Wir lesen Geschichten aus vielerlei Gründen: zur Unterhaltung, um herauszufinden, wer der Täter war; um zu seltsamen, neuen Planeten zu reisen; um sich zu fürchten, um zu lachen, um zu weinen, um zu denken, um zu fühlen, um für eine Weile abzutauchen und zu vergessen, wo wir sind. Also wie schreibt man Geschichten? Wie ziehst du deine Leser in den Bann? Mit einer spannenden Handlung? Vielleicht. Faszinierende Figuren? Vielleicht. Schöne Sprache? Vielleicht. "Billies Beine sind Nudeln. Ihre Haarspitzen sind giftige Nadeln. Ihre Zunge ist ein kratziger Schwamm und ihre Augen sind bleiche Taschen." Ist dir durch die Beschreibung auch so übel geworden wie Billie? Wir begreifen, dass Billies Beine eigentlich keine Nudeln sind. Für Billie fühlen sie sich so schlaff wie gekochte Nudeln an. Es ist ein angedeuteter Vergleich, eine Metapher. Also warum schreibt man es nicht so: "Billie ist schlecht und sie fühlt sich schwach." Möglicherweise war die zweite Beschreibung nicht so lebendig wie die erste. Der Zweck einer Geschichte ist es zu verzaubern, eine kurzzeitige Illusion, dass du in der Welt der Geschichte lebst. Geschichten fesseln die Sinne und helfen uns, ein reges geistiges Bild von den Erfahrungen der Figuren zu entwickeln. Die Bühne und der Bildschirm fesseln einige unserer Sinne direkt. Wir sehen und hören die Interaktionen der Figuren und das Setting. Aber in Romanen hat man nur statische Symbole vor einem sich davon abhebenden Hintergrund. Wenn du die Geschichte in Fakten erzählst und mit nicht fühlbaren Wörtern, wird es wahrscheinlich nur ein schwacher Zauber. Deine Leser werden es wahrscheinlich schwer haben, die Geschichte zu deuten. Sie werden verstehen, wie sich Billie fühlt, aber sie werden sich nicht wie Billie fühlen. Sie werden lesen, aber nicht in die Welt der Geschichte eintauchen und die Wahrheiten von Billies Leben zur selben Zeit wie Billie entdecken. Geschichten spielen mit unseren Sinnen: schmecken, riechen, berühren, hören, sehen und bewegen. Sie spielen auch mit unserer Fähigkeit zu abstrahieren und komplexe Assoziationen herzustellen. Schau dir den folgenden Satz an: "Die Welt war geisterstill, außer dem Knacken der Segel und dem Plätschern des Wassers gegen den Schiffsrumpf." Die Wörter "still", "Knacken" und "Plätschern" fesseln den Gehörsinn. Bemerkst du, dass Buckell nicht das Standardwort "klingen" benutzt? Jedes Wort, das er wählt, ruft eine besondere Klangqualität hervor. Um dann wie ein Maler die Farben zu verwässern und dem Gemälde eine Art Struktur zu geben, fügt er eine weitere Schicht hinzu: Bewegung, "das Knacken der Segel", und Berührung, "das Plätschern des Wassers gegen den Schiffsrumpf". Schließlich gibt er uns eine abstrakte Verbindung, indem er das Wort "still" mit dem Wort "Geist" verbindet. Nicht "still wie ein Geist", was die Schicht eines Vergleichs zwischen den Leser und der Erfahrung schieben würde. Stattdessen kreiert Buckell die Metapher "geisterstill" für einen eher angedeuteten statt offenen Vergleich. Autoren wird immer geraten, Klischees zu vermeiden, weil es keine Bindung für die Leser mit einem zu häufig benutzten Bild wie "rot wie eine Rose" gibt. Aber gib ihnen "Liebe ... begann an einem Strand. Sie begann an dem Tag, als Jacob Anette in ihrem kirschkompott-roten Kleid sah", und ihre Gehirne gehen der fesselnden Frage nach, wie ein kirschkompott-rotes Kleid wohl aussieht. Plötzlich sind sie am Strand und dabei sich zu verlieben. Sie erleben die Geschichte auf zwei Ebenen, der intuitiven und gedanklichen, und begegnen dem Autor auf halbem Weg in dem fantasievollen Spiel, eine dynamische Welt der Sinne entstehen zu lassen. Achte also auf deine Wortwahl, wenn du schreibst, und schließe Klang, Bild, Geschmack, Berührung, Geruch und Bewegung mit ein. Kreiere dann unerwartete Verbindungen zwischen den Geschichtselementen und entzünde die Vorstellungskraft deiner Leser.