücher während des Schreibens und dann bei der Abgabe des Briefes verbraucht. Und zwar habe ich einen Dankesbrief an meinen Mann geschrieben. Er sitzt hier im Saal. Und obwohl ich es ihm nie gesagt habe, werde ich es heute tun. Wir sind seit 25 Jahren zusammen. Nach 25 Jahren Zusammenleben ist es sehr einfach, sich eine Liste mit Vorwürfen zu machen, sogar extrem einfach. Aber hier ging es nicht darum. Es ging darum, ihm zu sagen: "Wenn es dich nicht gäbe und ich dich nicht kennengelernt hätte, wenn ich dir an dem Tag nicht begegnet wäre, dann wäre ich Folgendes niemals geworden." Und das habe ich gemacht. Wenn ich Ihnen etwas verraten darf, -- Verzeih mir bitte, Alex -- Alex liest gerne auf der Toilette. Als ich mich hingesetzt habe, um den Brief zu schreiben, ist mir erst klar geworden, dass ich niemals so viel dazu gelernt hätte, wenn wir nicht diesen Stapel an Zeitschriften hätten. Ich habe mich selbst gehört, wie ich es sagen würde. Und so habe ich es ihm auch gesagt. Darum geht es, wenn man dankbar ist. Es geht darum, das gleiche Leben zu leben, aber eben besser. Die Menschen ändern sich nicht und die Umgebung bleibt die gleiche. Aber es ist dann besonders nützlich, wenn die Dinge nicht so gut laufen. Wenn uns das Leben nicht das gibt, was wir wollen. Wenn es uns das Gegenteil gibt, von dem, was wir wollen. Wenn die Zeit, die wir mit jemandem verbringen durften, den wir lieben, vorbei ist, wird uns klar, dass wir die Dinge mit anderen Augen betrachten müssen, und dass wir trotz alledem sehr viel Glück haben. Mein Glück ist es, dass ich heute hier sein darf, mit Ihnen allen zusammen, die sie so geduldig im Publikum sitzen. Vielen Dank. (Beifall)