Ich bin Künstler und zerschneide Bücher.
Das ist eine meiner ersten Arbeiten:
"Der alternative Weg zu Wissen".
Ich wollte den Stapel Bücher
so darstellen, dass man ihn zunächst
für einen normalen Stapel Bücher hält.
Doch wenn man näher kommt,
sieht man dieses grobe Loch
und fragt sich, was und
warum das passiert ist
und denkt über das Material nach.
Ich interessiere mich also für die Textur,
aber noch mehr für den Text
und die Bilder in den Büchern.
Meistens versiegle ich die Ecken
mit einer dicken Schicht Lack,
sodass außen eine Art Haut entsteht
und fest wird, aber die Seiten innen
noch lose und beweglich sind.
Dann fange ich an,
ins Buch einzuschneiden.
Ich bewege nichts und füge nichts hinzu.
Ich schneide nur um alles herum,
was ich interessant finde.
Alles, was im fertigen Werk zu sehen ist,
ist genau da, wo es am Anfang schon war.
Es ist ein bisschen wie ein Remix,
da ich mit fremdem Material arbeite,
genauso wie ein DJ
mit fremder Musik arbeitet.
Das war ein Buch mit Raphaels Werken,
dem Künstler aus der Renaissance.
Durch mein "Remixen", das Ausschneiden,
wird es etwas Neueres, Zeitgemäßeres.
Ich sehe das traditionelle Buch
auf völlig neue Weise,
verändere die lineare Form
und versuche die
gesamte Struktur zu ändern,
sodass das Buch selbst zur Skulptur wird.
Ich verwende Schraubzwingen,
Seile, Gewichte und vieles mehr,
um das Buch vor dem Lackieren
in seiner neuen Form zu fixieren.
Dann wird aus dem hier so etwas.
Das ist nur aus einem Wörterbuch.
Oder so etwas hier
kann am Ende so aussehen.
Oder das hier, das aus unerfindlichen
Gründen bei mir rumsteht,
wird am Ende zu so etwas.
Ich glaube, manche mögen es nicht,
Bücher zu zerstören,
zu zerreißen
oder wegzuwerfen,
da wir sie als Lebewesen sehen.
Wir sehen sie als Körper,
der in Relation zu unserer
Körpergröße entstanden ist,
doch auch sie können wachsen
und etwas Neues werden.
Bücher leben also wirklich.
Ich sehe ein Buch als einen Körper,
eine Technologie
und ein Werkzeug.
Ich sehe es auch als Maschine
und als eine Landschaft.
Das ist eine komplette Lexika-Sammlung,
zusammengeklebt und geschliffen,
und während ich darin herumschneide,
wähle ich das, was ich behalten will.
In Lexika könnte ich mir alles aussuchen,
aber ich entschied mich
nur für Bilder von Landschaften.
Mein Arbeitsmaterial
schleife ich an den Kanten ab,
sodass nicht nur die Bilder,
sondern auch die Bücher an sich
eine Landschaft darstellen.
Während ich an so einem Buch arbeite,
denke ich über die Bilder,
aber auch über den Text nach,
und das auf ganz ähnliche Weise.
Wenn wir einen Text
oder ein ganzes Buch lesen,
wird das Gelesene zu Bildern,
wir füllen das Stück also aus.
Der Text wird in Bilder umgewandelt,
und beim Betrachten von Bildern
gebrauchen wir Sprache
um zu begreifen, was wir anschauen.
Es ist ein bisschen wie Ying-Yang,
oder flip-flop.
Ich schaffe also etwas,
das der Betrachter selbst vollendet.
Ich finde, es ist fast wie Archäologie.
Ich grabe nach dem Besten,
versuche so viel wie möglich zu entdecken
und es in meiner Arbeit darzustellen.
Gleichzeitig denke ich auch
über den Begriff des Auslöschens nach.
Heute sind viele Informationen
nicht greifbar. Das ist ein Verlust.
Nicht nur das Format
in Computern verändert sich ständig,
auch die Informationen selbst.
Da es ja jetzt keine
greifbaren Backups gibt,
müssen sie ständig aktualisiert werden,
damit sie nicht verloren gehen.
Ich habe viele Wörterbücher im Studio
und benutze auch täglich meinen Computer.
Wenn ich ein Wort nachschlagen will,
mache ich das am Computer,
weil ich sofort das finde, was ich suche.
Ich glaube, dass das Buch nie
das richtige Format für
nichtlineare Informationen war,
deshalb verschwinden gerade
Nachschlagewerke immer schneller.
Ich glaube nicht, dass Bücher
jemals ganz verschwinden werden.
Im Zeitalter der digitalen Technologie
glauben das ja viele,
und tatsächlich verändert sich einiges.
Ich denke, das betrifft auch Bücher.
Damals dachte man auch,
Gemälde würden verschwinden,
als Fotos und Drucke
Teil unseres Alltags wurden.
Doch in Wirklichkeit
nahm dies den Gemälden die Aufgabe,
die Pflicht, Geschichten zu erzählen,
und gab ihnen die Freiheit,
ihre eigene Geschichte zu erzählen.
Daraus entwickelte sich die Moderne
und die Aufspaltung der Malkunst.
Ich denke, das Gleiche
passiert mit Büchern --
jetzt, wo das meiste unserer Technologie,
unserer persönlichen und kulturellen
Informationen in digitaler Form vorliegen.
Das schafft Raum
für die Evolution des Buches.
Es ist eine spannende Zeit
für Künstler wie mich
und es wird spannend sein,
die Entwicklung des Buches zu verfolgen.
Danke.
(Applaus)